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  • 25.10.2007

Famulatur Gynäkologie und Geburtshilfe in Kumasi, Ghana

Nach einer Famulatur in Taiwan im Sommer 2006 fühlte ich mich bereit für das wirkliche Abenteuer, nämlich für einen Aufenthalt in Afrika. Die Famulaturberichte taten ein Übriges, mich von Ghana als Wunschland zu überzeugen.

Vorbereitung

Nachdem mir die Zusage vom Deutschen LEO-Club ins Haus geflattert war, ging es los. LEO ist der Local Exchange Officer des IFMSA (Dachverband der Medizinstudierenden international) und betreut die Austauschstudenten, die über diesen Weg eine Famulatur machen, in deren Zielland vor Ort, holt normalerweise am Flughafen ab, erklärt das Krankenhaus und einiges mehr.

Leo-Clubs

Meine Vorbereitung bestand aus folgenden Punkten:

 

Kontaktaufnahme mit Ghana

Der Kontakt mit Birgit, dem LEO in Kumasi, lief leider nur schleppend an: Emails wurden nicht beantwortet, wir wussten nicht, ob uns jemand am Flughafen abholt, wo wir in der ersten Nacht schlafen würden und vieles mehr.

Deshalb ist es gut ein wenig vorzuplanen: Man kann von Deutschland aus schon ein Zimmer im Hostel reservieren und dann vom Flughafen ein Taxi dorthin nehmen. Die Taxifahrt kostet zirka 4 Ghana Cedis. Ich bin im YMCA in Accra untergekommen, das Männer und Frauen beherbergt und saubere Zimmer aufweisen kann.

Schon am Flughafen solltet Ihr Euros in Cedis tauschen, zum Beispiel um das Taxi zu bezahlen und eine Prepaid-Handykarte zu kaufen. Bei den Handykarten empfehle ich Areeba oder Tigo.

Weiter kommt man von Accra nach Kumasi mit einem Bus, dem Intercity-STC, in vier bis acht Stunden Fahrzeit.

Unser LEO Birgit ließ weiter nichts von sich hören, und so haben wir uns allein in Kumasi durchgefragt, bis wir mit dem Taxi an den "Students' Hostels" ankamen, wo Birgit schon auf uns wartete.

Ergo: Man kann die ersten Tage in Ghana auch ohne ghanaischen Beistand gut überstehen, wenn man von Deutschland aus die Reise ausreichend durchplant.

 

Unterkunft

Zunächst habe ich mit zwei anderen Austausch-Studenten in einem Zimmer gewohnt. Gleich nebenan war das Restaurant der Studenten, wo man gut frühstücken und Mittag essen kann. Die sanitären Anlagen sind ghanaisches Mittelmaß: Ich teilte mir mit 30 Mädels zwei Klos und zwei Duschen, die einigermaßen sauber waren. Strom hat das Wohnheim immer, Wasser an sechs von sieben Tagen - beides ist keine Selbstverständlichkeit in Ghana.

Nach zwei Wochen mussten wir in ein Guesthouse am anderen Ende der Stadt umziehen, weil unser Zimmer renoviert wurde. Der Standard war dort ähnlich, die Bezahlung der Zimmer wurde komplett vom LEO übernommen.

 

Im Krankenhaus

Ich habe fünf Wochen in der Gyn famuliert und wurde dafür einem Team an Studenten und Ärzten zugeteilt.

Achtung: Die Kleidung auf Station sollte schick sein: Männer tragen Krawatte, Hemd, Anzughosen und feine Lederschuhe, Frauen Rock und Bluse - drei solcher Outfits sollten in Eurem Koffer nicht fehlen.

Das Komfo Anokye Teaching Hospital hat etwa 1200 Betten und besteht aus vier großen Einheiten: Gynäkologie, Kinderheilkunde, Innere Medizin und Chirurgie.

In den ersten 2 Wochen bin ich mit dem Team an jedem Tag in einer anderen Abteilung gewesen: OP, Kreissaal, Poliklinik, Station und "Family Planning", wo Kontrazeptiva verschrieben werden und die gynäkologische Vorsorge stattfindet.

Morgens gab es eine Vorlesung zu einem gynäkologischen Thema, die man jedoch nicht besuchen muss. Ich habe von der Vorlesung wenig profitiert, weil ich nur extrem wenig verstanden habe.

Ab 10.30 ging das Team an den jeweiligen Einsatzort, wo es dann den ganzen Tag blieb. Hier hielt der Oberarzt oft noch ein Seminar.

Ab der dritten Woche hatte mein Team Examen, sodass niemand von den Studenten auf Station auftauchte und ich mir selbst überlassen war. Ich habe mich mit einer anderen Studentin aus der Schweiz verbündet, und zusammen haben wir uns all das angeschaut, was uns interessierte: Kinder-Notaufnahme, Neonatologie, internistische Notaufnahme, Trauma-OP, Hämatologie-Labor und Einiges mehr. Durch andere Studis bekommt man schnell heraus, was sich lohnt und was nicht.

Einen festen Tagesablauf gab es dann nicht mehr. Wir machten, wozu wir Lust hatten. Wir waren aber auch nicht enttäuscht, wenn wir nach zwei Stunden wieder nach Hause geschickt wurden.

Die Wochen, die ich im Krankenhaus verbracht habe, waren interessant, aber nicht sehr lehrreich. Man kann eine große Menge Befunde sehen, die man in Deutschland nicht zu Augen bekommt. Nachem ich mich vorgestellt hatte durfte ich fast überall zugucken, aber um Erklärungen von Ärzten musste ich hartnäckig kämpfen.

