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  • Martin Wendland, Berlin
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  • 26.06.2006

Famulatur Pädiatrie/Notaufnahme in Oman

Das Sultanat Oman liegt am äußeren Zipfel der Arabischen Halbinsel. Es reicht vom "Horn von Arabien" bis zu den Bergen des Jemen. Da es weder Massentourismus wie in Dubai, noch aufsehenerregende Negativ-Schlagzeilen gibt, ist es den meisten Menschen hierzulande fast unbekannt. Dadurch hat es ein Flair von 1001 Nacht bewahrt....

Warum Oman?

Seitdem ich im Frühjahr 2004 mit meiner damaligen Freundin eine Fahrrad-Tour durch den Norden Omans gemacht hatte, war mir klar: "Hier machst Du mal ne Famulatur!" Besonders begeistert hatte mich die Natürlichkeit, Freundlichkeit aber auch Zurückhaltung der Omanis bei gleichzeitig relativ hohem Lebensstandard.
Strenggläubigkeit ist zwar in diesem "Keimzentrum" Arabiens allseits spürbar, aber genauso stark ist das Interesse für Neues und die Toleranz gegenüber Andersgläubigen und Menschen anderer Kulturen ausgeprägt, auch gegenüber der westlichen Hemisphäre - etwas, das so ganz und gar anders klingt als das aus den Medien geläufige Arabien-Klischee mit säbelrasselnden gurtbombenbestückten Fanatikern....

 

Eine reine Männerwelt?

Die Gesellschaft im Oman ist sehr an den arabischen Traditionen orientiert, wahrscheinlich viel mehr als in vielen anderen arabischen Ländern. Wie in anderen Golfstaaten auch wird von Männern nach wie vor die "Dischdascha" - das traditionelle arabische Gewand - mit einer typisch omanischen Kappe oder einer Art omanischen Turban getragen. Nur Schurken bezeichnen es als "Nachthemd".... Alles zusammen wirkt recht nobel und stolz, und nicht gar so kitschig wie die Kopfbedeckung der Männer in den Nachbarländer. Hemden und Hosen werden meist nur von Ausländern getragen: also von pakistanisch-indischen oder europäischen Gastarbeitern (und von den wenigen Touristen).

Viele Frauen tragen nicht nur die schwarze "Abbaya", sondern sind mitunter völlig schwarz verhüllt. Je nach Region ist dies aber unterschiedlich, sodass manche junge Frau in der Hauptstadt auch mal in europäischer Kleidung spazieren geht. Stets werden dabei aber die islamischen Sitten befolgt, man bekommt also keine nackten Schultern zu Gesicht. Seit einigen Jahren setzen sich die schön bestickten Abayyas immer mehr gegen die rein schwarzen Kleider durch, sodass so manches schwarze Gewand den Schrecken verliert, und mit den bestickten Motiven - bunt, goldfarben oder silbern - weniger eine Frau versteckt, sondern verziert. Das kann äußerst interessant, geheimnisvoll und ansehnlich sein!

Die Rolle des Mannes ist traditionell vorherrschend in der Öffentlichkeit. Die Rolle der Frau wird staatlich dennoch aktiv unterstützt. Zu verdanken ist dies dem allseits beliebten Sultan Qabus, einem Mann mit grauem Bart, der sich jedoch recht selten zeigt.

 

Moderne Zeiten

Ursprünglich war der Oman ein sehr rückständiges, verarmtes Land, welches auch nach Einsetzen des Ölbooms nicht den Anschluss an den Reichtum der Nachbarn schaffte. Grund dafür war der "alte" Sultan, der das Land regelrecht knechtete und die gesamten Einnahmen in seine Schatztruhe fließen ließ. Im Laufe der 60-70er Jahre kam es dann zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen, in denen z.T. natürlich auch die damaligen Großmächte ihre Finger im Spiel hatten. Der von sowjetischer Seite unterstützte Jemen unterstützte seinerseits Aufständische im Dhofar, und England mischte auf Seiten des Sultans mit. Unter Einfluss Großbritanniens und Irans kam es schließlich zu einem friedlichen Zustand - durch Waffengewalt natürlich. Anschließend entthronte der jetzt amtierende Sultan seinen eigenen Vater und schickte ihn ins Exil.
Seine Politik katapultierte das Land binnen weniger Jahrzehnte ins 21. oder sogar 22. Jahrhundert. Waren bis dahin weder Radio noch Sonnenbrillen (!!!) erlaubt, so öffnete der neue Sultan sehr sehr vorsichtig sein Land. Erst Anfang der 90er Jahre erlaubte er einen vorsichtigen Tourismus!
Während es vorher nur wenige Schulen nur für Jungen gab, stehen heute Mädchen quasi alle Bildungswege offen. Die Möglichkeiten hängen auch hier entscheidend vom Elternhaus und der Region ab. Frauen dürfen arbeiten, Auto fahren, sich scheiden lassen.... Bei gleicher Anstellung verdienen sie das Gleiche, wie ein Mann. Dennoch gibt es Regionen, in denen es höchst unüblich ist, dass eine Frau am Steuer eines Autos sitzt (z.B. in der sehr traditionellen Region Dhofar), oder gar Medizin studiert!

In der Hauptstadt Muscat gibt es eine Universität, die finanziell erstklassig ausgestattet ist. Auf die Frage, wie denn das Arbeiten und Forschen an der Uni ist, sagte mir ein deutscher Augenarzt-Professor: "Ich bereue hier keinen Tag!" und "Die deutschen Unis sind alle nur Scheiße!!!" womit er sicherlich die bürokratischen Strukturen aber sicherlich auch die Ausstattung mit Lehrmitteln und die Finanzlage für Forschung meinte....

Noch eine kleine Anmerkung zur Geschlechtertrennung: Diese Trennung ist allgegenwärtig und kann einem Europäer manchmal ganz schön auf die Nerven gehen. "Bei Euch sind ja sogar die Toiletten getrennt!" hätte ich am liebsten so manches Mal gesagt.... Allerdings wurden meine Erwartungen noch übertroffen, als man mir von den Zuständen an der Uni erzählte: Während die Herren Studenten alle Freiheiten genießen, betrachtet sich so manche Studentin in einem Hühnerkäfig. Jeden Abend bis 21 Uhr müssen sie mit einer Unterschrift ihre Anwesenheit bestätigen. Da aber diesen Regeln schon so manches Schnippchen geschlagen wurde, und auch so mancher männliche Student versucht hat sich in Frauenkleidern zu seiner Liebsten hineinzuschummeln, wurde das bestehende System durch ein Fingerabdruck-Nachweis ergänzt. Der betroffene Student flog übrigens von der Uni. Wollen die Studentinnen mal woanders hingehen oder gar bei einer Freundin schlafen, dann müssen sie von ihrem Vater oder Bruder einen Antrag schreiben lassen, der von der "Supervisorin" genehmigt werden muss. Ich erspare mir hier jeglichen Kommentar.

Natürlich sind manche Dinge, vor allem allzu strenge Reglements (die aber nur eingeschränkt oder gar nicht für Ausländerinnen gelten), für unser "westliches" Weltbild völlig fremd und schwer zu akzeptieren. Eine Konfrontation mit solch anderen Werten kann man aber als Anregung verstehen, die eigenen Werte zu durchdenken. Gleichsam stellt es auch eine Herausforderung dar, andere Kulturkreise nicht unbedingt immer durch unserer westlichen Brille hindurch bewerten zu wollen, sondern andersartige Kulturen und ihre Regeln als anders zu akzeptieren. Es ist daher eine interessante Erfahrung, ob man selber imstande ist, sich so weit wie nötig in eine derart strenge Gesellschaft zu integrieren, diese zu akzeptieren, und nicht umerziehen zu wollen.

Gleichwohl hat aber eine ausländische Studentin quasi alle Freiheiten, und unterliegt nicht der strengen oben beschriebenen Kontrolle. Sie hat eben den Vorteil, als "andersartig" akzeptiert zu werden, sofern sich ihre Andersartigkeit nicht durch FKK, Bikini oder ähnlich "Gesellschaftstörendes" ausdrückt.

 

Religion und Kampf der Kulturen?

Der Oman ist ein islamisches Land, dessen Menschen im Gegensatz zu anderen arabischen Ländern zu einer Splittergruppe des Islam gehören, den Ibadiya oder Ibaditen.
Diese Richtung des Islam, die aus den Kharijiten hervorging, zeichnet sich zum einen durch seine Strenggläubigkeit aus, zum anderen aber auch durch seine Toleranz und Offenheit gegenüber Fremden. Dies ist in den strenggläubigen Regionen Arabiens etwas Besonderes. Während beispielsweise die Wahabiten eine wortgetreue Koranlehre vorschreiben, vertritt der Ibadismus die Auffassung, dass der Qur'an entsprechend des jeweiligen Zeitalters interpretiert werden müsse, und zeigt eine besondere Friedfertigkeit.
Das äußert sich unter anderem darin, dass sie die von Extremisten verbreitete Forderung die "Ungläubigen" seien des Todes ablehnen, und fest der Meinung sind, dass es allein Allah obliegt zu entscheiden, wer denn eigentlich "ungläubig" sei. So nehmen sie mehrheitlich Abstand von extremistischen Inhalten. Das brachte ihnen in der Vergangenheit unter anderem Verfolgung durch andere Gruppen ein, so dass man Vertreter dieser Glaubensrichtung heute nur noch mehrheitlich im Oman findet, wo sie sich in Zeiten der Kriege und Verfolgungen in die unwegsame Bergwelt zurückzogen.

