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  • Petra Ludwig
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  • 15.03.2021

Ist das Medizinstudium das richtige für mich?

Seit du denken kannst war für dich klar, dass du eines Tages Medizin studieren möchtest? Das ist nicht immer so - Petra zum Beispiel gehört nicht zu denjenigen, deren großer Traum vom Medizinstudium schon immer in Stein gemeißelt war. Ihr Entschluss reifte vielmehr langsam und überlegt. Hier berichtet sie über ihren Weg ins Studium.

 

 

Mein Name ist Petra und ich studiere im zweiten Semester Medizin an der FAU in Erlangen. Endlich. Endlich nicht deswegen, weil ich lange warten oder schwer auf meinen Studienplatz hinarbeiten musste, sondern weil ich mich einfach nicht entscheiden konnte, ob ich denn überhaupt Medizin studieren möchte. Das klingt jetzt wie das größte Luxusproblem, das man haben kann und maßlos hochnäsig. Sollte man es nicht lieber gleich ganz bleiben lassen, wenn man sich schon vorab nicht sicher ist, ob Medizin das Richtige ist? Wo jedes Semester hunderte Studienwillige abgelehnt werden oder hart dafür arbeiten mussten, um überhaupt einen der heiß begehrten Studienplätze zu ergattern? 

Für all diese Menschen ist das Medizinstudium wirklich der große Traum und es wäre vermessen, ihnen mit einer lockeren "Ich schau mir das ganze einfach mal an und entscheide dann" Einstellung den Studienplatz wegzunehmen. Wie ich mich letztlich entschieden habe, wisst ihr bereits. Bis ich aber zu diesem Punkt gekommen bin, war es ein langer Weg. Für die Zeit nach dem Abitur 2018 war zunächst ein FSJ im Rettungsdienst geplant - ein bisschen kannte ich mich da schon aus und schließlich hilft man ja Menschen. Mit Blaulicht-Action, so richtig spannend. So richtig spannend – du kannst es dir sicher denken – war es oft auch nicht. Häufig mussten wir einfach nur jemanden im Tragestuhl von A nach B fahren. Nicht so ganz das, was ich mir von der Ausbildung zur Rettungssanitäterin und dem ruhmreichen Rettungsdienst vorgestellt hatte.

Überhaupt kam mir die Arbeit von Medizinern nicht besonders attraktiv vor. Man hat eigentlich kaum Patientenkontakt und hockt den ganzen Tag nur in seinem Kämmerchen und schreibt Arztbriefe. Wenn man doch mal notgedrungen mit den Patienten interagieren muss, jammern sie einem die Ohren voll, wie schlecht es ihnen geht und wie gemein und inkompetent das Pflegepersonal ist. Informatik hingegen fand ich ein ganz nettes Fach. In der elften Klasse hatte ich ein Semester lang eine Vorlesung besucht und meine Noten in der Oberstufe waren auch ausgezeichnet. Dann hatte ich mich aber auch noch auf Hochschulstart und für zwei Monate Krankenpflegepraktikum auf einer Intensivstation nach meinem FSJ beworben und dabei eine Zusage für die Uni Ulm erhalten! Ich war hin und her gerissen. Auch die Leute in meinem Umfeld wussten nicht so recht, was sie mir raten sollten.

Wie kam ich jetzt also zu einer Entscheidung?

1. habe ich ganz ganz viel Erfahrung gesammelt – im FSJ, im Krankenpflegepraktikum (das übrigens keinesfalls umsonst ist), anderen Studiengängen oder Jobs. Zuerst entschied ich mich im Wintersemester für ein Informatikstudium und arbeitete als Werkstudentin bei Siemens als Programmiererin. Keine einzige meiner Erfahrungen bereue ich, denn sie haben mich alle weiter gebracht und ich werde von ihnen ewig profitieren.

2. habe ich mir Informationen zum Studiengang und zu den möglichen Berufsbildern eingeholt – Studienblogs gelesen, Youtube-Videos angeschaut, Bekannte befragt. Jeder hat seinen Senf dazu zu geben und mit jeder weiteren Meinung wurde das Bild klarer.

3. habe ich eine Vierfeldertafel geschrieben – erweiterbar auf eine Wievielauchimmer-Feldertafel. Warum möchte ich einerseits Informatik und andererseits Medizin studieren bzw. was gefällt mir nicht an diesen beiden Fächern? Dabei geht es nicht ausschließlich um den Inhalt der Aussage, sondern auch darum, wie sie formuliert ist. Ich habe festgestellt, dass die Entscheidung, welche Richtung die nächsten paar Jahre maßgeblich nehmen werden auch eine sehr emotionale ist. Daran ist ja auch nichts verkehrt.

4. habe ich auf mein Bauchefühl gehört – schon als ich klein war, hat mir mein Vater diesen Tipp vermittelt. Oft war ich aber zu ängstlich, tatsächlich einfach das zu tun, was sich richtig angefühlt hat. Da war ständig die nervige Stimme, die immer wieder ein „Aber aber aber und wenn doch“ an jeden Gedanken setzt. Denk aber immer daran: Ende gut, alles gut. Und ist es nicht gut, ist es nicht das Ende. Du hast Zeit, Zeit dich zu entdecken und auszuprobieren, Zeit, Fehler zu machen und Entscheidungen zu revidieren. Auch wenn du dich zunächst für das "falsche" Studium entscheidest, ist das kein Weltuntergang. Du bist nun um diese Erfahrung reicher und letztendlich hat auch sie dazu beigetragen, dich auf den richtigen Weg zu lotsen.

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