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- Vanessa Bücker
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- 28.02.2012
In Memorium: Prof. Jürgen Koebke
Er galt unter den Studenten als geschätzter Professor und Mentor. Umso schockierender war für viele die Nachricht über seinen Tod. Wie ein Lauffeuer wurde sie verbreitete - ob über Mundpropaganda, Mailverteiler oder Social Network. In Gedenken an den langjährigen Dozenten der Anatomie zündeten am Wochenende zahlreiche Studenten Kerzen vor dem Institutsgebäude an.
Für einige Studierenden wäre der Präpkurs wohl nicht derselbe gewesen, hätte er nicht unter der Leitung von Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Koebke stattgefunden. Seit 1974 arbeitete er - mit Ausnahme einer beruflichen Etappe in Kiel - am Kölner Anatomie-Institut. Von 2002 bis 2011 war er geschäftsführender Direktor bis er schließlich seine Abschiedsvorlesung im Wintersemester 2010/11 hielt.
Nach dem Niederlegen seines Amtes kehrte Prof. Koebke auf Bitten seines Nachfolgers als Dozent an das anatomische Institut zurück.
Prof. Koebke war unter den Studenten als guter Lehrer und Anatom mit Humor bekannt. Dies bewies auch seine regelmäßige Nominierung beim "Preis der Lehre", bei dem er stets unter den Top 3 der Vorklinik-Dozenten zu finden war.
In den letzten Wochen geriet Prof. Koebke leider in den Medien ins Licht von Spekulationen. Es wurden Vorwürfe über den Umgang mit den Körperspendern am Anatomischen Institut laut.
Am Freitag, den 24. Februar, ereilte uns die Nachricht seines Todes.
Eine Collage: Die Erinnerungen der Studenten
Viele Studenten sind tief bestürzt über die Meldung seines Todes. Er war ein Professor, der nicht nur lehrte, sondern förderte und mit Begeisterung durch den Präpkurs führte. In Gedenken an seine Lehre habe ich hier einige Anekdoten und Erinnerungen niedergeschrieben, die Kommilitonen und Kommilitoninnen mir erzählt haben.
Lehre, die Spaß macht
Prof. Koebke zeichnete sich nicht nur durch sein fachliches Know-how aus. Auch durch seine sympathische, hilsbereite und offene Art bereicherte er die Lehre. Er war stets zur Stelle, wenn man ihn brauchte und half mit Geduld und Nachsicht seinen Studenten.
Ein Kommilitone berichtete mir von seinem ersten Tag im Präpkurs, an dem er bei der Hautpräparation richtig tief in einen Muskel geschnitten hatte: "Mein Tischassistent war bei einem anderen Tisch, deshalb wandte ich mich voller Verzweifelung an Prof. Koebke. Auch wenn er mit meinem Tisch nichts zu tun hatte, so kam er gleich und hat mit väterlicher Fürsorge meine Präparation gerettet beziehungsweise repariert. Ich war einfach nur heilfroh, dass er sofort da war."
Minh Kha, 4. Semester, berichtet: "Prof. Koebke war fachlich und vor allem auch menschlich der beste Dozent, den ich bisher erleben durfte. Durch seine besondere Art machte Prof. Koebke sogar das gefürchtete Anatomie Testat zu einer angenehmen Situation."
Alina, 1. klin. Semester, mochte vor allem Prof. Koebkes Humor: "Mit seiner freundlichen kölschen Art, seiner tiefen Stimme und öfter auch einem leichten Sarkasmus auf den Lippen schaffte er es immer wieder, einem auch die absurdesten Sachverhalte so nahe zu legen, dass man sie nicht wieder vergaß. Er war ein guter Lehrer, denn durch seine Art war es einem nicht peinlich, wenn man bei manchen Dingen auch mal falsch lag; dann probierte man es einfach noch einmal. So machte Lernen wirklich Spaß."
Monika, 4. Semester, erzählt von Prof. Koebkes väterlicher Fürsorge: "Prof. Koebke hatte eine unnachahmliche Art gegenüber uns Studenten und auch wenn er immer leicht brummelig rüberkam, hat er sich doch immer für unsere Probleme und Anliegen interessiert und nach der bestmöglichen studentenfreundlichen Lösung gesucht. Ich denke, der Spitzname "Papa Koebke", dem man immer wieder mal begegnete, drückt das schon ganz gut aus."
Für Julia, 4. Semester, war Prof. Koebke der ideale Prof.: "Für mich war er so, wie man Profs im Fernsehen oder Filmen immer darstellt: Ein älterer Herr mit einfach unheimlich viel Wissen, kompetenten und gut geführten Vorlesungen und immer ein offenes Ohr für Studenten."