Versprengte Gruppierungen gibt es sonst nur noch auf Zansibar (eines ehemals wichtigen Handelsstützpunktes und Teil der omanischen "Kolonien"), im Tripolitanien Libyens, auf der Insel Djerba und im Mzab-Tal Algeriens.

Die Toleranz Andersgläubigen gegenüber zeigt sich auch in der Tatsache, dass es Christen, Hindus und anderen religiösen Menschen erlaubt ist, ihre Religionen frei auszuüben, Gottesdienste abzuhalten und Kirchen zu errichten. Diese für uns so selbstverständlichen Befugnisse stellen auf der Arabischen Halbinsel - vor allem in Saudi-Arabien, wo Gottesdienste verboten sind, und strafrechtlich verfolgt werden - etwas Besonderes dar.

 

Nützliche Verhaltensregeln

Für die Menschen in anderen Kulturen ist es mitunter völlig unvorstellbar oder gar inakzeptabel, wenn jemand sagt, er sei "nicht gläubig". So etwas existiert in der arabischen Welt nicht! In diesen Ländern ist der Glaube spürbar ein wichtiger Begleiter im Alltag, und jemanden, der nicht an Gott glaubt, gibt es nicht! Daher sollte ein "nicht gläubiger" Mensch zu der Notlüge greifen, und sagen, dass er einer Religion angehört, z.B. dem Christentum. Damit macht er sich das Leben mitunter sehr viel leichter. Obwohl es in der gesamten arabischen Welt verbreitet ist, den Holocaust entweder zu leugnen, gutzuheißen oder Hitler zu loben und auch den Staat Israel und die Juden zu hassen, sollte man sich jedoch nicht von pauschalen Verurteilungen leiten lassen.

Ich kann nur jedem raten, sich möglichst nicht zu politischen Themen zu äußern!!! Nicht etwa, dass es gefährlich wäre seine Meinung zu sagen, insbesondere zu einem so brenzligen Thema wie Hitler und die Judenverfolgung, vielmehr ist es die völlige Ergebnislosigkeit, bei solchen Diskussionen.
Im Gegensatz zu uns Deutschen, die ihre Geschichte und ihren Nationalstolz recht gründlich aufgearbeitet haben (trotz aller Mängel), ist es diesen Menschen völlig schleierhaft, wieso gerade wir dem dahinsiechenden Genozid an den Palästinensern tatenlos zusehen. Solche Diskussionen werden immer emotional geführt, auch wenn wir "kühlen" Deutschen ja eher die nüchternde Variante bevorzugen...

Eine ganz entscheidende Rolle spielen dabei die beiden verschiedenen Medienwelten. Auch wenn wir "unsere" Nachrichten, die Tagesschau z.B., als "die Wahrheit" betrachten, so ist es doch aber auch (nur) "unsere" Sichtweise. Es ist nur "unsere" Wahrheit. Spiegelbildlich empfinden dies auch die Menschen in anderen Kulturkreisen mit ihren Medien. Unterschiedlich ist dabei die Art und Weise, wie Informationen aufgenommen werden, welche Komponente - die emotionale oder die rationale - mehr im Zuschauer angesprochen wird.
Und hierbei kann dieselbe Berichterstattung unterschiedliche Reaktionen auslösen, je nach Weltbild, Auffassung von Mensch, Gesellschaft und Kultur. Und diese Vorstellungen sind viel mehr verankert in einem Menschen, als uns normalerweise bewusst ist! Zweifel am kulturell geprägten Wertesystem des Gesprächspartners, stellen auch immer das Individuum in Frage. Somit kann man unbeabsichtigt von einem Fettnäpfchen ins andere stolpern...

 

Das Gesundheitssystem

Während bis zur Machtübernahme des jetzigen Sultans nur 1 Krankenhaus existierte und Krankheiten wie Malaria und Polio grassierten, entwickelte er ein Gesundheits- und Sozialsystem, das jedem Bürger offen steht! Umsonst! Zwar gilt es noch etliche Lücken zu füllen, aber im internationalen Vergleich nähert es sich unseren europäischen Standards.

Das Krankenhauspersonal wird noch überwiegend durch "Expatriats" gestellt, also ausländische Akademiker und Pflegekräfte. Diese kommen vor allem aus Indien, Pakistan aber auch aus anderen arabischen Ländern. An vorderster Stelle ist hier sicherlich Ägypten zu nennen, das nicht nur im Bereich der arabischen Musik, sondern auch in der Medizin ein Zentrum darstellt, und viele z.T. sehr gute Ärzte ausbildet. Aber auch Sudanesen, Iraner, Asiaten, Briten und auch ein paar wenige Deutsche verirren sich in den Oman... An der "Sultan Qaboos University", deren medizinische Fakultät eine der besten am Golf sein soll, werden Ärzte auf hohem Niveau nach dem englischen System ausgebildet. Deren Studentenzahlen sind aber relativ gering, so dass der Oman auch für die nächsten 20 Jahre noch auf ausländische Fachkräfte angewiesen sein wird.

Die beiden größten und wichtigsten Krankenhäuser sind das Royal Hospital in der Hauptstadt und in der Provinz Dhofar das über 1000 km entfernte Sultan Qaboos Hospital in Salalah. Aber in jeder größeren Stadt gibt es Kliniken mit durchgehend gutem Standard. Die erste Anlaufstelle in den ländlichen Gebieten sind die "Primary Health Care Centers". Im Arabischen werden sie zwar auch Krankenhaus genannt, aber bei einer Bettenanzahl von 3 Betten für Männer und 3 Betten für Frauen, die dazu noch selten belegt sind, kann man eigentlich nicht von einem Krankenhaus sprechen.

Patienten, für die es keine adäquate Behandlung im Oman gibt, werden auf Staatskosten in andere Länder geschickt: z.B. nach Indien oder Thailand, in denen z.B. eine Nierentransplantation recht gut (?) und preiswert ist. Natürlich kommen einem da gleich die damit verbundenen Infektionsrisiken in den Sinn, aber gemessen an den sonst üblichen arabischen Gesundheitssystemen, ist dies eine für den Patienten oft traumhafte Möglichkeit. Auch nach Deutschland werden Patienten gerne geschickt, insbesondere Tumorpatienten. Gerade in der Kinderonkologie ist Deutschland der bevorzugte Behandlungsort.

Sicherlich ist es ein bedeutender Vorteil, dass niemand für seine Behandlung bezahlen muss - die Frage nach der Versichertenkarte kann man also getrost vergessen. Leider ist mitunter das gesellschaftliche Bewusstsein für Medizin und Gesundheit noch erheblich "erweiterungsbedürftig". Es ist an der Tagesordnung, dass Patienten erscheinen, und Forderungen an das ärztliche Personal stellen - Forderungen, die hierzulande in der Entscheidungsgewalt der Ärzte liegen, z.B. Antibiotika-Gabe:
"Der andere Patient hat zwei blaue Kugeln zum schlucken bekommen, warum bekomme ich keine? Ich will auch welche!!!" Ein extremes Beispiel ist das Auftreten eines Patienten mit abdominellen Beschwerden in der Notaufnahme, der unbedingt eine CT für seine HWS haben wollte!

In kleineren ländlichen "Primary HealthCare"-Centern sind die Ärzte nachts nur auf Abruf erreichbar, und die "kleine indische Krankenschwester" sieht sich in ihrer Nachtschicht dann gezwungen einen blauen Fleck mit einem dreifachen Verband und zentimeterdicker Diclofenac-Salbe auch noch mit Antibiotika-Pillen zu "garnieren". Dass man durch unnütze Antibiotika-Gabe "schöne" Resistenzen und damit richtige Probleme heranzüchten kann, passt aber nicht in den selbst designten Behandlungsplan.

Erst im letzten Sommer wurde damit begonnen ein Notrufnetz aufzubauen. Bis jedoch die hochmodernen Fahrzeuge amerikanischer Bauart über die wildesten Holperpisten bis ins kleinste Gehöft gelangen, wird sicherlich noch eine Weile vergehen. Daher ist es gar nicht so selten, dass sich die Patienten mit letzter Kraft in die Notaufnahme schleppen oder von weit her mit Taxi oder LKW angefahren werden. Als bestes Beispiel ist mir der kleine Mohammed begegnet, der auf der Pädiatrie lag: Beim Spielen wurde er von einer Giftschlange gebissen, und es hatte 6-8 Stunden gedauert, bis er aus seinem Heimatdorf ins nächste Krankenhaus gebracht wurde. Da man dort kein Anti-Serum hatte, musste er dann noch einmal per Auto in die Hauptstadt transportiert werden. Wenn auch die logistische Situation noch verbesserungsbedürftig ist, so kann man sich dennoch einer Sache sicher sein: die Hilfsbereitschaft der Menschen!

