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  • Bericht
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  • Marie-Luise Busch
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  • 25.07.2011

PJ-Tertial Chirurgie in Sydney

Marie-Luise hat ihr zweites PJ-Tertial in Sydney verbacht. Dort, wo andere Menschen Urlaub machen, lernte sie nicht nur eine Menge Fachliches dazu, sondern auch viele neue Freunde kennen. Zwischen OP-Saal und wunderschönen Stränden musste sie aber auch den Kampf mit allerlei Ungeziefer aufnehmen.

Vorbereitungen

Sofort nachdem ich die Zusage für das Stipendium der TU Dresden erhalten hatte, setzte ich mich mit Sondra Edmonds, der Elective Koordinatorin des Westmead Hospitals, in Verbindung. Nachdem ich die anderen Erfahrungsberichte gelesen hatte, war ich auf eine sehr lange Vorbereitungszeit eingestellt. Das hat sich dann leider auch bestätigt.

Da in Sydney bis Ende Januar Sommersemesterferien sind, kann man sein Tertial erst einen Monat später beginnen als in Deutschland. Deswegen habe ich mir nach Ende der deutschen Semesterferien meine im PJ zustehenden 20 Urlaubstage genommen, um dann am 25.01.2011 das 2. Tertial in Sydney zu starten.

Da man für das Stipendium vier Monate einplanen muss, verkürzt sich das darauf folgende 3. Tertial in Deutschland auf drei Monate. Das PJ endet somit erst am 12. August des Jahres.

Der Weg von der Antragsstellung bis zum Erhalt des Visa läuft seit 2011 über ein neues Verfahren in Adelaide. Dafür musste ich zunächst einige Unterlagen beschaffen: An meiner Uni habe ich mein Führungszeugnis übersetzen und beglaubigen lassen, was nicht gerade billig war. Dann ging ich zum Röntgen-Thorax und zum Panel-Doktor, habe mir eine englischsprachige Bestätigung meiner Auslandskrankenversicherung besorgt und von meinem Allgemeinarzt alle Impfungen bestätigen und auffrischen lassen.

Die Unterlagen und meine Geburtsurkunde habe ich dann nach Adelaide, die Hauptstadt von Australien, geschickt. Hier die Adressen für die Gesundheitsuntersuchungen in Deutschland:

Medical Clinic
Markusstraße 16
01127 Dresden
Tel.: 0351/847 561

Dr. Michael Schnur
Radiology Clinic
Wurzener Straße 5
01127 Dresden
Tel.: 0351/85 22 263

Meinen Flug mit der Fluglinie Emirates habe ich im Reisebüro für etwa 1.300 Euro gebucht. Auf dem Hinflug bin ich über Singapur geflogen, wo ich erstmal zwei Tage Urlaub gemacht habe. Das kann ich jedem sehr empfehlen, um sich an die Zeitumstellung zu gewöhnen. Zudem ist Singapur eine sehr beeindruckende Stadt und auf jeden Fall einen Besuch wert.

Geld

Es ist fast immer möglich mit einer Visa-Karte zu bezahlen und Geld abzuheben. Insgesamt habe ich von der TU Dresden etwa 3.500 Euro als Stipendium erhalten.

Unterkunft

Für die Staff Accomodation habe ich mich bei Frau Gordana Horvat gemeldet. Ich hatte sie schon von Deutschland aus kontaktiert, um die Wohnung anzumieten. Dafür musste ich eine Kaution von sechs Wochen Miete überweisen. Pro Woche habe ich dann etwa $80 bezahlt. Für den Strom musste ich nach den vier Monaten ungefähr $150 zahlen.

Als Studentin wurde ich in einer von vielen 4-Zimmer Wohnungen untergebracht, die sehr unterschiedliche Qualität haben können. Ich hatte Glück mit meiner WG: Die beiden Mädels, die schon dort wohnten, haben sich schön eingerichtet und die Wohnung sauber gepflegt.

Mein Zimmer hatte zwar noch keine Glühbirne, keine Bettdecke und kein Kissen, aber es war geputzt und die Mitbewohner waren hilfsbereit. Auch zum Kochen und Putzen war alles vorhanden. Das Wohnzimmer bot sehr viel Platz und eine Küchenzeile war auch eingebaut. Ein großer Balkon zum Grillen war zudem Teil der Wohnung.

