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  • Bericht
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  • Thomas Krimmer
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  • 10.08.2007

Chirurgie-PJ in der Surgical Oncology

Ein gutes Jahr vor Beginn ihres geplanten Auslands-Tertials hat Christine damit begonnen, sich um einen Platz zu bewerben - im Nachhinein hat sie allerdings festgestellt, dass dieser Zeitraum etwas zu kurz war. Mit Hilfe von Google und einer Liste anerkannter Kliniken der Würzburger Uni schrieb sie dutzende Emails, jeweils mit einem Lebenslauf und einem Letter of Recommendation. Aus Sydney erhielt sie dann relativ schnell eine Zusage für acht Wochen.

Vorbereitung

Eigentlich hätte ich in Sydney die kompletten 16 Wochen verbringen können, da jedoch die Gebühren nach Abschluss der achten Woche exponentiell ansteigen, kam das für mich nicht in Frage. Somit habe ich in Sydney formlos für zwei Monate zugesagt und mich dann an die doch recht komplizierten offiziellen Bewerbungsunterlagen der Uni Sydney gemacht.

Man benötigt zwei Empfehlungsschreiben, ein übersetztes und beglaubigtes polizeiliches Führungszeugnis sowie diverse Gesundheitsuntersuchungen. Für die acht Wochen bezahlte ich umgerechnet etwa 500 Euro Gebühren an die Uni.

Nach einigem Hin-und-Her mit der Uni in Sydney und der Universität in Würzburg waren irgendwann alle einverstanden. Ich habe dann bei der australischen Botschaft in Berlin ein Visum beantragt ("Short Stay Business Visa", Subclass 456, für drei Monate). Dafür muss man bei Ärzten, die für diese Untersuchung zugelassenen sind, einen Röntgen-Thorax anfertigen lassen. Eine Liste mit Ärzten findet Ihr im Internet. Teure Untersuchungen, die die Ärzte einem gern noch verkaufen wollen, sind übrigens nicht notwendig. Also geht zum "Radiologist" und nicht zum "panel doctor". Außerdem ist natürlich ein gültiger Reisepass notwendig, um das Visum zu beantragen.

Fangt am besten rechtzeitig an, alles zu organisieren!

Die Australische Botschaft in Berlin

Ärzteliste: Panel Physicians in Germany

Das Schwierigste war die Wohnungssuche. Ich habe mich bei diversen Internet-Sites angemeldet, wo sich das meiste allerdings nur sehr kurzfristig ergribt. Ich aber wollte vor der Ankunft doch gern bereits ein Dach über meinem Kopf wissen. Über einen alten Erfahrungsbericht habe ich schließlich die Adresse von Deb Mann herausgefunden, die Zimmer an internationale Studenten vermietet. Sie konnte mir auch gleich zusagen. Damit war alles geklärt.

Zimmer: Deb Mann

D.Mann@sdn.org.au 

 

Flüge habe ich im Reisebüro billiger als im Internet gefunden, Emirates ist vor allem für die lange Strecke sehr zu empfehlen, eine wahre Luxuslinie, schon in der Economy Class. Abraten würde ich von British Airways, deren Passagiere hatten auf dem Rückflug riesige Probleme und hohe Kosten aufgrund von Übergepäck, während Emirates bei diesem Thema immer sehr kulant ist. Und Übergepäck kriegt fast jeder zusammen.

Spezielle Impfungen benötigt Ihr nicht. Mitnehmen würde ich auf jeden Fall etwas Sonnenmilch für den ersten Tag, für die restliche Zeit könnt Ihr Sonnenmilch im billigen Literpack vor Ort kaufen, ebenso wie Insektenabwehrspray. Diese Produkte gibt es in Sydney viel günstiger.

Wichtig ist, ein paar Blusen und Stoffhosen sowie vorzeigbare Schuhe einzupacken, der Dresscode in den australischen Kliniken ist im Vergleich zu Deutschland eher streng: Stoffhose oder Rock, Bluse oder eventuell ordentlicher Pulli, schicke Schuhe - keine Turnschuhe! Aber Vorsicht: OP-Schuhe gibt es nicht, man trägt seine eigenen mit Überzug. Aus eigener leidvoller Erfahrung empfehle ich, nur wirklich bequeme Schuhe anziehen, weil man die den ganzen Tag über trägt.

