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  • Bericht
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  • Sandy Kujumdshiev
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  • 02.08.2011

OSCE - das neue Prüfungssystem

Die erste praxisorientierte OSCE-Prüfung fand in Frankfurt am 1. Juli 2004 statt. Die Reform des Medizinstudiums an der J. W. Goethe-Universität Frankfurt am Main macht mit der Einführung einer praxisorientierten Prüfungsform einen wichtigen Fortschritt.

OSCE bedeutet "Objective Structured Clinical Evaluation". Das ist eine relativ neue Prüfungsform, die nicht nur theoretisches Wissen abfragt, sondern praktische Fähigkeiten, die Bewältigung ärztlicher Routinen und den adäquaten Umgang mit Patienten prüft. Die meisten dieser Fähigkeiten, welche die klinische Kompetenz des Mediziners ausmachen, kommen beim bisherigen Ausbildungs- und Prüfungssystem zu kurz.

Der Stationsparcour - Foto: Sandy Kujumdshiev

 

Woher kommt OSCE?

Entwickelt wurde OSCE als Prüfungsform in Schottland. In den USA werden OSCE-Prüfungen bereits seit mehreren Jahren eingesetzt und auch in Deutschland gibt es bereits einzelne Erfahrungen, jedoch meist in Reformstudiengängen.

 

Wie wird das in Frankfurt umgesetzt?

In Frankfurt existierte die Idee eine Prüfung nach dem OSCE-System durchzuführen bereits seit einigen Jahren. Bis vor kurzem fehlten dazu jedoch die Möglichkeiten. Vor einem reichlichen Jahr hat der Fachbereich beschlossen für dieses Projekt eine Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Mit deren Hilfe das ganze zunächst als Prüfung für die Innere Medizin ausgearbeitet werden sollte. Seitdem ist Frau Dr. Firner unter Leitung von Herrn Professor T.O.F. Wagner nun mit der Ausarbeitung und Einführung beschäftigt.

Bereits im Februar wurde ein erstes Probe-OSCE mit Freiwilligen durchgeführt. Anhand dieser Erfahrungen wurde dann weiter an den Fragestellungen und dem Ablauf gefeilt.

 

Die erste richtige OSCE-Prüfung

Am 1. Juli 2004 wurde das erste Mal nach dem OSCE-System geprüft. Diese Prüfung mussten die rund 80 Studenten des 1. klinischen Semesters als Pflichtprüfung zum Abschluss ihres Untersuchungskurses absolvieren. In Frankfurt ist die OSCE seit letztem Jahr in der Studienordnung festgeschrieben. Hier werden nun erstmals in Deutschland große Studentengruppen nach dieser Methode geprüft.

"Im Gegensatz zum bisher gebräuchlichen Multiple-Choice-Verfahren gewährleistet OSCE eine wesentlich höhere Validität, das heißt, die Prüfung prüft, was sie vorgibt zu prüfen, nämlich die klinische Kompetenz des Einzelnen", so Professor T.O.F. Wagner von der Medizinischen Klinik II. "Da sich das Lernverhalten der Studierenden vor allem an den Prüfungsinhalten ausrichtet, bietet sich so außerdem ein wirksamer Hebel zur Verbesserung der klinischen Kompetenz von Medizinstudenten".

Diese erste OSCE am Ende des 1. klinischen Semesters wurde noch nicht gewertet. Geplant ist jedoch eine noch größere OSCE am Ende des 3. klinischen Semesters zum Abschluß des Praktikums der Inneren Medizin durchzuführen. In dieser Prüfung soll auch die Praxis der Inneren Medizin geprüft werden und sie wird als Abschlussprüfung gewertet werden.

 

Der Aufbau einer OSCE

Eine OSCE - Prüfung ist eine Prüfung, die mehr die praktischen Fähigkeiten des Studenten überprüfen soll. In diesem Sinne besteht sie aus einem Stationsparcour mit 15-20 Stationen. Es existieren verschiedene mögliche Stationen, Anamnese-, Problemlösungs-, Untersuchungs-, Befundinterpretations-, und Patientenmanagmentstationen. Die Studenten rotieren im Verlauf der Prüfung durch die verschiedenen Stationen. Für einen geregelten Ablauf wird dadurch gesorgt, dass zu Beginn ein Pfeifton erklingt, nach dem die Studenten eine Minute Zeit haben, um die folgende Aufgabenstellung zu studieren. Ein erneuter Pfeifton zeigt den Beginn der nächsten 5 Minuten an, in denen die Aufgabe bearbeitet werden muß. Der folgende Pfeifton beendet diese Station.

In Frankfurt wurde zum Abschluß des Untersuchungskurses ein Parcour mit insgesamt 8 Stationen entworfen. Anamnesestation mit Feedbackstation, Untersuchungsstation mit Feedbackstation, Befundinterpretationsstation, Problemlösungsstation, Pausenstation und eine Patientenmanagementstation gehörten dazu.

 

Die Vorbereitungen am 1. Juli und der Ablauf

Ein größerer Raum in der Uniklinik, als Interimshörsaal bekannt, wurde komplett umgeräumt. Ab 7:00 Uhr morgens wurden Trennwände, Liegen und Tische aufgebaut.

 

So simuliert man eine Zyanose - Foto: Sandy Kujumdshiev

 

Um 7:45 Uhr trafen sich alle Beteiligten. Dazu zählten Frau Dr. Firner, die die Leitung der Prüfung inne hatte, eine kleine Gruppe meist internistischer Kollegen, die als Bewerter bei der Untersuchungsstation fungierten, und eine kleine Gruppe Studenten, die teils als Simulationspatienten, teils als Bewerter teilnahmen. Es fand eine letzte Besprechung statt, bevor jeder seinen Platz einnahm und die ersten Studenten kamen.