Schnell wird man auch mit einem Phänomen Bekanntschaft machen: Heiler und Aberglaube. Nicht, dass man ihnen so schnell begegnet, aber viele Patienten fielen mir durch z.T. große Löcher in den Ohrmuscheln (nicht Ohrläppchen!) auf. Als ich am ersten Morgen mich beim "Accomodation Office" (Unterkunfts-Büro) vorstellte, hatte ich immer zwei Menschen im Blick: mein Gegenüber und den dahintersitzenden Angestellten. Bei der Untersuchung eines Patienten in der Notaufnahme fielen mir mehere dunklere Wundstellen auf dem Abdomen im Bereich der Leber auf, die zwar schon etwas vernarbt waren, aber noch nicht so alt aussahen.
Auf mein Nachfragen erklärte der Patient es wären Brandwunden, die er sich selber beigebracht hätte. Bei einem anderen entdeckte ich solche Stellen an Hals und Nacken. Doch entgegen meiner Annahme, es könne sich um selbstverletzendes Verhalten à la Borderline-Persönlichkeitsstörung handeln, erklärte mir ein Arzt, dass viele Menschen glauben, durch Ausbrennen von Haut mit heißem Metall, Krankheiten heilen zu können.

 

Bewerben im Sultanat Oman und Reisevorbereitungen

...ist recht einfach. Zwar hatte ich schon lange die Idee eine Famulatur im Oman zu machen - ich hatte mir auf meiner Radreise sogar schon das Royal Hospital in Muscat angesehen - aber so richtig in die Gänge kam ich erst in der ersten Januar-Woche. Also schickte ich erst einmal ein paar Mails, und schließlich per FAX die Bewerbungsunterlagen nach Muscat. Angesichts der Tatsache, dass man sich ja so früh wie möglich und am besten 3-6 Monate vorher bewerben sollte, war ich nicht so hoffnungsvoll. Umso mehr war ich überrascht, als ich Mitte Februar eine Zusage für den 1. März bekam.

Die folgende Zeit hatte ich doppelten Stress: Nicht nur die Klausuren des Semesters wollten geschrieben werden, sondern auch alle nötigen Reisesachen besorgt werden. Vor allem einen günstigen Flug zu bekommen gestaltete sich äußerst schwierig. Letzten Endes klappte es aber doch. Zu den üblichen Impfungen braucht man im Oman eigentlich keine weitern Gesundheitsmaßnahmen (HBV usw. sollte natürlich drin sein).

Wer gerne aus wilden Gewässern, Teichen oder Wasserlöchern trinkt, kann sich ja sicherheitshalber gegen Typhus impfen lassen. Die Kosten müssen selber übernommen werden, die Impfung hält für etwa 1 Jahr an, und die Wirkung ist nicht unbedingt 100% gesichert.... Wer dennoch gerne unterwegs ist, und das Land hautnah erleben möchte (unbedingt zu empfehlen!) sollte sich richtig kleiden. Neben den islamischen Bekleidungsvorstellungen sollte man auf dünne, luftige Kleidung, eine Kopfbedeckung, Sonnenbrille und Sonnencreme achten! Abenteurer sei das in Ausrüster- und Expeditionsläden zu kaufende "Micropur" empfohlen, ein Wasserreinigungsmittel auf chemischer Basis (aber ungefährlich), dass aber nur wirkt, wenn das Wasser nicht zu viele Schwebstoffe enthält (gibt es in Tablettenform und flüssig).

Da es leider keine Wanderwege gibt, gibt es auch kaum vernünftige Landkarten. In Muscat werden aber Bücher für Bergkletterer verkauft und ein schematischer Atlas für 4x4-Freunde (s.u.).

 

Geld?

...sollte man genügend haben! Zumindest, wenn man etwas vom Land sehen will, denn dann wird man schnell merken, dass der Oman kein Billig-Reiseland ist. Essen ist zwar billig, aber es gibt kaum Hotels unter 30-50 € die Nacht! Als einzige Alternative ist das Campen angesagt, aber dazu braucht man ein Auto. (s. Ausflugstipps).

Die guten alten Traveller-Checks haben ihre guten Zeiten sicherlich schon hinter sich. Sie werden im Oman nur noch am Flughafen eingetauscht, sonst sind sie ein Haufen wertloses Papier. In Zeiten des Plastikgeldes ist es sicherlich auch verständlich. Kreditkarten werden problemlos akzeptiert. Wer im Oman mit seiner EC-Karte Geld abheben möchte, kann das nur bei der NBO, der National Bank of Oman tun (weiße Schrift auf blauem Grund). Die Gebühren sind saftig, aber wenn's mal nicht anders geht, sicherlich eine gute Alternative. Da Diebstähle recht selten sind, kann man - zumal in einem Bauchbeutel - Bares gut transportieren.

Einmal stand ich bei McDoof an, und kramte vorsichtig einen 20er (ca. 40-50 €) hervor. Mich umschauend entdeckte ich neben mir einen Omani, der ebenfalls sein Essen bezahlen wollte. Wie er mich so stehen sah, grinste er, griff in die Schlabber-Taschen seines Gewandes, und holte einen dicken Packen 20er und 50er heraus! Das waren insgesamt mindestens 20-25 Scheine! Wenn man das in Euro umrechnet, dann kommt man locker auf das Geld, was ein Hartz-IV-Empfänger bekommt! - Und ich stand da, mit meinem kleinen 20er in der Hand und weiteren kleinen Scheinen in meinem Bauchbeutel, und hatte Sorge, dass mich jemand beobachten könnte....

 

Das Royal Hospital und die "Capital Area"

Das größte und renommierteste Krankenhaus Omans liegt in der Hauptstadt Muskat nicht weit entfernt vom Indischen Ozean (ca. 3km). Es befindet sich auf halbem Wege zwischen dem internationalen Flughafen in Seeb und der "Hauptstadt". Was dabei aber die eigentliche Hauptstadt ist lässt sich schwer sagen, denn ein schier endloses Siedlungsband zieht sich fast die gesamte Küste entlang (150-200 km). Am "Ende" in mehreren Buchten gelegen befindet sich dann die eigentliche Hauptstadt.

Regierungssitz des Sultans mit einem etwas bescheiden anmutenden Palast ist das alte Muskat, das eigentlich die Größe einer deutschen Kleinst-Stadt oder eines größeren Dorfes besitzt. Zugunsten der Regierungsgebäude mussten die alten Straßenzüge weichen, so dass man in der versteckten Bucht keinerlei Charme einer orientalischen Stadt mehr finden kann.

Eine Bucht weiter befindet sich dann Mutrah (sprich "Matrach") mit seiner modernen "Corniche", dem Hafen und dem Souq. Landeinwärts folgen dann das Geschäftsviertel Ruwi und entlang einer Autobahn moderne Häuserblöcke.

Etwa 15-20km weiter im Gewerbegebiet Udhaiba liegt das Royal Hospital auf einem Berg. Direkt davor liegt die landesweit größte und prächtigste Moschee, die "Sultan Qaboos Grand Mosque".

Das RH hat alle nur erdenklichen "Departments". Direkt im Anschluss befindet sich die "Resident's Area", die mit ihren vielen festungsartigen Häusern einer Kleinstadt gleicht. Hier kann man preiswert für die Zeit des Aufenthalts eine Unterkunft bekommen.

 

Der Klinikalltag - Pädiatrie und Notaufnahme

Der Alltag gleicht im Grunde genommen dem in deutschen Krankenhäusern. Der Visite (den "rounds") schließen sich dann die Studenten an, die je nach Dozent dann auch gehörig geprüft werden.

In der Pädiatrie war es für mich recht "langweilig". Anfänglich hatte ich erheblich mit Müdigkeit und Schlappheit zu kämpfen, die mir durch den Klimawechsel die ersten Wochen "versüßten". Da auf dieser Station sehr viel in die Hände der Schwestern gelegt wurde, prügelten sich die jüngeren Ärzte regelrecht darum, Untersuchungen und Behandlungen durchzuführen.

Ich dafür hatte aber die Gelegenheit Studentenunterricht mitzumachen. Da die meisten Dozenten Inder sind, oder sich während des siebenjährigen Studiums einen indischen Englisch-Dialekt zugelegt haben, war es in der Tat mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden dem schnellen Gebrabbel zu folgen. Glücklicherweise gewöhnte ich mich nach einer Weile daran.

Beruhigend war es zu erfahren, dass auch diese Studenten mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, nur dass sie in den Genuss verschiedener Vorteile gelangen: Bücher werden mitunter umsonst oder nur gegen einen geringeren Preis verschenkt (!), die "Mensa" ist kostenlos: Sie bekommen pro Monat eine genügend große Anzahl an Coupons, mit denen sie bei ordnungsgemäßer Ausnutzung rasch mehrere Gewichtsklassen überspringen könnten.

Der Stundenplan sieht Vorlesungen, Seminare und Praktika nur bis ca. 14 Uhr vor, der Rest des Tages steht den Studenten zum Lernen zur Verfügung - was natürlich nicht unbedingt gemacht wird....

Da ich quasi alles mit den Studenten mitmachte, hatte ich auch die Gelegenheit Untersuchungen am Kind zu erlernen. Vor allem die Ärzte aus den ärmeren Ländern wie Indien warteten mit einer Fülle an ärztlichen Fähigkeiten auf. Während hierzulande der Untersuchungskurs als "Klopfkurs" belächelt wird, zeigte ein Dozent, wie man eigentlich kaum unzugängliche Organe -wie z.B. die Niere- (von ventral) palpiert! Natürlich konnte ich Krankheitsbilder sehen, die bei uns kaum vorkommen, und auch nur im Buch zu finden sind. In der Pädiatrie sind mir dabei zuerst die vielen missgebildeten Kinder aufgefallen. Da viele Familienmitglieder untereinander heiraten, kommt es überdurchschnittlich oft zu Missbildungen.

