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  • Katharina Ruderich
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  • 19.04.2022

Das Pflegepraktikum - 1x1

Ums Pflegepraktikum kommt kein Medizinstudierender herum. Katharina findet das gut und gibt Tipps, wie du das Praktikum optimal nutzen kannst.

 

 

Das Pflegepraktikum. Jeder Medizinstudierende muss es tun. Fast jeder fragt sich: warum? Immerhin wollen wir diejenigen sein, die die Medikamente verschreiben, nicht diejenigen, die die Bettschüsseln wechseln. Aber wenn man nur ein paar Sekunden nachdenkt, ergibt sich der Sinn hinter Schichtdienst für 3 Monate ohne Bezahlung: Im Krankenhaus arbeiten Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte direkt nebeneinander, wäre ganz gut, wenn wir die Arbeit genügend respektieren würden. Und: man lernt, welche Eigenschaften an Mediziner*innen man mag und erlernen will – und welche eben nicht.

Damit dein Pflegepraktikum ein Erfolg wird und du das meiste rausholen kannst, kommt hier das Pflegepraktikum-1x1.

 

1.    Großes oder kleines Haus?


Ich habe mein Praktikum am Krankenhaus in meinem Heimatstädtchen gemacht. Mein Arbeitsweg war kurz und ich musste in der Zeit kein Geld für Essen ausgeben, dafür gab es aber auch nur zwei Stationen und die Ambulanz. Aber ist das so schlimm?
Kleine Häuser = geringere Anzahl an Betten und Besetzung. Klar, nur eine chirurgische und eine geriatrische Station als Auswahl zu haben, klingt etwas langweilig. Die OPs wiederholen sich irgendwann, und ab einem gewissen Punkt nervt es, den dementen Patienten immer dasselbe erklären zu müssen.
Große Häuser bieten eine größere Vielfalt an OPs und Stationen. Pädiatrie? Privatstation? Viszeralchirurgie? Urologie? Such dir was aus. Es wird sicher nicht langweilig. Aber du wirst wahrscheinlich nicht innerhalb von ein paar Wochen die Namen aller Schwestern kennen. Ein weiterer Vorteil an kleinen Häusern: Medizinstudierende machen da eben nicht so oft Praktikum. Da ist man dann schnell das Highlight im Haus und bleibt gut im Kopf. Das kommt dann zugute, wenn der Chirurg jemanden zum assistieren im OP braucht und sich an die Praktikantin erinnert, die ab und zu im OP zuschaut und Fragen stellt – die kann sich doch mal waschen und mithelfen! Und weil ebendiese Operation die einzige des ganzen Tages ist, ist es auch nicht so schlimm, wenn man bei solchen Späßen mitmacht.

 

2.    Demente Patientinnen und Patienten


Wie bereits gesagt, gibt es in dem Haus meines Praktikums eine Geriatrie. Kurz gesagt: Ältere Menschen mit verschiedenen mentalen Kapazitäten werden fit für die Reha gemacht. Die einen sind so fit, dass du dich ewig mit ihnen unterhalten und scherzen kannst, die anderen fühlen sich generell unwohl mit der ganzen Situation und brauchen einfach ab und an Hilfe – und wieder andere sind dement.
Klar, es kommt auf das Stadium der Demenz an, aber es ist nicht selten, dass dir auf so einer Station räumliche und zeitliche Desorientierung entgegenkommen. Manche sehen Holländer in der Ecke stehen und du musst die Familie beschützen; wieder andere werden mindestens zehnmal in einer Schicht klingeln, weil sie irgendwelche Papiere oder Unterhosen suchen, andere machen Spaziergänge im gesamten Haus und unterhalten sich mit Patienten auf der anderen Station.
Sei dir bewusst, dass solche Situationen für diese Menschen logisch sind. Du wirst sie manchmal nicht von der Realität überzeugen können. Egal wie oft du es wiederholst: sie sehen sich nicht im Krankenhaus, der Zugang ist nicht für Schmerzmittel, sondern für Mikrochips da und die Hose ist in der Waschmaschine des Krankenhaus. In solchen Situationen ist es oft besser, einfach mitzuspielen.
Die Patienten haben einfach Angst; weg von Familie und bekannte Gesichtern, nur Menschen in weißen Kitteln und mit Nadeln und Tabletten in der Hand.
Nimm die Ängste: Du kannst natürlich die Familie beschützen, die Nadel wird sofort gezogen und die Waschmaschine ist gleich fertig, keine Sorge. Es kann nervig sein, klar, aber wenn du einmal herausgefunden hast, wie du am besten mit den Patientinnen und Patienten individuell umgehst, sind das wirklich süße, liebenswürdige Menschen.

 

3.    Manche Patientinnen und Patienten sind einfach unangenehm


Ernsthaft. Manche wirst du nie zufriedenstellen. Egal, wie oft du das Kissen aufschüttelst, den Kaffee frisch bringst oder das Brot schneidest – es wird immer welche geben, die etwas zu meckern haben. Insbesondere, wenn du nicht sofort die Antwort auf ihre Fragen hast. Jeder zweite meiner Sätze lautete „da muss ich mal die Schwestern fragen“ – nicht sehr befriedigend für die Patientinnen und Patienten, dafür umso besser für dich. Als armer, kleiner Praktikant kannst du dich damit eigentlich recht schnell aus den unangenehmen Zimmern rausschleusen und damit die Pflegekraft reinschicken.

 

4.    Bring Kuchen mit


Mag zwar Trivial klingen, aber Kuchen ist immer gern gesehen. Und denk dran: du willst die Pflegekräfte auf deiner Seite. Wenn du dir genug Vertrauen erarbeitet hast, geht’s nicht nur um Blutdruck- und Temperaturmessungen oder Kloschüsseln wechseln, sondern auch mal Infusionen aufziehen helfen oder deine Blutabnahmetechnik an den Schwestern verfeinern (sorry nochmal für die Blauen Flecke – ich hab‘ mein Bestes gegeben).

Alles in allem – das Pflegepraktikum hat seinen Sinn. Ja, es zieht sich ein wenig und ja, man muss sich an so manche Aufgabe erst einmal gewöhnen. Aber wenn man es gut anstellt und sich Mühe gibt, kann man so einige Connections aufbauen. Ob es um Nebenjobs in den Semesterferien geht oder mal im OP assistieren zu dürfen: Nimm alles mit, was du kriegen kannst, und merk dir vor allem eine Sache: Die Pflegekräfte haben Recht.

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