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  • Bericht
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  • Sebastian Kaden
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  • 07.11.2011

Famulatur in Nairobi, Kenia 2011

Am 24. Juli 2011 stieg ich in den Zug in Richtung Frankfurter Flughafen. Ein flaues Bauchgefühl begleitete mich, denn mir stand ein großes Abenteuer bevor - und das ganz allein: Fünf Wochen in Kenia lagen vor mir und damit auch zahlreiche Erlebnisse und eine völlig andere Welt: Ein Land voller Armut, Hunger und Elend, aber auch voller Herzlichkeit, Offenheit und Menschlichkeit.

Meine Motivation nach Afrika zu gehen, rührt aus meiner Kindheit her. Schon damals faszinierte mich dieser Kontinent und seine Bewohner. Durch vorherige Reisen nach Namibia, Südafrika, Mauritius und in die Karibik wusste ich, worauf ich mich einließ.Ich wusste aber, dass ich vor Ort viel Gutes für die Menschen tun kann und medizinische Hilfe fast nirgendwo so direkt möglich ist, wie in Afrika. Da ich später auch gerne bei Ärzte ohne Grenzen mitarbeiten möchte, stand es für mich von vorne herein fest: Ich gehe zur Famulatur nach Afrika!

 

Vorbereitung Reise und Unterkunft

Ein Jahr im Voraus begann ich Krankenhäuser in Kenia anzuschreiben. Unzählige E-Mails musste ich verschicken, bis ich endlich im Arrow Web Hospital Nairobi in Kayole Erfolg hatte. Ich schrieb eine E-Mail an den Direktor des Krankenhauses und zwei Wochen später bekam ich eine Zusage von Bramuel, dem Krankenhausmanager. Mit ihm gelang der E-Mail Kontakt einwandfrei und für afrikanische Verhältnisse auch sehr zügig, denn nur zwei Wochen bis zu einer Rückantwort sind für Afrika wirklich schnell. Gleichzeitig bot er mir auch eine Unterkunft bei sich zu Hause an. Pro Tag kostete sie 35 US-Dollar, der Preis beinhaltete den Transfer vom und zum Flughafen zurück sowie freie Verpflegung. Außerdem nahm er mich jeden Tag zum Krankenhaus mit und half mir auch in vielen anderen Dingen. Zwar sind 35 US-Dollar ein stolzer Preis für Kenia, allerdings wird von dem Geld auch Strom, Wasser und Internet bezahlt und kommt sogar noch dem Krankenhaus zu Gute. Da sich doch immer mehrere Studenten in diesem Krankenhaus bewerben, empfiehlt es sich schon mindestens ein halbes Jahr vorher dem geplanten Aufenthalt, Kontakt aufzunehmen.

Den Flug buchte ich schon sechs Monate vorher, um ein möglichst günstiges Ticket zu ergattern. Mein Visum bekam ich direkt am Flughafen für 40 US-Dollar und wurde problemlos bewilligt, als ich mitteilte, dass ich als Medizinstudent im Krankenhaus arbeiten würde. Ebenfalls empfiehlt es sich eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen, denn eine gute medizinische Versorgung ist in Kenia nicht nur äußerst selten, sondern auch extrem teuer und muss vor Ort in bar bezahlt werden.Wichtig ist auch sich vor der Reise gegen Gelbfieber impfen zu lassen und Medikamente mitzunehmen wie Kortison, Antibiotika, Durchfallmittel, Schmerzmittel, Halsschmerztabletten - konnte ich sehr gut gebrauchen -, fiebersenkende Mittel und jede Menge Mückenspray. Eine Malariaprophylaxe ist ebenfalls sinnvoll, wenn man sich auch außerhalb Nairobis aufhält. Ich nahm als Prophylaxe Malarone ein, das ich gut vertragen habe. Leider hemmen die Tabletten das Immunsystem stark, weshalb ich dort viele Infekte hatte.

 

Ankunft in Nairobi

In Nairobi holte mich Bramuel, der Krankenhausmanager, persönlich ab. Er war sogar eine Stunde vor mir am Flughafen und ich war überrascht mit welcher Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit alles klappte. Das ist in Afrika nicht die Regel und sollte auch nicht erwartet werden, denn es ist und bleibt eine völlig andere Kultur. Aus zehn Minuten können schnell zwei Stunden werden und Gegebenheiten ändern sich innerhalb von Sekunden. Daher ist planen schwierig, aber auch nicht unbedingt notwendig, denn in Afrika gilt: "Hakuna Matata"!