Ganz viele kleine Patienten leiden unter Diarrhoe, aber auch andere Infektionskrankheiten und Asthma sind weit verbreitet. Als "Exot" wurde den Studenten ein kleiner Patient mit Mukiviszidose vorgestellt... Neben der "normalen" Pädiatrie gibt es noch die Kinderchirurgie, die Kinder-Intensivstation (PICU) und die Kinderonkologie/-hämatologie. Die Patienten werden auch hier gerne nach Deutschland geschickt.

Bei der Aufnahme eines Kindes wird meist immer auch ein anderes Familienmitglied als Begleitperson aufgenommen. Meist verbringen die Mütter die ganze Zeit des stationären Aufenthaltes zusammen mit ihren Kindern. Da es keine richtigen Besuchszeiten gibt oder diese auch nicht eingehalten würden, kann die Anzahl der Herumstehenden und "im Wege Stehenden" schon mal auf 6-10 anwachsen. Zur Mittagszeit sitzen dann die meisten Mütter mit den Kindern und deren Geschwistern auf der Erde und essen.
Was mir außerdem mit der Zeit auf die Nerven ging waren die Mütter, die beim Anblick eines Mannes hektisch den Schleier vor ihr Gesicht rissen, und dabei vor sich hin schimpften...

Wie weiter oben schon angedeutet, ist das allgemein-gesundheitliche Wissen der Bevölkerung noch erweiterungsbedürftig und das Unwissen kann manchmal Leben kosten.
In einem Fall verweigerte eine Mutter aus mir nicht erklärlichen Gründen die künstliche Ernährung ihres dehydrierten Säuglings ... mit den entsprechenden Folgen für das Kind.

Nach zwei Wochen Pädiatrie wechselte ich dann in die Notaufnahme. Eine andere deutsche Studentin hatte mir dazu geraten. Da das Royal Hospital schwerpunktmäßig nur für "unblutige" Notfälle zuständig ist, kamen vor allem internistische Notfälle. Die Szenerie nahm so manches Mal groteske Züge an, wenn sich an einem Tag fast ausschließlich Notfälle mit "abdominal pain", am nächsten Tag hauptsächlich "chest-pain"-Patienten einfanden... Die Tätigkeiten waren recht beschränkt, was z.T. durch die Patienten bedingt war: Frauen durfte ich als Mann quasi nie untersuchen, aber wenn man die Lunge durch mehrere Kleiderschichten hindurch abhören will, dann ist das eigentlich auch das gleiche....

Gewöhnungsbedürftig war so manches Procedere: Ein Mann mit schmerzhaften Harnverhalt lag erst einmal 40 Minuten schreiend auf der Liege, bevor ein Arzt kam. Zwar gibt es auch so manchen "Simulanten", aber diesem Patienten traten vor Schmerzen schon die Augen aus den Höhlen... Anstatt ihm erst einmal ein Schmerzmittel zu geben, versuchte der sudanesische Arzt auf biegen und brechen einen Katheter zu legen.
Ich versuchte gedanklich zu rekapitulieren: sterile Handschuhe, Gleitgel, und schön vorsichtig, und nicht mit Kraft und Gewalt gegen Widerstand arbeiten ... Jetzt bekam ich erst einmal das Gegenteil gezeigt: Händedesinfektionsmittel sah ich selten, die nicht-sterilen Handschuhe streifte er sich einfach über und dann ging es los. Der Patient schrie immer weiter und lauter! Er versuchte mit Kraft den Katheter gegen einen Widerstand vorwärtszuschieben. Ich fragte den Doc vorsichtig, ob der Patient nicht vielleicht ein Schmerzmittel bekommen könnte.... "Ach so, gute Idee!" ... Erst jetzt bekam der Patient etwas gegen seine Schmerzen!

Daneben gibt es natürlich sehr viele Sichelzell-Erkrankte - die manchmal nur abschätzig als "Sickler" belächelt werden, "Road traffic accidents", kurz RTA, "bleeding p.r." (per rectum, vor allem Männer), "bleeding p.v." (p.vagina, vor allem Frauen...), Asthmakranke und natürlich Herzinfarktpatienten, Appendizitis, .... Auch wenige Alkoholisierte und Malaria-Verdachtsfälle werden "geliefert".
Insgesamt ähnelt die Notaufnahme eher einem Zirkus: Noch viel mehr als auf einer normalen Station sollten hier Ärzte und Pflegepersonal konzentriert zusammenarbeiten. Nicht immer so im Oman. Hier laufen zahlreiche Familienangehörige den Ärzten im Wege rum, fragen, meckern und das alles natürlich in einer gehörigen Lautstärke.

Ein junger Pfleger erzählte mir von einem Patienten aus der Region Dhofar, dem er Blut abnehmen sollte. Als der Patient das Wort Blut hörte, zog er sein großes Messer und bedrohte den Pfleger. Nachdem ich diese und andere Geschichten gehört hatte, wusste ich dann auch, warum überall im Krankenhaus Polizisten mit Stöcken herumstehen...

 

Verkehrsaufkommen

Auch wenn es von der Bevölkerung her ein "junges" Land ist, so finden sich doch naturgemäß sehr viele ältere Menschen in der Notaufnahme ein. Neben den "klassischen" Krankheiten der älteren Menschen sind es aber auch die Verkehrsunfälle. Die Hauptstadtregion ist sehr modern und hat alles zu bieten - aber nur für Autofahrer. Ampeln gibt es insgesamt wenige, aber im Gegensatz zu vielen anderen arabischen Ländern funktionieren sie und jeder hält auch bei Rot!Ich habe mir sagen lassen, dass jedem Rotlicht-Fahrer ein Tag Gefängnis drohen soll.

Problematisch sind das hohe Verkehrsaufkommen, die viel zu hohen Geschwindigkeiten und die breiten Straßen. Außer im Zentrum gibt es fast überall nur Kreuzungen mit Kreisverkehr, den "Round-abouts", sogar auf den Autobahnen mit 3-4 Spuren in jeder Richtung. Folge ist, dass der fließende Verkehr mit ca. 150 km/h daherbrettert, und es für jeden auch noch so gesunden und sportlichen Menschen lebensgefährlich ist, die Straße zu kreuzen.

Im Oman gibt es keine "Pflege" im Sinne von "Hauskrankenpflege", Caritas & Co. Dies übernehmen die Familien, und auch hier haben "die modernen Zeiten" Probleme mit sich gebracht.Einmal wurde morgens ein alter Herr eingeliefert - aber nicht wieder abgeholt. Die Verwandtschaft hatte ihn einfach "abgegeben". Allgemein lässt sich sagen, dass man als ausländischer Student sehr herzlich aufgenommen wird. Überall findet man jemanden, der einem etwas erklären möchte. Im Gegensatz zu deutschen Universitäten oder Kliniken steht man selten alleine "dumm herum".

 

Dorfklinik im Dhofar - Eine ganz andere Welt

Da ich eine Menge Studenten kennen lernte, verfügte ich schließlich über eine beschauliche Menge an "Vitamin-B" (= "Beziehungen" - die Leute sagen dazu Vitamin-W, da das arabische Wort mit diesem Buchstaben anfängt). Zum einen konnte ich mich umsonst mit Essen eindecken, da ich von Ihnen genügend Coupons für die Cafeteria bekam. Auf der anderen Seite wurde ich aber auch gefragt, ob ich nicht mitkommen wolle in den Dhofar. Die Studenten des Abschlussjahres müssen dort in verschiedenen kleinen Dorfkliniken für 2-3 Wochen ihren Dienst verrichten, und unter anderem an Schulen "Unterricht" geben, sprich gesundheitliche Aufklärung. Also fuhr ich umsonst mit dem Uni-Bus und ein paar Studenten die gut 1000 km in 11 Stunden nach Salalah, der Hauptstadt des Dhofar. 95% der Strecke geht es nur durch eintönige Landschaft - platt, eben, keine Abwechslung für das Auge.

Das "Krankenhaus" bestand aus einem Flachbau, in dem sich ein 3-Bett-Zimmer für Männer und eines für Frauen befand. Außerdem zwei Doctor's rooms (Männlein/Weiblein), ein Raum für die Apothekerin und noch zwei weitere Räume, die mit Ultraschallgerät und allerlei OP-Utensilien ausgestattet waren.Nebenan befanden sich eine Küche und eine Wäscherei. Ganz im Gegensatz zu meiner Hütte war die Ausstattung erstaunlich gut und die hygienischen Bedingungen wirklich sehr gut. Insgesamt arbeiteten ein ägyptisches Ärzteehepaar, mehrere indische Krankenschwestern und zwei Köche bzw. Wäschereimeister in diesem Krankenhaus. Zwei weitere Frauen erledigten die Bürokratie - eigentlich, denn die meiste Zeit tratschten sie nur und machten auf mich einen arbeitsscheuen Eindruck.

Einmal im Monat besucht der Zahnarzt die Klinik. Da es genau zu dieser Zeit war, konnte ich auch mal miterleben, wie Zahnheilkunde im Oman abläuft. Naja, eigentlich nichts besonderes, nur dass mir einmal mehr die Handwerklichkeit dieses Berufes klar wurde. An jenem Tag waren hauptsächlich Kinder die Patienten. Und beim Anblick der hellen Lampe und des improvisierten Zahnarztstuhles, und vor allem des Zahnarztes mit der riesen Spritze, wurde mir schon vom Zuschauen komisch zumute. Fließbandmäßig zog er den Kleinen die Zähne. Sicherlich waren es Milchzähne, aber trotzdem pflügte er förmlich durch die Zahnreihen, während die kleinen Patienten erstaunlich hartgesotten die sichtlich schmerzhafte Prozedur über sich ergehen ließen.

