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  • Lara Stracke
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  • 21.09.2015

Velkomin til Íslands - Famulatur in der Neurologie in Reykjavík

Was Lara am Land im hohen Norden fasziniert und ihre Famulatur unvergesslich machte.

Islands atemberaubende Natur © Lara Stracke

Motivation


Ein Isländer hat einmal zu mir gesagt: „Wer Island liebt, der kommt wieder“ – und er sollte recht behalten. Schon nach meinem ersten Besuch in Island habe ich mich in das Land verliebt. Dass ich meine Famulaturen im Ausland machen möchte, stand schon zu Beginn des Studiums fest. Und so fiel mir die Länderwahl für meine erste Famulatur nicht besonders schwer.

 

Bewerbung


Am einfachsten ist es, die Studentenkoordination des Krankenhauses anzuschreiben oder die angegebene Adresse auf der Homepage. Alternativ kannst du auch die jeweilige Abteilung oder den leitenden Arzt anschreiben, wenn du die passende Adresse auf der Homepage findest.

 

Für die Neurologie war keine E-Mail-Adresse des Sekretariats angegeben, deswegen habe ich es einfach beim Chefarzt der Neurologie versucht. Innerhalb weniger Tage hatte ich die Zusage. Bei der Bewerbung habe ich mich nicht ganz an das gehalten, was auf der Homepage des Krankenhauses angegeben ist. Stattdessen habe ich meinen CV, eine kurze Kursbeschreibung und eine Immatrikulationsbescheinigung abgeschickt. Wenige Tage später hatte ich die Zusage.

 


Kurz nach meiner Zusage bekam ich dann zwei Formulare (Erklärung der Schweigepflicht und ähnliches) zugeschickt, die ich unterschreiben, einscannen und zurückschicken sollte. Damit waren die Formalitäten auch schon erledigt.

 

Sprache


Die Amtssprache ist Isländisch. Daneben sind aber sowohl Englisch als auch Dänisch Pflichtsprachen in der Schule. Generell kannst du dich überall problemlos mit Englisch verständigen, die meisten Isländer sprechen sogar ziemlich gut Englisch.

 


Nun zum Krankenhaus: Besprechungen und Patientengespräche sind auf Isländisch. Wieviel Englisch gesprochen wird hängt von den Ärzten ab. Ich war von den meisten sehr positiv überrascht, wie viel sie übersetzt haben. Sogar manche Patienten haben extra Englisch gesprochen, damit ich alles verstehen konnte.

 

Natürlich kannst du auch Isländisch lernen. In meiner Umgebung gab es leider nicht einen einzigen Isländischkurs, deshalb habe ich es selber versucht. Ich persönlich finde es eine relativ schwierige Sprache. Einerseits, weil Isländer ziemlich schnell sprechen und andererseits, weil alles konjugiert und dekliniert wird und das ursprüngliche Wort durch weitere Umlaute kaum wiederzukennen ist.

 

Es lohnt sich aber trotzdem, es zu versuchen. Denn auch wenn man nicht alles versteht und besonders in der medizinischen Sprache nicht ganz folgen kann, habe ich im Laufe der Famulatur doch immer mehr verstanden.

Hallgrímskirkja in Reykjavík © Lara Stracke

Visum


Für eine Famulatur in Island brauchst du kein Visum. Ein Personalausweis genügt, solange er - wie alle Reisedokumente - noch drei Monate über die Reise hinaus gültig ist. Alle wichtigen Informationen findest du auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes.

 

Geld


In Island bezahlst du mit isländischen Kronen (ISK). Dabei entsprechen (je nach Wechselkurs) 147 ISK ungefähr 1€. Der Kurs war aber auch schon mal besser. Am Anfang ist es ungewohnt mit einem 500 ISK Schein einen Hot Dog zu bezahlen. Man verliert auch rechtschnell den Überblick, wenn man nicht jeden Betrag in Euro umrechnet. Manchmal möchte man den aber auch gar nicht unbedingt haben, denn Island ist wie die anderen skandinavischen Länder relativ teuer.

 

Für einen Döner kannst du ca. 8€ einplanen, eine einfache Pizza gibt es für ca. 10€ und für ein Bier musst du auch 7-10€ locker machen. Ich tausche immer schon bevor ich nach Island fliege ein wenig Geld in ISK um, aber das ist kein Muss. Geld gibt es an jedem Bankautomaten, am Flughafen und auch Downtown gibt es Wechselstuben. An manchen Orten kannst du auch mit Euros bezahlen.

