- Bericht
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- Caroline Gebler
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- 06.09.2005
Famulatur im Rotunda Hospital, Dublin
Caroline hat im August 2005 im Rotunda Hospital in Dublin famuliert. In ihrem Bericht erfahrt ihr, was sie in der geburtshilflichen Klinik alles gelernt hat und warum sie einen Aufenthalt in Irland jederzeit weiterempfehlen würde.
Irish Cross Glendalough
Die Bewerbung
Im Herbst 2004, gleich nach dem Physikum, begann ich voller Enthusiasmus im Internet nach Krankenhausadressen für eine Famulaturstelle im Ausland zu suchen. Irgendwann stieß ich dabei auf die Homepage des Rotunda Hospital im Zentrum Dublins. Was mir die Bewerbung erleichterte war die Tatsache, dass der Klinikchef seine Emailadresse auf der ersten Seite der Homepage hinterlegt hat.
So konnte ich ihm direkt eine Bewerbung samt Lebenslauf und Photo per Mail zukommen lassen.
Wenige Tage später hatte ich seine Zusage für August 2005. Die weiteren Formalitäten klärte ich dann mit seiner Sekretärin, Eva O'Connor. Schon hier zeigte sich eine der Haupteigenschaften des Rotunda: Alle sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit!
Formalitäten
Als deutscher Student braucht man nur einen Personalausweis oder Reisepass. Visum oder Arbeitsgenehmigung sind nicht nötig. Ich hatte auch keine speziellen Versicherungen etc.
Im Rotunda sind ausländische Studenten nur im Juli und August zugelassen. Neben einer einfachen Immatrikulationsbestätigung (KEIN Letter of recommendation nötig!) muss man eine Anzahlung von 40€ für das Zimmer in der Medical Student Residence einsenden.
Die Unterkunft
Ich ließ mir von Eva mit meiner Zusage auch gleich ein Zimmer auf dem Krankenhausgelände reservieren.
Ich wohnte letztlich in der Medical Student's Residence im Hauptgebäude. Die Zimmer waren sehr ordentlich mit Bett, kleinem Schreibtisch, Schrank und Waschbecken. Wochentags kommt eine Dame, die putzt, frische Handtücher bringt und einmal pro Woche die Betten frisch bezieht. Duschen und Toiletten befinden sich auf dem Gang.
Es gibt auch die Möglichkeit, in der Nurse Residence untergebracht zu sein. Dort ist es wohl ähnlich. Ich habe die Zimmer dort allerdings nicht gesehen. Die genaue Unterbringung entscheidet sich je nach Belegung und Geschlecht.
Mein Zimmer mit allen Nebenkosten und täglichem Service kostete 6,50€ pro Nacht plus 40€ pro Woche (für 30 Nächte waren das also 355€). Für das sonst wahnsinnig teure Dublin ist das ein wahrer Spottpreis. Noch dazu wenn man bedenkt, dass man direkt im Stadtzentrum wohnt …
Sehr angenehm ist auch, dass die Ein- und Ausgänge wegen der Babys (Angst vor Kidnapping) Security-geschützt sind. Damit sind automatisch auch die Studentenzimmer bewacht …
Der Flug
Ich nahm Flug ab Stuttgart, musste allerdings in Zürich umsteigen. Es gibt aber von anderen Flughäfen und/oder zu anderen Terminen auch Direktflüge nach Dublin. Vom Dublin Airport nimmt man entweder Bus 16A (1,60€) oder einen der zahlreichen Airlink-Busse (5€ und mehr) in die Innenstadt. Aussteigen in der O'Connell Street. Das Krankenhaus kann man eigentlich nicht übersehen, es hilft auch jeder gerne weiter.
Die Sprache
Der irische Akzent ist natürlich eine Sache für sich, doch ist er nicht das einzige Hindernis. Er ist nämlich nicht die einzige Variation der englischen Sprache, an die man sich gewöhnen muss: Maximal die Hälfte der im Rotunda arbeitenden Ärzte ist irischer Nationalität (von Austaralien über Malaysia, Indien, Nigeria und Polen… ist so ziemlich jeder Kontinent vertreten). So gut die auch alle Englisch können, hat doch jeder seine spezielle Aussprache behalten…
Hinzu kommt das Medical English, auf das man sich mit speziellem Blick auf die Geburtshilfe ein wenig vorbereiten sollte.
Aber keine Angst: Alle sind sehr nett und geduldig und wiederholen alles so oft wie nötig!
Das Krankenhaus
The Rotunda ist war das erste geburtshilfliche Krankenhaus Europas. Es wurde 1745 gegründet und befindet sich noch heute in dem 1756 bezogenen historischen Gebäude. Die Kapelle gehört zu den Sehenswürdigkeiten Dublins.
Seit damals wurde wohl einiges renoviert, mit unserem deutschen Standard ist es aber trotzdem weit entfernt … (keine Frau würde sich bei uns in ein 6-, 8- oder 10-Bett-Zimmer legen…).
