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  • Bericht
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  • Marek Hanhoff
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  • 03.11.2014

PJ auf den Bahamas – Sonnenbrille nicht vergessen!

Praktisches Jahr in direkter Nähe zu weißen Sandstränden, kristallklarem Wasser und Korallenriffen: Marek hat sich den „Traum der Karibik“ erfüllt und zwei Monate seines PJs auf den Bahamas verbracht. Hier berichtet er, wie ihm das Leben zwischen Reggaemusik, OP und Tauchgängen gefallen hat.

 

 

Persönliche Motivation

Es gibt viele gute Gründe, im Medizinstudium ins Ausland zu gehen – und die perfekte Gelegenheit dafür bietet meiner Ansicht nach das Praktische Jahr. Nachdem man sich fünf lange Jahre das medizinische 1 x 1 angeeignet hat, kann man nun endlich aktiv im Klinikalltag mitreden und mitarbeiten. Hinzu kommen die bekannten Vorteile eines Auslandsaufenhaltes: Man lernt eine andere Kultur kennen, man verbessert sein medizinisches Vokabular in einer Fremdsprache und lernt ein anderes Gesundheits- und Ausbildungssystem kennen. Und nicht zuletzt: Man hat die Möglichkeit, dem kalten Wetter in Deutschland zu entfliehen und Sonne, Strand und Unterwasserwelt eines anderen Landes kennenzulernen. Wer kann da schon widerstehen? Da ich schon immer für einen längeren Zeitraum in wärmeren Breitengraden leben und arbeiten wollte, durchforstete ich ungefähr ein Jahr vor meinem PJ das Internet nach Erfahrungsberichten von Studenten, die schon auf Sri Lanka, den Seychellen oder in der Karibik waren. Hilfreich hierbei fand ich vor allem:

http://www.pj-ranking.de,

http://www.bvmd.de/berichte

https://www.thieme.de/viamedici/medizin-im-ausland-1617.htm

 

 

Bewerbung & Formalitäten

Etwa 8 Monate im Voraus startete ich damit, E-Mails an verschiedene Krankenhäuser und Unikliniken zu verschicken. Ich fragte an, ob im gewünschten Zeitraum Plätze für Austauschstudenten frei sind und wenn ja, welche Dokumente für eine Bewerbung erforderlich sind. Leider findet man nicht auf jeder offiziellen Internetseite Informationen dazu. Mein Ziel waren englischsprachige Städte möglichst nah am Meer, vor allem die karibischen Universitätskliniken in Trinidad, Jamaika und Barbados. Wichtig ist, sich vorab beim zuständigen Landesprüfungsamt zu erkundigen, ob ein Aufenthalt im gewünschten Land bzw. Krankenhaus später von der Heimuniversität anerkannt wird. Ein kleiner Tipp: Gerade die karibischen Universitäten sind sehr „entspannt“, was das Beantworten von E-Mails angeht. Also keine Sorge, wenn nach einer Woche noch keine Antwort im Postfach oder Spam-Ordner gelandet ist. Das kann gerne auch einen Monat in Anspruch nehmen. Ansonsten einfach ein bisschen penetrant sein und eine Mail auch zwei- oder dreimal verschicken. Dann bekommt man in der Regel auch eine Antwort auf seine Fragen. Die University of the West Indies Bahamas hat mittlerweile einen recht ordentlichen Internetauftritt, wo man die wichtigsten Informationen zum Krankenhaus findet:

http://www.uwibahamas.com/.

Nachdem ich mich dafür entschieden hatte, mich an der UWI Bahamas zu bewerben, verlief der Bewerbungsprozess alles in allem recht unkompliziert via Mail. Das Studiensekretariat könnt ihr über folgende E-Mail Adresse erreichen:

fmsuwi2bahamas@coralwave.com

Da die UWI eine Bewerbung frühestens 9 Monate vor Beginn des Praktikums akzeptiert, lag ich voll im Zeitplan. An anderen Orten bzw. Krankenhäusern ist eine frühere Bewerbung um einen PJ-Platz sicher sinnvoll. Nachdem ich von der zuständigen Sekretärin Ms. Tanya Kelly zunächst einen Bewerbungsbogen zugeschickt bekommen und einen Monat später alle erforderlichen Nachweise versendet hatte, war die Zusage für mein PJ-Tertial in der chirurgischen Abteilung recht schnell unter Dach und Fach. Was im Einzelnen für die Bewerbung am Princess Margaret Hospital – der Uniklinik der UWI – erforderlich ist, könnt ihr hier nachlesen:

www.uwibahamas.com/applications/uwiforms.pdf.

