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  • Laura Klein
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  • 17.08.2006

Weiterbildung Kardiologie

Herr K. sitzt auf seinem Bettrand und fasst sich an die Brust. Blitzschnell erkennt die von einem Mitpatienten hinzu gerufene junge Assistenzärztin die Situation und verabreicht dem Patienten zwei Nitrokapseln sowie Morphin i.v. und legt ihn an die Sauerstoffbrille. Gleichzeitig nimmt der PJ-Student Nils Blut ab, damit die Herzenzyme bestimmt werden können, und schreibt danch ein EKG. Die Ärztin ist sich sicher: Diese ST-Streckenhebungen sprechen für einen akuten Infarkt.

 

Die Assistenzärztin gibt noch ASS und Clopidogrel und hängt einen Heparin-Perfusor an. Nun muss der Patient schnellst möglich ins Herzkatheter-Labor, damit das vermutlich verschlossene Gefäß mittels PTCA (=Percutane transluminale coronare Angioplastie) oder durch einen Stent wieder durchgängig wird.

Vom Herzinfarkt bis hin zu Drehschwindel

Frau Seck ist Assistenzärztin auf einer kardiologisch, angiologisch und pneumologischen Station, zusammen mit einem weiteren Assistenzarzt und bis zu vier PJlern. Zusammen sind sie für 34 Patienten auf Station verantwortlich. "Insgesamt verfügt die Kardiologie hier im Haus über die doppelte Anzahl von Betten, plus 15 weitere auf der Intensivstation. An diagnostischen Geräten stehen der Klinik drei Herzkatheter-Plätze, zwei Räume zur Durchführung von Herzechos und ein Raum für Doppleruntersuchungen von Gefäßen zur Verfügung", berichtet Seck.

Ärztin auf dem Stationsflur - Foto: L. Klein

Frau Seck bei der morgendliche Visite

Um 7:30 Uhr beginnt für die Assistenzärztin der Tag. Sie fragt auf Station nach besonderen Vorkommnissen der Nacht und um acht Uhr geht´s dann zur Frühbesprechung. Anschließend ist Stationsvisite, an der auch Schwestern und PJ-Studenten teilnehmen. "Teaching ist mir extrem wichtig", sagt sie, "deshalb erwarte ich, dass mindestens ein PJler pro Tag mit mir auf Visite kommt. Ansonsten fehlt hier leider viel zu oft die Zeit zum ausführlichen Erklären", so die junge Ärztin. Im Anschluss an die Visite nimmt sie entweder Neuzugänge auf oder sie diktiert Briefe. "Die meisten unserer Patienten kommen zur diagnostischen bzw. interventionellen Herzkatheter-Untersuchung zu uns. Sie bleiben insgesamt selten länger als drei Tage bei uns. "Einerseits ist das natürlich gut für uns Jung-Assistenten, da wir so extrem viele Befunde aus dem Herzkatheter-Labor zu Gesicht bekommen, andererseits ist diese Tatsache aber auch mit einem extrem hohen administrativen Aufwand verbunden."

Auch administrative Aufgaben gehören dazu

Im ersten halben Jahr ihrer Facharztausbildung zum Kardiologen werden die Jungassistenten meist auf Station eingesetzt, damit sie die häufigsten Krankheitsbilder kennen lernen mit dem Arbeitsalltag einer kardiologischen, angiologischen sowie pneumologischen Station vertraut werden, so Prof. Dr. E. Erdmann, Chef der Klinik. Danach sähe er es gerne, wenn sie auf der Intensivstation das richtige Reagieren auf Notfallsituationen aller Art erlernen, wobei sie zunächst auf der so genannten Intermediate Care Station eingesetzt werden. Auf dieser werden Patienten mit instabilen kardiologischen Erkrankungen aller Art versorgt. Danach werden die Assistenzärzte auf der internistischen Intensivstation eingesetzt.
In einem dritten Rotationsschritt, ist dann ein Einsatz in den verschiedenen Funktionsbereichen wie Echokardiographie oder Doppler-Diagnostik vorgesehen, und etwa zur gleichen Zeit ist auch erstmalig das eigenständige Durchführen einer diagnostischen Koronarangiographie vorgesehen.

Ärztin am Schreibtisch - Foto: L. Klein

Auch administrative Aufgaben gehören dazu

Konzentration ist gefragt

"Besonders mag ich an diesem Fach die Vielschichtigkeit und das effektiv verbesserte Outcome der Patienten" so Seck. "Wenn jemand mit akuter Angina pectoris und starker Dyspnoe zu uns kommt, kann man ihm mittels einer Intervention im Herzkatheter-Labor schnell und vor allem langfristig helfen, so dass man den Sinn seines Tuns hier immer vor Augen hat". Auch auf Station sind die Diagnosen oft sehr eindeutig zu stellen. Bei akuten Brustschmerzen hilft einem ein EKG fast immer weiter, und in Kombination mit laborchemischer Diagnostik ist eine exakte Diagnose fast immer möglich. Im Notfall muss man auch selbst ein EKG schreiben.

