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  • Marlen Lauffer
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  • 12.11.2014

Forschen: Zum Scheitern verurteilt?

Viele Medizinstudenten spielen im Laufe ihres Studiums mit dem Gedanken, sich einmal in der Forschung umzusehen. Oft gehen sie allerdings unvorbereitet an die Sache heran und wissen nicht so recht, was sie erwartet. Schnell können Frust und Enttäuschung die Folge sein. Denn Forschung ist manchmal so gar nicht das, was man sich darunter vorstellt. Eine kleine Vorwarnung.

 

Experiment, Quelle: Fotolia

 

Forschung

An der Bürotür meines Betreuers hängt ein kleiner Comic, der geht in etwa so:

„Some people think scientists exclaim “Eureka”when doing experiments. But they’re way more likely to say…”
“Bollocks!”
„Oh…shit!“
„F*ck!“
„Arse!“
“Stupid piece of crap machine”
“I hate science”

Wie recht der Comic doch hat.

 

Forschung ist bei weitem nicht immer der auf Anhieb erfolgreiche glorreiche Weg zum neuen, wirkungsvollen Medikament oder der Aufklärung des bisher unbekannten Signalweges. Viel eher ist es ein „Try and Error“ - mit viel „Error“. Auch ich glaubte noch zu Beginn meines Studiums fest daran, dass Forschung eine tolle Sache ist. Ich war überzeugt, man mache dort ständig wahnsinnig interessante Entdeckungen und alle Wissenschaftler seien erfolgreich, wenn sie nur eine gute Idee haben oder neue Dinge anpacken. Sehr schnell wurde ich eines Besseren belehrt.

 

 

Erwartungen und Realität

Etwas naiv betritt man diese Welt der Forschung - dort, wo Wissen gemacht wird-, in der Hoffnung, etwas beizutragen zu können und auch einmal etwas Tolles zu entdecken. Voller Motivation geht es an die ersten Versuche und Experimente. Wenn diese zu Beginn nicht auf Anhieb klappen wollen, sieht man sich selbst noch in der Lernphase und klammert sich daran fest, dass es beim nächsten Mal sicher gelingen wird. Viel zu schnell steht jedoch die Realität vor der Labortür - mit einer Handvoll Geschenke im Gepäck. Frust, Ärger und Verzweiflung sind nur einige davon. Forschung, das ist kein geradliniger Weg, der stets die gewünschten Ergebnisse bringt und zum erhofften Ziel führt. Bis dahin ist es meist ein großes Stück Arbeit, begleitet von vielen „Ups and Downs“ und jahrelangem Experimentieren. Doch gerade dieser Weg bringt viele neue und wichtige Erfahrungen mit sich, die es sich mitzunehmen lohnt. Und sei es nur, um zu erkennen, dass man nicht für die Forschung gemacht ist.

 

Man muss lernen, zu akzeptieren, dass manche Dinge ihre Zeit brauchen und es nicht nur „den einen“ richtigen Weg zum Ziel gibt. Vielmehr können Experimente auf verschiedensten Wegen ausgeführt werden. Und für das individuelle Experiment gilt es, den jeweils bestmöglichen Weg zu finden. Dabei sind Geduld und Frustrationstoleranz gefragt. Eigenschaften, die man sich aneignen kann und die auch in anderen Lebenssituationen durchaus von Nutzen sind.

 

Häufig trifft man während eines Versuchs auf unvorhergesehene Probleme, deren Lösung nicht immer einfach ist. Hier gilt es, das Problem zunächst ausfindig zu machen. Liegt es an den Materialien, dem Gerät, oder an einem selbst? Wer gerne knobelt und nicht aufgibt, bis eine Lösung in Sicht ist, wird sich dabei leicht tun. Der Rest muss sich etwas durchbeißen um ans Ziel zu kommen. Manchmal muss man dann eben auch einsehen, dass ein Problem zumindest für den Moment nicht lösbar ist und lieber in eine andere Richtung weitergedacht werden sollte. Auch in der Forschung steht man unter großem Zeitdruck und muss mit dem zur Verfügung gestellten Geld bestmöglich haushalten.

 

Im schlimmsten Fall funktionieren die Experimente so gar nicht wie erhofft. Dann kann es passieren, dass jemand vom anderen Ende der Welt daherkommt und seine Forschungsergebnisse zum gleichen Thema vor dir veröffentlicht. Viele Jahre Arbeit sind damit meist dahin. Hier muss sich selbst der stärkste unter den Forschern für den Moment der Verzweiflung und dem Frust geschlagen geben.

 

In anderen Fällen funktionieren zwar die Experimente, doch die gewünschten Ergebnisse sind nicht dabei. Dies ist ein großes Problem in der Forschung, denn Negativ-Ergebnisse will kein Journal so wirklich veröffentlichen. Zum Einen führt das dazu, dass sich der jeweilige Forscher jahrelang umsonst abgemüht und dann nichts vorzuweisen hat. Gleichzeitig bedeutet es, dass viele weitere Forscher an denselben Experimenten scheitern werden, weil sie nicht wissen, dass dieser Weg bereits vorher schon beschritten wurde. Eigentlich ist das sehr schade, denn auch die Aussage, dass etwas nicht funktioniert ist eine Aussage - in meinen Augen sogar eine sehr wichtige.

 

 

Fazit

Wieso tun sich dann so viele Menschen den ganzen Ärger überhaupt noch an?
Ganz einfach: Weil Forschung auch Spaß machen kann. Irgendwann gelingt dann doch einmal ein Experiment. Und es gibt noch Unmengen an neuem Wissen anzuhäufen und so viel zu entdecken. Man entwickelt ein Gefühl dafür, welche Experimente erfolgreich sein könnten, in welche Richtung weiter gearbeitet werden sollte und welche Möglichkeiten ein spezifisches Forschungsprojekt bietet. Wer sich dafür begeistern kann und vor allem die Faszination für das Unbekannte über Jahre behält, wird sich in der Forschung gut aufgehoben fühlen und alles andere als zum Scheitern verurteilt sein.

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