Das Dorf bestand aus einer Ansammlung von Hütten entlang der Teerstraße, deren Teerbelag zehn Meter hinter dem Ort endete und in eine Schotterpiste überging. Es gab mehrere Geschäfte und Restaurants, die den Ort mit allem Nötigen und Unnötigem versorgten. Am anderen Ortsende befand sich das Areal des kleinen Krankenhauses. Direkt daneben die Häuser für die Angestellten, mehrere Schulen, eine Moschee und eine Polizei-Station.

Die Toilette war ein ganz besonderes "Schmankerl": Bei meinem ersten Toilettengang merkte ich gerade noch rechtzeitig, dass ich die Dusche mit der Toilette verwechselt hatte ... - vor lauter Dreck war der Unterschied nicht gerade auffällig gewesen.

Eines Nachts hörte ich ein Knistern vor meinem offenen Fenster. Zweige brachen. Ich stand auf und lugte durch das Fenster. Die vermeintlichen Einbrecher entpuppten sich allerdings als Kühe, die des Nachts sich vor meinem Fenster niedergelassen hatten, idyllisch, oder?

Ich merkte sehr schnell, dass ich in einer völlig anderen Welt war: Zum einen waren die Einwohner absolut radikal anti-amerikanisch eingestellt. Die erste Frage war immer "Amriki?", und ich dementierte vehement und sagte dann immer "Almani!", worauf ich auch so manches mal nicht nur ein anerkennendes Klopfen auf die Schulter bekam, sondern auch ein "Aaaah, Hitler - very good man!" Jedenfall sprach es sich schnell herum, dass ein Bleichgesicht in der Gegend ist. Das war mir insofern recht, als dass sich damit auch rumsprechen würde, dass ich kein Amerikaner bin. Zugegeben, die ersten Tage fühlte ich mich schon etwas argwöhnisch beäugt - ein ziemlich unangenehmes Gefühl, zumal die Leute in der Region als äußerst rebellisch gelten.

Die Schulen - Mädchen und Jungen natürlich getrennt - waren übrigens sehr interessant: Die Schule der Jungen hatte Gitter vor den Fenstern wie in einem Gefängnis. Die würden sonst nur Blödsinn machen und rumhampeln, so wurde mir erklärt. Wenn ich zur Schulzeit an dem Gebäude vorbeiging, dann grölten sie immer winkend "Hello! How are you?" Die Szenerie wirkte dann irgendwie wie ein Knast aus dessen vergitterten Fenstern unzählige Arme winkten und heisere Stimmen zu hören waren. So manches Mal verwechselten sie das eigentlich freundliche "Hello!" mit einem "Fuck you!". Naja, was die Jugend alles so lernt. Jeden Tag fuhren unzählige LKW von und zur Schule, die alle Schüler aufgeladen hatten. Das ganze erinnerte mich an die traurigen Viehtransporte, nur dass die Schüler in diesem Fall z.T. grölend auf der Ladefläche rumturnten.

 

Die Unterkunft und Gastfreundschaft

Ich wohnte während meiner Famulaturzeit in einem Gebäude, das nach orientalischen Stil einen Innenhof besaß. Jedes Zimmer ist mit einer Klimaanlage ausgestattet gewesen, so dass sich auch die heißen Sommer mit bis 50°C ertragen lassen müssten. Die Zimmer sind alle mit einem europäischen WC und einer Dusche ausgestattet. Mehrmals war meine WC-Spülung defekt. Da ich sie nicht selber wieder in Gang kriegen konnte, musste ich den zuständigen "Hausmeister" anrufen. Zwischenzeitlich behalf ich mich derweil mit der Dusche als provisorische Spülung.

Das Trinkwasser aus der Leitung soll angeblich "rein" sein, habe ich aber nie ausprobiert. Im Haus selber gab es auf jeder Etage eine Küche und einen Aufenthaltsraum. Da Essen jedoch recht preiswert ist, braucht man nicht unbedingt kochen.

Einkaufen kann man dennoch an den vielen Ständen oder in den Supermärkten, die mitunter sogar Haribo aus Deutschland führen. Sehr preiswert und auch nahrhaft kann man in den vielen Straßenrestaurants essen, die mehrheitlich in indischer-pakistanischer Hand sind. Für 2 Euro bekommt man reichlich etwas für seinen Magen inclusive Salat und Getränk. Beim Salat sollte man sich überlegen, ob man dem "reinen" Wasser traut, aber bisher habe ich alles drinbehalten, auch eventuelle Insekten, die sich manchmal so schlau im Salat tarnen. Das ganze ist aber halb so schlimm und merkt man kaum, wenn man sich mit etwas Glück ein Restaurant mit Fernseher ausgewählt hat, in dem man unter freiem Himmel an der lauen Luft genüsslich essen kann. Ich sah z.B. "CSI Miami" in Originalton mit arabischen Untertiteln.

Gleich am ersten Abend hörte ich Krach aus der Küche einer unteren Etage. Neugierig öffnete ich die Tür und traf auch sogleich eine andere deutsche Studentin und lernte etwa 10 iranische Gastarbeiter (Krankenpfleger/-schwestern) und deren Familien kennen, mit denen ich bis zum letzten Tag sehr viel unternahm. Höhepunkt war dabei das persische Neujahrsfest Mitte März. Wir bekochten uns abwechselnd gegenseitig, so dass wir also auch vorzüglich mit persischen Köstlichkeiten versorgt wurden.

Ich hatte einmal das Glück bei einer omanischen Familie eingeladen zu sein. Zusammen mit den Iranern fuhren wir in zwei Autos (nach Männlein und Weiblein getrennt) zum Haus der Krankenschwester, wo auch Männer und Frauen getrennt aßen und den Abend verbrachten. Dabei war ich in der "Männerrunde" der einzige Vertreter der "westlichen Welt", was irgendwie ein komisches aber nicht ungutes Gefühl war. Niemand brachte mir Feindseeligkeiten entgegen, selbst wenn zwischenzeitlich über Politik gesprochen wurde. Das essen war jedenfalls reichlich und der Abend unvergesslich schön - auch ohne Alkohol... Fahrkosten für den "ÖPNV" ist äußert preiswert: Minibusse/Sammeltaxis fahren bis 20km für 300 Baiza (=60 Ct)! Taxis sind Verhandlungssache.

 

Kulturelle Unterschiede

...sind groß! Gerade in diesem Winkel der Arabischen Halbinsel haben sich viele Traditionen und kulturelle Prägungen gehalten. Sie sind zwar nicht so stark und erdrückend wie in Saudi-Arabien, aber entscheidend alltäglicher als im "verruchten" Dubai.

Es lässt sich nicht oft genug betonen, dass man als Ausländer in erster Linie positiv aufgenommen wird! Wenn man vor allem offen und interessiert andere Kulturen kennen lernen möchte, und nicht automatisch seine "westlichen " Wertvorstellungen und Normen überträgt und durchsetzen will, stehen einem alle Türen offen! Der Oman ist ein streng muslimisches Land! Auch als Mann sollte man ggf. kurze Hosen vermeiden, da diese im arabischen Kulturkreis als Unterhosen angesehen werden. Langhaarige Männer werden auf Missfallen treffen, oder zumindest seltsame Fragen über sich ergehen lassen müssen. Prinzipiell ist es sogar möglich, dass Euch im Krankenhaus als öffentlicher Raum eine Famulatur verwehrt wird.

Als Frau sollte man sich natürlich an entsprechende Verhaltensregeln aus renommierten Reiseführern für Individualreisen halten. Dennoch stellt eine Anmache - von einem Mann ausgehend - eine Ungeheuerlichkeit dar, und ist mir bisher nicht zu Ohren gekommen. In Bussen sitzen Männer und Frauen getrennt. Gibt es nicht genügend Plätze, oder ist die Platzverteilung ungünstig, so räumen die männlichen Fahrgäste in der Regel eine ganze Reihe für eine einzelne Frau! Auch als männlicher Ausländer sollte man solche Gepflogenheiten im Oman übernehmen, Frauen nicht unbedingt anstarren (auch wenn sie mit Burka oder ganz schwarz verschleiert erscheinen, und damit "Terroristen-Bilder" hervorrufen). Als Mann sollte man vornehmlich Männer ansprechen, sofern man Erkundigungen einholen muss. Ausländer untereinander sind von den strengen Regeln weitgehend ausgenommen, sie sollten aber nicht öffentlichen Ärger hervorrufen: So ist z.B. Händchenhalten in der Öffentlichkeit verpönt, küssen und erst recht Knutschorgien sollte man ganz vermeiden. Zu entsprechend "sittengerechter" Kleidung möchte ich auf einschlägige Reiseführer verweisen. Die Auffassung vom Selbst und vom gesellschaftlichen Miteinander ist sehr verschieden von unserer Haltung diesen Themen gegenüber.

Gesellschaftliche Anonymität gibt es kaum, auch in einer Großstadt wie Muscat wird man sie kaum antreffen. Pärchen sollten demnach auch an offensichtlich verlassenen Orten und auch im Dunkeln "Anstand bewahren". Dementsprechend ist die Kriminalitätsrate sehr sehr gering. In einem Reiseführer las ich: [...] und wenn Ihnen doch mal etwas gestohlen wird, dann können Sie am nächsten Morgen mit Gewissheit in der Zeitung davon lesen." Hilfsbereitschaft ist groß und bedarf auch keinerlei Bezahlung.

