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  • 27.09.2013

Tipps für Famulanten aus Pflegesicht

Stefanie Teufel ist zuständig für die pflegerische Stationsleitung in der Abteilung Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart. Im Interview spricht die Pflegerin über ihre Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Famulanten und gibt hilfreiche Tipps für einen gelungenen Start in den Klinikalltag.

Stefanie Teufel - Foto: Privat

> Frau Teufel, als Stationsleiterin sind Sie sicher regelmäßig im Kontakt mit Famulanten. Interessieren die sich überhaupt für die Pflege?

Ja, manche Famulanten interessieren sich dafür. Sie können bei uns feststellen, dass die Pflege und die Ärzte sehr gut zusammen arbeiten. Aber es gibt auch einige Studenten, die von der Pflege nicht viel halten. In diesem Fall sind Gespräche notwendig, um ihnen verständlich zu machen, dass es für sie vorteilhaft ist, auch diesen Bereich kennenzulernen.

 

> Halten sich die Famulanten eher an die Pflege oder an die Ärzte?

Häufig sind sie dankbar für jeden Ansprechpartner, so dass sie auch auf uns zukommen und Fragen stellen. Aber grundsätzlich fühlen sie sich den Ärzten zugehörig. Die meisten unterstützen uns auch, zum Beispiel bei einer Mobilisation oder sie helfen bei einer Lagerung oder beim Waschen. Viele arbeiten neben dem Studium als Nachtwache oder sogar in der Pflege. Das sind dann Famulanten, die sich gut auskennen.

 

> Was sollte ich vermeiden, um ein „guter“ Famulant zu sein?

Bei der Visite ist es schon grundsätzlich komisch für mich, wenn mehr Leute da sind als gewohnt. Aber wenn sich dann der Famulant ganz vorne hinstellt, und ich mir meinen Platz nach vorne erkämpfen muss, ist das schon unhöflich. Ich finde es gut, dass Interesse besteht, aber jeder sollte den Platz einnehmen, der ihm zusteht. Oft sind die Famulanten natürlich unsicher, weil ihnen ja auch niemand sagt, wo sie sich hinstellen sollen. Deshalb ist es besser einfach mal nachzufragen! 

 

> Wie sollte sich ein Famulant noch verhalten?

Er sollte sich unbedingt bei den Patienten vorstellen! Die sind oft sehr verunsichert. Meistens haben die Famulanten einen Kittel an und sehen wie Ärzte aus – wie soll ein Patient dann wissen, dass es sich um einen Studenten handelt?

 Außerdem finde ich sehr wichtig, dass jedem auf Station –von Ergo- bis Physiotherapeuten - Wertschätzung entgegengebracht wird. Wir sind eine kleine Station, bei der Teamarbeit wichtig ist und alle Berufsgruppen gut vernetzt sind. Ich denke da kann man sich als Student viel abschauen.

Was ich auch immer sehr schön finde ist, wenn sie persönliches Interesse am Patienten zeigen. Es gibt welche, die sind sehr interessiert und unterhalten sich mit den Patienten über das Leben oder aktuelle Themen. Das gefällt mir. Wenn zum Beispiel nicht so viel zu tun ist, könnten die Famulanten zu den Patienten gehen und sich mit ihnen unterhalten. Ich habe das Gefühl, dass das ihnen selbst auch sehr gut tut. Denn Ärzte sind meist sehr diagnoseorientiert und haben auch wenig Zeit für das drum herum. Aber als Famulant hat man noch die Möglichkeit sich ein Gesamtbild von dem Patienten zu machen, und lernt so vielleicht mehr Verständnis aufzubringen. Außerdem können sie dabei sehen, dass nach dem Klinikaufenthalt noch einiges dranhängt, zum Beispiel die häusliche Versorgung.

 

> Gibt es noch „Götter in Weiß“ unter den Studenten?

Ich habe das Gefühl, dass es sie schon noch vereinzelt gibt, vor allem wenn ein Elternteil Arzt ist. Was ich nicht so gut finde ist, wenn solche Famulanten mit medizinisch abgehobenem Geschwafel ankommen und der Patient nichts versteht. Oder wenn sie versuchen uns medizinisch zu belehren. Sie wissen zwar sicher viel, aber ihnen fehlt die Erfahrung – und das sollten sie berücksichtigen bei der Art und Weise, wie sie mit Patienten oder uns Pflegekräften sprechen. Wenn das jemand partout nicht verstehen will, ist ein ernstes Gespräch nötig. 

 

> Und was machen Sie mit dem schüchternen Famulanten?

So jemanden versuchen wir in das Team einzubinden. Wenn jemand einen Ruck braucht, dann helfen wir ihm. Man merkt schon beim Vorstellen, ob jemand schüchtern ist. Die Schüchternen wenden sich dann auch eher an die Pflege, wenn sie Fragen haben.

 

> Gibt es etwas, was allen Famulanten gemein ist?

Ja es gibt einen ganz typischen Fehler, den alle Famulanten machen: Keiner bekommt es hin, beim Blutabnehmen und Vigos legen, etwas zum Schutz drunter zulegen. Selbst Ärzte bekommen das manchmal nicht hin, aber bei Famulanten klappt das nie. Und wenn sie dann alleine los dürfen, ist es besonders schlimm, und das frisch gemachte Bett ist voller Blut. Manchen merkt man auch an, dass Sie im Studium wenig praktisch arbeiten. Wenn ein Patient sich zum Beispiel übergibt, reagieren sie langsam – dabei wäre es so einfach, ihm wenigstens ein Tuch zu geben …

 

> Ein Problem für viele Famulanten ist, dass es auf jeder Station anders abläuft und manche gar nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Haben Sie dafür einen Tipp?

Bei neuen Praktikanten oder Mitarbeitern führen wir ein kurzes Einarbeitungsgespräch, in dem wir unsere Station vorstellen und erklären, wie es bei uns abläuft. Zudem halten wir die gegenseitigen Erwartungen schriftlich fest und hängen sie auf, damit jeder weiß was für Themen der andere angehen möchte.

 

> Wie kommt bei euch der (Fanta)kuchen an?

Einen Kuchen mitzubringen ist nie verkehrt, dafür haben alle auf Station einfach zu viel Lust auf Süßes. Damit kann man auf jeden Fall Pluspunkte sammeln. Bei uns ist es üblich, dass man zum Abschied etwas mitbringt.

 

Top 5 Tipps wie du als Famulant garantiert zum STATIONSSCHRECK wirst:

5. Versuche in jeder Situation andere Mitarbeiter auf Station zu belehren, schließlich studierst du ja Medizin.

4. Bei der Visite stellst du dich immer in die erste Reihe.

3. Stelle dich keinesfalls bei den Mitarbeitern auf Station vor, sondern orientiere dich ausschließlich an den Personen, die einen ebenso schönen weißen Kittel wie du anhaben.

2. Kommt es beim Patienten zu unerwarteten Ausscheidungen, wie plötzliches Erbrechen, mache überhaupt nichts, sage nicht und verlasse fluchtartig den Raum.

1. Lege beim Blutabnehmen niemals etwas unter, achte auf eine möglichst großflächige Verteilung des Blutes, und sorge für viele Einstiche beim Patienten.

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