Von der Wohnung konnte ich in zehn Minuten zum Krankenhaus laufen. Ich habe mir ein altes Fahrrad für $80 gekauft und bin damit meist ins Krankenhaus und zum Einkaufen gefahren, da es zum nächsten Woolworth oder Aldi mindestens 20-30 Minuten Fußweg waren.

Wenn es in Australien sehr warm wird, sollte man sich in den Wohnungen auf Kakerlaken und die unterschiedlichsten Spinnen wie Huntsman und Wolfspider einstellen. Einmal wurde unsere ganze Wohnung von einem Kammerjäger mit Insektengift eingesprüht, doch das hat nicht lange geholfen. Die Häuser haben viele Fugen und Risse, durch die allerlei Ungeziefer hinein krabbeln kann.

Leider hatte ich in meiner Unterkunft keinen Internetanschluss, sodass ich mich selber um einen Prepaid-Internetstick und eine günstige Prepaid-Handy-Karte kümmern musste.

Krankenhaus

Das Westmead Hospital ist ein riesiger Komplex, der 1978 erbaut wurde und 975 Betten umfasst. Im Krankenhaus gibt es eine Staff Accomodation, ein Fitnessstudio, einige Geschäfte und Cafés sowie viele Hörsäle (Lecture Theater) und Seminarräume.

Als Elective Student war ich relativ unabhängig und konnte selbst entscheiden, ob ich gerne bei der Stationsarbeit oder im OP helfen wollte. Auch an Lehrveranstaltungen konnte ich teilnehmen.

Die meisten Chirurgen beginnen den Tag um 7 Uhr mit der Ward Round, also der Visite. Dabei sind aber meistens die Consultants (Fachärzte) nicht dabei. Erst später im Lauf des Tages machen die Studenten eine weitere Ward Round mit den jeweiligen Consultants.

Oft musste ich bei den Visiten durch das ganze Krankenhaus laufen, um alle meine Patienten zu sehen, da sie meist nicht auf einer Station liegen. Es wurden auch die Konsultationen der anderen Stationen in die Visite einbezogen. Die meisten chirurgischen Abteilungen haben einmal die Woche ein MDT-Meeting (ein multidisziplinäres Meeting) und eine Röntgenbesprechung, die meist donnerstags stattfindet.

Jeden Mittwoch um 13 Uhr findet die Medical Grandround statt, bei der in einem großen Hörsaal Patientenfälle multidisziplinär vorgestellt werden. Jeden Freitag haben dann alle Studenten Vorlesungen.

Lohnenswert fand ich auch die Resident Education Meetings am Dienstagmorgen und das Trauma Meeting am Mittwochmorgen um 7 Uhr. Meistens wurde bei den Veranstaltungen ein gesponsertes Frühstück zur Verfügung gestellt. Während meinen vier Monaten in Sydney konnte ich auch zweimal an einem Nahtkurs teilnehmen.

Der Common Room (Gemeinschaftsraum) für die Studenten war einfach spitze. Es gab kostenlosen Tee und Kaffee, einen Tischtennistisch, Darts und einen Billardtisch. Auch WLAN konnten sich die Studenten für den Common Room kostenlos einrichten lassen. Die Bibliothek im Krankenhaus konnte auch von Austauschstudenten genutzt werden. Darüber hinaus gab es einen PC-Raum mit Drucker.

Cardiothoracic Surgery

Der Tag beginnt immer um 7 Uhr mit der ersten Visite. Auf der ICU (Intensivstation) sitzt bei jedem Patienten eine Schwester und schreibt die Vitalwerte auf ein riesiges Übersichtsblatt.

Das Gloving und Gowning in Westmead wird mit Seifenspendern, Nagelreinigern und Einmalbürsten durchgeführt. Mundschutz wird erst unmittelbar vor dem OP angelegt.

Als ich in den OP-Saal ging, ließ ich, wie dort üblich, meine Straßenschuhe an und stülpte einen Überzug drüber. Viele Ärzte nehmen auch ihre Taschen und Rucksäcke mit in den OP, da es nicht genügend Schließfächer gibt.

Nach dem Waschen erhielt ich von der OP-Assistenz ein steriles Handtuch im Packet mit dem Kittel. Dann schlüpfte ich in den Kittel, aber ließ die Hände noch in den Ärmeln.

So versuchte ich dann steril die Handschuhe anzuziehen, indem ich sie mit den Fingerspitzen zum Körper gerichtet auf den Ärmel legte und dann mit den Fingern der anderen Hand durch den Ärmel hindurch versucht habe, den Handschuh überzustülpen. Meinem Eindruck nach gibt es in jedem OP viel mehr Chirurgen und Schwestern als in Deutschland.