Es gibt einen Antenatal Ward, einen Postnatal Ward, den Gynae Ward (rein gynäkologische Fälle gibt es hier allerdings kaum) und die Delivery Suite (Entbindungsstation mit 9 Kreißsälen). Außerdem sind da noch Privat- und eine Semi-private-Station, die Notaufnahme, die Neonatologie, der OP und die Zimmer für die ambulanten Sprechstunden. Man muss dazu wissen, dass der einzige niedergelassene Arzt in Irland im Normalfall der Allgemeinarzt ist. Alle Vor- und Nachsorgeuntersuchungen finden deswegen im Krankenhaus statt, was für uns Studenten den unschätzbaren Vorteil bringt, auch die "normale" Sprechstunde mitzuerleben.
Im Rotunda kommen jedes Jahr ca. 6000 Babys zur Welt. Und es ist nicht das einzige Maternity Hospital Dublins! Man bekommt also genug Gelegenheit, Geburten in allen Variationen zu sehen, so man Interesse und ein wenig Geduld mitbringt …
Der Tagesablauf
Morgens um 8h beginnt die Visite. Die Ärzte sind in Teams aufgeteilt. Jedes Team hat auf jeder Station seine Patienten (die auch durchaus gemischt in einem Zimmer liegen - keine strenge räumliche Aufteilung wie bei uns also…).
Dann verschwindet jeder Arzt in den für ihn für diesen Tag zugeteilten Bereich.
In der ersten Woche wurden die 6 anderen Famulanten und ich Teams zugeteilt. Später sahen wir selbst auf dem Einteilungsplan der Ärzte nach, was uns am nächsten Tag interessieren würde. Wir sprachen uns ab, damit jeder einmal überall hin kam (z.B. in Sonder- Sprechstunden für Patientinnen mit Infertilität, Diabetes Blutgerinnungsstörungen…).
Morgens fragten wir dann einfach den jeweiligen Registrar (etwas unter unserem Oberarzt) oder SHO (etwas unter unserem Assisstenzarzt), ob wir mit könnten. Das war eigentlich nie ein Problem.
Es ist auch eine so überschaubare Anzahl an Ärzten, dass man nach spätestens 2 Wochen sowieso jeden kennt.
Wie schon gesagt: Alle sind sehr bemüht, dass man möglichst viel mitnimmt. Jeder nimmt sich Zeit und erklärt mit großer Geduld alles, was man wissen sollte. Man darf gerne helfen, allerdings gibt es für Studenten aufgrund des Studiensystems nicht viel zu tun (der Student ist hier als Hilfskraft nicht eingeplant, kann also oft nur mitgehen und zusehen).
Z.B. ist man jederzeit im OP willkommen, darf auch je nach Registrar gerne steril mit am Tisch stehen. Die maximale Tätigkeit wird sich aber auf Haken- und Fadenhalten beschränken.
Ich fand das aber aufgrund der Vielzahl an Dingen, die man sehen kann und erklärt bekommt nicht allzu schlimm.
Die meisten Ärzte sind (wie die allgemeine Bevölkerung Irlands auch) recht jung (meist so Anfang 30). Sie sind sehr offen und empfinden Studenten, die sich ein bisschen engagieren, nicht als Last, sondern freuen sich, wenn sie einem etwas beibringen können.
Ein Registrar hat z.B. einmal seinen freien Nachmittag geopfert, um uns Famulanten nähen und die verschiedensten Knoten am Modell beizubringen.
Die Arbeitszeiten sind angenehm: 8-16 Uhr, inkl. Mittagspause in der Kantine (erstaunlich gut und preiswert!). Natürlich kann es passieren, dass man mal etwas länger bleibt. Dafür ist es aber auch kein Thema, früher Schluss zu machen oder sich einen freien Nachmittag zu nehmen, wenn nichts los ist.
Die Freizeit
Ich fuhr mit den anderen Famulanten am Wochenende oft aufs Land. Einmal mieteten wir für 3 Tage ein Auto, einen Tag gingen wir in die Bergen zum Reiten.
Die irische Countryside ist einfach ein Traum! Steile Küsten, wilde Heidelandschaften in den Bergen mit frei laufenden Schafen, Farn, blühendem Heidekraut und Ginster, alten Burg- und Kirchenruinen, daneben lange Sandstrände… Aber auch toll gepflegte Schlösser mit weitläufigen Parkanlagen, super Führungen… Und alles noch recht unberührt und meist leicht von der Stadt aus erreichbar!
Dublin als Stadt ist nicht gerade eine Perle, was in meinen Augen an der regen Bautätigkeit liegt. Doch auch hier gibt es viel zu entdecken: Die Guiness Brauerei, Museen, Cafés, das Schloss, Phoenix Park (größer als der Central Park in NYC), der botanische Garten…
Abends war ich besonders in der zweiten Hälfte meines Aufenthaltes viel mit einigen Ärzten weg. Das Nachtleben Dublins reicht von traditionellen Irish Pubs mit life Musik bis hin zu einigen netten Clubs. Langweilig wurde es jedenfalls nie!
Fazit
Ich habe jeden Moment meines Aufenthaltes im Rotunda genossen. Die Atmosphäre war von herzlichem, offenem Miteinander geprägt. Irland an sich ist sowieso mindestens eine Reise wert.
Ich habe in jeder Hinsicht viel gelernt: Fachlich (auch wenn man als Student nicht viel tun kann), aber auch menschlich und kulturell (nicht zuletzt durch die vielen Nationalitäten, die hier unter einem Dach arbeiteten).
Ich würde jederzeit sofort wieder dort anfangen!!!
Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Rotunda Hospital
Parnell Street
Dublin 1