Prinzipiell sollte man etwas Zeit einplanen, um alle Unterlagen vollständig beisammen zu haben. Verlangt werden unter anderem ein aktueller Nachweis eines vollständigen Impfschutzes (Kopie des internationalen Impfausweises ausreichend) und ein Empfehlungsschreiben vom Dekan (erhält man in der Regel im Studiensekretariat der eigenen Uni). Zudem muss eine Seite des Bewerbungsformulars vom Studiensekretariat der Heimatuni ausgefüllt und unterschrieben werden. Weiterhin wird ein Sprachnachweis für Englisch gefordert. Ich habe damals eine Prüfung im Spracheninstitut meiner Universität abgelegt, was völlig ausreichend war. Ihr müsst also nicht zwangsläufig einen TOEFL-Test vorweisen. Mit dem offiziellen Bestätigungsschreiben, welches ihr vom dortigen Dekan Dr. Robin Roberts zugeschickt bekommt, sind alle Formalitäten bezüglich des Praktikums erst einmal erledigt.

 

 

Studiengebühren

Die Studiengebühren für ein Praktikum am Princess Margaret Hospital Nassau, New Providence betragen 150 Dollar pro Woche. Da seitens der dortigen Universität ein Aufenthalt auf maximal 8 Wochen begrenzt wird und man somit nur ein halbes PJ-Tertial absolvieren kann, beläuft sich die Gesamtsumme auf 1200 Dollar (inklusive Überweisungsgebühren umgerechnet etwa 950 Dollar), die man im Voraus überweisen muss. Zugegeben: Das ist eine Menge Geld nur für die Erlaubnis, irgendwo arbeiten und sich fortbilden zu können, weswegen ich anfangs auch gezögert habe. Im Tertial vorher hatte ich in der Schweiz gearbeitet und konnte mir so ein wenig Geld für den Aufenthalt auf den Bahamas zurücklegen. Rückwirkend betrachtet hat sich der ganze Aufwand aber wirklich ausgezahlt.

 

 

Anreiseinformationen

Die besten Flugangebote habe ich unter

http://flug.idealo.de/

gefunden. Es war kein Problem, die Flüge erst eine Woche vor Abflug zu buchen, da die Preise bis kurz vor Schluss konstant blieben. Mein Hinflug führte mich über London und Miami auf die Bahamas, der Rückflug beinhaltete lediglich einen Stopp in London und dauerte etwa 13 Stunden. Kostenpunkt: 730 Euro mit British Airways. Mit etwas Glück kann man auch über

http://www.urlaubspiraten.de/

oder ähnliche Seiten mal ein Schnäppchen finden. Kleiner Tipp: Ab und zu liest man in Erfahrungsberichten, dass die kurzen Umstiegszeiten in Miami zu Problemen führen können, den Anschlussflug zu erreichen. Meine Erfahrung: Locker bleiben, die Organisation am Flughafen ist gut. Ich hatte damals nur etwas mehr als eine Stunde Zeit. Direkt nach dem Ausstieg bekommt man einen roten Zettel, mit dem man an den langen Schlangen vorbeilaufen kann. Auch das Gepäck kam pünktlich mit mir in Nassau an. Da die allermeisten Flüge über die USA führen, sollte man nicht vergessen, sich spätestens drei Tage vor der Abreise um ein Einreise-Visum für die USA zu kümmern. Das funktioniert ganz unkompliziert online unter:

https://esta.cbp.dhs.gov/esta/application.html?execution=e1s1

und kostet 14 Dollar. Wer innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal in den USA gewesen ist, kann darauf verzichten, da die elektronische Reiseerlaubnis maximal zwei Jahre lang gültig ist. Ein spezielles Visum für die Bahamas ist nicht nötig, sofern man sich nicht länger als 90 Tage dort aufhält. Bei der Passkontrolle in Nassau bekommt man von netten Damen ein Formular, auf dem man unter anderem seine Wohnadresse und den Einreisegrund angeben muss. Hierbei erwies sich das ausgedruckte Bestätigungsschreiben der Universität als nützlich – damit erspart man sich Nachfragen bezüglich des längeren Aufenthaltes.

