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  • 29.03.2016

MotzMcDreamy

Letzte Woche war Dr. Motz noch auf der Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive - jetzt hat er sie gefunden! Doch der Reihe nach:

© auremar-Fotolia.com


Die Frühbesprechung vor den Osterfeiertagen am Donnerstagmorgen hatte kaum begonnen, da fielen Dr. Motz unnatürlich viele gerötete, verquollene Augenpaare auf. Es handelte sich jedoch nicht um die diensthabenden, sondern ausnahmslos um weibliche hochrote Konjunktiven. Angesichts der exorbitant hohen Frauenquote auf Assistenzarztniveau stierten ihn also ziemlich viele geschwollene Sehorgane an.

Nachdem Dr. Motz in Vertretung seines Chefs die Arbeitsverteilung des Tages verkündet hatte, wurden schnippische Kommentare, kurz angebundene Antworten und tränenersticktes Lamentieren laut. Dr. Motz schüttelte konsterniert den Kopf und wollte schon mit den normal gelaunten männlichen Assistenzärzten eine testosterongesteuerte Lästergruppe mit dem Motto „Haben die alle wieder ihre Tage?“ gründen, als die Oberschwester ihm einen warnenden Blick zuwarf.

Verschwörerisch kam die abgebrühte Stationsleiterin auf ihn zu, flüsterte ihm nur „Mc Dreamy“ ins Ohr und machte eine eindeutige Geste, indem sie mit der flachen Hand horizontal an ihrem Hals entlangwischte. Es dauerte einige Sekunden bis bei Dr. Motz die Synapsen konnektierten, doch dann fiel der Groschen. Na kar, Dr. Shepherd, fleischgewordener Frauentraum und Neurochirurg aus „Grey’s Anatomy“ war in der gestrigen Folge den tragischen Serientod gestorben. Auch seine Freundin hatte es im TV gebannt mitverfolgt. Nach einem erbitterten aber letztlich verlorenen Kampf um die Fernbedienung musste Dr. Motz gestern auf die Fußball Champions League verzichten und war auf dem Sofa neben seiner Freundin eingedöst.

Im halbkomatösen Zustand hatte er mit einem wachen Chirurgenauge die Ereignisse im „Seattle Grace Hospital“ verfolgt. Zunächst noch voller Respekt für den luftdichten Plastikfolienverband der Darmeviszeration folgten abfällige Kommentare, als keiner der Feld-, Wald- und Wiesen-Ärzte des Notfallkrankenhauses zu einer Rescue- Kraniotomie fähig war: „Was ist denn das für eine dramaturgische Lächerlichkeit, das lernt doch jeder Chirurg in der Facharztausbildung, auf jeden Fall müssen fünf davon bestätigt …AUA!!“

In diesem Moment traf ihn die Fernbedienung am Kopf und die wütenden Blicke seiner Freundin brachten ihn zum Verstummen. „Ich hätte das gekonnt, notfalls mit einer normalen Bohrmaschine, drei Entlastungslöcher, ist ja wohl nicht so schwer“, grummelte Motzi noch vor sich hin, bevor er wieder einschlief und erst durch lautes Schluchzen seiner Freundin wieder erweckt wurde.

Da heulte die doch glatt um einen Neurochirurgen! Ausgerechnet um so einen gelackten Schönling! Einen von denen, die mit gewienerten Straßenschuhen und Bügelfaltenhosen über Station schwebten! Der sich für was Besseres hielt, weil er am angeblich wichtigsten Organ des Menschen herumschnippelte und meinte, für so ein Hirn habe er mehr Verantwortung als für ein gut funktionierendes Gelenk?! Der auch noch seit Anbeginn der Serie eine Affäre mit einer ihm unterstellten Ärztin pflegte! Hatte dieser Shepherd keine Moral und keinen Berufsethos? Der war ja genauso verwerflich wie Dr. Motz viszeralchirurgischer Oberarztkollege, der sich beim Knutschen im Treppenhaus mit einem PJ-Häschen erwischen ließ! Wie peinlich!

Doch dann fiel es Dr. Motz wie Schuppen von den Augen: Mc Dreamy ist tot, es lebe Mc Dreamy! Die Welt braucht einen Ersatz für Dr. Shepherd, und er, Dr. Motz, war bereit!

Mit voller Körpergröße richtete er sich zu Dienstbeginn auf, strich lässig über seine Glatze und drehte sich mit seinem gewinnensten Lächeln zu seiner Assistentenschar um: „An die Arbeit - heute ist ein schöner Tag, um Leben zu retten!“

 

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