Außerdem für Frauen empfehlenswert: eine ordentliche, dunkle Umhängetasche - die Mediziner in Sydney tragen keine Kittel, man hat also auch keine Kitteltaschen, in denen man alles unterbringen kann. Mit einer kleinen Handtasche kann man sein Zeug trotzdem den ganzen Tag mit sich herumtragen. Wir konnten unsere Taschen sogar mit in den OP nehmen.

Ebenfalls zu empfehlen: ein Konto bei der Deutschen Bank, für Studenten umsonst - diese Bank bietet eine kostenlose Kreditkarte an, welche man schon vorher für die Studiengebühren und das Visum braucht. Im Land selbst ist sie auch fast notwendig, außerdem kann man kostenlos an den überall verbreiteten Westpac-Geldautomaten Geld abheben.

Die erste Zeit

Schon einige Wochen vor Beginn des Tertiales hat mir Duriye, die Electives Coordinator des Royal Prince Alfred Hospitals (RPAH), genaue Informationen geschickt, wann und wo ich anfangen sollte. Ich war dann auch wirklich zur richtigen Zeit am richtigen Ort, habe dort gleich noch zwei andere deutsche PJler getroffen und bin dann von Duriye auf meine Station gebracht worden.

Das Royal Prince Alfred Hospital

Electives Coordinator Duriye Varol:

duriyev@med.usyd.edu.au

 

Am RPAH ist man einem Consultant, also einem der Oberärzte, fest zugeordnet, der für die Betreuung verantwortlich ist und das je nach Person mehr oder weniger motiviert wahrnimmt. Ich war in der Surgical Oncology, der Melanoma Unit. Das kam anfangs doch ein wenig überraschend, aber der Melanom-Bereich zählt in Australien zur onkologischen Chirurgie. Mein Betreuer war der Prof der Surgical Oncology, sehr nett und sehr engagiert.

Mein Tagesablauf variierte je nach Wochentag, im Großen und Ganzen bin ich jedoch morgens um acht zur Visite gekommen, die ähnlich abläuft wie in Deutschland. Für einen kleinen Zwischenfall habe ich am ersten Tag gesorgt, als ich, wie gewohnt, auf dem Weg aus dem Patientenzimmer dem Prof den Vortritt lassen wollte, woraufhin sich hinter mir alles gestaut hat - da die Ärzte selbstverständlich mich als Frau zuerst gehen lassen wollten.

Der Stations- und OP-Alltag

Ich hatte als PJler - wie auch die australischen Studenten - keine festen Aufgaben, sondern konnte mir alles angucken, was mich interessiert hat.

Im OP war ich an mehreren Tagen in der Woche, jeder Oberarzt hat dort seinen eigenen OP-Tag und die Stationsärzte assistieren. Entgegen meiner Vorstellung konnte ich als Studentin selbst nicht viel Hand anlegen, ich war häufig nicht einmal eingewaschen, sondern stand am Rand und habe nur zugeguckt. Selbst die Assistenzärzte im RPAH können oft nicht einmal nähen, weil auch sie - wenn sie überhaupt am Tisch stehen - maximal die Haken halten dürfen oder auch mal einen Faden abschneiden.

Mindestens einen Tag in der Woche habe ich in der Poliklinik verbracht, immer dann, wenn der Prof Sprechstunde hatte. Meist hat er mich selbst mitgenommen, oder ich bin mit einem der anderen Ärzte mitgelaufen. Alle waren sehr nett und bemüht mir viel beizubringen. Sie haben Hautbefunde erklärt, Bilder gezeigt und mich Patienten untersuchen lassen.

Der Umgangston zwischen Arzt und Patient ist in Australien doch recht anders als in Deutschland. Die Patienten reden die Ärzte, bis hin zum Prof, meist beim Vornamen an, die Schwestern nennen jeden "my darling", und die Stimmung ist generell viel positiver als bei uns - keiner jammert, die Patienten sind wahnsinnig dankbar für Hilfe und die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Schwestern funktioniert wunderbar. Etwas überraschend war für mich auch, dass alle Patienten ausnahmslos sehr nett und freundlich zu mir waren, obwohl - oder gerade weil - sie wussten dass ich aus Deutschland komme. Es war keine Spur von Antipathie zu erkennen. Überraschend kam für mich auch bei meiner ersten OP - ich habe Haken gehalten - die Frage des Operateurs, ob ich eine Pause bräuchte. Das hatte ich in Deutschland noch nie erlebt.