Die Bahamas sind frei von Dengue-Fieber und Malaria, so dass man sich bis auf die üblichen Impfungen nicht weiter vorbereiten muss und auf eine Prophylaxe verzichten kann. Ich habe im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung vor dem PJ alle nötigen Impfungen auffrischen lassen. Im Krankenhaus selbst gibt es eine HIV-Postexpositionsprophylaxe für den Fall der Fälle.

 

 

 

 

Größe und Abteilungen des Krankenhauses

In Nassau, der Hauptstadt der Bahamas, gibt es im Wesentlichen zwei größere Krankenhäuser: Das Princess Margaret Hospital (PMH), das als öffentliche Einrichtung für die Versorgung der Allgemeinheit zuständig ist und in dem die Ausbildung stattfindet, und ein Privatkrankenhaus, das nur einen kurzes Fußmarsch davon entfernt ist. Das PMH bietet Platz für 450 stationäre Patienten und besitzt zudem einige recht große Ambulanzen verschiedenster Fachdisziplinen, wo ambulante Patienten versorgt und behandelt werden. Weiterhin gibt es eine große Notaufnahme, in der man nach kurzer Zeit Aufgaben übertragen bekommt und wo die Patienten nicht selten Bett an Bett auf den Gängen liegen.

Die chirurgische Abteilung, in der ich tätig war, deckt einen Großteil chirurgischer Fachdisziplinen ab, unter anderem Allgemeinchirurgie, Hand- und Plastische Chirurgie, Neurochirurgie, Herz- und Gefäßchirurgie, Urologie sowie Orthopädie. Studenten aus dem Ausland können im Rahmen des PJ in folgenden Abteilungen arbeiten: Surgery, Obstetrics & Gynaecology, Paediatrics, Medicine, Emergency Medicine, Family Medicine, Oncology, Orthopaedics, Anaesthesia, Dermatology, Radiology. Der medizinische Standard des Krankenhauses war für mich überraschend gut, wenngleich die technische Ausstattung an den europäischen Standard nicht heranreicht. So gab es beispielsweise nur eine knapp begrenzte Anzahl an sterilen Lampengriffen pro Operationstag. Wenn diese einmal verbraucht waren, half man sich eben mit sterilem Verbandsmaterial. Für mich war es erst einmal sehr gewöhnungsbedürftig, wie viele Menschen in dem Krankenhaus herumwuselten. Ganz zu schweigen davon, wie viele Patienten auf einer Station Platz fanden. So gibt es keine getrennten Räume für 2 bis 4 Patienten, wie man es von Deutschland gewohnt ist. Vielmehr liegen 20 bis 30 Patienten in einem großen Raum, meist durch Vorhänge voneinander getrennt.

Auf dem Gelände der Klinik gibt es außerdem eine „students lounge“, wo ich fast jeden Tag zusammen mit anderen electives aus Kanada, Island, England und Deutschland sowie den bahamesischen Studenten Mittag auf der Terrasse gegessen und abgehangen habe. Zudem fanden hier regelmäßig Vorträge und Unterrichtseinheiten statt. Erwähnenswert ist, dass ein großer Anbau mit moderneren Stationen und OP-Sälen, welcher von einem privaten Gönner finanziert worden ist, im April 2014 kurz vor der Fertigstellung stand. Zu meiner Zeit befand sich das Labor im Keller des Gebäudes bereits in Betrieb. Ich hatte die Möglichkeit, kurz durch das Haus zu laufen, welches vom Aufbau her einem hiesigen Krankenhaus in nichts nachstand. Für die Chirurgie bedeutet das unter anderem mehrere neue und komfortablere OP-Säle, so dass es spannend bleibt, wie sich die Gegebenheiten im PMH in Zukunft weiterentwickeln werden.