 


Das häufigste Zahlungsmittel ist die Kreditkarte, mit der man jeden Betrag problemlos und so gut wie überall (außer im Bus) bezahlen kann. EC Karten funktionieren aber auch. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man seinen Hot Dog an der Bude für 400 ISK (ca. 2,70€) mit Kreditkarte bezahlt.

 

Sicherheit


Island ist auch 2015 wieder eins der friedlichsten Länder der Welt. Und das nicht ohne Grund. Du kannst dich dort wirklich sehr gut aufgehoben fühlen und brauchst nachts auf dem Rückweg im Dunkeln keine Angst zu haben. Nichtsdestotrotz möchte ich aber hinzufügen, dass es auch in Reykjavík durchaus Taschendiebe geben kann. Gerade in Bars wurde schon einigen Touristen das Portemonnaie geklaut.

 

Gesundheit


Für die Famulatur gibt es Vorschriften, die weitaus strenger sind als die in deutschen Krankenhäusern. Erforderlich sind folgende Sachen (es gibt auch nochmal eine Liste auf der Homepage des Krankenhauses)


Alle Standardimpfungen (Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Polio, Mumps, Masern und Röteln) müssen abgedeckt sein, und Hepatitis B. Mindestens 2der 3 Impfungen musst du vor Abflug erhalten haben. Außerdem wird ein Ausschluss von Tuberkulose benötigt. Mir persönlich war dabei das Röntgenbild lieber als der Hauttest. Mitzubringen braucht man nur den Befund.

 

Zuguterletzt brauchst du noch einen MRSA-Test: Dieser darf bei Antritt der Famulatur nicht älter als eine Woche sein. Ich habe ihn beim Hausarzt gemacht und hatte das Ergebnis nach 2-3 Tagen.

 

Das Krankenhaus, in dem ich den Tuberkulosetest gemacht habe, wollte den Befund nicht ins Englische übersetzen, was ich persönlich nicht nachvollziehen konnte. Daraufhin habe ich ziemlich verzweifelt an das isländische Krankenhaus geschrieben, ob ich auch das deutsche Dokument mitbringen kann. Das war überhaupt kein Problem!

 

Unterkunft


Wenn du über eine Organisation reist, hast du den Vorteile, dass die Unterkunft gestellt wird. Es gibt einige Facebook-Gruppen, in denen Zimmer oder Wohnungen angeboten werden. Die Nachfrage übersteigt dort allerdings das Angebot, sodass einige Posts einfach untergehen.

 

Ich habe meine Unterkunft über Airbnb gefunden. Ich wollte lieber eine feste, vertragsgebundene Zusage. Dafür zahlt man aber auch dementsprechend. Ich habe ungefähr 800€ für 4 Wochen gezahlt - meiner Meinung nach eine ganze Menge. Auf bland.is gibt es auch einige Angebote, die Seite ist allerdings auf Isländisch.

Landspítali Fossvogi © Lara Stracke

Mitnehmen


Auf die Frage, was ich mitbringen sollte, bekam ich vom Krankenhaus die Antwort: nichts, außer vielleicht eigene Schuhe. Ich habe extra ein Paar für das Krankenhaus mitgenommen, wäre aber nicht nötig gewesen. Kleidung wurde komplett gestellt - Kittel, Hose und Oberteil (mit der Begründung, dass man seine eigene Kleidung nicht versauen möchte). Die meisten Ärzte tragen allerdings meistens ihre eigene Kleidung plus Kittel. Nachmittags wirft man dann sein komplettes Outfit in den Wäschekorb und bekommt am nächsten Tag wieder frisch gewaschene Kleidung.

 


Ich habe mein eigenes Stethoskop eingepackt, aber auch das hätte ich nicht zwingend gebraucht. Was mir persönlich sehr geholfen hat, war die Thieme Checkliste, weil man damit gerade auf der Visite oft schnell etwas nachschlagen konnte. Im Krankenhaus gibt es auch Bücher auf Englisch.

 

Reise


Je nachdem woher du aus Deutschland kommst, gibt es Direktflüge. Airberlin, Icelandair, Germanwings und andere Fluggesellschaften bieten Flüge nach Keflavík an. Im Schnitt habe ich 400€ für Hin- und Rückflug ohne Umsteigen bezahlt. Es gibt aber auch durchaus günstigere Angebote: Diesmal habe ich nur knapp 270€ bezahlt habe, bin aber auch erst im Oktober zurückgeflogen. Der Flug dauert laut Plan 3 1/2 Stunden, oft ist man aber auch schon 20 Minuten früher da.

 

Die Zeitverschiebung beträgt im Sommer zwei und im Winter eine Stunde, da die Isländer die Sommerzeit abgeschafft haben. Vom Flughafen aus gibt es den Flybus (entweder GrayLine oder Reykjavík Exkursion), der dich bis zur BSÍ (der Hauptbusstation) oder gegen einen kleinen Aufpreis direkt vor die Tür des Hostels/ Hotel bringt.

