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  • Bericht
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  • Anne-Christine Schneider
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  • 12.01.2010

PJ in Südafrika

Von früheren Reisen fasziniert, entschloß ich mich für ein PJ in Südafrika. In den knapp vier Monaten, die ich in den Lehrkrankenhäusern der University of the Witwatersrand in Johannesburg absolvierte, erlebte ich lustige Mitstudenten, den hilfreichen Wohnheim-Koordinator Lewis und ein facettenreiches PJ. Zwischen afrikanischer Kultur, HIV und den Drakensbergen nahe Lesotho verbrachte ich mein Chirurgietertial. Eine tolle Zeit, obwohl alles nur Zufall war.

Warten auf die Behandlung - alle Fotos: A. Schneider

 

Motivation

Ich hatte mir seit längerem vorgenommen mein PJ in Südafrika zu machen, weil mich das Land und die Menschen beeindrucken. Anfangs habe ich mich in Kapstadt beworben, da dort jedoch bereits alle Plätze vergeben waren, hat es mich nach Johannesburg verschlagen, was im Nachhinein ein unglaublich glücklicher Zufall war.

Vorbereitung

Jeder, der nach Südafrika möchte, sollte mindestens ein Jahr zuvor Mrs. Dawn Francis (Faculty of Health Sciences) kontaktieren, um sicher einen Platz zu bekommen - gerade für die chirurgischen Fächer und insbesondere Trauma.

elective@health.wits.ac.za

University of The Witwatersrand Johannesburg

Visum

Ein Visum kann und sollte bei Aufenthalten von über 3 Monaten bei der Südafrikanischen Botschaft beantragt werden. Entgegen der Gerüchte, ist es nicht mehr möglich einfach nach Lesotho oder Swasiland aus- und dann wieder einzureisen.

Gesundheit

In Johannesburg ist eine Malariaprophylaxe nicht notwendig, bei Reisen in den Krüger Park wird sie allerdings empfohlen. Wer auf der sicheren Seite sein möchte, dem sei gesagt, dass alle Medikamente auch vor Ort vorhanden sind.

Sicherheit

Jeder, den man hier fragt, kennt jemanden, der jemanden kennt, dem irgendwann mal irgendetwas in Südafrika passiert ist. Ich war als Frau alleine für 4 Monate dort und weder mir noch jemanden, den ich kenne, ist etwas passiert. Anfangs sind die vielen Sicherheitsvorkehrungen sicherlich ungewohnt, sie dienen jedoch dem eigenen Schutz und man gewöhnt sich ziemlich schnell daran.

Generell gilt: Klug zu wählen, wo es für einen Stadtausflug hingeht und sich nur in Gruppen zu bewegen. Hillbrow, ein Stadtteil ganz in der Nähe des Campus, sollte möglichst gemieden werden - besonders abends und nachts. Zusätzlich ist es ratsam: Beim Fahren das Auto von innen zu verriegeln!

Keinesfalls sollten die landestypischen Minibusse benutzt werden, denn hier geht man ein großes Risiko ein, entweder ausgeraubt zu werden, einen Unfall zu haben oder beides. Jeder, der ein paar Tage in Johannesburg im Krankenhaus gearbeitet hat, wird mir da zustimmen.

Geld

Es wird in südafrikanischen Rand gezahlt und in den Geschäften auch keine andere Währung akzeptiert. An den Geldautomaten dort funktionieren problemlos unseren ec-Karten.

Sprache

Allgemein kam ich in Südafrika mit Englisch sehr gut zurecht. Im Krankenhaus passierte es, dass die Patienten nur Zulu sprachen. Die Schwestern haben jedoch immer sehr bereitwillig übersetzt. Außerdem hat man die wichtigsten Begriffe wie etwa "Hinlegen" oder "Tief einatmen" auch schnell auf Zulu gelernt. Von Freunden, die sowohl in Johannesburg als auch in Kapstadt waren, habe ich gehört, dass die Verständigung in einigen Krankenhäusern der Kap-Region schwieriger sein kann, da dort die Visiten teilweise komplett in Afrikaans ablaufen.

Verkehrsverbindungen

Auto:

Ich persönlich habe kein Auto gemietet und hatte das Glück nach einigen Wochen nette englische Studenten mit Auto zu treffen. Falls ihr das Geld irgendwie aufbringen könnt, lohnt es sich jedoch auf jeden Fall ein Auto zu besitzen - nicht nur zum Weggehen, sondern auch um vom Bus unabhängig in die Krankenhäuser und wieder zurück zu kommen. Die meisten von uns haben vor Ort bei Rent-a-Wrack gemietet.

Taxi:

Taxis sind in Südafrika vergleichsweise günstig. Wir haben immer ExpressCap genutzt, ein Taxiunternehmen, welches von Studenten betrieben wird. Die Taxis sind verkehrssicher, sauber, günstig und die Fahrer sind sehr nett und vertrauenswürdig.