Anfangs waren meine Tage in der Klinik relativ lang, ich stand meist bis abends um sechs oder sieben im OP. Da ich dort jedoch wenig mehr als Zugucken konnte, war ich zunächst ein wenig unzufrieden und habe das auch - zögerlich - beim Prof angesprochen. Der war äußerst verständnisvoll, konnte mir jedoch auch nicht viel anbieten, da dort einfach so viele Ärzte sind, dass die Studenten, anders als in Deutschland, nicht unbedingt gebraucht werden. Wir haben dann vereinbart, dass ich an einem Tag in der Woche mit ihm in seine Privatklinik zum Assistieren komme; erfolgreich abgewehrt habe ich allerdins seinen Vorschlag, doch ein wenig Forschung zu betreiben.

In der Privatklinik war es dann auch richtig spannend, dort stand ich meist als erste Assistenz am Tisch. Anders als man es sich zunächst vorstellt, operieren die Chirurgen der Melanoma Unit nicht nur die Hautbefunde, sondern resezieren Metastasen selbst, wenn nötig auch in großen Baucheingriffen. Ansonsten wurden jedoch auch viele Exzisionen, Sentinel-Lymphknoten-Biopsien und ähnliche Eingriffe durchgeführt. Ich konnte während meiner acht Wochen viel Plastische Chirurgie lernen, darunter verschiedene Arten von Lappenplastiken und Skin-Grafts, sowie einiges an Dermatologie.

Vor allem zum Ende hin war ich wunderbar in mein Team integriert, wir haben auch am Wochenende oder abends etwas unternommen, sodass mir der Abschied sehr, sehr schwer gefallen ist.

Etwa ab der dritten Woche habe ich dann auch angefangen, von meinen Mit-PJlern in der Anästhesie inspiriert, einfach einmal zu gehen wenn ich nichts mehr zu tun hatte. Obwohl es mir keiner offiziell gesagt hatte, schien mein Team dennoch nichts dagegen zu haben, dass ich auch ein bisschen Zeit außerhalb der Klinik in der Stadt, am Harbour, beim Sightseeing, oder, auch am Strand verbracht habe. Im Gegenteil, zum Schluss sagte einer der Oberärzte zu mir, ich hätte das sehr klug gemacht, da ich mich später nie mehr daran erinnern würde, ob ich eine OP mehr oder weniger gesehen hätte, jedoch immer daran, dass ich eine wunderbare Zeit in Sydney gehabt hätte. Womit er natürlich völlig Recht hatte.

Die Unterkunft

Mit meiner Unterkunft war ich sehr zufrieden, ich hatte ein schönes Zimmer, in dem Haus haben immer noch einige andere internationale Studenten gelebt zusammen mit Deb und ihren zwei Söhnen. Frühstück und Abendessen war in der Miete inbegriffen, sie hat die Wäsche gewaschen, im Garten ist ein Pool - alles in allem also sehr empfehlenswert für einen Preis von etwa 210 AUD (etwa 140 €) in der Woche, ein durchaus normaler Preis in Sydney. Der einzige Nachteil ist die Lage - ich habe in Dulwich Hill gewohnt, nicht ganz im Stadtzentrum, die Klinik war allerdings per Bus innerhalb von 15-20 Minuten zu erreichen, das Stadtzentrum per Bahn in etwa der selben Zeit.

Andere PJler haben mitten in der Stadt gewohnt, natürlich von der Lage her super, die Miete war allerdings dieselbe, die Zimmer haben sich jeweils zwei geteilt und die Wohnung war eine Achter-WG, plus dutzende Kakerlaken. Also Vorsicht bei der Wohnungssuche! Gerade Studenten, die nur kurz in die Stadt kommen, werden oft in solchen Wohnungen einquartiert. Da die Wege - dank Großstadt - ohnehin immer lang sind, ist es schon fast egal, ob man ein bisschen mehr außerhalb wohnt oder nicht. Ich würde jederzeit wieder mein Zimmer nehmen!

Tipps

Kauft Euch ein Wochenticket, am besten zum Studententarif - das gibt's an allen Train Stations. Den Studententarif dürfen die Electives zwar offiziell nicht wahrnehmen, aber meistens akzeptieren die seltenen Kontrolleure doch den internationalen Ausweis oder die Klinik-ID. Sonst muss man nur nachzahlen. Das Wochenticket gilt für Bus, Bahn und sogar für Fähren.

