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  • Emily Eisner
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  • 09.09.2022

Ein Augenblick Klinik im 1. Semester

EKM BFE – diese Buchstabenkombination bereitete mir zu Beginn des 1. Semesters Medizin an der Universität Münster Kopfzerbrechen. Dass das Fach zu meiner Lieblingsveranstaltung des ersten Semesters werden würde, ahnte ich damals noch nicht.

Der ehrlicherweise etwas sperrige Kursname „Einführung in die klinische Medizin und Berufsfelderkundung“ – kurz EKM BFE – beschreibt einen Kurs, der den eher trockenen, doch sehr theoretischen Anteil des ersten Semesters praktisch etwas auflockern soll. Zu verschiedenen Themen sollten wir Umfragen und Poster erstellen und gleichzeitig wurden uns im Rahmen des EKM Kurses einige medizinische Basics nähergebracht.

Zu Beginn des Semesters hatten wir die Qual der Wahl, uns für eine medizinische Disziplin zu entscheiden, die den Schwerpunkt des Kurses für uns festlegen würde. Von Anästhesie über Transplantationschirurgie, hausärztliche Versorgung bis hin zu Gynäkologie – alles war dabei. Auch für Projekte, die zu etwas unpopuläreren Fachbereichen wie beispielsweise Andrologie (beschäftigt sich mit den Fortpflanzungsfunktionen des Mannes) oder Phoniatrie (beschäftigt sich mit Stimm-, Sprech- und Hörstörungen) gehörten, konnten wir uns eintragen.
Ich entschied mich für den Kurs Augenheilkunde und verbrachte somit die meiste Zeit des Kurses in der Augenklinik.

Um uns in die Welt der Augenheilkunde einzufinden, beschäftigten wir uns zunächst mit dem Aufbau des Auges und einigen typischen Erkrankungen wie etwa dem grauen oder grünen Star. Die theoretische Thematik wurde praktisch untermauert, als unsere Tutorin mit einem Beutel Schweineaugen den nächsten Kurs eröffnete.

 

 

Meine zugegebenermaßen anfängliche Zurückhaltung beim Anblick der merkwürdigen Konsistenz meines, mich anstarrenden, Schweineauges wurde schnell von Neugierde abgelöst. Als ich nach einigen Skalpellschnitten eine glibberige Masse als Glaskörper und Netzhaut identifizieren und sogar den blinden Fleck des Auges ausfindig machen konnte, war ich schlichtweg begeistert. Was für ein großartiges Gefühl, wenn sich die medizinische Theorie in der Praxis bestätigt!

In der nächsten Kursstunde probierten wir die verschiedenen medizinischen Geräte und Methoden aus, die ein Augenarzt verwendet, um die Augen seiner Patienten zu untersuchen und im wahrsten Sinne des Wortes zu durchleuchten. Damit meine, mit Lampe und Lupe bewaffneten, Kommilitoninnen und Kommilitonen einen Blick bis auf meine Netzhaut erhaschen konnten, musste ich mich ganz schön blenden lassen. Wir stellten fest, dass es einiges an Übung benötigt, bis es möglich ist, im Auge das zu erkennen, was zu sehen sein sollte. Einfacher nachzuvollziehen waren die Ergebnisse der sogenannten optischen Kohärenztomographie (OCT), bei der die Netzhaut in ihren einzelnen Schichten abgebildet wird, nachdem der Patient kurze Zeit in eine wuchtige Maschine geschaut hat. Nach dieser Prozedur stellten wir fest, dass einige von uns kleine Unregelmäßigkeiten, in diesem Fall aber glücklicherweise nur Pigmentflecken, auf der Netzhaut haben.

Eine weitere medizinische Grundlage, die wir im Kurs EKM BFE das erste Mal ausprobieren konnten, war die Blutabnahme. Obwohl ich es vorher schon unzählige Male beim Arzt gesehen habe und nachvollziehen konnte, war es für mich doch eine kleine Herausforderung, den Arm meiner Kommilitonin nach „guten“ Venen abzuklopfen und in ihren Arm zu piksen. Umso schöner der Anblick des vollen Röhrchens mit Blut nach dem ersten Versuch.

Mein persönliches Highlight des Kurses war jedoch die Hospitation einer Augenoperation, bei der die Linse des Patienten ausgetauscht wurde. Zuvor konnte ich mir unter einer Augenoperation nicht besonders viel vorstellen. Beim Begriff „Augenlasern“ dachte ich an buntes Laserlicht, mit dem der behandelnde Arzt das Auge bestrahlt und erwartete, dass ich nicht allzu viel von der Operation mitbekommen würde. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt und konnte die Operation unter anderem über riesige Bildschirme, die das Auge des Patienten abbildeten, verfolgen.

Milimetergenau arbeitete der der Operateur mithilfe eines Mikroskops in den winzigen Dimensionen des Auges und ich hatte das Gefühl, in eine ganz neue, kleine Welt – die Welt des Auges – abzutauchen. Dieses Gefühl wurde noch verstärkt, als ich selbst durch das Mikroskop schauen durfte. Die beschädigte Linse wurde abgesaugt und eine neue Linse eingesetzt. Um das Auge nicht unnötig zu belasten, wurde eine Faltlinse in das Auge injiziert, die sich erst im Auge zu ihrer ganzen Größe entfaltet. Schneller als erwartet war die Operation auch schon wieder vorbei und ich wurde zurück in die Operationssäle der Augenklinik geworfen.
 

Ob ich mich im Verlauf meiner medizinischen Laufbahn weiter mit dem Thema Augenheilkunde befassen werde, steht noch in den Sternen, aber die Thematik faszinierte mich doch sehr! Der Kurs EKM BFE hat uns im ersten Semester auf jeden Fall das Gefühl gegeben, nicht nur die Naturwissenschaften, sondern auch wirklich Medizin zu studieren.

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Info: via medici an der Uni Münster

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