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  • Bericht
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  • Larissa Schuchardt
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  • 26.09.2013

Start in die experimentelle Doktorarbeit

Larissa ist von der Forschung begeistert. Darum entschließt sie, sich ein Jahr für die experimentelle Doktorarbeit zu nehmen. Doch wie läuft eigentlich die Arbeit im Labor? Und was für Kollegen erwarten sie? Hier ihr Versuchsprotokoll zu ihren ersten Schritten als Forscherin.

 

Aufgabenstellung: Die Ausgangssituation

Möglichkeiten, schon während des Studiums eine Doktorarbeit anzufertigen, gibt es zahlreiche. Ich habe mich für die ausführlichste Version entschieden: Ich werde 2 Freisemester nehmen und ein ganzes Jahr im Labor verbringen. Forschung ist ein Bereich, der mich sehr interessiert und von dem man während des Studiums nicht allzu viel mitbekommt, also bietet sich die experimentelle Doktorarbeit für mich an. Auch das Jahr, dass ich dadurch „verliere“, finde ich nicht weiter schlimm – wenn ich mit Mitte sechzig in den Ruhestand gehe, wird es vermutlich auch egal sein, ob ich mit 26 oder 27 in das Berufsleben eingestiegen bin.

 

Grundlagen: Vorbereitung und Erwartungen

Vorbereitung? Na ja, ich habe gefühlte 200 Paper zu meinem Thema gelesen. Leider habe ich trotzdem nicht die geringste Ahnung, wie mein Alltag eigentlich aussehen wird! Vermutlich irgendetwas mit Zellen und Pipetten – aber füllt das wirklich ganze Tage? Wie schaut eine Zellkultur eigentlich aus? Sind die Leute nett? Kann ich da was kaputtmachen? Wie schnell kann ich mit Ergebnissen rechnen? Werde ich den Leuten nicht mit permanenter Fragerei auf die Nerven gehen? Ich erinnere mich an zwei häufige Tipps von Kommilitonen aus höheren Semestern: 1. Leg dir eine hohe Frustrationstoleranz zu, 2. verdirb es dir nicht mit den MTAs! Beides schreibe ich mir gut hinter die Ohren.

Versuchsmaterial:

-        1 eingeschüchterte Doktoranden-Anfängerin

-        Labor mit vielen Pipetten und (cave!) viel zerbrechlicher Glasware

 

Versuchsaufbau und -durchführung: Das erste Mal im Labor

Und da kommt er, der erste Tag! Glücklicherweise bin ich nicht alleine; ein weiterer Doktorand der Biologie fängt zeitgleich mit mir an und hat nur unwesentlich mehr Laborerfahrung als ich. Zu zweit stellen wir uns der ersten Herausforderung: den Überblick behalten! Sowohl die vielen Räume und Flure als auch die Reihenfolge der unterschiedlichen Aufgaben sind höchst verwirrend. Wenn ich aus dem Labor in die Zellkultur komme, Handschuhe wechseln (ach so, ich habe die ganze Zeit Handschuhe an?). Recoveries setzt man einen Tag vor der Ernte an. Aber was sind eigentlich Recoveries? Bevor ich infiziere, Cycloheximid in die Wells geben. Im dritten Flurschrank sind die 175er-Flaschen, die 75er im ersten. Immerhin wird mir schon mal eine Sorge abgenommen: MTAs und die Mitdoktoranden im gemeinsamen Büro sind unglaublich nett und bieten mir ausnahmslos Hilfe an - auf die ich sicherlich zurückkommen werde!

 

Ergebnisse und Diskussion: Die ersten paar Tage

Meine ersten Tage bestehen vor allem darin, den anderen zuzusehen und mir die Arbeitsabläufe einzuprägen. Nachdem ich ungefähr verstanden habe, wie man Zellen umsetzt, darf ich mich schließlich auch selbst mal an die Arbeitsfläche setzen. Stolz pipettiere ich Zellen und Medium hin und her. Geschafft! Gefühlt habe ich soeben den Mount Everest der Zellkultur bezwungen – nur um einen Tag später festzustellen, dass meine Proben verkeimt sind. So bin ich schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet, aber gelernt habe ich, wie leicht unsauberes Arbeiten passieren kann. Überhaupt lerne ich in diesen ersten Tagen und Wochen unglaublich viel, und es gibt so viel zu tun, dass ich mich staunend frage, wie ich jemals glauben konnte, zwischendurch Wartezeiten füllen zu müssen! Nach täglich 8 – 9 Stunden im Labor bin ich meistens so geschafft, dass ich erst mal ein Nickerchen brauche. Ist man als Student etwa nichts mehr gewohnt?!

 

Ausblick: Fuß gefasst

Die ersten Tage werden zu Wochen, und zack, da ist auch schon der erste Monat rum. Viele der Arbeiten, von denen ich am Anfang dachte, dass ich mir den Ablauf nie merken könnte, gehen mir fast von selbst von der Hand. Trotzdem warten stets neue Herausforderungen, schließlich bin ich in der Forschung und habe daher meistens mehrere Versuche gleichzeitig laufen. Mal muss der Versuchsaufbau etwas abgewandelt werden, mal soll ich mich an einer neuen Aufgabe versuchen – langweilig wird es also nie. Und meinen Kommilitonen kann ich puncto Frustrationstoleranz auch nur Recht geben, denn schön ist es nicht, wenn man die Arbeit einer Woche wegwerfen kann, weil sich ein Pipettierfehler eingeschlichen hat. Wenigstens ist mir das Verkeimen der Platten nicht nochmal passiert! Aber mein Laborteam lacht auch nur und meint: „Das wird trotzdem wieder vorkommen, aber das hatte jeder von uns schon.“ Denn obwohl ich inzwischen mehr oder minder weiß, wie der Hase läuft, und das Team mir jederzeit weiterhilft, wenn ich vor einer neuen Aufgabe stehe wie der Ochs vorm Berg, weiß ich: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Trotzdem bin ich froh, das Jahr im Labor angetreten zu haben, schließlich sammle ich hier Erfahrungen, die viele Kommilitonen nicht haben werden – und in ein paar Wochen steht als Belohnung für die Mühen der ersten Zeit auch schon der erste Kongress an.

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