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  • 12.09.2016

Dr. Motz wird auf dem falschen Fuß erwischt

In der Medizin hört das Lernen nie auf. Die ständige Weiterbildung wird sogar erwartet, es müssen Wissenspunkte gesammelt werden und zur Belohnung stellt die Ärztekammer ein Zertifikat aus. Fortbildung ist Pflicht und so sieht das auch Dr. Motz' Chef. Sein Wunsch: Dr. Motz soll Fußchirurg werden.

Dornen und Pilze


Dr. Motz ist nun wirklich kein Fußfetischist. Im besten Fall findet er Füße langweilig. Wenn er sich dann doch mit Füßen beschäftigen muss, dann nur mit Handschuhen, denn es quält ihn die Phobie, sich Dornwarzen oder Nagelpilz einzufangen. Erschwerend für die Entwicklung einer Liebesbeziehung zu den menschlichen Gehwerkzeugen kommt hinzu: Die meisten Patienten präsentieren sich mit ungewaschenen, schweißbelegten Füssen, in deren Zehenzwischenräumen die Sockenfarben der letzten Woche abzulesen sind.

 

Spezialisten


Nun sitzt Dr. Motz in einem Seminarraum voller angehender Fußspezialisten. Tische wie vom Hörsaal gewohnt, gibt es nicht. Nur Stuhlreihen, so dass er sein Skript wie ein Schild vor seine Weichteile hält. Vorsichtshalber sitzt Dr. Motz am Rand, um sich einen Fluchtweg offen zu halten. Die Späterkommenden quetschen sich nun mit ihrem Hintern an seinem Gesicht vorbei. Ein „Guten Morgen“ fällt aus dieser Richtung (glücklicherweise) weg. Die „besten Kumpels“, die nun neben Dr. Motz sitzen, müssen während des ersten Referates zunächst ihre Anreiseabenteuer austauschen. Während des zweiten geben sie an, wie toll sie operieren können und während des dritten Vortrages wissen die beiden Spezialisten schon besser als der Referent, wie ein Hallux valgus zu begradigen ist. Die Referenten hingegen sind zwar wahre Koryphären zum Thema Fuß, in der Bedienung von Computer-Laufwerken, Laserpointern und Mikros erweisen sie sich jedoch als Dilettanten.

 

Nur ohne Formalin


Im Präp-Kurs des zweiten Semesters stürmte Dr. Motz nach jedem Kurstag unter die Dusche, bevor er sich die Pizza in den Ofen schob. Genauso zog er nach Kursende stets neue Klamotten an, um den Formalin-Geruch aus der Nase zu bekommen. Im Fußkurs gibt es Frischpräparate, die zwar nicht stinken, dafür aber vor sich hin siffen. Außer Dr. Motz scheint es aber niemanden etwas auszumachen, dass Flüssigkeit über die Tischkante tropft und die Teilnehmerhosenbeine durch dünne kurze Kittelchen ungeschützt verbeiben.

Ziemlich eklig findet Dr. Motz auch die mit einem Leukoplast und Handschuh verschlossene Amputationsstelle des Fußes. Im Laufe des Kurses sammelt sich hier immer mehr Blut-Serom-Fett-Brühe in den Fingerlingen.

Auch verstörend: Die anderen Teilnehmer zücken sogar während der Präparation ihr Smartphone und machen Bilder von ihren Werken. Ohne Handschuhwechsel!!!

 

Schlemihl und Frankenstein


Zuerst werden Haut und Unterhaut abpräpariert, um Gefäße und Nerven darzustellen. Dann wird an je einem Fuß von zwei Ärzten jeder nur mögliche fußchirurgische Eingriff durchgeführt. In nur zwei Stunden wird das Präparat einer Calcaneus- Doppelosteotomie mit FDl-Transfer, Weil-Akin-Chevron-Osteootomie, Lapidus-NC-CC-Arthrodese und Peroneus-Plastik unterzogen.


Während der abgetrennte Fuß mehr und mehr einem frankensteinschen Schlachtfeld gleicht, springen muntere Vertreter der Industriefirmen um die Tische herum und bieten zu jedem Eingriff ihr Spezialimplantat an.

 

Ungeklärte Fragen


Was bei dem zweitägigen Kurs mit den toten Füßen über Nacht passiert, weiß Dr. Motz nicht. Schließlich ist ein Hotel-Konferenzraum mit Plastiküberzug abgeklebtem Teppichboden nicht die Anatomie. Und die Mitarbeiter eines Hotels keine magenfesten Präparatoren. Und wo kommen dreißig frische Füße überhaupt her, wenn zugleich Anatomiestundenten über zu wenige Körperspender klagen? In welchem Dritte-Welt-Land gibt es jetzt mehr Einbeinige oder liegen auf diversen russischen Friedhöfen jetzt Leichen in besonders kurzen Särgen? Dr. Motz ist froh, als er auf zwei Beinen mit seiner Teilnahmebescheinigung wieder nach Hause fahren kann.

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