Insgesamt ist das gesellschaftliche und soziale Klima sehr friedlich, was natürlich auch darin begründet ist, dass das Land keine Demokratie darstellt. Auf der einen Seite versorgt der Sultan wie ein übermächtiger Vater seine Untergeben gut, auf der anderen Seite weiß er aber auch mit starker Hand Kriminalität und militante Gewalt zu kontrollieren. Allgemein schienen mir die Menschen sehr zufrieden. Insbesondere in den weit entfernt gelegen Regionen, vor allem im rebellischen Dhofar, scheint seine Taktik der Ruhigstellung durch gute Versorgung aufzugehen. Die Menschen sind zufriedener, friedlicher und weit weniger aggressiv. Außerdem ist ein überzogener gesellschaftsfeindlicher Egoismus nach dem Muster "Jeder kümmert sich nur um sich und seinen Vorteil" glücklichweise viel weniger entwickelt als bei uns. Das alles machte mir den Aufenthalt sehr angenehm.

Am stärksten werden die Unterschiede deutlich im Verhältnis zwischen Mann und Frau. Eine voreheliche Beziehung existiert nicht. In der Regel hält der Mann um die Hand der Frau an. Nach omanischen Recht ist eine Zwangsheirat nicht möglich, und eine Frau kann auch nein sagen. Ob aber der psychische Druck, der auf einer jungen Frau lastet, wirklich eine solche Freiheit möglich macht....? Immerhin hat die Familie eine viel größere Bedeutung als bei uns und ein "Verstoßen" ist dementsprechend mit viel größeren Belastungen verbunden als bei uns.

Offiziell ist eine Frau ab dem 30. Lebensjahr "frei". Es ist nicht unüblich, dass eine Frau nach "Gutdünken" ausgesucht wird. "Er hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten möchte, und da hab ich dann einfach mal ja gesagt", verriet eine omanische Krankenschwester der anderen deutschen Studentin. Nach unseren Verhältnissen ist es undenkbar einen "Bund fürs Leben" einzugehen, ohne das man sich gegenseitig kennengelernt hat, zusammen gelebt hat. Schließlich muß man doch wissen, worauf man sich einläßt. Oder? Nach orientalischem Verständnis ist es wiederum undenkbar eine Beziehung zu führen, ohne verheiratet zu sein, zumal keine platonische sondern eine intime. Kurzum: Für diese Menschen ist einfach die Unverbindlichkeit der "westlichen Beziehungsmodelle" genauso suspekt, wie für uns die Vorstellung à la "die Katze im Sack kaufen".

Dieses Denken bestimmt auch, warum so viele "Südländer" in an sich strengen Ländern Touristinnen "anmachen", "anbaggern", "abschleppen". Wenn man sich dann beim genüsslichen Abendmahl in einem Straßenrestaurant eine US-Serie anschaut, und bedenkt wie viel "Sex & Crime" alleine in einer einzigen Folge daherflimmert, dann besteht das Bild von einer westlichen Frau schnell nur noch aus freizügigen, vor allem "leicht zu kriegenden" und "nimmersatten" Frauen. Demgegenüber ist der Oman aber völlig anders, und man braucht vor einer Anmache keine Angst zu haben. Um sich aber selber auf sicherem Terrain zu bewegen, sollte man als Frau entsprechende Grundregeln einhalten. Dann werden die omanischen Männer grundsätzlich sehr respektvoll und zurückhaltend auftreten. Auch das ist ein Erlebnis meines Aufenthaltes im Oman: Meine Erlebnisse weit weg von Berlin führten mir anhand von vielen Positiv-Beispielen vor Augen, welche Probleme wir in Deutschland eigentlich haben: Mit immer mehr Technik, unserem (trotz allem noch) Wohlstand und unseren Standards wächst unsere Gesellschaft und ihr Fortschritt, aber die sozialen Umgangsformen werden immer primitiver und unmenschlicher!

 

Freizeit

Arbeitszeit ist von Samstag bis Mittwoch von 7:30-ca. 14:00/14:30 Uhr, also sehr angenehm. Trotzalledem bleibt aber nicht sooo viel Zeit. Meistens ist es mittags zu heiß auch nur wenige Schritte zu machen. Daher ist man gut beraten sich einige Gepflogenheiten bei den Einheimischen abzugucken:

1. Nie ohne Kopfbedeckung, also NIE NIE NIE!!!Ich selber hatte auf einer anderen Reise in Damaskus einen Sonnenstich mit über 40°C Fieber, Durchfall und der ganzen Palette an damit verbundenen Problemen.

2. Immer trinken, trinken, trinken - aber alkoholfrei! Auch wenn man "gar nicht" schwitzt, bei hoher Trockenheit der Luft und Hitze verdunstet der Schweiß, bevor er die hübschen "wohlriechenden" Muster auf dem Hemd erzeugt - wie gesagt, man merkt es gar nicht, dass man Wasser verliert, also auch trinken, wenn man gar nicht durstig ist!

3. Mittags, nach der Arbeit am besten in den Schatten legen und schnarchen! Macht irre viel Spaß und man hat genug Kraft für die kühleren Abendstunden, wenn die Geschäfte wieder aufmachen, und das Leben auf den Straßen pulsiert (bis 22/23 Uhr shoppen usw.!)

4. Wer bei Hitze einen empfindlichen Magen hat (z.B. durch Klimaumstellung) sollte die dicken Hähndl lieber am Abend verdrücken. Durch die Blutumverteilung in der Hitze steht nicht genügend Blut im Darm zur Verfügung. Wenn man das Mahl am kühleren Abend genießt, bleibt die Schweinerei (Durch'marsch) aus.

In Muscat gibt es einige Kinos, mehrere Parks, u.a. auch einen "Vergnügungspark" mit Fahrgeschäften (diese aber eher für Kinder), Strände (unter anderem den Dive-Center), mehrere Museen, natürlich den Souq in Matrah, die Hauptstadt Muscat mit dem Sultans-Palast. Hier befindet sich auch ein Straßenabschnitt mit "merkwürdigen" hüfthohen Säulen am Wegesrand. Beim genaueren Hinsehen erkennt man Kanonenrohre, die vor ein paar Jahrhunderten ein Geschenk eines indischen Gouverneurs an den damaligen Sultan darstellte. Da dieser damit nichts anzufangen wusste (oder wollte), ließ er sie kopfüber in den Boden rammen.

Erwähnenswert ist auch das "Al-Bustan"-Hotel im Osten der Metropole. Eigentlich liegt es schon sehr weit außerhalb malerisch in einer Bucht, und ist nur mit dem Taxi zu erreichen. Es soll bis vor wenigen Jahren das teuerste Hotel gewesen sein, nun steht das teuerste Hotel der Welt in Dubai. Einen Tee kann man in diesem prächtigen Bau aber preiswerter genießen als am Bodensee. Benachbart zum al-Bustan befinden sich malerische Buchten, die z.T. auch einen Sandstrand haben. Allerdings sollte man wieder an die Kleiderordnung denken: Also Mädels, lasst den Bikini zu Hause, und am besten auch den Badeanzug! Hinein geht's am besten mit langer Hose und Hemd! Nudisten sind hier leider völlig fehl am Platze. Männer sollten am besten Shorts tragen. Shoppen kann man entweder im Souq in Matrah oder in einem der Shoppingcenter. Im Souq von Matrah findet man vorwiegend Touristen-Trödel, der aber auch ganz interessant ist.

Benachbart ist der "Gold-Market" von Matrah, in dem nicht nur Gold, sondern auch Silber verkauft wird. Silber ist der eigentliche traditionelle Werkstoff, aber inzwischen dominieren die Geschäfte mit Goldschmuck. Wer immer schon einmal daran gedacht hatte, sich etwas Besonderes aus Gold zuzulegen, oder der Liebsten etwas Derartiges mitzubringen gedenkt, der sollte hier definitiv zuschlagen. Die Preise sind niedriger, und insgesamt ist das Sortiment viiiel schöner.

 

Ausflüge

..... sollte man dringenst machen! Es ist allerdings nicht unbedingt einfach, sofern man auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. Zu allen größeren Ortschaften oder gar Städten wird man Busse oder Sammeltaxis bekommen. Auch zu mittelgroßen Orten gelangt man meist ohne Probleme, aber die Rückfahrt ist ein Problem. Wenn man zu einem kleineren Ort gelangen möchte, dann sollte man vorher eine Uhrzeit mit dem Taxifahrer vereinbaren, zu der er Einen wieder abholt. Mittlerweile haben quasi alle Taxifahrer ein Handy, und die Nummer steht meistens auf dem Innenspiegel. Somit ist es also nur noch eine Frage des Handlungsgeschickes. Man sollte allerdings bedenken, dass man ab Freitag Mittag zur Gebetszeit schlechte Karten hat, da alle einheimischen zum Gebet gehen. Da nur omanische Fahrer eine Lizenz bekommen, hat man also auch keine Chance einen ausländischen Taxifahrer zu finden. Sofern es geht sollte man sich zusammentun und ein Auto mieten. Die Preise sind nicht besonders billig, aber zusammen kann man es gut machen. Empfehlenswert sind unendlich viele Orte, Wadis und Küstenabschnitte und natürlich die Sanddünen der Wahiba-Sands und der Rub-al-Khali, dem "Leeren Viertel".

