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  • Bericht
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  • Martin Weinreuter
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  • 04.03.2010

Famulatur Gastroenterologie und Tropenmedizin/Infektiologie auf Bali

Nach einer Famulatur im Fachgebiet Tropenmedizin/Infektiologie in Deutschland entschloss sich Martin, das Thema mit einer Famulatur im Ausland zu vertiefen. So landete er im Spätsommer 2009 im Rumah Sakit Sanglah auf Bali. Dort, wo andere sonst Urlaub machen, konnte er Krankheitsbilder der Infektiologie erleben, die man sonst nur in Büchern nachschlagen kann. Weiter begegnete Martin sehr gastfreundlichen Menschen und konnte so eine ihm fremde Kultur erleben.

Motivation

Ich interessiere mich generell sehr für das Fachgebiet Tropenmedizin/Infektiologie und habe auch schon in Deutschland in diesem Bereich famuliert. Für eine Art "Direktvergleich" und weil im Ausland naturgemäß ein größeres Spektrum an Krankheiten zu sehen ist, entschied ich mich im Spätsommer 2009 für eine Famulatur in der Abteilung Tropenmedizin/Infektiologie in Bali.

Weiter wählte ich die Abteilung Gastroenterologie für meine Famulatur aus. Das Lehrkrankenhaus auf Bali ist das Rumah Sakit Sanglah (Sanglah bedeutet Hospital) und gehört zur Udayana University, ansässig in der Hauptstadt Denpasar.

 

Bewerbung

Es empfiehlt sich, etwa vier bis sechs Monate vor Beginn der Famulatur Kontakt mit der Medizinischen Fakultät in Udayana aufzunehmen. Ob ein Empfehlungsschreiben, eine finanzielle Bürgschaft oder ein Anschreiben an den Direktor erforderlich sind, erfahrt Ihr rechtzeitig.

 

Visum

Jeder, der nach Bali reisen möchte, sollte sich mindestens zwei Monate vor seiner Abreise um das Visum kümmern. Für meinen Aufenthalt auf Bali erhielt ich ein "Visa of social and cultural visit" über die Indonesische Botschaft in Berlin.

 

Hinduistischer Tempel - alle Fotos: Martin Weinreuter

Unterkunft

"You want a room? Okay, welcome! But first of all, do it the Balinese way: sit down and relax, enjoy your coffee!" Von Seiten des Krankenhauses wurde mir keine Unterkunft gestellt, und da es keine Wohnheime oder Wohnungen gibt, die zur Klinik gehören, müssen sich Ärzte, Pflegekräfte und Auszubildende, die nicht aus Denpasar kommen, ein Privatzimmer mieten.

Mir wurde ein kleines, familiengeführtes Hotel in der Nähe der Klinik empfohlen, was sich letztlich als Glücksgriff herausstellte. Schon bei meiner ersten Ankunft - früh morgens und voll bepackt – lud mich eine sehr gastfreundlichen Familie zu Frühstück und Kaffee ein, bevor ich überhaupt etwas über Zimmerpreise oder freie Betten erfragen konnte: "First of all, sit down and relax!"

 

Anreise

Am besten ist es, früh einen Flug zu buchen, um einen günstigen Preis zu bekommen. Flüge nach Denpasar direkt gibt es manchmal von Frankfurt aus, angehmer reist es sich mit einem Zwischenstopp in Singapur - mit Singapur-Airlines.

 

Sprache

In den vielen Touristenorten Balis sind, Englischkenntnisse ausreichend, um sich zurecht zu finden. Fernab davon sind allerdings indonesische Sprachkenntnisse zu empfehlen.

Da es im Indonesischen kaum grammatikalische Regeln gibt - Verben bleiben immer in der Grundform, gleich welche Person oder Zeit - ist es mit wenigen Vokabeln schon möglich, sich in der Landessprache zu verständigen. Die Regel "Sprechen, wie man’s schreibt!", und die einfache Aussprache helfen beim Reden und Verstehen.

Im Krankenhaus benötigte ich für die Anamnese der Patienten einen Arzt als Dolmetscher - balinesische Patienten, die Englisch sprechen können, sind im Rumah Sakit Sanglah eher eine Rarität.

Einzige Ausnahme für Englisch im Krankenhaus: Touristen – überwiegend australische, die eine Behandlung im staatlichen Haus einer teuren Privatklinik vorziehen. Auch Morning Reports, Patientenvorstellungen und Fachvorträge wurden meist auf Englisch gehalten.

englishclass@fk.unud.ac.id 

 

Das Krankenhaus

Das Rumah Sakit Sanglah ist ein Haus der Maximalversorgung mit Abteilungen für alle Fachbereiche, die in Indonesien verfügbar sind. Gleich am Anfang fiel mir die "Vier-Klassen-Medizin" auf, die in der Klinik betrieben wird. Unter einem Dach existieren VIP- und First-Class-Stationen für zahlungskräftige Privatpatienten, die sich nur von Chef- und Oberärzten behandeln lassen und Stationen der zweiten und dritten Klasse, die hauptsächlich von Assistenzärzte betreut werden.