 

 

PJ-Alltag im Krankenhaus

Die systematische Gliederung der Ärzte in Teams, bestehend aus Intern, Resident, Chief Resident sowie Attending, haben die Bahamesen den Amerikanern abgeschaut. An meinem ersten Tag im Krankenhaus kam mir alles ziemlich chaotisch vor. Allerdings habe ich im Laufe der ersten Woche peu à peu immer mehr den Durchblick erhalten, wie der Klinikalltag organisiert ist, wann welche Veranstaltung stattfindet und an wen man sich halten muss. Aber alles der Reihe nach: Am ersten Tag des Praktikums sollte man sich gegen 8 Uhr im Sekretariat einfinden, um von Ms. Kelly eingewiesen zu werden. Bestenfalls hat man schon vorher ein Passbild per Mail an sie geschickt, dann bekommt man direkt seinen Ausweis für die Klinik. Danach wurde ich den Studenten vorgestellt, die in der Zeit das vierwöchige Blockpraktikum in der Chirurgie absolvierten. Drei bis vier Studenten werden dabei einem Ärzteteam zugeordnet. Ich entschied mich zunächst dafür, mit einem Team der Allgemeinchirurgie zu laufen. Der Arbeitstag begann an den meisten Tagen mit einer Visite. Hierin unterscheiden sich die Bahamas besonders von unserem gut organisierten System in Deutschland: Es beginnt schon alleine damit, dass die Visiten jeden Tag zu einer anderen Uhrzeit begannen und man gar nicht so richtig wusste, wann man morgens erscheinen soll. Ein bisschen durcheinander eben.

Da die Patienten eines Teams im kompletten Krankenhaus verstreut auf verschiedenen Stationen untergebracht sind, konnten die Visiten manchmal viel Zeit in Anspruch nehmen. Nicht weil man exorbitant viel Zeit am Patientenbett verbrachte, sondern weil man damit beschäftigt war, durch das ganze Krankenhaus zu laufen. Die Visiten waren von Team zu Team anders: Die überwiegende Anzahl der Ärzte war darauf bedacht, die Studenten zu verschiedensten Krankheitsbilder ausgiebig abzufragen, was bei einigen auch in einem strengen Rahmen ablief. Oft wurde so lange geschwiegen und gewartet, bis man eine Antwort formuliert hatte. Ich empfand das aber alles andere als kontraproduktiv, denn so war man stets angehalten, mitzudenken und sich zumindest ein wenig vorzubereiten. Die einheimischen Studenten hatten dadurch auch ein richtig gutes theoretisches Wissen, was aber sicher auch daran lag, dass das Studienjahr damals kurz vor dem Examen stand. Lieblingsthemen der Allgemeinchirurgen waren vor allem Pankreatitis, Hernien und Co.

Am Patienten selbst wurden sporadisch Untersuchungen demonstriert. Fragen konnten jederzeit gestellt werden, wobei nicht wenige Ärzte die Frage erst einmal wieder zurückgaben, um einen zum Nachdenken anzuregen. Besonders lehrreich war die Zeit unter Prof. Ramphal, ein Herz- und Gefäßchirurg aus den USA, der seine Lehrinhalte auf eine sehr angenehme Art und Weise vermittelt. Ein sehr häufiges Krankheitsbild, das man neben soliden Tumoren und den anderen bekannten viszeralchirurgischen Erkrankungen (Cholezystitis, Appendizitis usw.) auch in der Chirurgie gesehen hat, war Diabetes, denn: Die Bahamas sind eines der Länder mit der höchsten Rate an Diabeteserkrankungen weltweit. Da viele Patienten oft incompliant bezüglich der Medikamenteneinnahme waren, hat man häufig niereninsuffiziente Patienten im Rahmen einer Shuntanlage mitbetreut. Jedes Team, dem man zugeordnet war, hatte lediglich ein- bis zweimal in der Woche einen regulären OP-Tag, an dem stationäre Patienten sowie Notfälle operiert wurden. So stand ich zunächst gar nicht so oft wie gewollt im OP-Saal.

Nach der Visite haben wir uns entweder in den OP begeben oder sind mit den anderen Studenten in die Mensa (dort gab es jeden Tag „beans, rice and chicken“) gegangen, um Mittagessen (3 bis 5 Dollar) zu holen und gemeinsam in der „students lounge“ zu essen. Insgesamt besitzt das PMH vier Operationssäle. Wie bereits angedeutet, wird ein Neubau in naher Zukunft geöffnet, so dass vermutlich mehrere neue Säle zur Verfügung stehen werden. Ich wollte öfter in den OP und entschied ich mich daher im Laufe der nächsten Wochen, morgens erst einmal auf den OP-Plan zu schauen, um bei interessanten Eingriffen von anderen Teams gleich dort zu bleiben. Im OP selbst konnte man viele Basiseingriffe sehen. Einwaschen war möglich, selbst Hand anlegen war abhängig vom Operateur und in der Allgemeinchirurgie eher die Ausnahme. Anders war es bei den Orthopäden, dazu weiter unten mehr. Im OP selbst wurden Unterschiede in Bezug auf die technische Ausstattung deutlich: So gab es zwar einen Laparoskopieturm, allerdings war dieser veraltet und die Bildqualität eingeschränkt. In der Regel wurden die Operationen konventionell offen durchgeführt, Arthroskopien gab es nicht. Prinzipiell gibt es für electives wohl eine Art Rotationsprogramm, so dass eine geregelte Rotation durch die verschiedenen chirurgischen Fachdisziplinen organisiert ist. Wer darauf besteht, muss wahrscheinlich einfach ein bisschen hartnäckiger bei Ms. Kelly bzw. Dr. Srikanth, dem Leiter der Chirurgie, nachfragen. Ich wusste nichts von diesem Plan und konnte mir so meine Fächer selbst aussuchen.

