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  • Bericht
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  • Anthea Storck
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  • 08.11.2016

Pflegepraktikum im Central Hospital Hue, Vietnam

Während ihrer ersten Asien-Reise hat sich Anthea in den vielseitigen Kontinent verliebt. Für ein vierwöchiges Pflegepraktikum ist sie zurückgekehrt und berichtet hier über ihre Aufgaben im Krankenhaus, kommunikative Herausforderungen und lohnenswerte Ausflugsziele in Vietnam.

Internationaler Kochabend im Hostel. Foto: Anthea Storck

Motivation

Vor ein paar Jahren war ich für ein Auslandsjahr in Indien. Danach war mir klar: Ich muss unbedingt nach Asien zurückkommen, um noch mehr von diesem exotischen Kontinent kennen zu lernen. Besonders die großen kulturellen Unterschiede zwischen Europa und Asien, die herrlich scharfe Küche und die Gelassenheit der Menschen zogen mich - nach einer ersten Phase der Eingewöhnung - in ihren Bann. Aktuell stand an erster Stelle jedoch das Pflichtprogramm: Zwei Monate Pflegepraktikum!

Bewerbung

Um auf Nummer sicher zu gehen, schickte ich meine Bewerbung sowohl an deutsche Kliniken als auch an mehrere Krankenhäuser im Ausland. Mein guter Freund Theo gab mir den Tipp, mich beim Central Hospital Hue in der ehemaligen vietnamesischen Hauptstadt zu bewerben, er hatte dort ebenfalls ein Pflegepraktikum absolviert. Ich schrieb meine Bewerbung nach Vietnam noch am selben Abend. Zusammen mit meinem Lebenslauf und meinem Wunschzeitraum für das Praktikum schickte ich die Mail an Frau Huong Nguyen, die Sekretärin des International Office (perfumeriver2007@gmail.com).

Am 10. Juni, etwa einen Monat nach meiner Bewerbung, kam die Zusage. Juhuu!! Ich erhielt ein paar generelle Informationen (z. B. weißen Kittel mitbringen) und eine Empfehlung für eine Unterkunft in unmittelbarer Krankenhausnähe (ca. 5 €/Nacht).

Vorbereitungen

Nachdem ich meine bis dahin unwissenden Eltern von meinem Vorhaben und der Sicherheit in Vietnam überzeugt hatte, buchte ich Hin- und Rückflug. Mein Praktikum sollte vier Wochen dauern, wobei ich eine Woche nach Ende der Praktikumszeit für Ausflüge einplante. Ich schloss eine Reiseversicherung ab, informierte mich über meinen Impfstatus und frischte die Tollwut- und Tetanusimpfung auf. Außerdem ließ ich mich vorsichtshalber gegen Japanische Enzephalitis impfen und kaufte das Malaria Standby Medikament Malarone. Für meine medizinische Vorsorge erstattete mir meine Krankenkasse leider nur knapp ein Drittel. 

Meinen Reisepass schickte ich gemäß allen Anforderungen des Auswärtigen Amtes nach Berlin und erhielt ihn nach wenigen Tagen mitsamt meinem Visum zurück. Eine Kreditkarte von der Sparkasse hatte ich noch von einer vorigen Reise. Damit konnte ich zwar nicht gebührenfrei abheben, dafür hat sie mich nie im Stich gelassen. Ein paar US Dollar nahm ich in bar mit, ein Passfoto für den Krankenhausausweis und meinen Kittel. Außerdem würde ich empfehlen, Mückenspray, Sonnencreme und ein kleines Fläschchen Seife und Desinfektionsmittel für unterwegs einzupacken.

Verkehr in Vietnam. Foto: Anthea Storck


Unterkunft

Die ersten Nächte verbrachte ich in einem ziemlich noblen Hotel – eine echte Wohltat nach 13 Stunden Flugzeit (mit Zwischenlandung in Ha Noi). So hatte ich außerdem Zeit, mir das vorgeschlagene Hostel anzuschauen, entschied mich aber schließlich für ein anderes, das zwischen dem Krankenhaus und der Backpacker-Straße gelegen war: Im Amy Hostel waren auch andere Praktikanten und Famulanten untergebracht.

Nach kurzer Zeit unternahmen wir mit den Mädels von der Rezeption vietnamesische und deutsche Kochabende, gingen in Karaokebars und erhielten stets wertvolle Tipps zu Wochenendaktivitäten und Ausflügen. Eine Nacht in einem eigenen Zimmer kostet höchstens 8 Euro. Die sonstigen Lebenshaltungskosten für Essen, Wäsche etc. sind wirklich günstig, sodass man finanziell gut über die Runden kommt. Ein vietnamesisches Mittagessen, das für den Rest des Tages sättigt, bekommt man auf der Straße ab 20.000 Vietnamesischen Dong, das sind umgerechnet etwa 80 Cent. Schnell fühlte ich mich richtig zu Hause.

