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  • Bericht
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  • Vitali Thiessen
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  • 25.03.2014

Sonografie an der Uni Bonn

Das Medizinstudium steckt voller Theorie – die Praxis kommt dabei oft zu kurz. Um das zu ändern und besser auf den späteren Job als Arzt vorbereitet zu sein, gibt es an der Uni Bonn ein neues Projekt: Sono4Students.

 

Logo Sono4Students - Foto: Kerstin Rüenauver  

 

Dass im Medizinstudium die praktischen Fähigkeiten der zukünftigen Ärzte nicht unbedingt genügend im Curriculum der Universitäten verankert sind, ist kein Geheimnis. So werden Aufgaben wie Magensondenlegen, Auskultieren, Ultraschall oder EKG nach dem theoretischen Besprechen nur ansatzweise beigebracht und geübt. Das Medizinstudium soll keinen Arzt, sondern einen Mediziner ausbilden, der nicht nur Patienten behandeln soll. Er soll auch forschen, Lehre betreiben und neben den ganzen Überstunden immer noch ein Mensch bleiben. So stehen die Assistenzärzte nach dem Studium oft als Laien da und brauchen ihre Zeit, um sich in den Krankenhausablauf einzuarbeiten, um vollständig einsatzfähig zu sein.  

 

Das neue Projekt an der Uni Bonn - Sono4Students  

Im Jahr 2010 entwickelte sich an der Universität Bonn ein Schallkurs von und für Studenten -  Sono4Students. Obwohl die klinische Sonographie in der Praxis eine grundlegende Fertigkeit in mehreren Teildisziplinen der Medizin ist, gibt es nur an wenigen Bemühungen der Universitäten, eine umfassende und organisierte Ultraschalllehre in das Curriculum zu verankern. Dabei konnten mehrere Studien zeigen, dass Studenten in Kleingruppen eine effektive Verbesserung ihrer motorischen und interpretativen Fähigkeiten im Bereich der fokussierten Sonographie entwickeln konnten. Eine kleine Gruppe um Bernard Bailer, erlangte im Selbststudium aus Büchern und Erfahrungen während der Famulaturen bzw. dem PJ die Grundlagen der Sonographie. Mit Hilfe der Räume und Geräte, die die Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin der Universität Bonn zur Verfügung stellte, konnten sie Freiwilligenkurse für interessierte Studenten anbieten.   Vier Jahre später hat sich die Tutorengruppe, inzwischen unter der Leitung von Florian Recker, enorm vergrößert und bietet außerdem auch mehrere thematisch organisierte Kurse an, in denen drei bis fünf Studenten die Möglichkeit haben, ihre praktischen Fähigkeiten zu verbessern und bestimmte Pathologien im Zusammenhang mit Sonographiebildern oder- videos kennenzulernen. Hinzugekommen sind auch Anästhesiecrashkurse am Wochenende, in denen nicht nur die sonographischen Aspekte, sondern auch die Grundlagen der Notfallmedizin wie Intubieren, ZVK-Anlage (Zentraler Venenkatheter) und Advanced Life Support unterrichtet werden. An dieser Stelle muss eine Kooperation mit Herrn PD Dr. Breitkreutz aus Frankfurt erwähnt werden, der DEGUM-Leiter (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) in der Notfallsonographie ist und unsere Tutoren nicht nur in Form von Fortbildungskursen unterstützt, sondern in gemeinsamer Arbeit auch Pocketcards für Themenbereich FAST (Focused Assessment with Sonography for Trauma) entwickelt. Seit einem Jahr besteht auch ein zusätzlicher Kurs „Sono-meets-Prometheus“ für die Vorklinik, sodass die angehenden Mediziner, nach dem Situstestat in der Anatomie, ihre Kenntnisse im klinischen Kontext als Vorbereitung auf das Physikum prüfen können. Hierzu wurden physiologische und anatomische Physikumfragen umgestellt, sodass man zwei gegeneinander antretenden Teams Punkte für die richtige Antwort sowie das Darstellen des jeweiligen Organs oder des Gefäßes vergibt.   Aufgrund der hohen Resonanz sind innerhalb der letzten drei Jahre inzwischen über 400 Kurse gegeben worden, die ausgehend aus der Evaluation die durchschnittliche Schulnote 1,16 bekommen haben.

 

Vom Student zum Lehrer- Die Tutoren

Die Tutorenausbildung besteht aus einem stufenweise aufgebautem Peer-to-Peer-Konzept, wobei zuerst die Kurse besucht, die grundlegenden Fähigkeiten der Sonographie sowie die spezifischen Einzelheiten der Thematik geübt werden und im Nachhinein zusammen mit dem erfahrenen Tutor der Kurs abgehalten wird. Auf diese Weise erfolgt eine fundierte „Peer-to-Peer“-Ausbildung.   Durch die Möglichkeit der Teilnehmer ihre Wünsche und Anregungen in der Evaluation zu äußern sowie die einzelnen Interessen und Kenntnisse der jeweiligen Tutoren, entwickeln sich die Kurse ständig weiter und verbessern sich in ihrem Aufbau und ihrer Didaktik. Nach Ablauf bestimmter Kurse wird von den Tutoren auch ein Zertifikat ausgestellt.  