In der Operationsabteilung gab es einen schönen Teeraum, indem viel Kaffee und Tee für die Angestellten angeboten wurde. Dort gab es auch einen Fernseher.

Die Schwestern und auch die Ärzte waren sehr motiviert, uns Studenten etwas beizubringen. So wurde ich zum Beispiel von einem Anästhesisten gefragt, ob ich Student sei und ob er mir das TTE erklären soll.

Auch das Blasenkatheterlegen im OP läuft anders ab als in Deutschland. Ich hatte oft nur einen kleinen Klecks Gel an der Seite des Blasenkatheter-Trolleys zu Verfügung.

Breast Surgery

Grundsätzlich wird nur an sehr wenigen Tagen der Woche operiert. Meist sind die Ärzte in der Brustklinik und empfangen dort Patienten. Es gibt zum Beispiel die Benign Breast Clinic und eine Follow Up Breast Clinic.

In der Brustklinik arbeitet ein sehr multidisziplinäres Team: Radiologen, Breast Physicians, Onkologen und Chirurgen. Studenten können sich dort Mammographien, Mammatomien, FNA und Core Biopsien ansehen. Auch im OP können Studenten meistens assistieren, wenn sie das wollen.

Eine Station für die operierten Patienten gibt es nicht, sodass die Patienten nach der OP über die ganze Klinik verteilt werden.

Jeden Montag gibt es einen Vortrag von einem der Teammitglieder über einen Teil seines Gebietes. Auch Besprechungen der verschiedenen Disziplinen über die gemeinsamen Patienten finden regelmäßig statt.

Upper GI Series

Die Chirurgen des Teams Upper Gastrointestinal Tract beginnen im Gegensatz zu den anderen schon um 6.30 Uhr mit der Visite. Bei der ersten Visite sind noch keine Consultants anwesend, doch es werden alle Patienten angesehen und die weitere Vorgehensweise besprochen. Danach kommt meist schon der erste Consultant und es beginnt die Visite "seiner" Patienten.

Nach der Visite teilt sich das Team wieder auf. Die einen gehen in den OP, andere auf die Stationen und einer in die Preadmission Clinic, um die Patienten vor der Krankenhausaufnahme über die OP aufzuklären.

Vascular Surgery

In der Gefäßchirurgie wird um 7 Uhr mit der Visite begonnen. Man kann als Student nicht nur bei OPs dabei sein, sondern auch viele Kliniken besuchen. Zum Beispiel gibt es die Ulcerklinik, Ultraschallklinik, Angiographie-Abteilung in der Radiologie und die Kliniken der einzelnen Consultants.

Wie viel die Studenten im OP eigenständig machen dürfen, hängt ganz von der Besetzung des Teams ab, da auch die Interns gelegentlich im OP sind und dann den Vortritt beim Assistieren haben. Viele der OPs sind Angioplastien, Amputationen und Debridements.

Freizeit

Von Westmead sind es mit dem Zug etwa 35-45 Minuten in die City. Von dort braucht man noch etwa 30 Minuten bis zu den verschiedenen, wunderschönen Stränden Sydneys. Meine Favoriten sind Balmoral und Palm Beach.

Sehr zu empfehlen sind auch Ausflüge nach Katoomba in die Blue Mountains, nach Hunter Valley und in den Royal Nationalpark. Viele Art Galerien haben freien Eintritt, sind also ideal für den schmalen Geldbeutel.

Jeden Mittwoch gibt es lohnenswerte kostenlose Veranstaltungen in der Art Gallery of NSW. Ein schönes Event ist auch die Jurassic Lounge, die jeden Dienstag im Museum of Sydney stattfindet. Im Sommer gibt es am Darling Harbour häufig schöne Feuerwerke. Und auch ansonsten konnte ich jedes Wochenende eine Menge unternehmen und hatte viel Spaß.

Fazit

Die Stadt Sydney hat mich definitiv begeistert und in ihren Bann gezogen. Auch die Menschen in Australien behalte ich als sehr offenherzig und hilfsbereit in Erinnerung. Ich würde jedem empfehlen, für die Chirurgie nach Australien zu kommen, da dort der Lerneffekt für Studenten noch größer ist als in der Inneren.

Bei Fragen zum PJ in Sydney könnt Ihr Euch gern an mich wenden:

marieluise.busch@yahoo.de
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