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  • Max Melzel
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  • 01.03.2021

Medizinstudium in Oldenburg – ein kurzer Rückblick

Die Uni Oldenburg hat ein ganz besonderes Konzept: Vorklinik und Klinik sind eng verzahnt. Wie das Studium gestaltet ist und welche Vor- und Nachteile es bietet, erzählt Max.

 

Da war er, der begehrte und lang ersehnte Studienplatz in Oldenburg und gleich ging es im ersten Semester mit den vorklinischen Fächern los. Chemie, Physik, Citratzyklus – ganz schön anstrengend, da meine Schulzeit schon lange zurück lag. Der Einstieg fiel mir durch die oft sehr gut umgesetzte Verzahnung von Vorklinik und Klinik leichter. Die klinische Bedeutung der oft trockenen Inhalte wurde mir dadurch verständlicher und begreifbarer.

 

Vorklinik und Klinik


Jedes Jahr ist in 4 Module aufgeteilt: Zunächst stehen die klassischen vorklinischen Fächer in den ersten 3 Modulen auf dem Plan. Besonders positiv empfand ich den frühen Fokus auf die klinischen Inhalte wie Innere Medizin, Chirurgie, Pharmakologie, die ab dem 2. Studienjahr zusammen mit passenden vorklinischen Inhalten gelehrt wurden. Regelmäßig wurden dazu klinische Untersuchungskurse und Kommunikationstraining durchgeführt. Zweimal im Jahr konnten wir unsere klinisch-praktischen Fähigkeiten in einem einwöchigen Praktikum in der Allgemeinmedizinischen Praxis unter Aufsicht üben. Mir haben die „kurzen Auszeiten“ vom Hörsaal immer sehr gut gefallen!
Eine große Hürde für mich war am Anfang die Literaturauswahl: Womit soll ich lernen? Alle Buchempfehlungen kaufen? Wie soll ich lernen? Da ging auch schon die ein oder andere Prüfung in die zweite Runde, dazu später mehr.

Rückblickend war für mich das vierte und fünfte Studienjahr das Beste.
In Kleingruppen von 10-12 Studierende haben wir jeweils einige Wochen theoretisch-praktischen Unterricht im klinischen Trainingszentrum absolviert. Mit der Vorbereitung ging es anschließend in ein 5-wöchiges Blockpraktikum in den „großen Fächern“ in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis. Die praxisnahe Vorbereitung mit theoretischen und praktischen Fertigkeiten haben mir besonders gut gefallen.
Ich empfand den Wissenszuwachs gigantisch und ich wusste, warum ich die Strapazen der letzten Jahre auf mich genommen habe. Wenn ich nach einem kleinen Motivationstief dann in der Klinik stand, kam das Gefühl auf, dass es nicht mehr ganz so lange bis zum ersehnten Abschluss ist.

Ein Schwerpunkt im Oldenburger Studiengang besteht im longitudinalen Forschungspfad: Jeder Medizinstudent muss im dritten Semester ein Forschungspraktikum absolvieren und im 9./10. Semester eine Forschungsarbeit im Umfang einer Masterarbeit schreiben.
Rückblickend bin ich froh, eine weniger aufwendige Arbeit gewählt zu haben und trotzdem das Thema weiter zu einer Promotion führen zu können. Neben dem Berg an Stoff, der anstehenden M2-Prüfung, noch eine Forschungsarbeit zu schreiben, bedeutet ein gutes Zeitmanagement. Sonst wächst einem das ganze schnell mal über den Kopf.

 

Mein Resümee:


„Theorie und Praxis“ funktionieren in Oldenburg gut, aber auch nicht immer. Einige Formate und Inhalte waren in ihrer Idee gut gedacht. Allerdings war Umsetzung manchmal weniger gut gelungen, sodass ich das Gefühl hatte, dies sei nun eher Ballast als eine Bereicherung für mein Studium.
Die Betreuung, insbesondere im klinischen Abschnitt und die Vermittlung von praktischen Fähigkeiten haben mir besonders gefallen und sprechen aus meiner Sicht für das Konzept der Universität. Auch die Zusammenarbeit mit der Universität Groningen, insbesondere in den Seminaren der Anatomie, aber auch der mögliche Austausch im 3. oder 5. Studienjahr zeichnen die Universität aus, einmalig. Das große Netzwerk der hausärztlichen Lehrpraxen und Lehrkrankenhäuser ermöglicht eine breite Vielfalt an praktischen Erfahrungen – und man kann Land und Leute in verschiedenen Teilen von Norddeutschland kennenlernen, wenn man möchte.
Jedoch hat man der jungen Fakultät angemerkt hat, dass es an kleinen und großen Stellen manchmal hakt.

Einige Beispiele:
•    In der Anfangszeit gab es häufige Umstellungen von Unterrichtsformaten, welche sich nun aber mit der Zeit etablieren
•    Die Verzahnung von Vorklinik und Klinik bedeutet eine Menge Stoff auf einmal – manchmal fällt ein wenig Tiefe in der Vorklinik hinten über. Hier heißt es, am Ball bleiben, nachlesen und regelmäßig wiederholen
•    Der Aufbau macht das Studium leider etwas „verschult“ und lässt wenig Freiräume für eigene Interessen und Schwerpunkte
•    Epidemiologie und Forschung wird sehr großgeschrieben – leider ist die theoretisch-praktische Ausbildung für die anstehende Forschungsarbeit wenig integriert

Am Ende lief der Abschluss ganz gut und ich bin froh, in Oldenburg studiert zu haben und würde es weiterempfehlen. Insbesondere die praktisch orientiere Ausrichtung und die Kooperation mit Groningen haben mir am besten gefallen.
Das Studieren an einer Universität ist eine andere Welt, in der man sich erst einmal zurechtfinden muss und es ist völlig egal, Prüfungen wiederholen zu müssen oder etwas länger zu brauchen. Nie aus den Augen verlieren sollte man das große Ziel der Approbation und mich hat noch niemand gefragt, wie lang und steinig der Weg bis dahin war.

Meine Lerntipps:
•    Online-Lernplattformen sind ein guter Anfang und oft ausreichend, für Vertiefungen erst einmal in der Bibliothek schauen und auf dem jährliche Bücherflohmarkt von Studenten der Medizin ist meistens ein Schnäppchen zu machen
•    Wichtige Dinge mitschreiben und strukturiert zusammenfassen, oft ist das schon eine gute Wiederholung
•    Für Semesterklausuren: regelmäßig nach Schwerpunkten der Prüfer fragen (in Vorlesungen und praktischen Seminaren) – Altfragen/-klausuren sind in Oldenburg wenig vorhanden und die Prüfer sind sehr kreativ
•    8 Stunden oder mehr am Stück lernen? Hat bei mir nicht funktioniert....
Lieber 30-45 Minuten, danach 10 Minuten Pause und nach 3-4 Wiederholungen eine längere Pause einlegen – das hat auch für das 2. Staatsexamen (M2) gut funktioniert
•    Zu guter Letzt: das Studium ist nicht alles, denkt an eure Freizeit

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