Im Norden gibt es ein paar kleine Enklaven, die z.T. auf Gebiet der Vereinigten Arabischen Emirate liegen. Das größte ist die Halbinsel Musandam. Sie ist die strategisch wichtige Spitze des "Horns von Arabien" . Bei gutem Wetter soll man sogar die Küste von Iran sehen können (zumindest nachts die Lichter). Außerdem ist Dubai nicht fern. Doch sollte man sich vorher wegen Visa-Angelegenheiten informieren, da es an der Grenze bei Buraimi/Al-Ain keinen Kontrollposten gibt, und man unter Umständen aufgrund der fehlenden Stempel als "illegal ein-/ausgereist" erhebliche Probleme bekommen kann!!!

Im Süden schließt sich die wunderbare Welt des Hajjar-Gebirges an. Dessen höchster Gipfel ist der Djabal Shams (Berg der Sonne) mit gut 3000 m. Die ganze Gegend um diesen Berg soll ein Canyon-Gebiet sein, so dass die Gegend auch als "Canyon Oman's" bezeichnet wird. Ausflüge zum höchsten Punkt Omans kann man aufgrund der schlechten Straße und der militärischen Anlagen kaum ohne Allradwagen oder Reiseagentur machen.

Ganz im Süden - durch 1000 km Wüste getrennt - befindet sich der Dhofar. Das ist jenes verborgene Land, das im Altertum und bis heute, Weihrauch liefert. Besonderheit erlangt dieses Gebiet dadurch, dass es im Sommer regelmäßig vom Monsun den ersehnten Regen erhält. Dann verwandelt sich das trockene Land in ein grünes Paradies! Während in Dubai, Kuweit, Ryiad und Muskat Temperaturen um 50°C herrschen, ist es im Dhofar angenehm kühl und regnerisch, zuweilen sogar nebelig. Insgesamt herrscht eine Graslandschaft mit einigen Bäumen vor (keine Wüste!), eine Szenerie, die im Winter grau-braun und trocken eher an die afrikanische Savanne erinnert, zumal sehr viele Rinder unterwegs sind. Nur die Kamele erinnern daran, dass man noch in Arabien ist.

Diese Region hat aber noch mehr zu bieten: Es ist die einzige Region Arabiens, in der man die Pflanzenwelt Afrikas wieder findet! Wahrscheinlich liegt das in der Kontinentaldrift begründet und stammt aus einer Zeit, als Afrika und die Arabische Halbinsel noch ein Ganzes waren. Seit Millionen von Jahren sind Afrika und Arabien durch den großen Grabenbruch getrennt, der sich vom Toten Meer über das Rote Meer bis nach Kenia und Tansania zieht. Dort, in Ostafrika, lagen auch ein Teil der Handels-"Kolonien" des alten Omanischen Sultanats. Durch viele "Rückwanderer" ist der Anteil der schwarzen Bevölkerung sehr hoch im Oman!

Auch die Bevölkerung unterscheidet sich vom Rest des Landes. Es sind die Jabalis, eigentlich Viehzüchter und Nomaden, die sich aber in den letzten Jahrzehnten angesiedelt haben oder "wurden". Ihre Sprache ist das Jabali, das eine völlig andere Sprache ist. Grammatik und Aussprache unterscheiden sich vom Arabischen und sind noch viel komplizierter. Eine Schrift existiert nicht, sie wird nur mündlich tradiert. Die Mentalität dieser Leute ist rau und beherzt. Abgesehen von Sprache und Mentalität, gibt es noch viele alte Gebäude im Dhofar. Vor allem in der alten Stadt Mirbat sind noch viele Häuser im jemenitischen Baustil (leider im schlechten Zustand) erhalten. Im Westen erstreckt sich der Jabal Qamar (Ber des Mondes), dessen einzige Strasse reich an Serpentinen zur jemenitischen Grenze führt. Während sich die Straße bis in die Wolken schraubt, wird die Gegend immer verlassener. Schließlich gibt es nur noch zwei Militärposten, bewaffnet mit Maschinenpistolen. Die erste kann man noch ungehindert passieren, an der zweiten ist ohne Erlaubnis Schluss.

Im äußersten Nordosten des Landes, am Ras al-Hadd im Ja'alan, gibt es den einzigen offiziellen Campingplatz. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, zumal er nicht sonderlich gut ausgestattet sein soll, wären da nicht die sehenswerten Riesenschildkröten die im speziellen Naturschutzgebiet zu bestimmten Zeiten gehäuft bei der Eiablage beobachtet werden können. Man kann für wenig Geld dort eine nächtliche Tour buchen, und die Naturschützer führen den Besucher zu den Stellen, von wo aus man die Tiere beobachten kann.Auch hierher kommt man nur mit einer gebuchten Hotel-Tour oder einem Mietwagen.

 

An-/Weiterreise

Die bequemste Variante ist sicherlich der Flieger. Die Flüge sind aber z.T. recht teuer, ausgiebige Vergleiche sind unabdingbar.Vom Flughafen Seeb (25km von Seeb und 30 km von Muscat) fährt bei zumeist nächtlicher Ankunft nur ein Taxi für mindestens 10 Euro zum Krankenhaus. Sollte man doch tagsüber landen, so empfiehlt es sich, den stressigen Marsch mit Gepäck bis zum Round-about und die Überquerung der gefährlichen Autobahn zu vermeiden, und stattdessen trotzdem ein Taxi zu nehmen.

Die interessanteste Variante ist aber der Landweg. Dabei kommen zwei Strecken in Frage:

a) der Weg über die Türkei:

Ab Deutschland gibt es zahlreiche Bahnverbindungen nach Budapest. Dieser Streckenabschnitt wird mit etwa 100 Euro wahrscheinlich der teuerste der gesamten ca. 4000km langen Reise sein. Ab Budapest gibt es einen direkten Zug nach Istanbul. Will man ein paar Kröten sparen und dazu noch einiges mehr sehen, so führt die Route über Belgrad oder Bukarest, Sofia und Edirne nach Istanbul. Ab Istanbul verkehrt regelmäßig ein Zug über Van nach Teheran. Die Fahrt dauert 3 Tage und kostet inklusive Schlafabteil ca. 75 Euro (für mehere Tausend Kilometer!). Ab Teheran steht einem dann ein relativ weites Zugnetz zu Verfügung. Aufgrund der z.T. gefährlichen Lage in den Grenzprovinzen zu Afghanistan und Pakistan sollte man vorher in jedem Fall Erkundigungen beim AA oder der dortigen Botschaft einholen. Der direkteste Weg führt über Isfahan nach Bandar Abbas oder Busher. Die Fahrt kostet unter 10 Euro. Von dort gehen Fähren in die Vereinigten Arabischen Emirate. Von Dubai aus ist es dann nur noch ein "Katzensprung" nach Muskat: 5 Stunden Busfahrt für 10 Euro. Auch hier sollte man wieder das oben angesprochene Visum-Problem vorher lösen! Visa braucht man auf dieser Strecke nur noch für den Iran, die für die Arabischen Emirate und Oman kann man auch vor Ort bekommen.Seit kurzem brauchen EU-Bürger keine Visa mehr für Rumänien, Serbien und Montenegro sowie Bulgarien.

b) der Weg über Tunesien:

...ist grundsätzlich kaum möglich. Der Weg führt nach Tunesien über Tripolis und vielen interessanten Römerstädten an der Küste entlang über Benghazi und Tobruk -wichtigen Schlachtplätzen des WWII mit Kriegsgräbern- zur Ägyptischen Grenze. Eines der schwierigsten Dinge ist es sicherlich ein Visum für Libyen zu bekommen.Von der Grenze gibt es Anschluß mit der Bahn nach Kairo. Entweder man benutzt einen Flieger nach Muscat, oder man könnte zu einer Hafenstadt am Roten Meer und tingelt mit der Fähre nach Saudi Arabien. Von dort geht es weiter mit dem Bus nach Dubai und von dort nach Muskat. Alternativ kann man auch einen Bus/Fähre nach Aqaba (Jordanien) nehmen, und dort ein Busticket kaufen.

c) Als dritte Möglichkeit steht eine Route über Syrien und Jordanien zur Verfügung.

Das allerschwierigste ist bei dieser Variante das Visum für Saudi-Arabien zu bekommen, und dann auch noch an der Grenze reingelassen zu werden. Traveller, die Libyen und Saudi-Arabien besuchen/durchqueren wollen, dürfen keinen israelischen und ggf. südafrikanischen Stempel im Reisepass haben. Man kann allerdings auch einen Bus direkt von Istanbul nach Dubai nehmen, wenn die Voraussetzungen stimmen.

 

Auch möglich ist eine Fahrt mit dem Zug nach Kasachstan. Von dort kann man nach Usbekistan, Turmenistan und weiter in den Iran fahren. Insgesamt sollte man für eine Anreise für den Landweg etwa 10-15 Tage einplanen.