 

Verkehr


Es gibt ein ziemlich gut ausgebautes Busnetz innerhalb Reykjavík und in der Hauptsaison auch über die gesamte Insel verteilt. Die Busse sind pünktlich und die Busfahrer freundlich. Bis auf wirklich wenige Ausnahmen halten sie sogar an, wenn man zu spät dran ist und der Bus schon losgefahren ist - egalob der Bus gerade mitten auf einer Straße oder einer Kreuzung steht. Ansonsten gibt es auch Inlandflüge (AirIceland), um in die größten Städte, auf die Faröer-Inseln oder nach Grönland zu fliegen.

 

Krankenhaus


Das Landspítali oder auch National University Hospital of Iceland besteht aus mehreren Gebäuden, die in unterschiedlichen Stadtteilen von Reykjavík liegen. Die Aufteilung richtet sich nach Fachrichtungen, die wichtigsten sind dabei der Teil in der Hringbraut und in Fossvogur. Die Neurologie befindet sich im letzteren. Zwischen diesen beiden gibt es auch ein kostenloses Shuttle, das alle 15 Minuten fährt.

 

Das Krankenhaus unterscheidet sich von der Ausstattung her kaum von deutschen Krankenhäusern. Allerdings hat die Finanzkrise doch ihre Spuren hinterlassen. Einige Teile in der Hringbraut wurden schon renoviert, in Fossvogur soll das noch geschehen. Dann noch etwas Allgemeines zum Medizinstudium in Island: Das Studium dauert ein Jahr länger als in Deutschland, da es drei vorklinische Jahre gibt. Jedes Jahr gibt es 48 Studienplätze.

 

Das Auswahlverfahren wird über einen Test entschieden, an dem jährlich ungefähr 300 Isländer teilnehmen. In meiner Abteilung war die ersten Wochen ein Student aus dem 6. Jahr. Ich habe erst zum Ende mitbekommen, dass er ein Student war, was daran liegt, dass die Studenten in Island schon während des Studiums sehr viele Aufgaben und auch Verantwortung übernehmen und was das medizinische Wissen angeht wahnsinnig fit sind.

Einen Ausflug wert: Snæfellsnes © Lara Stracke

Famulatur


Generell lebt man im Island nach dem Motto "þetta reddast!" (Das wird schon!). Da ich schon zum dritten Mal in Island war, war ich an diese Einstellung schon gewöhnt. Du erlebst hier das genaue Gegenteil zur deutschen Überpünktlichkeit.

 

In der Neurologie bilden Ärzte und Krankenschwestern zwei Teams. Damit werden die Patienten in zwei Hälften aufgeteilt und jeder Patient wird nur von einem Team betreut. So bleibt den Ärzten viel mehr Zeit für jeden einzelnen Patienten. In jedem Team gibt es einen Spezialisten (Facharzt), ein oder zwei weitere Ärzte und eine bestimmte Anzahl an Krankenschwestern.

 

Ich war im roten Team und bin dort auch bis zum Ende geblieben. Wenn es interessante Fälle im anderen Team, Konsile in der Notaufnahme oder interessante MRT Bilder in der Neuroradiologie gab, war es überhaupt kein Problem, den Tag dort zu verbringen. Im Gegenteil, die Ärzte freuen sich sehr über das Interesse. Alle „exchange students“ hatten meistens ihren „eigenen“ Arzt, den sie begleitet haben und der sich um sie gekümmert hat.

 

Eine Hierarchie wie in einigen Fachrichtungen in Deutschland gibt es nicht. Alle (!) reden sich mit dem Vornamen an: Chefärzte, Krankenschwestern und Patienten. Die Atmosphäre ist einfach viel persönlicher, trotzdem wird die Distanz zwischen Arzt und Patient gewahrt.

 

Der Alltag sah allgemein so aus: drei Mal die Woche begann der Tag um 8 Uhr mit einer Besprechung oder einer kleinen Fortbildung. Wenn Isländer 8 Uhr sagen, dann bedeutet das eher, dass ab kurz nach 8 alle nacheinander eintrudeln. Egal wie spät man dran ist, Zeit um einen Kaffee zu holen bleibt immer.

 

Die anderen Tage wurde um halb neun begonnen. Außerdem gab es jeden Morgen eine kurze Besprechung mit den Krankenschwestern über Neuaufnahmen und die Teamaufteilung. Nach einem weiteren Kaffee trafen sich die Teams zur Vorbesprechung vor der Visite. Hinzu kam immer die jeweilige Krankenschwester des Patienten.

