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- Benedikt Neubauer
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- 26.11.2012
Der Weg zur Diplomarbeit
Für viele ist sie die allerletzte Hürde im Medizinstudium, für manche stellt sie sogar ein richtiges Hindernis dar: die Diplomarbeit. Nach vielen Jahren Multiple Choice Tests soll man also nun doch noch in der Lage sein, einen zusammenhängenden wissenschaftlichen Text zu verfassen. Doch die Diplomarbeit muss keineswegs ein Übel darstellen, sondern kann eine spannende und interessante Erfahrung sein. Auf was ihr dabei trotzdem achten müsst verrate ich euch hier.
Jeder Studierende der Humanmedizin ist verpflichtet, für die Erlangung seines akademischen Titels eine Diplomarbeit zu verfassen. Dass man dafür sogar gleich einen Doktortitel bekommt, mag zwar ein guter Deal sein, dennoch kann sich die Diplomarbeit oft langwierig und mühsam gestalten. Immer wieder hört man Geschichten von verschollenen BetreuerInnen, jahrelanger Arbeit als "Laborsklave" oder von Diplomanden, die schlichtweg das Interesse verloren haben. Leider sind das bei weitem keine Einzelschicksale und immer wieder sehen sich Studenten gezwungen, ihr ursprüngliches Thema - oft mehrmals - zu wechseln.
Der Einstieg in das Spezielle Studienmodul 3 - SSM3
Die Wissenschaftsblöcke SSM1 und SSM2 sollen die Grundfertigkeiten vermitteln, welche notwendig sind, um eine Studie zu planen und Daten auszuwerten. Danach soll man in SSM3 das Gelernte in einer eigenen wissenschaftlichen Arbeit umsetzen. Ab hier wird es auch etwas komplizierter und man muss sich erstmals eigenständig um den Fortschritt im "Speziellen Studienmodul" kümmern.
Als ersten Schritt muss man ein Thema und eine/n BetreuerIn für SSM3 finden. Dieses sucht man sich entweder aus der offiziellen Themenbörse aus, oder man vereinbart ein eigenes Thema, welches wiederum an die Themenbörse gemeldet werden muss. Die Börse wird gewöhnlich vor der SIP3 eröffnet und man muss spätestens bis Ende November für ein Thema gemeldet sein. Leider geschieht das nicht einfach per Mausklick wie bei SSM1 und SSM2, sondern man schreibt den gewünschten Betreuer direkt an und vereinbart ein Treffen. Danach meldet dieser den Diplomanden für das Thema an.
Ist man nicht bis zum Ende der Frist für ein Thema gemeldet, droht ein Wartejahr, weil man ohne SSM3 nicht in den 3. Abschnitt eintreten kann. Am Besten kümmert ihr euch also schon im Sommer darum, damit es im Herbst nicht eng wird. Detaillierte Informationen und Termine findet ihr ganz einfach auf der MUW-Seite
Die Frage nach dem passenden Thema hat sich unter Studierenden zu einer Grundsatzfrage entwickelt: Will ich mich mit einem Gebiet beschäftigen, dass mich interessiert und in dem ich auch mein zukünftiges Beschäftigungsfeld sehe? Oder will ich das Ganze einfach kurz und schmerzlos hinter mich bringen? Sehr viele Kommilitonen wählen den zweiten Weg, darunter etliche "gebrannte Kinder", die bereits schlechte Erfahrungen mit ihren Betreuern gemacht haben. Grundsätzlich gilt: In 90% der Fälle ist man wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem größeren Projekt.
Das stille Abkommen lautet: Du bekommst deine Diplomarbeit, dafür nimmst du uns niedere Arbeiten in der Studie ab. Die Auslegung dieses "Vertrags" obliegt dem Betreuer und mitunter kann man dabei ziemliches Pech haben. Leider gibt es noch keine Plattform, die eine Bewertung der Diplomarbeitsbetreuer ermöglicht. Um euch trotzdem eine Hilfestellung bei der Themenwahl zu geben, habe ich 4 Typen von Diplomanden charakterisiert:
- Typ "Laborsklave": Du bist überdurchschnittlich engagiert und möchtest nach dem Studium so schnell wie möglich Karriere machen. Für dieses Ziel bist du gerne bereit, viel Zeit zu opfern und Freizeitaktivitäten auf ein Minimum zu reduzieren. Die Diplomarbeit bietet eine tolle Gelegenheit, dich zu beweisen und früh Kontakte zu knüpfen. Im Regelfall werden die Verantwortlichen schnell auf dich aufmerksam und du bist bald voll in das Team integriert. Dazu gehört dann die Mitarbeit an anderen wissenschaftlichen Arbeiten und vielleicht sogar das Präsentieren der Ergebnisse bei wissenschaftlichen Tagungen.