Insgesamt habe ich drei Wochen in der Allgemeinchirurgie in verschiedenen Teams gearbeitet, zudem eine Woche in der Urologie, zwei Wochen in der Hand- und Plastischen Chirurgie sowie zwei weitere Wochen in der Orthopädie. Zwischendurch war ich ab und an in der Notaufnahme, wo man aktiv noch viel mehr mit anpacken kann. Im Schockraum habe ich die extremsten Erfahrungen der gesamten Zeit gemacht und eine Hand voll schwerer Schussverletzungen gesehen. Die wurden meist direkt operiert, wo ich dann teilnehmen durfte. Neben den OP-Zeiten und Visiten gab es noch eine Fülle von Sprechstunden, so genannte „clinics“. Hierfür gibt es feste Zeiten, die ihr am besten bei den Mitstudenten erfragt. In den Ambulanzen bekommt man als Kleingruppe oft einen eigenen Patienten zugewiesen, welcher befragt und untersucht werden soll. Anschließend wird er dem Sprechstunden-Arzt vorgestellt und das Prozedere gemeinsam erarbeitet.

Es war interessant, den Ärzten bei der Arbeit über die Schulter zu schauen und mitzuerleben, wie der Umgang mit den Patienten auf den Bahamas gepflegt wird und die Patienten dort mit Erkrankungen umgehen. In der Handchirurgie-Sprechstunde konnte man immer aktiv mitarbeiten und beim Gipsen oder Verband anlegen helfen. Meine persönlich beste Zeit im Krankenhaus hatte ich bei den Orthopäden. Das Team um Dr. Chambers und Dr. Grimes ist sehr, sehr nett und immer gut gelaunt. Visiten und Patientenbetreuung verliefen stets in lockerer Atmosphäre, wobei sie uns bei allem Spaß auch was beigebracht haben. Mir wurde immer angeboten, an den OP-Tagen steril mit am Tisch zu stehen und als erste Assistenz aktiv mitzumachen. Ich durfte an Wirbelsäulen-Operationen, verschiedensten Frakturversorgungen bis hin zu Klumpfuß-Operationen teilnehmen, das ein oder andere Mal sogar selbst bohren, hämmern und nähen und konnte wertvolle Erfahrungen sammeln. Unvergessen bleibt der OP-Tag, an dem der Chief für die gesamte Belegschaft im Saal Essen geordert hat, weil eine Operation länger dauerte als geplant.

Neben dem klinischen Teaching gab es auch Vorträge für Assistenzärzte über unterschiedliche Themen aus der Medizin, regelmäßig kleine Vorlesungen und Repetitorien für die Studenten, die kurz vor dem Examen standen. Jeden Mittwoch von 8 bis 10 Uhr fand eine M&M statt (morbidity & mortality conference), wo die jungen Assistenten die Fälle des jeweiligen Teams aus der letzten Woche präsentieren und sich den Fragen der Oberärzte zu Behandlungen usw. stellen mussten. Alles in allem konnte ich vor allem theoretisch viel wiederholen und lernen. Auch wenn der bahamesische Akzent anfangs etwas gewöhnungsbedürftig war, habe ich sprachlich enorm von dem Aufenthalt profitiert und mein Englisch im medizinischen Kontext stark verbessert. Was ihr nicht vergessen solltet: Einen Kittel, ein Stethoskop, vielleicht noch eine Diagnostikleuchte und ein kleines Wörterbuch. In manchen Berichten habe ich vorab gelesen, dass man im Krankenhaus mit Hemd, Stoffhose und Lederschuhen auftreten sollte. Letztendlich bin ich aber jeden Tag in Scrubs und Kittel durch die Klinik gelaufen, was auch völlig in Ordnung war. OP-Kleidung wird vom Krankenhaus gestellt und kann immer neu abgeholt werden.