Bus:

Zum Johannesburg General Hospital (JoGen) sind es vom Wohnheim aus maximal 5 Minuten zu Fuß über das Unigelände. Zu den anderen Krankenhäusern, Chris Hani Baragwanath Hospital und Helen Joseph Hospital, fahren drei Mal täglich Busse direkt vor dem Wohnheim ab - um 8 Uhr morgens in die Kliniken, um 13 Uhr und 17 Uhr zurück. Achtung: Möglichst keinen dieser Busse verpassen, sonst sitzt ihr fest.

Samstags und sonntags fahren Busse der Universität direkt vom Campus aus in die nahegelegene Rosebank Mall. Zusätzlich pendeln täglich Busse zum Main Campus, wo es einige kleine Läden gibt, deren Öffnungszeiten jedoch leider mit unseren Arbeitszeiten meist nicht kompatibel waren.

Flug:

Das Fliegen innerhalb Südafrikas ist relativ günstig. Es gibt drei große Billigfluglinien, deren Preise durchaus den europäischen entsprechen. Zusätzlich kann man mit BazBus, einem Busunternehmen speziell für Backpacker, günstig und sicher reisen.

Billigflüge bei kulula.com

Busreisen mit BazBus

Kommunikation

Internet gibt es sowohl im Wohnheim als auch an der medizinischen Fakultät. Leider ist es ausländischen Studenten bis jetzt nicht möglich einen eigenen Zugang zu erhalten, so dass ihr auf die Hilfe eines dortigen Studenten angewiesen seid. Kurz nachdem ich angekommen bin wurde auch WLAN im Wohnheim eingerichtet. Für einen Zugang fragt ihr am besten Lewis Molefe, den Wohnheim-Koordinator. Ein wenig rumnerven und dann funktioniert es irgendwann.

Unterkunft

Ich habe während des gesamten Tertials im Wohnheim "Reith Hall" gewohnt. Lewis ist unglaublich hilfreich und nett. Als bei mir im Winter die Heizung nicht gut funktioniert hat, kaufte mir Lewis extra einen Heater!

Das Wohnheim selbst liegt auf einem kleineren Teil des Wits-Campus - University of the Witwatersrand - nahe der medizinischen Fakultät und dem Johannesburg General Hospital (JoGen). Es ist nicht wirklich etwas besonderes, aber sauber und sicher. Zusätzlich hat es den großen Vorteil, dass man sehr schnell viele nette andere ausländische Studenten kennenlernt, da alle zusammen auf einem Stockwerk untergebracht sind.

 

Literatur

Ich habe mir vor Ort das "Oxford Handbook of Clinical Medicine" gekauft, das ich bis heute täglich nutze. Es ist hilfreich, um sich mit den englischen Fachausdrücken vertraut zu machen, außerdem eignet es sich auch sehr gut als Nachschlagewerk für die Kitteltasche.

Mitzunehmen

Die meisten ausländischen Studenten haben ihren eigenen Mundschutz und ihre eigenen Handschuhe mitgebracht. Wirklich gebraucht hat sie allerdings keiner. Am Ende habe ich selbst einen großen Berg davon wegwerfen müssen. Ich denke also, dass diese Dinge nicht unbedingt nötig sind.
Scrubs sollte jeder unbedingt selber mitbringen! Im Gegensatz zu Deutschland kaufen sich die Studenten in Südafrika ihre Scrubs selbst und bringen sie täglich mit ins Krankenhaus - außer in der Trauma im Bara, wo man sehr schöne Scrubs gestellt bekommt.

Reise und Ankunft

Über Lewis lässt sich ein Pickup vom Flughafen organisieren. Das ist für den Ankunftstag sehr sinnvoll und auch relativ zuverlässig.

Tätigkeitsbeschreibung und fachliche Eindrücke

Emergency Medicine:

In den ersten 8 Wochen war ich in der Emergency Medicine bei Prof. Efraim Kramer. Meine Universität in Deutschland erkennt Notfallmedizin als Teil meines Chirurgietertials an. Prof. Kramer ermöglicht seinen Studenten einen Einblick in die verschiedene Bereiche der Notfallmedizin Südafrikas.

Ich war circa 3 Wochen im Helen Joseph Hospital, einem kleineren, ziemlich armen Krankenhaus. Danach bin ich eine Woche lang, mit im dem Rettungsdienst gefahren, ebenfalls von Prof. Kramer organisiert. Hierbei sind besonders die kleinen Response Cars sehr interessant. Im Anschluss war ich noch 4 Wochen im Baragwanath Hospital (Bara). Das Bara ist eine Welt für sich und ist ein "Muss", wenn ihr Euch für Johannesburg entscheidet.