Außerdem empfehlenswert: australische SIM-Karte kaufen, kostet nicht viel und erleichtert den Kontakt mit den Locals und den anderen PJlern. Zu empfehlen ist auch, sich das Tertial so zu legen, dass man vorher oder nachher noch mindestens drei Wochen zum Herumreisen hat - wann ist man schon mal in Australien? Für Tages- oder Wochenendausflüge von Sydney aus bieten sich die Blue Mountains und das Hunter Valley an, sowie der Uluru (früh Flüge buchen!). Mietwagen gibt es vor allem online relativ günstig für Gruppenausflüge. Vorsicht, Linksverkehr!

In Sydney selbst ist sehenswert: alles. Hafen, Stadt, Royal Botanic Garden, Bondi Beach, Manly Beach, North Head, South Head, Darling Harbour, Harbour Bridge, Opera House...

Im Nachhinein

Alles in allem war das PJ in Australien eine wunderbare Erfahrung, wenngleich ich nicht so viel Praktisches in der Medizin gelernt habe, wie ich mir anfangs vorgestellt hatte. Dennoch - ich habe viel dazugelernt, meinen Englischkenntnissen hat es sehr natürlich genützt und das Leben war einfach unbeschreiblich schön. Sydney ist eine wunderschöne Stadt, gerade im Sommer - also unserem Winter, die Australier sind so nett und offen, dass man seine Zeit dort eigentlich nur genießen kann. Ich würde es jedem nur empfehlen, dort einen Teil des PJs zu verbringen, vielleicht sogar das Fach, das man nicht unbedingt später machen will - dann ist man auch nicht allzu enttäuscht, wenn man dann doch nicht so viel Medizinisches lernt, wie man sich vorher erhofft hat.

Für das Leben lernt man aber auf jeden Fall.
Tipp: gerade in der Anästhesie darf man sehr viel selbst machen und kann jederzeit gehen…

Also, auch wenn die Bewerbung kompliziert ist, man eventuell viele Absagen kriegt und im Ausland auch nicht alles toll ist - es lohnt sich!

Bewerbungsunterlagen

1. Application

Application for a clinical elective term in 2007

Dear Madam, dear Sir

I would like to apply for a clinical elective term in your hospital in 2007. I am a fourth year medical student in a six year course at the University of Wuerzburg and I expect to graduate in April 2008.
I have already gained some clinical experience in my three clerkships in internal medicine (cardiology), in surgery (trauma) and in general practice, each of a duration of one month. Especially surgery has captured my interest.
I would be very pleased to be able to collect experience in medical work in Australia, therefore I would appreciate the chance to perform the first part of my surgery elective term in your hospital from February 26th to April 23rd, 2007.
May I ask you to send me the application forms I need to formally apply?
Thanks a lot for your help.

I am looking forward to hearing from you.

Best regards,

2. Letter of Recommendation

LETTER OF RECOMMENDATION

To a future employer of xxx

It is my pleasure to provide you with my unreserved recommendation for xxx for a clinical elective in your hospital.

xxx spent four weeks in August 2005 with our floor team doing a clerkship in the Department of Trauma at the University Hospital of xxx and has been regularly coming in to voluntarily assist ever since.

xxx's activities include medical work-up with taking and documenting medical histories and physical examinations as well as independent medical care and surgery assistances, single-handed ward management, presentation of case histories and participation in daily conferences and education programs.

xxx shows extraordinary interest in conservative and surgical traumatology and was able to quickly acquire, based on excellent anatomical knowledge, an overview about different surgical procedures. She impresses by a remarkable perseverance even during long lasting surgeries as well as an imposing commitment (e.g. surgery assistances at night and during the weekends) and a distinct manual ability. This enables her to even accomplish parts of surgeries herself.

Her patient care is considerate, adroit and sensitive, her medical action purposeful, well structured and efficient, her attitude in the team always constructive, respectful and correct. Due to her friendly and winning nature, her throughout irreproachable relationship to nursing staff and physicians xxx became a precious and valued colleague we can absolutely and unconditionally recommend for a surgical career.

Should you need any more information about xxx please feel free to contact me at your convenience at the following address.

Very truly yours,

Signatur Oberarzt + Kontaktdetails

3. CV

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