 

Unterkunftsmöglichkeiten

In Nassau habe ich in verschiedenen Unterkünften gewohnt. Meine verrückteste Zeit erlebte ich bei zwei Locals, die zusammen die Bar „Hammerheads“ in der Nähe der zwei großen Brücken auf dem Weg Richtung Paradise Island betreiben und wo viele Einheimische abhängen. Das Krankenhaus vermittelt auf seiner Liste einige Unterkünfte, die man ebenfalls unter:

www.uwibahamas.com/applications/uwiforms.pdf

einsehen kann. Da das Leben auf den Bahamas insgesamt recht teuer ist, möchte ich gern zwei Möglichkeiten herausheben, die sowohl gut gelegen als auch bezahlbar sind: Zum einen ist das die Unterkunft bei Kareem & Jonathan. Die Wohnung der beiden liegt direkt am Junkanoo Beach, so dass man jeden Morgen ganz entspannt zur Klinik laufen kann und außerdem direkt im Zentrum wohnt. Mehr Informationen gibt es hier:

https://www.airbnb.ch/rooms/625706?s=0721.

Zum anderen habe ich einige Wochen bei Van & Lorraine gewohnt, die kleine Appartements mit separater Küche (praktisch für Pärchen) und einzelne Schlafzimmer in ihrem großen Haus unter dem Namen „September Song“ vermieten. Van ist ein toller Gastgeber, der sich um alles kümmert und bei Problemen sofort einspringt. Lorraine ist seine Stiefmutter und die gute Seele des Hauses. Das Leben dort war sehr familiär, da ich in einem der Zimmer direkt im Haus untergebracht war und wir uns die Küche geteilt haben. Die Unterkunft selbst ist zwei Minuten zu Fuß vom Meer entfernt, was natürlich total cool ist. Nach dem Krankenhaus schnell erst einmal eine Runde schwimmen? Kein Problem! Um zum Krankenhaus zu gelangen, muss man dafür aber den Bus nehmen, welcher direkt an der nächsten Hauptstraße hält.

Jede Busfahrt (egal wie weit immer 1.25 Dollar) ist auf den Bahamas ein kleines Erlebnis: Reggaemusik dröhnt laut durch die Boxen, die Leute singen mit oder es läuft einer der vielen Bibelsender, denn die Bahamesen sind ziemlich gläubig. Insgesamt war die Zeit in der Unterkunft echt richtig cool, auch weil man durch die hohe Fluktation immer neue Leute aus der ganzen Welt kennengelernt hat. Wer dort wohnen möchte, findet unter der folgenden Internetseite weitere Informationen. Richtet den beiden schöne Grüße von mir aus:

http://www.homeaway.com/vacation-rental/p101110#photos.

 

 

Land, Kultur & Freizeit

Die Bahamas sind ein Inselstaat, zusammengesetzt aus mehr als 700 Inseln. Die wenigsten davon sind bewohnt. Die spanischen Eroberer nannten die Inselgruppe einst „Baja Mar“, flaches Meer – und genau das erwartet dich dort. Die Region ist für ihre wunderschönen Strände und eine einmalige Unterwasserwelt bekannt. Ein tauchbegeisterter Kommilitone aus Deutschland versicherte mir, selten so tolle Tauchgänge erlebt zu haben. Rund um den Hafen gibt es verschiedenste Anbieter, die diesbezüglich Trips anbieten. Ein Tagesausflug kostet zwischen 50 bis 100 Dollar. Unbedingt probieren sollte man den edlen Rum aus der Region. Die Karibik ist bekannt für ihre vielen Rum-Sorten. Eine kostenlose Führung in der Distillery beim weltweit bekannten Rum-Hersteller „John Watling's“ in Nassau ist definitiv empfehlenswert.

http://www.johnwatlings.com/.

Die Bahamesen sind ein sehr offenes, freundliches und hilfsbereites Volk. Da ich das Glück hatte, bei zwei Locals in meinem Alter zu wohnen, konnte ich viele Kontakte auch außerhalb des Krankenhauses knüpfen. Interessant war ein Besuch einer der vielen Kirchen, die praktisch an jeder Ecke stehen. Es war eine ganz besondere Erfahrung, an einem Gottesdienst in einer Baptistenkirche teilzunehmen, wo laut mitgesungen wird und eine Big Band Kirchenlieder spielt. Trotzdem merkt man schnell, dass die Region zu einem Großteil vom Tourismus lebt.

