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  • Felix Hutmacher
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  • 04.06.2018

Prowas? PROWISS!

Nicht nur Arzt sein, sondern Doktor – es gibt viele Gründe, sich für eine Promotion zu entscheiden. In Regensburg ist ein halbes Jahr, das PROWISS (PROjekt- und WISSenschafts-Semester), ausschließlich für das Vorankommen in einer Projektarbeit oder Dissertation reserviert.

Wer sich selbst Arbeit macht, sollte wissen, wozu – das gilt insbesondere für die Promotion. Wem der Titel egal ist, der könnte sich eine Projektarbeit vornehmen. Sie ist bis zum Ende des Semesters sicher fertig und kommt mit überschaubarem Aufwand aus. Könnte, denn: (Fast) das Gleiche gilt für statistische Doktorarbeiten – weshalb es schwierig sein dürfte, Studenten zu finden, die nicht promovieren. Ein paar Archive aufsuchen, Daten sammeln, Kurven und Tabellen erstellen – solche einfachen Arbeiten sind wissenschaftlich oft von zweifelhaftem Wert, erfüllen aber die Anforderungen der Promotionsordnung. Wer nicht mehr will als zwei Buchstaben vor dem Namen, muss sich in seiner Promotion also auch nicht selbst verwirklichen.

Was aber, wenn man den ohnehin besudelten Ruf der medizinischen Doktorarbeit mit dem eigenen Machwerk nicht noch weiter beflecken will? Wenn man sich die Tür offenhalten möchte, später in einer Uniklinik zu arbeiten, oder gar eine wissenschaftliche Karriere vor Augen hat?

Zunächst solltest du dich entscheiden, ob du lieber ins Labor möchtest oder klinisch promovieren – also Daten am Patienten erheben. Da der Patient ein Wesen mit eigenem Willen ist, kann das durchaus mühselig werden, gerade bei wiederkehrenden Follow-up-Untersuchungen. Bei wem also die Bedienung der Pasteurpipette nicht von Anfang an ins Auge gegangen ist, der kann darüber nachdenken, ob er nicht Lust hätte auf ein (verlängertes) halbes Jahr im Labor. Man kann dort auch einfach mal probearbeiten.

Viel zu oft jedenfalls kreisen die Gedanken zu Beginn um die Frage nach dem Thema. Ist es mir nicht egal, welche molekularen Mechanismen den Glukosetransport in die Zelle abwickeln? Würde ich nicht viel lieber an etwas forschen, was ich meinen nichtmedizinischen Freunden auch abends bei einem Bier erklären kann? Man wird bald feststellen, dass es eine Unmenge wissenschaftlicher Nischen gibt, die alle von einem anderen Professor bewohnt werden. Und, dass jede Nische ihren Reiz hat – sobald man sich durch die abschreckenden Zahlen- und Nummernkombinationen erforschter Gene und Proteine gewühlt hat. Mein neuer Freund, der smad7-Rezeptor Tyrosin-Kinase-Inhibitor! Das allerdings ist dem Nichtmediziner schwer bei nur einem Bier erklärt.

Ohnehin gilt: Gute Betreuung ist viel wichtiger. Waren eure Vorgänger zufrieden? Gibt es einen festen Ansprechpartner? Ist der Doktorvater oder die Doktormutter greifbar oder öfters gerade mal in Hamburg? Eine solide Arbeit dauert eigentlich immer länger als vorhergesehen, umso wichtiger sind passende Rahmenbedingungen. Die leider nicht mit der Unterschrift unter die Doktoranden-Betreuungs-Vereinbarung abgesteckt sind, sondern im persönlichen Gespräch gefunden werden müssen.

Auf den Kontakt kommt es auch an, wenn man sich eine Stelle sucht: Es ist immer besser, persönlich zu Dozenten zu gehen, die einem sympathisch waren, als blind haufenweise unbekannte Lehrstuhlinhaber anzuschreiben. Und frustrieren lassen sollte man sich nicht zu leicht, es kann dauern, bis man fündig wird.

Und wenn wir doch frustriert sind, denken wir daran, wie einfach wir Mediziner in Deutschland im Vergleich zu anderen Disziplinen an unseren Doktor kommen. Oder man wechselt gleich nach Österreich: Dort gibt es gratis mit Studienabschluss das Berufsdoktorat. ProWien statt PROWISS, sozusagen.

 

 


Info PROWISS

Das PROWISS ist an der Uni Regensburg fester Teil des Curriculums. Alle Studenten des achten Semesters nehmen teil – und müssen sich davor eine Projekt- oder Doktorarbeit suchen, um sich im Dekanat anmelden zu können. Im Semester selbst bleibt viel Zeit für das wissenschaftliche Arbeiten, denn es gibt nur wenige Begleitveranstaltungen samt einer kleinen Abschlussklausur. Die weitaus meisten Studenten entscheiden sich zur Promotion – die oft über das Semester hinausgeht. Wer möchte, kann natürlich auch noch ein zusätzliches Freisemester zur Beendigung seiner Arbeit anhängen. 

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