 

Sono4You - die Kooperation mit Wien  

Im Jahr 2013 entstand zusätzlich eine Kooperation mit Sono4You, einer ähnlichen Studenteninitiative aus Wien, geleitet durch Alexander Sachs, die bereits seit 2007 besteht und es geschafft hat, die sonographische Ausbildung fest in das Curriculum der MU Wien zu verankern. Unter ihrer Leitung organisierten mehrere sonographie-interessierte Gruppen aus sechs unterschiedlichen Städten Österreichs, Deutschlands und Italiens auf dem Radiologie-Kongress ECR 2014 in Wien, einen dreitägigen Hands-on Workshop. Dieser Kongress findet regelmäßig im März in der Hauptstadt Österreichs statt und zog dieses Jahr mit einer Fläche von 26 000m2 insgesamt 20 000 Teilnehmer aus 100 unterschiedlichen Ländern an. Innerhalb von fünf Tagen hatten Ärzte und Studenten aus unterschiedlichen Ländern, Fachgesellschaften sowie über 300 führende Firmen in der bildgebenden Diagnostik die Möglichkeit sich auszutauschen, neue Erkenntnisse zusammenzufassen und Richtungen für weitere Forschungsziele zu setzen.  

Seit  elf Jahren fördert der europäische Verband der Radiologie die „Neuen“ in Form eines „Rising Stars“ Projekts. Neben finanziellen Mitteln, Zugang zu Präsentationen sowie praktischen Fortbildungen, haben die angehenden Radiologen Aussicht auf eine Präsentation ihrer Forschungsarbeit vor einem riesigen Publikum, wobei der beste Abstract belohnt wird.  

 

Hands-on-Workshops

In speziellen Studenten-Hands-on-Workshops führten die Tutoren aus Wien, Innsbruck, Bonn, Leipzig, Mannheim und Mailand von Freitag bis Sonntag insgesamt vier Kurse jeweils zu einem speziellen Thema als Tutoren und Modelle durch. Innerhalb von drei Tagen standen den Kursteilnehmern neben den neusten Geräten im Bereich der Sonographie auch Skizzen, Schemata, selbsterstellte Pocketcards sowie Organ- und Körpermodelle zur Verfügung. So konnten sie während der Kurse Notfall- und Abdomensonographie nicht nur den Blick auf die physiologischen Zustände der Körperhöhlen, Herz und der Abdomenorgane richten, sondern auch Pathologien wie Perikarderguss, Aortenaneurysma und freie Flüssigkeit an Körpersimulatoren kennenlernen. Während am ersten Tag grundlegendes Verständnis für das Vorgehen im Notfall im Sinne von FEEL (Fokussierte Echokardiographische Evaluation bei Life Support), FAST (Focused Assessment with Sonography for Trauma) oder RUSH (Rapid Ultrasound in Schock and Hypotension) Protokollen erfolgte, punktierten die Teilnehmer am nächsten Tag das erste Mal Ultraschall gestützt suspekte Funde in selbsterstellten Gelmodellen oder biopsierten diese im Workshop der Abdomensonographie.

Im Gefäßworkshop konnten die Teilnehmer am Ende des Kurses die wichtigen großen Stammgefäße finden und beurteilen, bekamen einen Überblick zur sonographischen Abklärung einer TVT (Tiefe Venenthrombose) und übten an einem Oberkörpermodell die Legung eines ZVKs in die Subclavia oder Vena jugularis. Im letzten Workshop konnten auch Einsichten in die Nervengefäßbahnen der oberen und unteren Extremitäten gewonnen werden. Dieser Workshop fand bereits zum dritten Mal statt und ist neben den Studenten auch bei den jungen Ärzten sehr beliebt.  

 

Weiterentwicklung des Projektes  

Durch die Kooperation mehrerer Städte entsteht ein enormer Ideenaustausch mit Verbesserungsvorschlägen in der Gestaltung und Entwicklung der Kurse. Dies ist so, da alle Studenten der jeweiligen Universitäten mit unterschiedlichen Startbedingungen -beginnen sei es die Unterstützung seitens der Ärzte, die Ausstattung oder persönlichen Merkmale und Eigenschaften der Tutoren. So besteht zusätzlich der Plan durch die Zusammenarbeit mit einigen DEGUM-Vorsitzenden eine gemeinsame Studentengruppe innerhalb der DEGUM zu bilden, die sich für studentische Initiativen einsetzt und ihre Wünsche berücksichtigt.  

Außerdem konnte sich unsere Gruppe auf dem SkillsLab Symposium des GMA-Ausschusses (Gesellschaft für medizinische Ausbildung) dieses Jahres in Bern mit Schwerpunkten auf die studentischen Initiativen im SkillsLab und die Interprofessionalität  fortbilden. Durch die Erfahrungen anderer SkillsLabs und den Austausch dieser haben wir erneut viel dazulernen können. Zusätzlich konnten neue Kooperationspartner gefunden werden, sodass der Arbeitskreis für die Förderung der sonographischen Lehre weiter wächst und sich weiterentwickelt.    

 

Fazit

Insgesamt stehen durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gruppen viele Verbesserungen für die Lehre der praktischen Fähigkeiten im Bereich der Sonographie im Raum. Durch die Vielfältigkeit der einzelnen Gruppen lernt man ständig dazu und verbessert sich immer weiter. Aus Erfahrungen bereits approbierter Tutoren ist man auch besser für das Hammerexamen vorbereitet, da man die Verknüpfungen der Fächer im klinischen Kontext sieht und sie auch im praktischen Zusammenhang erkennt.   Zusammenfassend bedeutet eine studentische Initiative unterstützt durch Ärzte einen enormen Fortschritt für alle Studierenden. Zudem wird die Qualität der Lehre dadurch deutlich verbessert. Das Konzept von Peer-to-Peer-Teaching ist auch auf andere SkillsLab-Kurse übertragbar. Auf diese Weise können die Studenten ihre medizinische Ausbildung positiv verändern.

http://sono4students.uni-bonn.de/      

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