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  • Beyza Saritas
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  • 29.10.2019

Finanzieren vor Studieren

Sie sind gekennzeichnet durch Begriffe wie „hochbegabt“ und „überdurchschnittliche Leistungen“: die Rede ist von Stipendien. Die meisten angehenden Studis denken, dass die Chancen, ein Stipendium zu ergattern, verschwindend gering sind. Dabei stehen diese gar nicht so schlecht, wie Lokalredakteurin Beyza weiß.

 

Neben den allgemeinen Lebenserhaltungskosten (z.B. Miete, Nahrungsmittel, Kleidung, etc.) fallen im Laufe des Studiums auch rein studienbedingte Kosten an: Semestergebühren, Lernmittel und Bücher. Ein Hochschulstudium summiert sich im Laufe der Jahre aber auch ohne Studiengebühren auf. Laut Deutschem Studentenwerk kommen pro Student durchschnittlich 800 Euro Kosten im Monat zusammen; im Laufe von elf Semestern sind das etwa 45.000 Euro. Fazit: Studieren ist teuer.

Quellen der Studienfinanzierung

Woher kommt das Geld, mit dem Studienkosten gedeckt werden können? Drei Hauptquellen sichern die Existenz eines Studenten: zumeist tragen größtenteils die Eltern die Last. Dazu kommen Ersparnisse und der eigene Verdienst, der meist mit Nebenjobs bestritten wird. Die dritte, wichtige Finanzierungsquelle ist BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz). Manchmal sind aber die Kosten des Studiums auch mit all den genannten Quellen nicht zu decken. Viele Studierende verzichten dann auf ihr Wunschstudium, einen Studienaufenthalt im Ausland, oder ein karriereförderndes Praktikum. Das Stipendium taucht in der Liste der Studienfinanzierung erst sehr weit unten auf.

Bewerbung: Voraussetzungen und Ablauf

Wenn du dich für ein Stipendium bewerben möchtest, solltest du dir zuerst Gedanken über deine eigenen Werte und Ziele machen, unter anderem auch über deine politische oder religiöse Orientierung. Verständlicherweise macht es Sinn, sich bei einer Stiftung zu bewerben, mit der du möglichst viele ideelle Übereinstimmungen hast. Die meisten Stipendien sind politisch, konfessionell, wirtschaftlich oder auch gewerkschaftlich geprägt. Eine Ausnahme bilden die Studienstiftung des deutschen Volkes, oder aber auch das Deutschlandstipendium, welche überkonfessionell und auch keiner politischen Richtung zuzuordnen sind.

Im Prinzip kann sich jeder für ein Stipendium bewerben. Bei einigen Stiftungen, wie z.B. der Stiftung des deutschen Hochschulvolkes, hat man bessere Chancen auf ein Stipendium, wenn man zuvor von der eigenen Schule vorgeschlagen wurde. Andere Stiftungen, wie z.B. das Avicenna-Studienwerk, möchten eine Beurteilung deiner Person durch einen Dozenten an deiner Universität. Was du dir aber vor Augen führen solltest, ist, dass überdurchschnittliche universitäre Leistungen nicht ein Muss sind, wenn es um die Bewerbung für ein Stipendium geht. Natürlich sind diese hilfreich, aber viele Stiftungen legen auch besonderen Wert auf dein außeruniversitäres Engagement.


Meist sind die Bewerbungsverfahren für die Stipendien ähnlich. Zuerst schreibst du ein Motivationsschreiben, eine ausführliche schriftliche Bewerbung. Bei Eignung für die Stiftung folgt daraufhin ein Einzelgespräch, in dem du versuchst, deine individuelle Motivation herauszufinden und zu klären, warum du dich für die jeweilige Stiftung beworben hast. Abschließend gibt es meist eine Gruppendiskussion, in der es darum geht, deine Diskussions- sowie Teamfähigkeit zu beurteilen.

Ideelle und finanzielle Förderung

Die Angebote verschiedener Stiftungen ähneln sich in ihren Grundzügen, und unterscheiden sich nur in wenigen Details voneinander. Meist besteht ein Stipendium aus einer ideellen und finanziellen Förderung, sowie einer Auslandsförderung. Je nach Stiftung können die Schwerpunkte natürlich anders verteilt sein.

Die finanzielle Förderung der meisten Stipendien besteht aus einem Grundstipendium mit max. 735 Euro im Monat. Dieses Grundstipendium orientiert sich am BAföG-Satz. Jeder Stipendiat enthält darüber hinaus 300 Euro Büchergeld - unabhängig von der BAföG-Förderungsfähigkeit. Die ideelle Förderung beinhaltet Fortbildungsangebote, Sommerakademien und anderweitige Seminare, die natürlich auch auf der politischen oder konfessionellen Orientierung der Stiftung fußen. Auslandsförderungen übernehmen die Voll- oder Teilfinanzierung von Auslandspraktika, Sprachkursen oder sogar Auslandssemestern.

