Zurück zu Dresden
  • Interview
  • |
  • Hanna Hohenthal
  • |
  • 27.05.2014

Interview mit Prof. Deußen - Fachbereich Physiologie

Prof. Deußen erzählt im Interview, warum die Dresdner Medizinstudenten so besonders sind und was die TU Dresden ausmacht.

 

 Prof. Deussen - Foto: TU Dresden

Prof. Deußen - Foto: TU Dresden

 

> Prof. Deußen, erzählen Sie uns kurz etwas über Ihren Werdegang!

Ich habe in Düsseldorf Medizin studiert. Nach dem Staatsexamen und meiner Promotion dort war ich wissenschaftlicher Assistent in der Herz-Kreislaufphysiologie. Thema meiner Habilitation war der Stoffwechsel bei Myokardhypoxie und Ischämie. Ich hatte die Chance eine Zeitlang in Seattle als Assistant Professor am Center for Bioengineering zu arbeiten. Ebenfals in Seattle war ich als Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft und habe mathematische Modelluntersuchungen erarbeitet. Die nächste Station war Düsseldorf, wo ich an der Heinrich-Heine-Universität experimentelle Studien zum Herzstoffwechsel und zur Myokarddurchblutung durchgeführt habe. Seit 1996 bin ich Professor für Physiologie und Institutsleiter an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden.

 

> Was beinhaltet Ihre Arbeit als Professor der Physiologie an der TU Dresden?

Wissenschaftlich befasse ich mich hauptsächlich mit Fragen der Gefäßfunktion und Protektion. Hier steht das Gefäßendothel im Zentrum unserer Untersuchungen. Wir untersuchen die Möglichkeit der Hemmung des Angiotensin-convertierenden-Enzyms mittels bioaktiver Peptide und die Auswirkung auf den Umbau der Gefäßwand. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt betrifft die Verbesserung von Protektionsverfahren zur Lagerung von Gefäßen im Rahmen der Transplantation. In der Lehre unterrichte ich das gesamte Fach Physiologie. Um inhaltlich kohärent zu sein, haben wir bereits vor Jahren die Unterrichtsformate Vorlesung, Seminar und Praktikum inhaltlich eng auf einander abgestimmt. Dies gilt ebenso für die Inhalte zu anderen Fachgebieten im Rahmen von Integrativen Seminaren und Seminaren mit klinischem Hintergrund. Neben der curricularen Lehre halte ich einen Kurs zu den Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens für Medizinstudierende und leite ein Promotionskolleg für Mediziner. Schließlich leite ich ein internationales PhD-Programm zum Thema Endothel. So ergänzen sich die Aspekte von Forschung und Lehre sehr schön.

 

> Was begeistert Sie an der Physiologie?

Die Physiologie versucht, kausale Erklärungen für Funktionszusammenhänge zu liefern. Über dasVerständnis von Funktionszusammenhängen ergeben sich interessante Aspekte zur Struktur. Eine große Herausforderung an die moderne Physiologie ist die inhaltliche Verzahnung von Erkenntnissen auf den unterschiedlichen Ebenen vom Molekül über die Zelle bis zum Gesamtorganismus. Es macht mir sehr große Freude, mit der Physiologie einen Beitrag zum verbesserten Kausalverständnis von Präventionsstrategien, Krankheitsentstehung, neuartigen Diagnosen und Therapien zu liefern.

 

> Dresden begleitet der Ruf einer besonders harten Vorklinik. Wie schätzen Sie den Anspruch an die Studenten ein, auch im Vergleich zu anderen Hochschulen?

Diese Sichtweise ist wahrscheinlich subjektiv. Beurteilen kann man das ja nur, wenn man selbst die gleiche Ausbildung an verschiedenen Standorten erlebt hat. Aber wer hat das schon? Ich bin sehr dafür, dass die Studierenden einen klaren Hinweis über die Erwartungen im Studium zum Beispiel von den Vertretern eines Fachgebietes erhalten. Auch sollten Hinweise über die Anforderungen, die in den Examina bestehen, gegeben werden. Das Ziel hierbei ist, für Klarheit zu sorgen. Für schwieriger, weil unkalkulierbarer, halte ich es, wenn diese Dinge im Unklaren bleiben und sich dann Überraschungen ergeben. Unsere Studierenden schneiden im bundeseinheitlichen Examen jedenfalls gut ab und die Studiendauer ist bei uns auch nicht länger als an anderen Standorten.

 

> Wodurch zeichnen sich die Dresdner Studenten aus?

Die Interaktionen, die ich über viele Jahre in Dresden mit den Studierenden hatte, waren immer von einem Höchstmaß an Sachlichkeit geprägt. Das erzeugt eine hohe Verlässlichkeit auch für Dozenten. Lehre funktioniert nur, wenn beide Seiten dazu aktiv beitragen. Da habe ich die Dresdner Studierenden als sehr zuverlässig kennengelernt. Eine kleinere Gruppe der Studierenden ist auch sehr an der Forschung interessiert. Hier bin ich oft positiv überrascht, wie diese Studierenden wichtige Funktionen in den Arbeitsgruppen von Instituten und Kliniken übernehmen.

 

> Was wünschen Sie sich (mehr) von den Studenten?

Manchmal wünsche ich mir mehr Kritik. Als junger Mensch muss man nicht alles akzeptieren. Das gilt auch für das Gesundheitssystem und die Medizin. Kritik kann man nur solange effektiv ausüben wie man nicht selbst Bestandteil des Systems geworden ist. Wann also könnte man besser kritisieren und verändern wollen als in der Studienzeit?

 

> Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Physiologe geworden wären?

Schwierig zu sagen. Es gab durchaus eine Reihe anderer Studiengänge, die mir sicherlich auch Spaß gemacht hätten. Aber wenn ich nach meinen langjährigen Hobbies gehe, so hätte ich mich sehr wohl auf dem Rad gefühlt – sei es als Profi oder - eher wahrscheinlich - als Fahrradkurier.

Mehr zum Thema

Anleitung: via medici kostenlos an der Uni Dresden

Interview: Interessenskonflikte in der Medizin

Interview: Interview mit Prof. Dr. Funk – Fachbereich Anatomie

Schlagworte