- Kurs
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- Bernhard Hellmich
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- 25.02.2014
Online-Kurs Innere Medizin - Fall 4
49-jährige Patientin mit Leistungsminderung und Kopfschmerzen
Eine 49-jährige Patientin sucht wegen Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und Müdigkeit Ihre hausärztliche Praxis auf.Die Patientin leidet seit Jahren an Kopfschmerzen und nimmt daher fast täglich 4–6 g Paracetamol und 1–2 g Acetylsalicylsäure ein.
Bei der körperlichen Untersuchung sehen Sie eine blasse Patientin in reduziertem Allgemeinzustand. Die körperliche Untersuchung ist bis auf einen Blutdruck von 190/110mmHg unauffällig.
In der Labordiagnostik fallen folgende Befunde auf: Hb 9,2 g/dl, Kreatinin 3,9 mg/dl, Harnstoff 91 mg/dl.Im Urinsediment finden sich eine nichtdysmorphe Erythrozyturie und eine Leukozyturie. Die Urindiagnostik zeigt eine Eiweißausscheidung von 1,4 g/d mit tubulärem Muster.
Sie führen daraufhin eine Abdomensonographie durch und sehen beidseits verkleinerte Nieren mit Verkalkungsstrukturen an der Mark-Rinden-Grenze.
Fragen:
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1. Welche Erkrankung liegt wahrscheinlich vor und was ist die Ursache?
- Tubulointerstitielle Nephritis mit chronischer Niereninsuffizienz;
Ursache: Analgetikaabusus (Analgetikanephropathie), da eine tubuläre Proteinurie mit Erythrozyturie und steriler Leukozyturie in Vebindung mit den erhöhten Nierenretentionsparametern und dem neu aufgetretenen Hypertonus auf eine interstitielle Nephritis hinweist, die massive und langjährige Analgetikaeinnahme ein erhebliches Risiko für eine interstitielle Nephritis darstellt und der sonographische Befund typisch für eine interstitielle Nephritis bei Analgetikabusus ist.
Bei einer Glomerulonephritis würde man eine glomeruläre Proteinurie (Albumin), dysmorphe Erythrozyten im Urin und vergrößerte Nieren mit verwaschener Parenchym-Pyelon-Grenze erwarten.
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2. Nennen Sie mindestens drei weitere mögliche Ursachen dieser Erkrankung!
Zu einer chronischen interstitiellen Nephritis führen:
- Stoffwechselerkrankungen (Hyperurikämie, Hyperparathyreoidismus)
- Chemikalien (Blei, Cadmium)
- Amyloidose
- Plasmozytom
- ionisierende Strahlung
Zu einer akuten interstitiellen Nephritis führen:
- Virusinfektion (z. B. Hantavirus)
- immunologische Prozesse im Anschluss an bakterielle Infektionen (z. B. Streptokokkeninfektion)
- Medikamente (z. B. Antibiotika).
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3. Die Patientin fragt Sie, wie die Erkrankung behandelt werden soll. Wie lautet Ihre Antwort?
- Beendigung der Einnahme von Paracetamol und Acetylsalicylsäure und Wechsel auf andere Analgetika (z. B. Tramadol, Opiate)
- symptomatische Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz.
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4. Wie ist die Prognose einzuschätzen?
- Kreatininwert bei Erstdiagnose unter 3 mg/dl: in der Regel Stabilisierung, gelegentlich auch Besserung der Nierenfunktion nach Beendigung des Analgetikaabusus.
- Kreatininwert bei Erstdiagnose über 3 mg/dl (vorliegender Fall): meist Progredienz der Niereninsuffizienz auch nach Beendigung des Analgetikaabusus.
- Es besteht ein erhöhtes Risiko für Urothelkarzinome.
Die Fälle im Online-Kurs Innere Medizin
Fall 1: Belastungsdyspnö
Fall 2: Luftnot, Schwindel und Kribbeln in den Fingern
Fall 3: Abgeschlagenheit, Fieber und Ikterus
Fall 4: Leistungsminderung und Kopfschmerzen
Fall 5: Pruritus und Husten
Fall 6: Schmerzen im Oberbauch
Fall 7: Postoperativer Husten, Fieber und Thoraxschmerzen
Fall 8: Progrediente Gewichtszunahme
Fall 9: Fieberschübe
Fall 10: Herzrasen und Luftnot
Fall 11: Husten, Nachtschweiß und Gewichtsverlust
Fall 12: Erhöhter Blutzucker
Fall 13: Unterbauchschmerzen
Fall 14: Rasche Ermüdbarkeit und Luftnot
Fall 15: Erstuntersuchung Typ-I-Diabetiker