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  • Interview
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  • Benedikt Neubauer
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  • 03.02.2012

Das Exzellenzprogramm an der MedUniWien

Vor kurzer Zeit startete ein neues "Exzellenzprogramm" an der Medizinischen Universität Wien. Besonders begabten Studenten soll die Möglichkeit gegeben werden, bereits während des Medizinstudiums mit ihrem PhD zu beginnen. Eine Teilnahme an diesem Programm stellt natürlich eine große Möglichkeit aber auch eine ebenso große Verantwortung dar.

Eine PhD-Karriere nach Maß und in Mindeststudienzeit setzte bisher an der Medizinischen Universität Wien (MUW) sechs Jahre für das Medizinstudium und drei Jahre für den PhD vorraus. Besonders ambitionierte Studenten haben nun die Möglichkeit, einen Großteil des Forschungsdoktorats bereits parallel zum Medizinstudium zu absolvieren und so effektiv zwei Jahre früher fertig zu werden. Zusätzlich gibt es eine finanzielle Unterstützung von 700 Euro pro Monat. Erfüllt der Student die Vorraussetzungen, nämlich Mindeststudienzeit, exzellente Noten und eine fertige Diplomarbeit im vierten Jahr, wird mittels Hearing, einer mündlichen Aufnahmeprüfung, über die Aufnahme in das Programm entschieden. Dieses findet am Ende des vierten Jahres statt. Beginn des Programms ist somit das neunte Semester. Ich habe mit Philipp Tschandl, einem der ersten Teilnehmer, über seine bisherigen Erfahrungen gesprochen.Seit dem Wintersemester 2010/2011 gibt es an der MUW ein sogenanntes Exzellenzprogramm.

 

> Wie hast du von dem Programm erfahren?

Ich bin zufällig auf die Ausschreibung der MUW gestoßen. Einige Zeit davor hatte ich schon einmal bei der Studentenvertretung nachgefragt, ob man nicht das Doktoratstudium, oder zumindest Teile davon, vorziehen könnte. Also kam dieses Angebot für mich genau richtig.

 

> Wie hast du einen Betreuer für dich gefunden?

Mein Professor, der mich im Exzellenzprogramm betreut, hat bereits meine Diplomarbeit auf der Dermatologie betreut. Insgesamt bin ich also schon seit knapp vier Jahren bei ihm tätig. Als ich ihm von dem Programm erzählt habe, war er sofort begeistert davon und sagte, dass er mich dabei gerne unterstützt.

> Die wenigsten Studenten können nach dem vierten Jahr eine fertige Diplomarbeit vorlegen. Wie hat sich das für dich ergeben?

Ich wollte alle "zusätzlichen" Arbeiten, die man im Studium so zu erledigen hat, wie Wahlfächer, Famulaturen und Diplomarbeit, vor dem dritten Abschnitt erledigt haben. Glücklicherweise bin ich auch früh genug an einen guten Betreuer gekommen, der das möglich gemacht hat.

 

> Wie sicher warst du dir, dass du den Platz erhältst? Die MUW spricht in der Ausschreibung von der "Förderung Hochbegabter", hast du irgendwelche auszeichnenden Fähigkeiten?

Ich war mir überhaupt nicht sicher. Ich habe mich ja für den ersten Jahrgang beworben und wusste nicht, wie viele Leute sich mit mir bewerben. Auszeichnende Fähigkeiten? Keine Ahnung, ich hab einfach Spaß an meinem Forschungsgebiet.

 

> Kannst du uns einen kurzen Eindruck von dem Hearing geben?

Bei meinem Hearing musste ich mich selbst, die geschriebene Diplomarbeit und das Projekt der Dissertation vorstellen. Danach wurden recht detaillierte und kritische Fragen dazu gestellt. Dabei waren auch immer alle Kandidaten im Raum. Es wurde mir also richtig auf den Zahn gefühlt ob ich eine Ahnung davon habe, was ich in meiner Diplomarbeit geforscht habe und in der Dissertation tun möchte.

 

> Wie überzeugend ist die Organisation des Programms?

