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  • Dr. med. Yvonne Kollrack
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  • 30.06.2014

Wie behandelt man Fußballverletzungen?: Der Kreuzbandriss

 

No. 4 | Karriereknick mit Ansage: Der Kreuzbandriss 

Sami Khedira ist als defensiver Mittelfeldstratege ein Schlüsselspieler im deutschen Team. Doch beim Länderspiel im November 2013 gegen Italien zog sich der Ex-Stuttgarter bei einem Zweikampf eine der gefürchtetsten Verletzungen zu, die einem Profifußballer passieren können: einen Innen- und Kreuzbandriss im Knie. Nach dieser Diagnose war klar: An der WM 2014 teilzu­nehmen, dürfte äußerst schwer für ihn werden. Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes ist eine der häufigsten Gründe für eine Karrierepause im Profifußball. Ursache ist meist eine Rotation des Kniegelenkes bei feststehendem Fuß – z. B. wenn sich die Stollen im Rasen verhaken – oder wenn der Oberkörper des Spielers durch Kontakt mit einem Gegner rotiert. Kommt es neben dem Kreuzbandriss auch noch zu einer Meniskusverletzung und einem Seitenbandschaden, wird diese Kombination als „unhappy triad“ bezeichnet. Nach einem solchen Trauma zeigen sich (neben Schmerzen) ein Instabilitätsgefühl und eine Schwellung aufgrund der mit dem Kreuzband zerrissenen Gefäße. Bei Meniskusläsion kann auch eine Bewegungsblockade vorliegen. Khedira wurde nach seiner Verletzung sofort aus dem Spiel genommen und nach dem PECH*-Schema anbehandelt. Beim MRT bestätigte sich die Diagnose. Gleich am nächsten Tag wurde Sami Khedira operiert.

 

* PECH steht für die Sofortmaßnahmen, die bei Muskel- bzw. Gelenkverletzungen im Sport empfohlen werden: Pause - Eis (Kühlung) - Compression - Hochlagerung.

 

Ein gerissenes Kreuzband kann man nicht nähen. Stattdessen wird eine körpereigene Sehne als Ersatz transplantiert. Meist werden dafür die Semitendinosussehne oder der mittlere Anteil der Patellasehne benutzt. Beide Techniken sind in etwa gleichwertig: Eine Entnahme der Semitendinosussehne schwächt die Adduktoren. Eine Verwendung der Patellasehne schwächt den Streckapparat. Zudem wird hier ein knöchernes Trauma an Patella und Tuberositas tibia gesetzt, da das „neue Kreuzband“ knöchern, also bone-to-bone, fixiert wird. Die konservative Be-handlung mit maximaler Kräftigung der dorsalen Kniegelenksmuskulatur, die der Ex-Torhüter Toni Schumacher praktizierte, wird aufgrund des hohen Arthroserisikos nicht mehr empfohlen. Operativ sollte das Kreuzband entweder zeitnah nach der Ruptur versorgt werden oder nach dem Abbau des primären Hämatoms, wenn eine gute Beweglichkeit wiedererlangt wurde. Postoperativ folgt ein strenges Physiotherapieregime. Zunächst wird das Bewegungsausmaß auf 90° Fle­xion in einer Orthese beschränkt. Später steht im Vordergrund, dass der Patient die Koordination und Propriozeption wiedererlangt.

 

Intaktes Kreuzband - Foto: Yvonne Kollrack 

Intaktes festes vorderes Kreuzband.

 

Gerissenes Kreuzband - Foto: Yvonne Kollrack

Eingeblutetes gerissenes Kreuzband.

 

Kreuzbandplastik - Foto: Yvonne Kollrack

Zustand nach vorderer Kreuzbandplastik mittels Semitendimosussehne (vierfach genäht). Oben: Lage des tibialen Bohrkanals. Unten: Femoraler Bohrkanal. Da das vordere Kreuzband aus zwei Faserbündeln besteht, gibt es neben der hier gezeigten Single-Bundle- auch eine Double-Bundle-Technik.


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