Das Zentrum Nassaus liegt direkt neben dem für Kreuzfahrtschiffe installierten Hafen und besteht vor allem aus zwei größeren Straßen mit teuren Boutiquen von Gucci, Lacoste usw. für die Touristen, die für ein paar Stunden das Schiff verlassen. Zu dieser „künstlichen“ Welt gehört auch Paradise Island, wo sich das Atlantis Hotel befindet und wo man zum Beispiel ins Casino oder in den Wasserpark gehen und das bekannte Aquarium (täglich ab 16:30 Uhr kostenlos) besuchen kann. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass die Bahamas ein Entwicklungsland sind und wenige 100 Meter hinter den schicken Straßen eine andere Welt beginnt, in der Armut eine große Rolle spielt. Ich habe mich eigentlich immer sicher gefühlt. Trotzdem war es ein komisches Gefühl, nachmittags bei einem Erkundungsspaziergang von mehreren Autos angehalten und gefragt zu werden, ob denn alles okay sei und ich wisse, dass die Gegend für einen alleine herumlaufenden Weißen gefährlich werden kann.

Dieser Tatsache sollte man sich bewusst sein und einfach etwas aufpassen, denn in der Notaufnahme im Krankenhaus kam es nicht selten vor, dass man auch tödlichen Schussverletzungen begegnete. Ungeachtet dessen: Nassau bietet ein kleines und nettes Nachtleben mit einigen Clubs (z.B. das Bamboo), in denen man zu HipHop- und Reggae-Sounds die Nacht zum Tag macht. Leider fahren die Busse in der Regel nur bis es dunkel wird (gegen 19 Uhr), so dass man sich abends am besten einen Fahrer organisiert oder mit dem Taxi fährt. Im „The Fish Fry“ gibt es das beste bahamesische Essen. Bekannt ist vor allem die Conch Muschel, aus deren Fleisch die Bahamesen verschiedenste Mahlzeiten, wie zum Beispiel frischen Conch Salad zubereiten. Man sollte sie unbedingt probieren. Ansonsten stehen die Essensgewohnheiten der Bahamesen den Amerikanern in nichts nach, was wahrscheinlich ein Grund für die hohe Rate an Adipositas und auch Diabetes in der einheimischen Bevölkerung ist.

Insgesamt ist Nassau ziemlich klein, so dass mein neunwöchiger Aufenthalt letztendlich völlig ausreichend war. Unbedingt besuchen sollte man eine, wenn das Geld ausreicht natürlich auch mehrere der vielen, wunderschönen Außeninseln, die im Vergleich zu New Providence eher dünn besiedelt sind und eine ganz andere Welt repräsentieren. Ich habe seinerzeit mit einer Gruppe von Austauschstudenten aus Island und Deutschland ein verlängertes Wochenende auf Eleuthera verbracht. Dort wohnten wir in einem kleinen Dorf und durften das Inselleben der einheimischen Menschen kennenlernen. Es war ein bisschen so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Hier finden sich absolut verlassene, endlose weiße Strände. In das flache Wasser kann man weit hineinlaufen und mit ein bisschen Glück begegnet man dem ein oder anderen Rochen. Auf Eleuthera befindet sich mit der Glass Window Brigde ein absolutes Highlight, das in dieser Form vielleicht weltweit einmalig ist. Auch Exuma, eine weitere bewohnte Außeninsel, ist definitiv einen Besuch wert. Dorthin werden Powerboat-Touren angeboten, die ich sehr empfehlen kann. Wer noch mehr sehen will, kann innerhalb von weniger als einer Stunde mit dem Flugzeug in Miami sein und sich zum Beispiel ein Spiel der Miami Heats anschauen.

 

 

Fazit

Alles in allem war die Zeit auf den Bahamas in jeglicher Hinsicht eine Bereicherung und eine tolle Möglichkeit in eine andere Welt einzutauchen - sowohl im Krankenhaus, als auch in der Freizeit. Der entschleunigende Lifestyle der Bahamesen tat sein übriges dazu, so dass ich die Erfahrung jederzeit wieder in Angriff nehmen würde.

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