 

Belehrung der Studenten

Im Vorraum wurde wie bei jeder Prüfung die Anwesenheit der Studenten überprüft.Und dann wurde den Studenten erneut der genaue Ablauf der Prüfung erläutert und evt. noch bestehende Fragen von Frau Dr. Firner beantwortet. Jeder Student hat eine bestimmte Startnummer, zweifarbig sortiert, damit der doppelt bestehende Parcour ungehindert durchlaufen werden kann. Und jeder Teilnehmer an der ihm zugedachten Station starten kann.

 

Anamnesestation

 

In diesem Fall eine Patientin mit bestimmten Grunderkrankungen und bestimmten Beschwerden, die bekannt sind. Und jetzt soll eine gezielte Anamnese durchgeführt werden.

Die Simulationspatientin soll bestimmte Symptome zeigen und musste vorher einen bestimmten Katalog an Beschwerden auswendig lernen, von dem um den nachvollziehbaren Ablauf der Prüfung bei jedem Studenten zu gewährleisten nicht abgewichen werden darf, auswendig lernen. Und auf Nachfrage diese Symptome angeben. Die Simulationspatientin füllte zugleich einen Bewertungsbogen darüber aus, was der Student alles gefragt hat oder eben nicht, wie der Gesamteindruck war usw...

 

Nach dieser Station gibt es eine Feedbackstation, um dem Studenten gleich zu verdeutlichen was falsch gemacht bzw. vergessen wurde. Dabei müssen Fragen zu dem eben gesehenen Patienten frei beantwortet werden. Dadurch besteht die Möglichkeit, dem Studierenden eine direkte Rückmeldung über seine erbrachte Leistung zu geben. Da die OSCE nicht nur als Abschlussprüfung sondern studienbegleitend erfolgen kann, haben die Studenten die Möglichkeit, persönliche Leistungsschwerpunkte und Defizite zu erkennen und das eigene Lernverhalten entsprechend anzupassen.

 

Untersuchungsstation

Ein Patient mit bestimmten Symptomen, einer vorgegebenen Anamnese und einer Verdachtsdiagnose erwartet den Studenten, der als Aufgabe bekommt eine strukturierte körperliche Untersuchung bei dem Patienten durchzuführen. An dieser Station gab es einen professionellen Bewerter, in Form eines internistischen Kollegen.

 

Bei der Untersuchung - Foto: Sandy Kujumdshiev

Der Student muss sagen, was er tut; vor allem bei der Inspektion. Dazu wird der Simulationspatient bestmöglich dargestellt, in diesem Falle z.B. als adipös und zyanotisch. Das sollte erkannt werden und dementsprechend die Untersuchung angepasst werden. Auf Nachfrage werden auch bestimmte weitere Symptome auf Fotografie gezeigt oder z.B. bestimmte Auskultationsgeräusche von CD vorgespielt.

Und es gab eine Feedbackstation, um dem Studenten gute oder vergessene Dinge gleich vergegenwärtigen zu können.

 

Befundinterpretationsstation

In diesem Falle wurde den Studenten ein EKG vorgelegt, was es zu befunden galt. Möglich wäre jedoch auch z.B. ein Laborbefund o.ä.

 

Problemlösungsstation

Den Studenten wurde eine Patientenanamnese auf Papier präsentiert und gefragt war nach der nun erforderlichen Diagnostik und evt. einzuleitender Therapieschritte.

 

Patientenmanagementstation

In diesem Fall wurde den Studenten ein Simulationspatient präsentiert, der einen M. Hodgkin hat. Und jetzt eine Chemotherapie bekommen soll.

 

Ein Aufklärungsgespräch - Foto: Sandy Kujumdshiev

Die Studenten sollten eine allgemeine Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen einer Chemo durchführen. Wiederum füllte der Patient selbst einen Bewertungsbogen aus. Allgemein muß jeweils ein Patient über eine Diagnose, Therapie oder ärztliche Maßnahme aufgeklärt werden.

 

Resume

Die als Prüfer oder auch Simulationspatienten fungierenden Teilnehmer waren von dieser neuen und völlig andersartigen Prüfungsform durchweg begeistert. Alle wollen gerne erneut mitarbeiten und an der weiteren Verwirklichung einer so innovativen Idee in Frankfurt mithelfen.

Die Prüflinge waren größtenteils nach der Prüfung sehr begeistert, wenn die Verunsicherung vorher, trotz reichlicher Aufklärung, auch groß war. Wie immer gab es jedoch auch einige Stimmen, die gerne eine möglicherweise einfacher zu bewältigende MC-Prüfung hätten.

In der Abschlussdiskussion mit den Studenten wurden noch zahlreiche Verbesserungsvorschläge gemacht, die die Verantwortlichen gerne mit einbinden werden.

Durch die strukturierte Durchführung und Bewertung soll die OSCE notenrelevant werden und damit in die Abschlussnoten einfließen. OSCE ist objektiv, reliabel und eingeschränkt valide.

 

Ausblick

Am Ende des 3. klinischen Semesters wird für die Studenten, die jetzt dieses OSCE mitgemacht haben dann ein großes OSCE mit mehr Stationen zum Abschluß des Innere Medizin Praktikums stattfinden. Dieses wird dann auch als Abschlussprüfung gewertet werden und dann erstmals in Zusammenarbeit mit dem Lernstudio in dessen Räumlichkeiten stattfinden. Nach der Inneren Medizin wird in Frankfurt nun auch die Pädiatrie bald nachziehen und ebenfalls eine OSCE-Prüfung als Praktikumsabschluß einführen.

 

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