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  • Nina Puls
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  • 17.08.2020

Was wird sich für Studierende nach der Pandemie ändern?

Nina hat bei Lehrbeauftragten, der BVMD, Fachschaften und Studierenden nachgefragt, wie sich die Pandemie aufs Medizinstudium auswirkt und was sich ändern wird.

 

Als im Februar die Corona-Infektionszahlen immer weiter stiegen, schien alles noch sehr surreal, doch das wandelte sich zusehends. Mitte März kamen dann die Beschlüsse der Ministerien und Ausschüsse, dass der Universitätsbetrieb bis zum, zunächst, 19.04.2020 ausgesetzt werde und stellten viele Studierende, Lehrende und Forschende vor die Frage ,,Wie geht es nun weiter?“. Ganz Deutschland stand plötzlich Kopf, Flüge wurden gestrichen, um Klopapier wurde gekämpft, Kindergärten und Schulen geschlossen. Das hatte niemand kommen sehen.

In kürzester Zeit wurde an den Universitäten versucht, Vorlesungen in digitale Veranstaltungen umzuwandeln. Dies klappte mal besser, mal schlechter.

Es wurden Portale freigeschaltet, wo Studierende sich freiwillig als Helfer melden konnten und an Krankenhäuser und andere Einrichtungen vermittelt wurden. Man versuchte sich auf eine Pandemie vorzubereiten.

Nun haben wir Ende Juli, die Klausuren sind unter strengen Hygienerichtlinien geschrieben und es gab zum Ende des Semesters auch einige wenige Veranstaltungen in Präsenz.
Die Politik steht irgendwo zwischen weiteren Lockerungen und Vorsichtsmaßen in Hinsicht auf eine mögliche zweite Welle.
Zeit sich die Frage zu stellen: Was wird sich ändern?


Studierende hatten nicht immer den besten Ruf, in manchen Vorlesungen und Kursen bekam man das Gefühl, faul und unbedeutend zu sein. Famulaturplätze waren schwer umkämpft, da die zusätzliche Belastung durch einen Studierenden, gerade in Praxen, viele Ärzte dazu brachte, gar keine aufzunehmen. Das Vorlesungskonzept ist teilweise veraltet, die Hörsäle alt und eng, die Ausbildung in manchen Fächern lustlos.
Was kann also vielleicht Positives aus dieser Ausnahmesituation gezogen werden? Dazu habe ich verschiedene Leute befragt und fasse im Folgenden die Antworten von Studierenden, Lehrbeauftragten, der Fachschaft Medizin Kiel sowie dem bvmd zusammen.

 

Wie wird der Stellenwert der Medizinstudierenden nach der Corona Krise sein, nachdem sich so viele freiwillig engagiert haben?

Lehrbeauftragte: Der Stellenwert der Studierenden sei vorher auch schon gut gewesen, das Engagement sehr lobenswert und es sei sehr gut bei allen Mitarbeitern angekommen. Zudem sei der Benefit für jeden Beteiligten sehr groß gewesen, was Erfahrungen angeht.
BVMD: Das Bild der Medizinstudierenden sei in der Öffentlichkeit bereits vorher sehr positiv geprägt und wurde eher bestätigt
Fachschaft: Etwa 700 studentische Helfer haben sich in Kiel gemeldet und es gäbe durchweg positive Rückmeldungen, auch die ,,Entlohnung“ in Form von Bezahlung oder Bescheinigungen für Blockpraktika etc. kämen den Studierenden sehr entgegen. Auch die wöchentlichen Videokonferenzen mit dem Dekanat haben gezeigt, dass in dieser Krise auch die Studierende in Prozesse mit einbezogen werden.
Studierende: Bis sich an der Wertschätzung, insbesondere der Uniklinik als solche, gegenüber den Studierenden etwas ändert, wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, aber möglicherweise, war dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Oftmals hätten die Studierenden in Kiel das Gefühl, im Krankenhaus nicht willkommen zu sein, was aber vor allem an der Struktur festgemacht werde und nicht an den Lehrenden.

 

Wird sich in Zukunft etwas an der Lehre (mehr digital, bessere Ausbildung, kleinere Gruppen etc.) ändern und wenn ja, was?

Lehrbeauftragte: Die direkte Lehre am Patienten und in kleinen Gruppen sei das Ideal und aus verschiedenen Gründen wie z.B. dem Datenschutz digital nicht umsetzbar. Bei den Vorlesungen jedoch könne man sich vorstellen, wenn hier die digitale Variante zumindest ergänzend zur klassischen Vorlesung mehr vorangetrieben würde.
BVMD: Hier würde vor allem die Evaluation am Ende des Semesters zeigen, welche Universitäten und Fachbereiche die digitale Lehre gut umgesetzt haben und was in Zukunft daraus zu nutzen sei, um den praxisorientierten Präsenzunterricht mit möglichst hohem Mehrwert zu ergänzen. Da das Gesundheitsministerium derzeit an der neuen Approbationsordnung arbeite, könne es sein, dass hier bereits erste Ergebnisse mit einfließen werden
Fachschaft: Die Vorlesungen wären sehr gut digital angenommen wurden und hier wäre es zu hoffen, dass die Institute eine einheitliche Regelung finden, wie dies in Zukunft mit einbezogen werden könne. Die UAKs seien jedoch in naher Zukunft in der alten Form nicht zu ersetzen und durchaus sinnvoll, wenn sie möglichst praxisnah abliefen.
Studierende: Die einen hoffen, dass möglichst viel digital bleibt, da sie mit dem System gut zurechtgekommen seien, es sollte jedoch alles einheitlicher werden, auf welchen Plattformen die Seminare stattfinden etc. Die anderen vermissen bei zu viel digitalen Inhalten den Kontakt zu Kommilitonen, Patienten und Lehrenden und wünschen sich für die Zukunft einen gesunden Mix aus digitaler und analoger Lehre.