 

Dabei wurde gemeinsam über die Bilder, Medikamente und Therapie diskutiert. Die Ärzte interessieren sich sehr für die Meinung der Studenten und nehmen auch gerne Vorschläge an. Selbst wenn die eigene Idee nicht besonders sinnvoll war, wird man keineswegs als blöder Student abgestempelt. Stattdessen wird geduldig erklärt, warum man es so und nicht anders macht.

 

Anschließend (meistens gegen 10 Uhr, oft aber auch später) ging es auf zur Visite. Dabei nehmen sich die Ärzte so viel Zeit für die Patienten wie nötig ist. Dies können auch mal 20 Minuten für einen Patienten sein. Alle Ärzte, die ich dort erlebt habe, waren unglaublich geduldig, haben sich meistens zu dem Patienten gesetzt und alle Fragen beantwortet.


Nach der Visite war dann auch schon Mittagszeit, sodass es anschließend zum Essen ging. Das Krankenhaus hat eine eigene Cafeteria, in der ein Mittagessen für Studenten immer 500ISK kostet. Man hat die Wahl zwischen zwei Gerichten oder kann sich seinen Teller selber zusammenstellen. Nachschlag gibt es umsonst, ebenso wie Salat, Wasser, Kaffee oder Cappuccino.

 

Nach dem Mittagessen war ich häufig in der neurologischen Ambulanz, weil ich es ziemlich interessant fand, die verschiedenen Krankheitsbilder, Therapien und besonders die neurologischen Untersuchungen zu sehen bzw. auch selber auszuprobieren. „Mein“ Arzt hat mir immer alles Wichtige übersetzt, viel erklärt und jede Frage geduldig beantwortet.

 

Jedem Patienten wurde ich vorgestellt. Alle Patienten, die Englisch konnten, haben das gesamte Gespräch auf Englisch geführt. Und selbst diejenigen, die die Sprache nicht so gut beherrschten, haben es teilweise trotzdem versucht. Dafür war ich jedes Mal extrem dankbar – und hatte es auch nicht erwartet.

 

Wenn zur gleichen Zeit isländische Studenten da waren, gab es jeden Tag die sogenannte „Klinik“. Dort wurde gemeinsam über einen Fall auf der Station diskutiert und zwar zusammen mit dem Patienten und dem Chefarzt. Anschließend gab es noch eine Unterrichtsstunde mit dem Chefarzt, angelehnt an den Fall oder an das, was die Studenten gerne besprechen wollten.

 

Außerdem fanden ab und zu noch weitere Fallbesprechungen auf Englisch mit den anderen Ärzten statt. Bei gutem Wetter haben die Ärzte immer wieder betont, dass es kein Problem sei, eher zu gehen, vor allem wenn ich etwas vorhabe.

 

Ich habe selten so motivierte, nette und gastfreundliche Ärzte im Krankenhaus getroffen, die so viel Spaß am Unterrichten haben und die einem unbedingt etwas beibringen wollen wie in Isalnd. Es wurde einem nie das Gefühl gegeben, dass man nur ein lästiger Student sei oder gar überhaupt nicht existiert - im Gegenteil.

 

Island & Freizeit


Wenn du dich für eine Famulatur in Island entscheidest, solltest du unbedingt vorher oder nachher ein paar Tage (oder besser so viel Zeit wie möglich) zum Reisen einplanen. Natürlich gibt es in Reykjavík auch einiges zu sehen, aber über das ganze Land verteilt verstecken sich unglaublich viele tolle Plätze - Wasserfälle, Gletscher, Geysire, Lavafelder…


Am Wochenende hat man natürlich auch Zeit für Ausflüge, allerdings muss man Hin- und Rückweg immer mit einkalkulieren - da kommen meist einige Stunden zusammen. Ich persönlich würde jedem empfehlen, ein Auto zu mieten und einfach loszufahren. Ansonsten werden von Reykjavík aus viele Tagestouren organisiert.

 

Fazit


In Island habe ich unglaublich viel gelernt, nicht nur medizinisch, sondern auch menschlich und sehr viele schöne Erinnerungen mitgenommen. Die Wochen sind so schnell verflogen, dass ich gerne noch länger geblieben wäre. Ich weiß jetzt schon mit Sicherheit, dass ich wiederkommen werde. Erfahrungsberichte, die ich vorher über Island gelesen habe, waren sehr positiv - dem kann ich mich nur anschließen! Am besten sammelst du dort deine eigenen Erfahrungen. Auch wenn es meine erste Famulatur war: ich glaube, es wird schwer sie zu übertreffen

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