Sprache

Anders als in der Hauptstadt Ha Noi und der pulsierenden, westlich anmutenden Metropole Sai Gon kann man sich in Hue nicht immer darauf verlassen, dass jeder Englisch versteht oder gar sprechen kann. Ich wurde von der Sekretärin Frau Huong Nguyen der Station für abdominale Chiurgie zugeteilt. Sie wies mich fröhlich darauf hin, dass ich dort viel lernen könne, weil der Chefarzt besonders gut Englisch spreche. Da ich leider überhaupt kein Vietnamesisch kann, kam mir dies überaus gelegen, erwies sich jedoch als etwas optimistisch, da ich mich auch erst einige Tage an das vietnamesische Englisch gewöhnen musste.

Hinzu kam, dass ich nach meinem ersten Semester viele Fachbegriffe noch nicht kannte, unabhängig von der Sprache. So war die Zeit im Krankenhaus von angeregter, oftmals ausgiebig gestikulativer Kommunikation geprägt. Nach zwei Wochen lernte ich unter Einverständnis von meinem betreuenden Arzt auch andere Abteilungen kennen. Im Kreissaal und in der Orthopädie gab es viele Ärzte und auch einige Studenten, deren Englisch sehr gut war.

Praktikum

An meinem ersten Praktikumstag wurde im Sekretariat willkommen geheißen und bezahlte 25 USD, erhielt mein Namensschild (Passfoto nicht vergessen!) und wurde zusammen mit einer anderen Famulantin der Station für abdominale Chirurgie zugeteilt. Dann liefen wir mit unseren Kitteln (ebenfalls nicht vergessen!) hinter Frau Huong Nguyen her, die uns die Station zeigte. Wir wurden von unserem betreuenden Arzt Dr. Hunh sehr freundlich im Empfang genommen und gingen zunächst einmal alle zusammen in die Kantine des Krankenhauses frühstücken. Gleich am ersten Tag durften wir außerdem an einer internationalen Konferenz zu Krebserkrankungen und Therapiemethoden teilnehmen.

Ansonsten begann jeder Tag um 8.30 Uhr mit der Morgenbesprechung. Es folgte die Patientenvisite, während der unser Arzt seine vietnamesischen Studenten oftmals nach den Krankheitsbildern abfragte oder sie die Fälle auf Englisch vorstellen ließ. Viele pflegerische Tätigkeiten, wie beispielsweise die Versorgung mit Essen und Trinken, werden in Vietnam von Familienangehörigen übernommen, sodass für die Krankenschwestern (und für mich) verhältnismäßig weniger Arbeit am Patienten anfiel als in deutschen Krankenhäusern.

Da ich die einzige Pflegepraktikantin unter vielen meist deutschen Famulanten war, durfte ich stattdessen oft bei Operationen zuzusehen und nach einiger Zeit sogar assistieren. Da ich bisher noch nicht viel von Anatomie verstehe (der Präpkurs liegt noch vor mir) war ich sehr froh über die anderen Famulanten, die mir nach dem ein oder anderen Kreislauf-Kollaps Mut machten und mir halfen, alle Organe richtig zuzuordnen.

Beeindruckendes

Besonders in Erinnerung ist mir die Entbindung eines ganz schön großen Babys geblieben. Der Kopf war schon greifbar, während der restliche Körper sich einfach nicht herausziehen ließ. Die Hebammen schimpften lauthals mit der verzweifelten Mutter und versuchten vergeblich, am Kopf des Babys zu ziehen und sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Bauch der Mutter zu legen bis ein paar hinzugeeilte Ärzte das bereits blau angelaufene Baby endlich greifen konnten. Glücklicherweise fing das Kind nach einer scheinbar endlosen Zeit unter Sauerstoffzufuhr endlich an zu weinen.

Mekong-Delta. Foto: Anthea Storck


Freizeit

Vietnam bietet allerlei Sehenswürdigkeiten, die ich mir an den freien Wochenenden teils alleine, teils mit anderen Famulanten angeschaut habe. Die Kaiserstadt Hue eignet sich ausgesprochen gut für Ausflüge in den Norden oder Süden des Landes, da sie recht zentral liegt und man mit dem Fernbus kostengünstig und bequem überall hinreisen kann. Bucht man rechtzeitig, bieten sich auch Inlandsflüge an, um sich beispielsweise Sai Gon und das Mekong-Delta anzuschauen.

Auch nach Feierabend kann man in Hue einiges unternehmen. Abgesehen von der berühmten Citadelle und den vielen umliegenden Tempeln lockt der Strand, der mit einem Motorbike in etwa einer halben Stunde (je nach Fahrstil) zu erreichen ist. Ebenso gibt es zahlreiche Märkte, Streetfoodküchen und das schöne Flussufer, an dem man den Abend gut bei einer leckeren „Pho“ (vietnamesische Nudelsuppe) ausklingen lassen kann.

Fazit

Insgesamt habe ich die Zeit in Vietnam – medizinisch, aber auch kulturell – als sehr lehrreich empfunden. Ich fliege mit viel praktischem Wissen und bildhaften Eindrücken nach Hause und bin nun umso mehr auf den theoretischen Input gespannt, der mich nächstes Semester erwartet. Darüber konnte ich mich mit vielen vietnamesischen und internationalen Medizinstudenten austauschen und habe so viel über das Studium, das Gesundheitssystem oder einfach das ganz normale Leben in anderen Ländern gelernt. Ich kann das Central Hospital in Hue jedem Medizin- und Südostasien-Interessierten nur ans Herz legen!

 

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