Achtung! Den Betreuern ist oft nicht klar, dass du deine Diplomarbeit auch irgendwann abschließen möchtest. Es liegt auch an dir, klarzustellen, dass du nicht jahrelang an dem Projekt mitarbeiten kannst. Wenn die Studie über mehrere Jahre geht, muss vereinbart werden, dass du nach einer gewissen Zeit die bisher gesammelten Ergebnisse für deine Diplomarbeit verwenden wirst. Ob du dann noch weiter daran mitarbeiten willst, ist deine eigene Entscheidung. - Typ "Eigenbrödler": Du möchtest nicht dem Mainstream der Themenbörse folgen und an einem eigenen Thema arbeiten. Schon länger brennt dir eine bis jetzt unbeantwortete Fragestellung unter den Nägeln, nun hast du die Möglichkeit sie dir selber zu beantworten. Vielleicht springt dabei sogar eine Erstautorenschaft heraus.
Achtung! Das größte Problem hierbei ist, einen Betreuer zu finden. Dieser muss eine Lehrbefugnis an der MUW haben oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit abgeschlossenem Doktoratsstudium vom Curriculumsdirektor mit der Betreuung der Diplomarbeit beauftragt werden. In den klinischen Fächern ist die Bereitschaft für solch eine uneigennützige Betreuung meist sehr gering. Oft muss man auf vorklinische Fächer oder ausgefallenere Fachbereiche ausweichen. Eben jene freuen sich dann aber oft über das Interesse an ihrem Arbeitsbereich. - Typ "Otto Normalverbraucher": Du möchtest die Diplomarbeit einigermaßen flott absolvieren, nicht allzu viel Aufwand und trotzdem in einem Bereich, der dich interessiert.
Achtung! Die viele andere wollen das auch. Deshalb solltest du dich so bald wie möglich um einen guten Platz kümmern. Die Themenbörse öffnet zwar erst im Mai, du kannst aber vorher schon einmal einzelne Lehrpersonen anschreiben, die dir im Laufe des Studiums angenehm aufgefallen sind. Meist haben diese ein unbearbeitetes Thema in der Schublade und du bist dann der erste der davon erfährt. - Typ "Müßiggänger": Du kannst den Sinn der Diplomarbeit nicht ganz erkennen und möchtest selbige so schnell und unbürokratisch wie möglich hinter dich bringen? Dein Stichwort lautet: Retrospektiv. Natürlich kommt es auf den Datenumfang an, aber retrospektive Dateneingabe erfordert wenig Organisationsaufwand und kann zwischendurch erledigt werden. Außerdem läuft man, anders als bei prospektiven Studien, nicht Gefahr, jahrelang an einer Studie mitarbeiten zu müssen.
Achtung! Es ist gut möglich, dass du später einmal deine Entscheidung bereust. Es gibt bestimmt Arbeitgeber, die auf das Thema deiner Diplomarbeit schauen. Wenn du dich dann auf der Universitätsklinik für Chirurgie bewirbst und deine Diplomarbeit handelte vom "Konzept der ayurvedischen Lebensenergie in der Medizingeschichte", könnte das deine Chancen mindern.
Egal in welcher Rolle ihr euch seht, das wichtigste ist, einen guten Draht zu eurer betreuenden Lehrperson zu haben. Diese kann euch hilfreiche Tipps geben und viele Türen öffnen. Und schlussendlich muss sie auch mit der Arbeit zufrieden sein, weil sie sie auch benotet. Solltet ihr von Beginn an merken, dass ihr keine Rückmeldungen bekommt, ihr euch nur "lästig" vorkommt oder ganz einfach die "Chemie" nicht passt, solltet ihr einen frühen Wechsel der Betreuung in Betracht ziehen. Denn wirklich ärgerlich wird ein Themenwechsel erst, wenn man schon viel Arbeit in das alte Thema gesteckt habt.
Wie geht es weiter?