In der Gynäkologie hatten wir keine Gelegenheit, selbst praktisch tätig zu werden, aber Studis in der Inneren und in der Pädiatrie haben Ähnliches gemacht wie in Deutschland. Ihr müsst immer nett fragen, vielleicht klappt es.

Dafür habe ich viele Sachen gesehen, unter anderem viele Geburten, was in der Form in Deutschland nicht möglich gewesen wäre. Wenn man seine Ärzte bittet, bringen einige den Studenten z. B. die Leopold-Handgriffe oder das Abhören der fetalen Herztöne mit einem Spezialstethoskop bei - CTG und Ultraschall sind Mangelware.

Sprachprobleme gab es mit den Ärzten und Studenten keine, alle "Gebildeten" sprechen gut Englisch. Die Patienten können leider meist kein Englisch sprechen, was den Kontakt sehr beschränkt.

Die medizinische Ausbildung ist der unseren sehr ähnlich. Die Ghanaischen Studenten studieren sechs Jahre und gehen dann ins AIP, bei dem sie je 6 Monate durch Chirurgie, Innere, Gyn und Kinder rotieren. Die Studenten lernen die gleichen Dinge wie wir, benutzen englische und amerikanische Fachliteratur und sind Meister darin, alle Fakten zu einem Thema innerhalb kürzester Zeit zu lernen und auf Kommando abzuspulen.

Auch die Hebammen sind gut ausgebildet und schmeißen den Kreissaal praktisch allein: Sogar Dammschnitte und Nähen führen sie selbstständig durch.

Zur Gesundheitsversorgung allgemein ist zu sagen, dass 40% der Menschen in der seit zwei Jahren bestehenden Krankenversicherung versichert sind, die die Kosten des Krankenhausaufenthaltes abdeckt und ein großer Schritt zu einer besseren Krankenversorgung ist.

Die frappierenden Befunde, die man tagtäglich auf Station sieht, rühren eher daher, dass die klassisch ausgebildeten Ärzte nicht die einzigen ‚Krankheitskundigen' sind: Auch Heiler, Naturmediziner und Geistliche bieten dem Volk ihre Künste an, natürlich gegen Bares. Oft hat ein Patient schon diese Stationen durchlaufen, bevor er ins Krankenhaus kommt. Dementsprechend fortgeschritten sind oft die Befunde.
So werden AIDS, Hypertonus und Diabetes von manchen Bischöfen als ‚spirituelle' Krankheiten bezeichnet, die daher rühren, dass man zuwenig an Gott glaubt respektive zuwenig betet. Zur Heilung könne folglich ein Arzt nicht beitragen und der Patient solle lieber zum Priester gehen.

 

Reisen in Ghana

An den Wochenenden und nach Ende der Famulatur bin ich viel mit Freunden gereist. Ghana lässt sich, zumindest auf den häufig von Touristen benutzten Routen, gut und auch bequem im Bus bereisen. Die Erlebnisse, an die ich mich am besten erinnere, habe ich aber im Norden des Landes gemacht, wo Reisen eher in klapprigen Bussen oder Sammeltaxen vonstatten geht. Es ist oft beschwerlich und dreckig, aber man lernt die nettesten Leute kennen und sieht Sachen, die einem am Strand von Kokrobyte nicht begegnen. So wird mir die Reise nach Wechiau ins Hippo Sanctuary noch lange in Erinnerung bleiben.

Ohne Frage kann man sich auch in Touristen-Paradiese mit allen Annehmlichkeiten zurückziehen; traumhafte, menschenleere Strände, tolle Wellen, kühle Drinks - alles, was man sich erträumt.

Gefährlich ist das Reisen in Ghana nicht. Wir wurden auch in kleinen Dörfern immer freundlich und zuvorkommend behandelt, jeder grüßt mit ‚Akwaaba' (Willkommen). In der Kultur der Ghanaer ist Betteln verpönt und Stehlen eine Sünde, weshalb man, solange Ghanaer um einen sind, keine Sorge haben muss, dass man beklaut wird.

Wovor man sich aber in Acht nehmen sollte ist die Dunkelheit. Sobald sie einsetzt, bleiben viele Ghanaer zu Hause und tagsüber belebte Viertel sind wie ausgestorben. Dann lohnt es sich in jedem Fall, ein Taxi zu nehmen, um sich in der Stadt fortzubewegen. Gerade in Accra, Kumasi und den Städten an der Küste sind bei Dunkelheit Jungs unterwegs, die auch vor größeren Touristen-Gruppen nicht Halt machen und ihnen die Handtaschen klauen. Also: Geld nur in kleinen Mengen bei sich tragen, am besten im Moneybelt oder im BH, Wertsachen im Hotel lassen und nachts nicht spät zu Fuß rausgehen oder ein Taxi nehmen. Viele Austausch-Studis vor uns hatten keinerlei Probleme, aber nach einem eigenen negativen Erlebnis bin ich vorsichtiger geworden.

Trotzdem sind 99,9% der Ghanaer wunderbar herzliche Menschen, die einen mit breitem Lächeln willkommen heißen und sich freuen, dass man ihr Land bereist.

 

Zum Praktischen

 

Fazit

Die Reise nach Ghana war ein Erlebnis mit Höhen und Tiefen, bei dem aber die positiven Eindrücke klar überwiegen. Ich würde die Reise wieder machen, denn soviel Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft habe ich als Traveller noch nie erfahren.

Die Famulatur hat mich fachlich nur wenig vorangebracht, dafür sieht man medizinische Exoten am laufenden Band und, viel wichtiger, bekommt einen engeren Kontakt zu Ghanaern als ein normaler Tourist jemals haben kann.

Ich wünsche Euch viel Spaß in Ghana!

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