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  • Bericht
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  • Lily W.
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  • 13.01.2014

Lilys Weg ins Medizinstudium

Um in der Schweiz einen Studienplatz für Medizin zu bekommen, reicht eine gute Note in der Matura nicht. Vielmehr muss ein Eignungstest bestanden werden – und der ist gar nicht mal so leicht, wie Lily am eigenen Leib erfahren musste ...

Mein Name ist Lily, ich bin 21 Jahre alt und ich studiere an einer Universität in der Schweiz. Ich wollte das Medizinstudium sofort nach dem Abitur beginnen, doch dafür musste ich mich erst eine große Hürde nehmen. Denn die Zulassungsvoraussetzungen für das Medizinstudium sind hier in der Schweiz ganz anders als in Deutschland. Die Abitur-Abschlussnote wird nicht berücksichtigt und es gibt keine Warteliste. Dafür müssen wir am „Eignungstest für das Medizinstudium in der Schweiz“ (EMS) teilnehmen. Es gilt: Nur die Besten im Test bekommen einen Platz. Für den Test melden sich ca. 4000 Schülerinnen und Schüler an, von denen erscheinen allerdings ein Viertel nicht am Prüfungstag.

 

Guter Tipp: Hört nicht immer auf eure Lehrer!  

Ich besuchte einen Probelauf, der von einer Schule aus Sursee (LU) organisiert war. Die Lehrer erwähnen jedes Jahr, dass  man sich nicht auf den Test vorbereiten kann, nach dem Motto "man kann es, oder man kann es nicht". Liebe Schülerinnen und Schüler, die Medizin studieren wollen: Glaubt dem niemals! Ihr könnt immer und alles trainieren. Als frische Maturantin war ich allerdings noch nicht 'matur' genug und glaubte den Lehrern. Ich habe mich daher nur wenig – nicht mehr als 20 Stunden –  vorbereitet.  Zum Lernen nutzte ich wie so viele das "weißen Büchlein"  (Test für medizinische Studiengänge I und II aus dem Hogrefe-Verlag).  

Ich habe den Test also mit wenig Vorbereitung geschrieben und mit 119 Punkten  nicht bestanden. Da für mich nur ein Medizinstudium in Frage kam, war ich am Boden zerstört. Gute Alternativen zur Medizin sind naturwissenschaftliche Fächer mit einem Bezug zur Gesundheit wie Pharmazie, Biomedizin, Biomechanik, etc. Ich habe mich deshalb für das Pharmaziestudium entschieden und war sehr positiv überrascht, weil es mir sehr gut gefallen hat und zusätzlich eine gute Vorbereitung für das Medizinstudium ist. Ich habe trotzdem abgebrochen, so gut es mir auch gefallen hat. Ich musste den Eignungstest schaffen!

 

Hartes Training für den Test

Gesagt getan. Ich habe mir alle Bücher die man sich besorgen konnte, bestellt und drei Monate vor dem Test angefangen jeden Tag Aufgaben zu lösen. Zuerst nur wenige, dann immer mehr. Der einwöchige Kurs, den ich in Zürich im Frühling besucht habe, hat mir viele wertvolle Tipps gegeben. Hier erfuhr ich nicht nur, wie ich den Test lösen konnte, sondern wie ich mich ernähren soll und was ich bei Blackouts tun kann. Zusätzlich habe ich nebst dem Kurs wieder einen Probelauf in Sursee und einen vom Kursanbieter in Zürich besucht. Die Kosten schwanken je nachdem wie umfangreich man es haben will und welchen Kursanbieter man wählt: Ich habe für einen fünftägigen Kurs 1.200 CHF bezahlt, das sind ca. 850 Euro. Der Probelauf in Sursee kostete mich 50 CHF und der in Zürich 150 CHF. Mit den zusätzlichen Büchern, die ich mir online besorgt hatte, kam ich auf Kosten von ca. 1800 CHF (1450 Euro).

In einer solch anstrengenden Zeit verliert man schnell die Geduld und die Ruhe. Meine Familie und Freunde wurden in dieser Zeit zu meiner Ruhequelle. Bei ihnen fand ich immer ein offenes Ohr und sie gaben gute Tipps.

 

Das Schlimmste kommt danach: das Warten  

Nachdem ich den Test geschrieben hatte, musste ich nur noch warten. Ein kleiner Tipp: Beschäftigt euch indem ihr in die Ferien geht, arbeitet, immer aktiv seid. Man macht sich ständig Gedanken über die Ergebnisse, wenn man zu viel Zeit zum Überlegen hat. Normalerweise kommen die Resultate im August. Doch auf die Briefe konnte ich nicht warten. Ich wusste noch vom Vorjahr, dass man die Testergebnisse schon gegen Ende Juli per Telefon erfahren konnte. Ich hatte im Sekretariat des CRUS (Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten) schon nach meinem ersten Test angerufen und mit großer Enttäuschung erfahren, dass ich nicht bestanden hatte. Nach dem zweiten Versuch hatte ich Mühe noch einmal anzurufen, weil ich zu viel Angst vor einer weiteren Enttäuschung hatte. Doch ich konnte mich trotzdem dazu überwinden, weil meine Neugier grösser war als meine Angst. Ich rief also an und die Sekretärin bejahte die Frage, ob man die Ergebnisse schon erfahren durfte. Doch anstatt sie zu erfragen, legte ich einfach auf. Schlussendlich habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und beim zweiten Anruf nach meinen Ergebnissen gefragt. Ihre Antwort werde ich nie vergessen: Sie hat mir den Studienplatz in Bern zugesprochen! Das Gefühl war atemberaubend! Meine ganzen Mühen haben sich ausgezahlt. Wie ein Marathonläufer, der sein Ziel erreicht hat.

Falls ihr vor oder nach dem Test das Gefühl bekommt, dass ihr es nicht schafft, oder dass aus euch sowieso kein guter Arzt wird, weil ihr schlechte Noten habt, dann streicht diesen Gedanken: Ich habe viele Medizinstudenten kennengelernt, die Mühe mit schnellem Lernen haben, aber sie sind dafür um einiges besser in der Praxis als die "Genies".  

Viel Glück denen, die es von ganzem Herzen wollen!  

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