 

 

Abreise mal anders

Vor dieser Reise hatte ich mir eine große Aluminiumkiste gekauft, die man wie einen Koffer auf Rädern ziehen konnte. Zudem war sie aber viel stabiler, und sehr sicher zu verschließen.Auf meiner Rückreise verpasste ich wegen einiger Widrigkeiten meinen Flieger. Letzten Endes saß ich also erst einmal auf dem Flughafen fest. Bei "Betriebsschluss" kam ein Gulf-Air-Angestellter, und brachte mich unfreundlichst durch eine aufwendige Sicherheits-Schleuse. Mann, war das ein Stress! Wie heißt es doch so schön: "Im Chaos rief eine Stimme zu mir: Bleibe ruhig und sei froh, es könnte schlimmer kommen! - Und es kam schlimmer!" Ich fuhr, nachdem ich einen neuen Flug für die nächste Nacht gebucht hatte, wieder zurück ins Royal Hospital. Schließlich kam ich gegen 3 Uhr in der Nacht an. Dort ging ich zuerst in die Notaufnahme, wo ich zuletzt famuliert hatte, um meine schwere Kiste nicht in den 4.Stock schleppen zu müssen.Man zeigte mir freundlich wie immer (was für eine Wohltat nach so einer Aufregung!) einen Stellplatz für meine Kiste, und ich sagte, dass ich am folgenden Abend wiederkommen würde. "Kein Problem!" Am nächsten Abend suchte ich meine Kiste. Schließlich fand ich sie bei der Security. Der Mann bat mich ins Zimmer zu seinem Chef. Der bot mir etwas zu trinken an, und dass ich mich doch setzen solle. Ich wollte nicht schon wieder einen Flug verpassen, und so wollte ich eigentlich gar nicht.

Doch es kam noch schlimmer: Er sagte mir, dass meine Kiste von der Polizei aufgesprengt wurde, weil man dachte, es wäre eine Bombe drin. Und als ich die Kiste herumdrehte, da sah ich den ganzen Jammer! Meine Kiste war an der einen Seite total im...äh ... Po!Das war aber nicht alles. Jetzt musste erst einmal die Polizei angerufen werden. Der gute Mann erklärte mir freundlich, dass sie mit meiner Kiste den ganzen Tag Ärger gehabt hätten. Am Morgen war die Morgenschicht nicht von der Anwesenheit meiner Kiste informiert worden. Daraufhin befand die Security, dass das so nicht geht, und dass da ja ne Bombe drin sein könnte. Daraufhin wurde die Polizei gerufen, die das Sprengkommando hinzuzog. Dieses stellte meine Kiste auf den Sportplatz, evakuierte die angrenzenden Gebäude und den Parkplatz, und sprengte schließlich meine schöne Kiste auf! Zwei riesige Löcher an der einen Längsseite! Bei den Ausführungen des Security-Chefs kam ich langsam ins Schwitzen. Ich hoffte, dass ich jetzt nicht den ganzen Polizeieinsatz bezahlen müsste!!! Die Polizei bestand auf eine schriftliche Stellungnahme und Erklärung des ganzen Vorfalls. Also saß ich da, und pinselte mir irgendwie etwas Sinnvolles zurecht, immer begleitet von besorgten Blicken auf die Uhr. Schließlich war es aber vollbracht, und ich konnte endlich von dannen ziehen. Mein Taxifahrer wartete schon auf mich, und als er die Kiste sah, musste er fast lachen. Beinahe überschwänglich erzählte er mir von der ganzen Aktion, die er von seinem Taxi aus in den Stunden zuvor miterlebt hatte, und fand das Ganze äußerst interessant. Meine arme Kiste....

Ausflug in die Wahiba Sands

Da ich unbedingt wieder richtige Wüste spüren wollte, mieteten wir uns zu zweit ein Auto am Flughafen in Seeb. Der junge Mann lachte mich fast aus, als ich nach dem Reserverad fragte, aber ich wollte halt sicher gehen. Nachdem er mir stolz den leeren Raum zeigte, an dem sich eigentlich das Rad befindet, war dann die Genugtuung auf meiner Seite. Er lief dann zu einem anderen Mietwagen, und baute dort einfach eins aus.... Nach 200 km Fahrt auf feinstem Asphalt kamen wir an eine Pisteneinmündung. Die Piste führte geradewegs auf die riesigen orange-roten Dünen der Wahiba-Sands zu. Die ersten 100m waren ja noch OK, aber dann verwandelte sich die Strecke in eine Wellblechpiste, die alles durchschüttelt. Ich habe mal in einem Buch gelesen, dass man nur zwei Möglichkeiten hat: Entweder man fährt nur 20km/h und nimmt jedes Tal einzeln und steigt schließlich mit einem Ganzkörper-Tremor aus dem Wagen, oder man heizt mit 60-80 Sachen über die Piste. Dann soll man nämlich nur noch die Kuppen berühren, und eine sanftere Fahrt haben. Allerdings merkte ich dann bei der ersten großen Bodenwelle, dass das auch ein ganz schön schweißtreibendes und konzentrationsraubendes Unterfangen ist. Ich dachte nur noch, dass hoffentlich die Achsen heil bleiben würden... Sie blieben es auch zum Glück.

Auf der Suche nach einem Nachlager fuhren wir uns dann aber doch im Sand fest. Inzwischen war es dunkel geworden, und somit angenehm kühl. Im Mondschein pumpten wir dann mit dem Wagenheber das Auto nach oben. Wir buddelten bestimmt 2 1/2 Stunden in der Nacht. Dann beschlossen wir einfach das Zelt in den Dünen aufzubauen, und unser Nachtmahl einzunehmen.

Es war eine wunderschöne Nacht, die durch die hereinbrechenden Sonnenstrahlen zu schnell beendet wurde. Schnell entdeckten wir ein Fahrzeug das in der Nähe fuhr und winkten es herbei. Im Fahrerhäuschen des Pick-ups saßen zwei Beduinen-Frauen mit Burka, und auf der Ladefläche eine Horde Kinder. Sie nahmen uns mit in ihr Camp, und nach dem obligatorischen Käffchen mit Datteln wollten sie uns dann mit einem Brett als Unterlage aushelfen. Nach 5 Metern steckte auch dieser Wagen fest, so dass wir in ca. 1,5 km ein benachbartes Touristencamp liefen. Dort begegneten uns die westlichen Touristen mit der üblichen Arroganz, so dass ich gleich einen Einheimischen ansprach. Der war sofort dabei, und wenige Minuten später bestaunte er unser Auto und die Sandberge, die wir in der Nacht beiseite geschaufelt hatten. "Oh, it's not a 4WD.......and it's a rental car! Oh my God!" Tja, naja, irgendwie hatte er ja recht..... Jedenfalls ist diese Geschichte gut ausgegangen, und die Nacht war es allemal wert! Für alle, die ähnliches vorhaben: Wenn Ihr Euch ein Auto leisten könnt, dann nehmt am Besten einen Geländewagen. Für den Oman ist das das Beste! Wenn man nur "Kultur" machen möchte reicht auch ein normaler PKW, aber die großartigen Landschaften lassen sich besser mit 4WD auf den Pisten erreichen! Und wenn das Geld nur für einen PKW reicht, dann bitte Vorsicht! Nicht alle Autovermieter erlauben Fahrten auf Pisten oder nach Salalah!

Wer richtige Wüste erleben möchte, kann sich entweder bei großen Hotels nach Führungen erkunden, die allerdings recht teuer sind. Wer versiert ist, kann sich wie gesagt auch einen Geländewagen mieten, und per GPS querfeldein das Land erkunden. Unbedingte Voraussetzungen sind viel Geld, eingehende Wüstenkenntnisse (vor allem das Fahren im Sand!) und viel Erfahrung! Als Kartengrundlage kann man dafür eigentlich nur entsprechende US-Fliegerkarten (TPC 1:500.000) oder sowjetische Generalstabskarten empfehlen. Beide sind aber kaum noch zu bekommen. In Deutschland kann man es bei "Daerr" (München) versuchen, die zu den erfahrendsten Expeditionsausrüstern gelten, und diese Karten besorgen können.

 

Lust auf mehr? Hier ein paar Tipps:

Wirkliche Informationen für den Oman zu bekommen ist recht schwer. Es gibt kaum "anständige" Landkarten (im Sinne von verwertbaren topographischen Karten), und nur wenige Bücher:

!!!Absolut Spannend: "Die Brunnen der Wüste" von Wilfred Thesinger; Expeditionsbericht des bedeutenden englischen Forschers, der sich in den 50er Jahren den Beduinen auf ihrem Zug durch die große Sandwüste Rub alKhali (="das leere Vierte"), Arabiens anschließt. Packender Bericht, der eine großartige Darstellung des abenteuerlichen Lebens in Arabien bietet, zu einer Zeit, als sich arabische Stämme noch blutig bekämpften, und das Leben der Beduinen äußerst hart war, während in Europa und Amerika Telefon und Fernseher in die Wohnzimmer einzogen. - Wüstenerlebnis pur!

Reiseführer: "Oman - Geheimnisvolles Sultanat zwischen gestern und übermorgen", P.Franzisky, K.Kabasci, Reise-Know-How-Verlag Peter Rump GmbH/Därr GmbH, auch neue Auflagen! Gehört zu den besten deutschen Reiseführer-Verlagen!

"Middle East", lonely planet, engl., diverse Autoren, deckt die gesamte Arabische Halbinsel mit Türkei, Iran und Ägypten grob aber gut ab.

"Off-road in Oman", H.Klein, R.Brickson, Desert Line Projects L.L.C., 1. Auflage 1992

Karte: "The Sultanate of Oman - Tourist Map", National Survey Authority, Ministry of Defence, October 2005

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