 

Wird sich dadurch in Zukunft etwas hinsichtlich Studentenleben am Klinikum ändern (z.B. ein neuer Aufenthaltsraum, Lernräume, Spinte, Kittel vom UKSH etc.)

BVMD: An einigen Universitäten seien die Dekanate und Fachschaften bzw. Studierendenvertretungen durch den engen Kontakt besser zusammengewachsen und gestärkt worden, das wäre auch in Zukunft wünschenswert, da die Studierenden in Entscheidungsfindungen mit einbezogen werden können. Leider fänden die Studierenden im Klinikalltag oft wenig Beachtung, sodass sie in Hygienekonzepten oftmals nicht bedacht würden und es hier deutlichen Handlungsbedarf für die Zukunft gäbe. Genauso sähe es auch in den Einarbeitungskonzepten der Klinken, sowie der allgemeinen Digitalisierung an Hochschulen aus.
Lehrbeauftragte: Der Ausbau von Übungsräumen, sogenannten Skills Labs, für praktische Fertigkeiten sei längst überfällig und in Anbetracht des Patientenschutzes aktuell mehr als wichtig, sodass hieran mit Hochdruck gearbeitet würde.
Fachschaft und Studierende: Als eine der wenigen Universitätskliniken in Deutschland, in der keine Aufwandsentschädigung im PJ gezahlt wird, hoffen die Studierenden des UKSH auf eine zeitnahe Umstrukturierung. Lern- und Aufenthaltsräume, sowie Spinte seien aber bereits im Rahmen des Umbaus in Planung.

 

Was hätte Ihrer Meinung nach in der Vergangenheit anders sein müssen, damit wir als Studierende besser in so einer Situation hätten reagieren und mithelfen können?

Alle: Da die Situation für alle Beteiligten weitestgehend unerwartet gekommen wäre, sei dies schwer zu beantworten.
Lehrbeauftragte: Es wäre sicherlich von Vorteil gewesen, wenn mehr Studierende nebenbei kliniknah jobben würden, um bereits im Klinikalltag Erfahrungen zu haben.

 

Das M2 und wie es ablaufen soll, stand lange zur Debatte. Wie finden Sie die Lösung, die gefunden wurde im Vergleich zu den verschiedenen Bundesländern und was hätten Sie sich besser vorstellen können?

Lehrbeauftragte: Die Diskussion an sich sei schade und der plötzlichen Panik zu verschulden. Eine solche Entscheidung solle, wenn bundesweit einheitlich getroffen werden und nicht auf Bundeslandebene.
BVMD: Die beiden Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern, in denen der PJ-Start vorverlegt wurde, haben nun weniger Zeit zum Lernen für das M2, welches nun im Frühjahr 2021 für diese Kohorte stattfände. Zudem sollen pandemieassoziierte Fragestellungen enthalten sein, zu denen es bisher keine Lernmaterialien gäbe und die wissenschaftliche Situation auch noch sehr ungenau sei. Die Kritik, dass die Prüfung nicht nur die Qualifikation als Corona-Arzt sicherstellen soll, bleibe erstmal bestehen.
Studierende: Geplante Tertiale in den betroffenen Bundesländern mussten teilweise abgesagt werden, da nun die Zeiten nicht mehr übereinstimmen. Dies sei sehr ärgerlich für die Betroffenen. Da die Entscheidung erst sehr kurzfristig getroffen wurde, haben die Nerven teilweise blank gelegen, im Nachhinein sei aber alles gut gelaufen, trotz der Umstände.

 

Das Semester musste kurzfristig und ohne Möglichkeit langer Vorausplanung in digitale Form gebracht werden. Wie würden Sie die Umsetzung allgemein und speziell für Ihr Institut bewerten? Wie finden Sie diese Art der Lehre?

Lehrbeauftragte: Die digitale Lehre in Bezug auf praktische Lehre am Patienten sei nicht optimal, vergleichbar mit einer Ausbildung an einem Flugsimulator, der auch noch keinen Piloten hervorbrächte. Jedoch sei die Umsetzung für die meisten Fächer sehr zufriedenstellend gelungen in Anbetracht der Umstände und stieße auf viel positive Resonanz.
Fachschaft und Studierende: Leider sei es von Fach zu Fach sehr unterschiedlich umgesetzt worden und auf vielen verschiedenen Plattformen, wodurch es zu einiger Verwirrung kam. Manche Fächer hätten von vornherein ein gutes Konzept entwickelt, andere haben bis Mitte Juni gewartet und auf die Möglichkeit einer Präsenzlehre gehofft, wodurch die Inhalte erst sehr spät zur Verfügung standen. In der kommenden Zeit sollte es hier eine einheitlichere Lösung geben, da damit gerechnet werden müsse, dass die kommenden Semester ebenfalls nicht in der alten Form ablaufen können.

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