Die Zimmerausstattung deckte alles ab, vom VIP-Einzelzimmer, vollklimatisiert mit Flachbildschirm und eigener Terrasse bis hin zum 8-Bettzimmer mit verrostetem Bettgestell und quietschendem Deckenventilator der Third-Class.

Grundsätzlich bemerkte ich zwei wesentliche Dinge im Klinikalltag.

Erstens: Viele internististische Patienten suchten erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung ärztliche Hilfe auf, so dass wichtige Therapien erst zu einem sehr späten Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs gestartet werden konnten.

Zweitens können durch ein "lack of money" vieler Patienten die Krankheiten nicht mit der angezeigten Therapie behandelt werden, obwohl sie verfügbar gewesen wäre. Die staatliche Krankenversicherung Indonesiens deckt nur eine medizinische Basisversorgung ab.

 

Reisterassen

Tätigkeitsbeschreibung

Mein Arbeitstag begann um 7.30 Uhr mit der internistischen Frühbesprechung. Während der Zeit in der Abteilung für Gastroenterologie begleitete ich im Anschluss meist die Fachärzte zum Endoskopieren. Im weiteren Tagesverlauf nahm ich an Visiten teil, führte Patientengespräche, diskutierte Fälle mit den Ärzten und untersuchte die Patienten.

Zusätzlich nahm ich am Studentenunterricht teil und konnte auch bei interessanten Fällen in anderen Bereichen hospitieren – beispielsweise in der Dermatologie, wo unter anderem Leprapatienten betreut werden.

In der Abteilung für Infektiologie lernte ich vor allem die HIV-Stationen und -Ambulanz kennen. Eine wichtige Aufgabe der Ärzte dort ist es, über das Tabu-Thema HIV/AIDS aufzuklären.

Darüber hinaus lernte ich weitere Infektionskrankheiten kennen, die mir bis dahin nur aus Büchern bekannt waren:

Zum Abschluß meiner Famulatur hatte ich im Studentensekretariat, wo ich auch meine Bescheinigung erhielt. Als ich pünktlich um 8.00 Uhr im Büro meiner Betreuerin erschien, emfing mich ihre Kollegin mit einem Lächeln und erinnert mich noch einmal an die balinesische Mentalität: "She won’t be here until 9 o'clock, earliest – sit down and relax!"

 

Freizeit

Da die sechstägige Arbeitswoche im Krankenhaus auch für mich als Famulant galt, konnte ich nur die Sonntage für größere Ausflüge nutzen. Neben den Sandstränden und Felsenküsten des südlichen Teils der Insel bereiste ich auch das gebirgige Gebiet im Norden, wo es einige schöne Seen, viele Reisterrassen und im Nordosten auch Vulkane zu sehen gibt.

Einer meiner touristischen Höhepunkte war die Bergtour auf den Mt. Batur mit einer Gruppe einheimischer Balinesen. Es empfiehlt sich, diesen Vulkan, der noch immer aktiv ist, früh morgens zu besteigen, um den Sonnenaufgang vom Gipfel aus zu genießen.

Ein Besuch von Denpasar, der balinesischen Hauptstadt, lohnt sich auf jeden Fall. Fernab der Touristenzentren Kuta, Sanur oder Ubud ist der Lebensunterhalt verglichen mit europäischen Verhältnissen sehr günstig. Tipp: Einfach mal auf balinesische Art einkaufen - das heißt mit viel Scherzen, Feilschen und Verhandeln. So wird vieles noch günstiger und macht auch noch Spaß.

 

Vulkanberg Mt. Batur

Besondere Erlebnisse

Die Besitzer des Hotels, in dem ich wohnte, integrierten mich schnell in ihr Familienleben: So feierte ich Geburtstage, Tempelfeste, hinduistische Zeremonien, machte Ausflüge oder nahm einfach das Essen mit ihnen ein. Allein die alltäglichen Mahlzeiten mit einer balinesischen Familie zu teilen, ließ mich die balinesische (Ess-) Kultur erleben - zudem ist das leckerer als das Nasi Goreng der "Bordsteinküchen" Denpasars.

 

Fazit

Ich kann eine Famulatur auf Bali nur empfehlen, auch wenn ich mich mit dem "Vier-Klassenmodell", welches im Rumah Sakit Sanglah praktiziert wird, nicht anfreunden kann. Während meiner Famulatur habe ich gerade in der Abteilung Tropenmedizin/Infektiologie vieles hautnah erlebt, was ich sonst nur aus Büchern kannte, und es war immer möglich, dass ich mir interessante Fälle anschauen konnte.

Auch, wenn ich mich als Mitteleuropäer erst an den balinese way gewöhnen musste, denke ich nun in hektischen Situationen oft zuerst: "First of all, sit down and relax!"

 

Kontakt

Faculty of Medicine, Udayana University
Jl. P.B. Sudirman

Denpasar 80232, Bali, Indonesia

Tel: (0361) 222510 / 246556
Fax: (0361) 246656

infofk@unud.ac.id

humasfkunud@yahoo.com

 

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