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  • Glosse
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  • Schirin Ibrahim
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  • 09.03.2011

Der richtige Applaus nach der Vorlesung

In Zürich hat gerade das Frühjahrssemester begonnen. Schirin Ibrahim bemerkte, dass das nervige Geräusch, welches sie schon letztes Semester störte, die Prüfungen anscheinend auch bestanden hat und noch mit von der Partie ist. Ein Bericht über eine alte Tradition, die nicht vergessen werden sollte.

Diesen Text schreibe ich einerseits aus eigenem Antrieb aber auch im Interesse meiner Mitstudenten, von denen mich einige explizit um diesen Artikel gebeten haben.

Das Frühjahrssemester hat gerade erst begonnen, und so richtig hat man sich noch nicht wieder daran gewöhnt, vor Mittag aufzustehen oder mindestens eine Vorlesungsstunde lang ruhig zu sein.

Erschwerend kommt die Ansprache unseres Prodekans hinzu, der uns unseren schlechten Schnitt in den Prüfungen mitteilte. Sagenhafte 22 Prozent haben die Prüfungen nicht bestanden, letztes Jahr waren es nur 18 Prozent, und es liegt angeblich nur an unserer schlechten Vorbereitung. Das heißt, dieses Semester müssen mehr von uns bestehen, damit wir nicht aus der Statistik fallen.

 

Das Geräusch ist noch da

Obwohl das Semester erst vier Tage alt ist, kam ich nicht umhin zu bemerken, dass das nervige Geräusch, welches mich schon letztes Semester störte, die Prüfungen anscheinend auch bestanden hat und noch mit von der Partie ist. "Sind wir denn im Zirkus?" frage ich mich. "Und was sind wir, etwa Seehunde?"

So scheint es mir nämlich, wenn ich mir einige meiner Kommilitonen ansehe, wie sie nach jeder Vorlesung applaudieren. Nicht weil es ihnen besonders gefallen hätte, sondern einfach so aus Höflichkeit oder Gewohnheit, was ja wirklich lobenswert ist. Aber es stört, dass sie es durch Klatschen tun. An der Universität wird nicht geklatscht, das macht man im Zirkus. An der Uni wird mit den Fingerknöcheln auf den Tisch geklopft.

Wir studieren schließlich an einer altehrwürdigen Universität. Hier hat Churchill seine berühmte Rede gehalten und seine Worte "So let Europe arise" sind auf Ewig in die Marmorwände der Aula gemeisselt. Ich weiß, dass viele diese Information bestimmt nicht interessiert, aber wer die Gedenktafel einmal bestaunt und die Worte an der Wand gelesen hat, wird sich freuen und ein wenig stolz sein, an dieser Uni zu studieren. Hier gingen große Namen ein und aus, hier lehrten Nobelpreisträger, machten bahnbrechende Forschung und machen hier noch heute ihre ersten Schritte. Hier habe ich Kofi Annan und Daniel Vasella zugehört.

 

Die Uni - eine anderes Universum

Die Uni ist eine andere Welt, die es erlaubt, sich völlig abzukapseln von der Umgebung und in sein Fachgebiet zu versinken. Studieren kommt nicht grundlos vom lateinischen "studere", auf Deutsch: "etwas wollen, sich um etwas bemühen, sich bilden". Die grossen Leistungen, die hier vollbracht werden, sind Früchte harter Arbeit und ständigen Bemühens. Ohne dieses andere Universum, genannt "Uni", wäre so eine Konzentration nicht möglich. In dieser Welt sind die Gedanken und der Geist noch frei. Hier ist alles möglich, die Sterne sind greifbar, berechenbar, reproduzierbar. Es ist eine Welt voller Privilegien für einen wachen Verstand und eine edle Welt der Gemeinschaft im Geiste.

Albert Einstein und Erwin Schrödinger waren hier. Letzterer ist es übrigens immer noch - unser Supercomputer trägt seinen Namen und leistet täglich Beträchtliches. Diese Ehre, die Tradition, verpflichtet euch, eure Alma Mater verlangt es von euch. Es zeugt von geistiger Klarheit und von Reife, wenn man erkennt, wann es erforderlich ist, Traditionen zu erhalten, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Also lasst uns diese schöne Tradition des Klopfens statt des Klatschens in dieses Jahrtausend retten, damit sie nicht in den staubigen Archiven der Fakultät verschwindet.

Zu guter Letzt ist es auch eine respektvolle Geste gegenüber den Professoren und Dozenten, die ihrerseits jahrelang als Studenten den Lehrenden durch das Klopfen gezeigt haben, dass sie sie als Forscher und Wissenschaftler anerkennen. Sie haben es sich also verdient, dass wir ihnen durch unser Klopfen den gleichen akademischen Respekt erweisen.

 

Um das Klopfen noch schmackhafter zu machen, hier noch ein "knock-knock-joke":

Knock, knock.
Who's there?
Justin.
Justin who?
Justin time for lunch.

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