 

Das Krankenhaus

 

Das Krankenhaus mit 20 Betten - Foto: S. Kaden

Das Krankenhaus mit 20 Betten - Alle Fotos: Sebastian Kaden

Das Krankenhaus ist klein und liegt mitten in einem der Slums von Nairobi in Kayole. Es besteht aus etwa 20 Betten, die aber nie komplett belegt waren, denn viel wichtiger ist die ambulante Versorgung von Patienten, die täglich aus dem Slums direkt ins Krankenhaus kommen. Ich behandelte Patienten mit Malaria, Typhus und Pneumonien, außerdem impften wir kleine Babys gegen Polio, untersuchten Schwangere, leisteten Geburtshilfe und reinigten Wunden. Ein Highlight war, dass ich eine tiefe Fleischwunde einer Frau reinigen und selber nähen durfte, sie war von einem Fahrrad angefahren worden. Ein anderer Patient hatte eine Wundinfektion am Fuß nach einer Operation bekommen. Ein LKW war über seinen Fuß gefahren und erforderte eine sofortige Operation. Da Hygieneregeln in Afrika nicht so streng befolgt werden wie bei uns, infizierte sich der Fuß und begann sogar zu faulen. Aus medizinischer Sicht konnte ich wirklich viele interessante Fälle sehen und die Arbeit war sehr abwechslungsreich. Die Arbeitszeiten durfte ich mir frei einteilen und so begann ich meistens gegen 10 Uhr und blieb bis 16 Uhr. Außer einem Kittel und meinem Stethoskop brauchte ich keinerlei andere Utensilien.Der Klinikalltag dort ist wesentlich entspannter als in Deutschland und bot genügend Zeit, um vor dem Krankenhaus mit den unzähligen Kindern zu spielen oder mit den Angestellten zu plaudern.

 

Mein Arbeitsplatz. - Foto: S. Kaden

Mein Arbeitsplatz

Land und Leute

Alle Kenianer, die ich kennen lernte, waren ausgesprochen gastfreundlich und so fuhr ich mit einem der Ärzte für fünf Tage an den Viktoriasee und besuchte seine Familie. Während meines gesamten Aufenthaltes wurde Englisch gesprochen und nahezu jeder Kenianer war in der Lage sich mit mir zu unterhalten. Mit zunehmender Zeit gelang es mir auch ein wenig Swahili zu sprechen, die eigentliche Sprache der Kenianer. Neben der Arbeit im Krankenhaus blieben genügend Freiräume, um in das Land und seine Kultur einzutauchen. Es gab unglaublich viel zu sehen und zu erleben: Ein Besuch im Waisenheim für Elefanten, ein Stadtbummel in Nairobi, die Fahrt zum Viktoriasee und eine Reise nach Mombasa mit Safari durch die Nationalparks Tsavo Ost/West und Ambroseli.Es ist wichtig, sich immer wieder zu verdeutlichen, dass die Menschen in Afrika - und somit auch in Kenia - sehr arm sind und manchmal nicht genügend Geld für die nächste Mahlzeit haben. So verwundert es nicht, dass sie Europäer als weiße Messiasse sehen, die unendlich viel Geld mitbringen. Wirklich jeder Afrikaner fragte mich beispielsweise täglich um Geld und Gefälligkeiten. Anfangs fiel es mir schwer sie abzuweisen, doch leider ist es nicht möglich jeden Tag bis zu 20 Menschen mit 100 Kenia-Shilling - etwa ein Euro - zu finanzieren. So musste ich lernen sie höflich, aber bestimmend zurückzuweisen, sonst hätte ich nach zwei Wochen mein gesamtes Reisegeld dafür aufgebraucht gehabt.

 

Eine kleine Patientin und ich - Foto: S. Kaden

Eine kleine Patientin und ich

Genauso musste ich mich darauf einstellen, dass überall wenig organisiert ist und deswegen Abläufe sehr lang dauern können. Mit ein bisschen Gelassenheit und Freundlichkeit kam ich aber immer zum Ziel. In vielen Reiseführern habe ich auch über die Gefahren in Nairobi gelesen, die ich aber in keiner Weise bestätigen kann. Natürlich gilt es Grundlegendes zu beachten, aber wenn man sich daran hält, braucht man nichts zu befürchten.Ich habe zum Beispiel keine Uhr getragen, mein Geld auch nicht auf offener Straße gezählt oder teure Kleidung getragen. Es ist auch sicherer nach Dunkelheit nicht mehr alleine unterwegs zu sein und für den Fall der Fälle immer ein wenig Geld in der Tasche zu haben. Dennoch muss ich sagen, habe ich mich niemals unsicher gefühlt und habe mich einfach unter das Volk gemischt. So konnte ich voll in die afrikanische Kultur eintauchen.

 

Eine "normale" Straße - Foto: S. Kaden

Eine "normale" Straße

Die Kinder haben manchmal nur Müll zum Spielen.

Fazit

Ich würde jederzeit dieses Abenteuer wieder antreten und bereue nicht eine Sekunde meines Aufenthalts.Schließen möchte ich den Bericht mit einem Zitat aus einem Buch über Afrika: "Afrika ist die Wiege der Menschheit, hier findet der Mensch etwas, was wir bei uns längst verloren haben."Es beschreibt meine Erlebnisse und das, was man findet, wenn man zum ersten Mal seinen Fuß auf diesen liebenswerten Kontinent setzt.

 

Afrikanische Kinder bei einem Boot - Foto: S. Kaden

 

Kontakt und Links

E-Mail Adresse des Krankenhausmanagers:

info@arrowafrica.org

Zur Homepage des Krankenhauses

 

Bei Fragen wendet Euch gerne an mich:

Sebastian.WR@web.de

 

 

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