Welche Stiftungen gibt es?

Es gibt eine Vielzahl von Stiftungen mit eigenem Profil und eigenen Bewerbungskriterien. In Deutschland gibt es 13 Begabtenförderungswerke, die Stipendien an Studierende und Promovierende vergeben. Darüber hinaus gibt es auch eine Vielzahl kleinerer Förderer. Einen detaillierten Überblick findest du auf www. stipendienlotse.de oder www.mystipendium.de

Eine grobe Übersicht über die größten Studienwerke Deutschlands:

Studienstiftung des deutschen Volkes
- Nicht weltanschaulich gebunden
- Förderung von Personen mit allen möglichen Ansichten, Werten, Religionen etc.
- Selbstbewerbung oder Vorschlag
- Anzahl Stipendiaten: 13.000

Avicenna-Studienwerk
- Steht dem muslimischen Glauben nahe
- Fordert gesellschaftliches Engagement
- Verbleibende Regelstudienzeit: mind. 4 Semester
- Anzahl Stipendiaten: 500
- Mehr Infos und Erfahrungen zu diesem Studienwerk gibt's hier

Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk
- Steht dem jüdischen Glauben nahe
- Setzt jüdische Glaubenszugehörigkeit sowie soziales Engagement voraus


Evangelisches Studienwerk Villigst
- Steht der evangelischen Kirche nahe
- Setzt Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche voraus
- Fordert soziales Engagement
- Anzahl Stipendiaten: 1.450

Cusanuswerk
- Steht der katholischen Kirche nahe
- Setzt katholischen Glauben und Mitgestaltung der Kirche voraus
- Verbleibende Regelstudienzeit: mind. 5 Semester
- Anzahl Stipendiaten: 1000

Konrad-Adenauer-Stiftung
- Steht der CDU nahe
- Werte: Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit
- Fordert gesellschaftliches, kirchliches und politisches Engagement
- Bevorzugt: Studierende ohne akademischen familiären Hintergrund und/oder Migrationshintergrund
- Anzahl Stipendiaten: 3.200

Hans-Seidel-Stiftung
- Steht der CSU nahe
- Setzt Arbeit in studentischer Organisation, in Partei, im sozialen Bereich oder offene bzw. konfessionelle Jugendarbeit voraus
- Obere Altersgrenze: 32 Jahre
- Anzahl Stipendiaten: 1000

Friedrich-Ebert-Stiftung
- Steht der SPD nahe
- Fordert gesellschaftliches und politisches Engagement
- Bevorzugt: Studierende ohne akademischen familiären Hintergrund und/oder Migrationshintergrund
- Anzahl Stipendiaten: 2.400

Heinrich-Böll-Stiftung
- Steht der Partei die Grünen nahe
- Werte: Nachhaltigkeit, Chancengerechtigkeit, Demokratie
- Voraussetzungen: gesellschaftspolitisches Engagement
- Anzahl Stipendiaten: 1000

Rosa-Luxemburg-Stiftung
- Steht der Partei DIE LINKE nahe
- Werte: demokratischer Sozialismus
- Setzt intensives soziales Engagement voraus
- Bevorzugt: Frauen, sozial Bedürftige, Studierende ohne akademischen Hintergrund und Behinderte
- Anzahl Stipendiaten: 1.000

Friedrich-Naumann-Stiftung
- Steht der FDP nahe
- Setzt gesellschaftliches (liberales) Engagement voraus
- Anzahl Stipendiaten: 850

Hans-Böckler-Stiftung
- Steht dem deutschen Gewerkschaftsbund nahe
- Werte: Mitbestimmung
- Fordert Engagement in einer Gewerkschaft oder auf anderem gesellschaftspolitischen Gebiet
- Fördert bevorzugt Studenten mit finanzieller Bedürftigkeit
- Anzahl Stipendiaten: 2000

Stiftung der Deutschen Wirtschaft
- Werte: Engagement, Unternehmensgeist und gesellschaftliche Verantwortung
- Setzt gesellschaftliche Aktivität, soziale Kompetenz und wirtschaftliches/gesellschaftliches Studienfach voraus
- Bevorzugt: Studieren ohne akademischen familiären Hintergrund
- Anzahl Stipendiaten: Unbekannt

Trau dich!

Auch, wenn die Voraussetzungen und Bewerbungskriterien für ein Stipendium auf den ersten Blick abschreckend wirken, lohnt sich eine Bewerbung für die meisten Studierenden dennoch. Vier Prozent der deutschen Studierenden bekommen ein Stipendium, jeder Fünfte von ihnen das Deutschlandstipendium vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eines solltest du dir aber besonders vor Augen führen: Auch, wenn du keinen Erfolg mit deiner Bewerbung hast, kannst du mit einer Bewerbung wertvolle Erfahrungen sammeln, und bist für spätere Auswahlsituationen geschult. Mit einer Bewerbung für ein Stipendium kannst du also nur gewinnen, nie verlieren.

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