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  • Catharina Nitsche
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  • 14.02.2014

Das Prüfungssystem an der EMS (1.–6.Semester)

Pauken bis der Kopf raucht: Beim Lernen für das Physikum sehen viele Studenten das Tageslicht nicht mehr. Der geballte Stoff aus vier Semestern muss ins Hirn und wird dann zwei Tage lang abgefragt. Wie schön wäre es doch, die Prüfungen alternativ auf mehrere Semester zu verteilen. Wer davon träumt, sollte an der Uni Oldenburg studieren. In ihrem Modellstudiengang Medizin läuft das Prüfungssystem ein wenig anders ab – nämlich ohne Physikum.

Studentin vor Bücherberg - Foto: Alexander Sherstobitov/shutterstock

Lernen müssen die Oldenburger Studenten natürlich wie alle anderen auch - doch immerhin verteilt sich der Prüfungstoff auf mehrere Semester. Foto: Alexander Sherstobitov/shutterstock

 

Auch wenn kein Physikum geschrieben wird – um das Lernen kommen die Oldenburger Studenten natürlich nicht herum. Sie müssen äquivalente Leistungen erbringen, doch anstelle der ersten ärztlichen Prüfung am Ende der Vorklinik, müssen sie pro Semester an vier theoretischen und einer praktischen Prüfungen teilnehmen. Die Prüfungen beginnen im ersten Semester, die letzte findet im sechsten Semester statt.    

Die theoretische Prüfung  

Jedes Semester teilt sich in zwei Module. In jedem Modul müssen die Studenten insgesamt 120 Multiple-Choice-Fragen aus verschiedenen Fächern an einem Laptop beantworten. Davon werden 40 Fragen in einer Zwischenprüfung und 80 Fragen in einer Abschlussprüfung bearbeitet. Die meisten Fragen sind aus den Fächern Histologie, Anatomie, Physiologie, Chemie, Physik, Biochemie, Soziologie und Psychologie und werden passend zum Thema des jeweiligen Moduls gestellt. Hier ist es besonders wichtig, gut abzuschneiden. Denn das Ergebnis dieser Prüfung geht in die sogenannte „Physikumsäquivalenz“ ein. Diese setzt sich aus den Ergebnissen aller theoretischen und praktischen Prüfungen aus drei Jahren zusammen. Hierbei müssen 60% der physikumsäquivalenten Fragen richtig beantwortet sein.

Im Laufe der drei Jahre sinkt der Anteil der physikumsäquivalenten Fragen. Bei der Multiple-Choice-Prüfung gibt es außerdem noch Fragen aus klinischen Fächern wie z.B. Pharmakologie, Allgemeinmedizin und Pathologie. Sie gehen allerdings nicht in das Ergebnis für die Physikumsäquivalenz mit ein. Diese werden im Laufe der drei Jahre immer mehr.  

Die theoretische Prüfung besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil wird „Closed-Book-Teil“ genannt. Hier müssen die Fragen frei, ohne Hilfsmittel beantwortet werden. Um sich richtig auf die Prüfung vorbereiten zu können, werden am Anfang des Moduls Lernfragen (Studienfragen) ausgehändigt. Sie dienen als Orientierung und sind natürlich viel weitreichender als die Multiple-Choice-Fragen in der Prüfung.  

In dem zweiten Teil, dem „Open-Book-Teil“, werden detailliertere Fragen gestellt, die inhaltlich über die Studienfragen hinausgehen. Um die richtige Antwort herauszufinden, darf in Büchern nachgeschlagen werden. Es dürfen allerdings nur bestimmte Bücher mitgenommen werden. Welche das sind werden vor der Prüfung in dem Modulhandbuch – einer Art Gebrauchsanweisung für das Modul mit allen wichtigen Informationen - mitgeteilt. Andere Bücher sind nicht erlaubt.

Die für die Prüfung relevanten Kapitel sind vorher bekannt, deshalb lohnt es sich, intensiv mit den angegebenen Büchern zu lernen. Es hat sich außerdem bewährt kleine Reiter mit Stichworten an die zu lesenden Kapitelseiten zu kleben, damit man zu einer Frage schnell die passende Seite findet.  

Es dürfen außerdem eigene Mitschriften aus den Vorlesungen und Ausdrucke der Vorlesungen mit in die Prüfung genommen werden. Zwischen den beiden Teilen ist eine kurze Pause angesetzt, in der die Prüfungskoordinatorin kontrolliert, ob auch nur die zugelassenen Bücher benutzt werden.  

Für den Transport der vielen Bücher wurden verschiedene Strategien entwickelt. Einige Studenten nutzen einen Rollkoffer, um die schwere Fracht auf den Campus zu bringen.  

 

Die praktische Prüfung  

Um ein Äquivalent für die mündliche Note für das Physikum zu ermitteln, gibt es nach jedem zweiten Modul – also einmal pro Semester – die sogenannte „Karussellprüfung“.  Hier durchläuft der Prüfling verschieden Stationen, an denen er eine bestimmte Situation meistern muss. Zum Beispiel muss er vor den Augen der Prüfer ein Kniegelenk untersuchen, eine Situation zwischen Arzt und Patienten analysieren, oder einen Vortrag halten.  

Die Vorträge werden bereits im Vorfeld, nämlich in den POL-Kursen erarbeitet. POL steht für problemorientiertes Lernen. Während des Semesters wird pro Woche ein konstruierter Patientenfall erarbeitet. Jede POL-Gruppe bekommt ein Lernziel vorgegeben. Bei einem Patienten mit Niereninsuffizienz kann das Lernziel z.B. „Anatomie der Niere“ oder „Was ist Niereninsuffizenz?“ sein. Von diesen Lernzielen kommt eines definitiv in der Prüfung dran – welches das ist, erfährt man allerdings erst am Prüfungstag.  

Aber nicht nur die POL-Kurse bereiten auf die Prüfung vor. In Kommunikationspraktika lernen die Studenten, was eine gute Präsentation ausmacht. Auf den Untersuchungsteil bereiten Untersuchungskurse und Praktika in Allgemeinmedizinpraxen vor. Es lohnt sich, die gelernten Techniken praktisch immer wieder auszuprobieren!   Die Situation zwischen Arzt und Patient (Konsultation) wird in Vorlesungen und den Kommunikationspraktika besprochen.  

Nicht vergessen: Für jede Prüfung muss sich der Student selbst über die Internetplattform der Uni anmelden.  

Der zweite Anlauf

Wer nicht genug richtige Antworten „sammeln“ konnte, hat die Möglichkeit an einem festgelegten Termin 120 Multiple-Choice-Fragen zu kreuzen. Das heißt, dass die Zwischen- und Abschlussprüfung an einem Tag zusammen nachgeholt werden. Die Studenten müssen bei allen Prüfungen nach drei Jahren insgesamt sechzig Prozent richtig beantwortet haben. Dann wird eine zum Physikum äquivalente Bescheinigung erworben. 

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