 

 

General Surgery:

An meiner Uni ist es obligat Allgemeinchirurgie während des PJs zu machen. Dafür war ich erneut 8 Wochen im Helen Joseph Hospital bei Prof. Oettle, einem sehr netten älteren Professor mit dem Spezialgebiet "Colorectal Surgery". Da die südafrikanischen Studenten genau zur selben Zeit ihre General Surgery Rotation begannen, teilte er mich mit den Final Year's in einen Kurs ein. Wir hatten jeden Morgen Seminare und Lehrvisiten und nachmittags konnte man entweder auf Station, in die Endoskopie, in den OP oder nach Hause gehen.
Leider ist HIV und alle Erkrankungen, die damit zusammenhängen, noch immer eines der gravierendsten Probleme Südafrikas.

Im Bara waren 80% unserer Patienten HIV-positiv. HIV ist noch sehr weit davon entfernt gesellschaftlich akzeptiert zu sein, was die Therapie natürlich unglaublich schwer macht. HIV betrifft zu einem extrem großen Teil Menschen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, dabei vor allem Arbeiter und junge Frauen mit Kindern.

Zur Sicherheit habe ich mir eine PEP mitgebracht, welches ich von meiner Uni in Deutschland gestellt bekam. Es gibt zwar in den südafrikanischen Kliniken ausreichend Medikamente, aber wenn die Chance besteht die PEP aus Deutschland zu bekommen, ist das sicherlich keine schlechte Idee.

Land und Leute

Die Mehrzahl der Südafrikaner nehmen Gäste mit weit geöffneten Armen auf. Wo es möglich war, haben uns die Studenten vor Ort in ihre Aktivitäten integriert. Ohne den Prüfungsstress hatte ich natürlich mehr Freizeit als die südafrikanischen Studenten und bin daher in den meisten Fällen mit den anderen ausländischen Studenten aus dem Wohnheim weggegangen.

Eine kleine Liste meiner Lieblingslokale

Melville:

hier gibt es viele Restaurants und Kneipen - ein Anfang, um abends, besonders an den Wochenenden wegzugehen

4th Avenue:

einer der netten Straßen zum Weggehen - Ich empfehle besonders das Jolly Rogers mit einer super Pizza, toller Stimmung und netten Leuten, ich glaube sonntags war half-price pizza day

Manhattens:

ein guter und sicherer Club - Vorsicht, obwohl Südafrika sonst so lässig ist, geht auch hier nichts ohne gute Schuhe, einmal musste die Hälfte unserer Jungs beim Parkplatzwächter Schuhe mieten

Bowls Club:

am Zoo Lake gelegen - Essen und Getränke sind super günstig und in der Sonne könnt ihr einen tollen Nachmittag verbringen, jeder der hier etwas trinken oder essen will, muss "Mitglied" werden, also bringt euren Ausweis mit.

Moyo:

typisch afrikanisches Essen - Für mein Empfinden ein bisschen zu viel Touri-Nepp.

Carnivore:

Restaurant-Kette, über ganz Afrika verbreitet, auf der Speisekarte stehen Springbock, Zebra, Krokodil und vieles mehr - relativ teuer, interessant für Fleisch-Freunde, Mein Tipp: möglichst am Wochenende abends hingehen, dann ist alles immer schön frisch.

Mike's:

die einzige Möglichkeit in der Nähe des Wohnheims gut und sicher zu essen, in einer Gruppe zu Fuß errreichbar, also besonders etwas für Leute ohne Auto

Lohnenswerte Reiseziele

Lesotho/Drakensberge:

Wir haben einmal einen Wochenendausflug in die Drakensberge gemacht, was sehr schön war. Besonders die Wandertour vom Sani Pass aus war toll - vor Ort buchbar.

Pilansberg:

Eine echte Alternative, um von Johannesburg aus in den Krüger Nationalpark zu fahren, wenn ihr zu wenig Zeit und/oder Geld habt.

 

 

Sonstiges

Apartheid Museum:

Wenn ihr hier seid, solltet ihr das Museum auf jeden Fall besuchen.

Lesotho Tour:

Auch dieser Trip ist fast schon ein "Muss", nicht um die Ärmsten der Armen zu "begaffen", sondern um das Thema Apartheid, die heutige politische Lage und die Menschen Südafrikas ein wenig zu verstehen.

Africa UMOJA:

Eine sehr schöne Show, mit ganz vielen südafrikanischen Tänzen und Musik, die einen lohnenden Abend hergibt.

Sandboarden:

Ist in einer der alten Mienen möglich und über einen lokalen Anbieter zu buchen.

Cricket:

Sowohl in Johannesburg als auch in Pretoria gibt es immer wieder Cricket-Spiele. Ein Tag beim Cricket ist sicher ein Erlebnis für einen Deutschen, der sonst nur Fußball zu sehen bekommt.

Fazit

Schaut es euch an! Ihr werdet es lieben! Versprochen!

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