Viel Organisation benötigt das Programm an sich nicht. Das PhD-Studium ist so konstruiert, dass nur zwei bestimmte Lehrveranstaltungen mit zusammen drei Semesterstunden von jedem Doktoranden absolviert werden müssen. Die restlichen Vorlesungen, Seminare und Praktika sind spezifisch für das jeweilige Programm und Thema, dass man gewählt hat. Man ist also auf sich alleine gestellt - also genauso wie jeder andere PhD-Student auch.

 

> Studenten im Exzellenzprogramm haben die Möglichkeit, sich im Voranmeldemodus für die Tertiale anzumelden, um Terminkollisionen zu vermeiden. Wie gut funktioniert das in der Praxis?

Das funktioniert sehr gut und hat mir die Planung wirklich erleichtert.

 

> Wie sieht ein für dich typischer Tagesablauf zwischen Forschung und Uni-Alltag aus?

Es ist schwer einen "typischen" Tagesablauf zu beschreiben, da immer verschiedene Sachen zu tun sind. Außerdem sieht die Zeitplanung eines jeden MD/PhD-Studenten anders aus. Es kommt da einfach auch extrem darauf an, welche Methoden man bei seinem Projekt verwendet und wie viel Zeit diese jeweils beanspruchen. Auch Lehrveranstaltungen für die man sich Zeit freischaufeln muss, sind ja Projekt- und Programmspezifisch und unterscheiden sich zum Teil sehr in ihrer Abhaltung.
Jetzt im sechsten. Jahr komme ich wegen der teils intensiven Anwesenheitspflicht oft erst um 16 Uhr ins Labor beziehungsweise Büro, wo ich dann ein paar Stunden arbeiten kann. Das nimmt einem natürlich einiges an Lernzeit, die man irgendwo anders wieder hernehmen muss. Meist hat man dann eben keine Freizeit mehr. Hier und da fällt dieses Jahr auch eine Lehrveranstaltung in die Mittagspause, die ich dann zwischen Praktikum und Seminar besuchen kann.

 

> Würdest du die Unterstützung von 700 Euro als angemessen für deine Leistung bezeichnen?

Wenn man das ganze auf einen "Stundenlohn" herunterbricht, würde ich pro Stunde nicht mehr "verdienen" als ein Tutor. Ttrotzdem ist es ein sehr beachtlicher Betrag pro Monat. Ich denke das ist angemessen.

 

> Natürlich gibt es bei solchen neu eingeführten Programmen immer irgendwelche Kinderkrankheiten. Wo siehst du noch Verbesserungsbedarf?

Viel Verbesserungsbedarf sehe ich eigentlich nicht. Um sein Projekt und Lehrveranstaltungen muss man sich sowieso selbst kümmern, und mehr als die Voranmeldung für die Kleingruppen kann einem die Uni glaube ich von organisatorischer Seite nicht abnehmen. Ich würde das ganze Projekt prinzipiell als positiv bewerten. Man muss sich ja vorstellen, auch wenn MD/PhD-Programme international durchaus üblich sind, wird die MUW nicht gezwungen,, dieses Programm anzubieten - vor allem nicht mit dieser finanziellen Unterstützung. Ich persönlich bin recht dankbar dass ich so der wissenschaftlichen Arbeit nachgehen kann, ohne zusätzlich einen Nebenjob bestreiten zu müssen.

 

> Würdest du Kommilitonen das Exzellenzprogramm weiterempfehlen?

Ja, ich würde es weiterempfehlen. Dafür sind allerdings zwei Punkte wichtig. Einerseits ein guter Betreuer mit dem man sich gut versteht, der einen unterstützt, und ein interessantes Projekt bietet - schließlich verbringt man damit die nächsten drei Jahre. Andererseits sollte man Interesse an einer wissenschaftlichen Laufbahn haben. Man opfert dem ganzen Projekt so viel Zeit und Arbeit, dass es in meinen Augen Zeitverschwendung wäre, wenn einem nachher "nur" die klinische Arbeit wichtig ist.

Nähere Informationen über das Exzellenzprogramm findet ihr über diesen Link:

Exzellenzprogramm MUW

 

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