Doch neben den technischen Möglichkeiten ist auch ein hohes Maß an Empathie gefragt. Denn grade in diesem Fach kommt es immer wieder vor, dass den organischen Beschwerden wie etwa Herzrasen psychische Ursachen zugrunde liegen. In solchen Fällen ist dann Fingerspitzengefühl gefragt, wenn man den Patienten zum Beispiel in psychiatrische Behandlung überweisen muss.

Dass sie neben ihrem Stationsalltag noch Zeit zum Forschen findet, ist Seck sehr wichtig. "Ich mag die Abwechslung zwischen Theorie und Praxis und habe mich daher bewusst für eine Stelle an einer Universitätsklinik entschieden, auch wenn die Forschungsarbeit einen erheblichen Zeitaufwand bedeutet. Außerdem bekomme ich so die Möglichkeit, meine eigene Dissertation voranzutreiben."

Beliebtes Fach

Die Fachrichtung Kardiologie erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit bei Studierenden der Medizin. Gerade weil das so ist, rät die Assistenzärztin allen, die sich für dieses Fach interessieren, sich schon frühzeitig mit dem Fach auseinander zu setzten, sei es in Form von Famulaturen, im Rahmen einer Dissertation oder eines studentischen Hilfsjobs. "Nur so kann man erkennen, ob man wirklich für dieses faszinierende Fach gemacht ist, oder ob man falsche Erwartungen hat." Außerdem, so Seck, erhöht ein frühzeitiger Einstieg die Chancen bei späteren Bewerbungen für eine Assistenzarztstelle im Bereich Kardiologie ungemein. Sie selbst hat schon früh begonnen, sich für dieses Fach zu engagieren und hat Ihre Entscheidung bis heute nicht bereut. "Der Umgang mit den Patienten, die Gespräche, das alles macht mir einfach riesigen Spaß. Ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Beruf so glücklich zu sein wie in der Kardiologie."

 

Herzkatheter-Labor - Foto: L. Klein

Der Herzkatheter-Platz

Herzkatheter-Labor - Foto: L. Klein

Konzentration ist gefragt

Herzkatheter-Labor - Foto: L. Klein

Rosenkranz in Aktion

Krankenhaus oder Praxis?

Ob man sich später in einer eigenen Praxis niederlassen oder ob man an der Klinik bleiben möchte, ist eine sehr individuelle Entscheidung. Eine kardiologische Praxis bietet einen sehr viel geregelteren Tagesablauf bei einem immer noch sehr breiten Patientenspektrum und vielen diagnostischen Möglichkeiten. Die Herzinsuffizienz eines Achtzigjährigen muss man dort ebenso gut erkennen können wie das persistierende Foramen ovale eines Vierzigjährigen.
Eine Anstellung im Krankenhaus bietet dagegen das ganze Spektrum der invasiven Diagnostik. Erdmann rät grade Berufsanfängern dazu, wenn möglich an einem Zentrum für Kardiologie anzufangen: "Nur so ist gewährleistet, dass man die Kardiologie in all ihren Facetten erlernt."

Gute Aussichten

"Allein schon wegen der demographischen Entwicklung ist Kardiologie ein Fach mit Zukunft", prophezeit Seck. Sie selbst ist Luxemburgerin und würde gerne in Deutschland ihren Facharzt machen, da in Luxemburg keine vollständige Weiterbildung zum Kardiologen angeboten wird. Ob sie je zurückkehren wird? "Bei der guten Ausbildung und den dankbaren Patienten kann es auch sehr gut sein, dass ich hier bleibe" spricht sie laut ihre Traumvorstellung aus.

Kipptischuntersuchung - Foto: L. Klein

Kipptischuntersuchungen sind PJ-Aufgabe

Weiterbildungsordnung

Der Weiterbildungsinhalt Facharzt Innere Medizin und Schwerpunkt Kardiologie umfasst den Erwerb von Kenntnissen und Erfahrungen in

und umfasst folgende definierte Untersuchungs- und Behandlungsverfahren:

Weiterführende Links

Weitere Informationen zur Weiterbildungsordnung findest du unter:

 Homepage der Bundesärztekammer (BÄK)

Pocketleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum akuten Koronarsyndrom:

Pocketleitlinie zum aktuen Koronarsyndrom

 

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