So bald du ein Thema gefunden hast, kannst du schon mit der Literaturrecherche und der Ausarbeitung eines Projektplans beginnen. Diesen musst du dann entweder im darauffolgenden Dezember oder Mai einer kleinen Gruppe von Kommilitonen präsentieren. Mit der Projektpräsentation hast du SSM3 auch schon wieder offiziell hinter dir. Du brauchst dich also wegen einem Wartejahr nicht mehr zu sorgen.
Nun kannst du dein Diplomarbeitsthema offiziell einreichen, dieses muss aber nicht das gleiche sein, dass du bei der Projektpräsentation vorgestellt hast. Aus Gründen der Effizienz wäre es aber natürlich klug, ein Thema vorzustellen, das später auch die Diplomarbeit werden soll. Zum Einreichen brauchst du den Projektplan mit unterzeichnetem Deckblatt, das von allen Beteiligten unterzeichnete Anmeldeformular und gegebenenfalls ein positives Votum der Ethikkommission.
Wenn du an einem größeren Projekt mitarbeitest, gibt es gewöhnlich schon ein Ethikvotum. Du musst dann nur mehr als Mitarbeiter nachgetragen werden. Ansonsten musst du einen eigenen Antrag stellen. Erfahrungsgemäß bekommt man den Antrag zwei bis drei mal zurückgesendet, mit der Bitte, Details zu ändern. Das kann sehr frustrierend sein, aber oft hilft es einem dann sogar später bei der Durchführung der Arbeit.
Methodenseminare
Die 2 frei wählbaren Methodenseminare sollen die Diplomanden bei der eigentlichen Durchführung der wissenschaftlichen Studie unterstützen. Diese sind nicht Teil von SSM3 und müssen nicht vor dem 3. Abschnitt absolviert werden. Seht sie also nicht als Stressfaktor, sondern teilt sie euch am Besten so ein dass sie auch wirklich eine Hilfe darstellen. Leider variiert das Angebot sehr und oft werden im Wintersemester kaum Methodenseminare ausgeschrieben. Es bietet sich aber zum Beispiel an, ein Statistikseminar zu besuchen, wenn man gerade dabei ist seine Daten auszuwerten.
An die Tasten!
Nachdem ihr eure Datenerhebung, und -auswertung abgeschlossen habt geht es schon ans Schreiben. Die meisten Diplomanden verfassen ihre Arbeit auf Deutsch, es ist aber ohne zusätzlichen Aufwand möglich, dies auch auf Englisch zu tun. Zum Zitieren der Literaturquellen ist es unerlässlich ein Zitierprogramm zu verwenden. Dieses bekommt man recht billig über die Universität, ansonsten gibt es auch immer wieder Gratis-Versionen.
Formale Bestimmungen zum Schreiben der Diplomarbeit findet ihr unter dieser Adresse.
Sehr wichtig ist es, regelmäßig mit dem/der BetreuerIn Rücksprache zu halten. Diese/r beurteilt schließlich die Arbeit und so kann man spätere Missverständnisse aus dem Weg räumen.
Ich bin fertig - was nun?
Nachdem ihr die Diplomarbeit geschrieben habt, könnt ihr sie in gebundener Form zusammen mit einigen Formularen (welche Formulare?) bei der Studienabteilung einreichen. Die betreuende Lehrperson hat dann 6 Wochen Zeit, diese zu beurteilen. Nach der positiven Beurteilung muss man sich noch einer mündlichen Diplomprüfung stellen. Die Prüfungskommission besteht dann üblicherweise aus dem/der DiplomarbeitsbetreuerIn und zwei von diesem/r vorgeschlagenen Vertretern aus jeweils einem klinischen und einem nicht-klinischen Fach.
Diesen muss natürlich auch ein Exemplar der Diplomarbeit ausgehändigt werden. Wenn ein passender Termin für alle gefunden wurde, muss dieser spätestens 4 Wochen davor der Studienabteilung bekannt gegeben werden. Bei der Prüfung muss der Diplomand kurz seine Arbeit vorstellen und dann themenspezifische Fragen beantworten. Daraus ergibt sich dann eine Gesamtnote für die Diplomarbeit und die Prüfung.
Zusammenfassung
Trotz aller potentiellen Schwierigkeiten solltet ihr keine Angst vor der Diplomarbeit haben. Wenn man sich früh genug um ein interessantes Thema kümmert und die Kommunikation mit den Betreuern passt, steht einer spannenden und lehrreichen Zeit nichts im Weg.