Keine Angst vor dem Testat
Seine sympatische Art hat sowohl beim Präppen als auch in den Testaten die Stimmung gelockert und die Angst vor der Prüfung genommen. So erinnert sich Joanna, 4. Semester, an ihr 1. Testat, in dem Prof. Koebke eine Studentin nach der Schilddrüse fragte. Diese Antwortete: "Ja, also das ist eine exokrine Drüse..." Prof. Koebke erwiderte nur: "Auch endokrine Drüse genannt.".
Julia, Jasmin, Maike und Janina, alle im 7. Semester, erinnern sich ebenfalls an ihr Testat unter Prof. Koebke, bei dem zunächst alle ängstlich der ersten Frage entgegen fieberten. Und der erste Satz von Prof. Koebke, in seiner einschüchternden Erscheinung und mit tiefer, rauchiger Stimme, war: "Oh mein Gott, ich sitze hier ja alleine unter Frauen. Das fällt mir ja jetzt erst auf." Danach war die Anspannung verflogen.
Passionierter Anatom
Professor Koebkes Begeisterung für die menschliche Anatomie war ansteckend. Julia und Nathalie, beide im 7. Semester, erzählen: "Er zeigte einfach eine wahnsinnige Begeisterung für die Anatomie und hat uns dabei auch mitgerissen. In dem ganzen Stress, den der Präpkurs bedeutet, hat er ein bisschen gute Stimmung und Motivation verbreitet."
"Er war passionierter Mediziner und hat für seinen Beruf gelebt. Er hätte schon längst in den Ruhestand gehen können, hat aber seine Verantwortung sehr ernst genommen. Er war für uns Studenten da und hat beispielsweise die Studentenschaft in 2002 unterstützt, als diese wegen der Diskussion um das Hammerexamens gestreikt haben," berichtet Linda aus dem 3. Semester.
Und auch Anke aus dem 6. Semester erinnert sich noch an ihren Präpkurs: "Meine Freundin und ich haben oft das freie Präppen zum Lernen an der Leiche genutzt. Gegen 18 Uhr kam Prof. Koebke immer mit raschelndem Schlüsselbund zu uns, weil er abschließen wollte und meinte, wir hätten für heute ausnahmsweise mal genug gelernt. Einmal haben wir ganz verzweifelt nach dem N. subcostalis gesucht und ihn einfach nicht gefunden. Wir baten Prof. Koebke uns zu helfen. Er konnte uns ohne Probleme den Nerv zeigen, präparierte ihn für uns frei und erzählte ein bisschen über seine Funktion. Dass die Uhr dabei schon auf die 19 Uhr zuging und er uns schon längst rausgeschmissen haben wollte, hatte er völlig vergessen - er lebte wirklich für die Anatomie."
Humanes Handeln
Doch neben all dem lockeren Humor blieb Prof. Koebke auch ernst. Die von den Studenten ausgerichteten Totenfeiern für die Angehörigen waren Pflicht.
In diesem Zusammenhang erinnert sich auch eine Kommilitonin aus dem 11. Semester an ihren Praparierkurs zurück: "Was mir stets im Gedächtnis geblieben ist, ist Prof. Koebkes Aufruf, dass wir immer daran denken sollen, welch großes Geschenk uns die Körperspende machen. Er ermahnte uns, die Leichen zu würdigen und dementsprechend respektvoll mit ihnen umzugehen. Dabei betonte er, dass er andersartiges Verhalten in seinem Kurs nicht dulden würde."
Auch im Umgang mit späteren Patienen hielt er uns immer zu korrektem Handeln an, wie Marco, 4. Semester, erzählt: "Ihr studiert Humanmedizin. Das heißt, ihr sollt human mit Euch, Euren Kollegen und mit Euren Patienten umgehen."
In Gedenken an Prof. Koebke
Dies sind nur Einblicke in das Bild, das wir Studenten von Prof. Koebke hatten. Sicherlich gibt es auch zweigeteilte Meinungen und Studenten, die unter der Leitung von Prof. Koebke nicht zufrieden waren. Doch eine vorherrschende Meinung wird deutlich: Prof. Koebke war ein einmaliger und guter Dozent an unserer Fakultät.
Julia und Nathalie auf den Punkt, was vielleicht viele von uns beschäftigt: "Wir sind beide sehr entsetzt über den Tod von Prof. Koebke. Wir hoffen, dass ihm klar war, wie beliebt er bei der Studentenschaft gewesen ist."
Prof. Koebke war ein Unikat: Ein guter Lehrer, freundlich und warmherzig, unnachahmlich in seinem Humor. Er war hilfsbereit und offen für jede Frage. Mit seinem fachlichen Wissen hat er die Lehre bereichert, durch seine sympathische Art und Leidenschaft für die Anatomie die Lehre näher an den Studenten gebracht. Sein Tod bedeutet den Verlust eines Menschen, der zahlreichen Studenten das Verständnis der menschlichen Anatomie nähergebracht und wahrscheinlich Einigen den Weg geebnet hat, einmal gute Ärzte zu werden.