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  • 09.11.2016

Dr. Motz – Master seines Faches!

Dr. Motz Motto lautet: Lebenslanges Lernen. Darum war er auch gerade mal wieder auf einer Fortbildung. Was er dort erlebt hat, lässt ihn nur den Kopf schütteln.

 

Die Anglifizierung der deutschen Sprache hat vor der Medizin nicht halt gemacht. Auch wenn Mediziner eigentlich locker weltweit über die etablierten lateinischen Fachbegriffe kommunizieren können, spricht der hippe Arzt der Neuzeit lieber Englisch. So besucht Dr. Motz am Wochenende auch keinen Auffrischungskurs, sondern einen Refresher. Auch ist er kein Meister seines Faches – sondern ab sofort Master der Hüftendoprothetik.

 

Chirurgie ist ja schließlich kein Handwerk!

Meister klingt ja auch zu sehr nach Handwerk, im schlimmsten Fall nennt der geneigte Patient seinen Stationsarzt dann Geselle und die medizinische Zunft möchte sich doch elitär universitär von einem profanen Lehrberuf abheben. Sonst käme vermutlich noch jemand auf die Idee, dass Chirurgie ein Handwerk sei! Elitär ging es dann auch auf diesem Master-Kurs zu!
Die Referenten überboten sich darin, ihre Exzellenz darzustellen. „Wir haben 12 Luxationen behandelt, natürlich alle von auswärts!“ oder „Das sind typische Komplikationen, die bei mir allerdings noch nie aufgetreten sind“, sollen den Ausnahmestatus der Meisteroperateure unterstreichen. So wie es im Mittelalter natürlich nur männliche Meister gab, so finden sich auf dieser Fortbildung nur männliche Referenten (14/15). Die einzige Frau Referentin (1/15) darf dafür standesgemäß auf dem Gebiet der Soft Skills meisterlich brillieren und über das Mädchenthema Marketing im Gesundheitswesen berichten.

 

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

Zwar sind die Vortragenden alle unheimlich gut, was das Operieren angeht. Eines können sie jedoch nicht: Technik. Zwar ist ein Tech-Nick Alias engagiert worden, der die Power Point Präsentationen von Mac auf Windows hin und her konvertiert und zum Laufen bringt. Eines jedoch kann auch der Berufs-Nerd nicht leisten: Den versammelten Orthopäden die Bedienung eines Pointers klarmachen.
Obwohl manche Referenten mehr Zeit auf Kongressen als mit der Leitung ihrer Klinik verbringen, ist die Bedienung des Pointer ein Riesenproblem.
Allein ihn anzuschalten bedeutet die erste Herausforderung. Dann werden die Tasten so fest gedrückt, dass das Gerät schier zu zerspringen droht. Ist der Pointer trotz Laserattacken auf das Publikum weiter unwillig, so muss die Schuld, das Gerät wild schüttelnd, den Batterien zugeschoben werden.

 

Wer ko, der ko und Big Bang

Einen wahren Meister trifft Dr. Motz aber doch. Einen langjährigen Professor, der so etabliert ist, dass er es nicht mehr nötig hat, sich durch Angeberei zu profilieren. Er ist der einzige, der eigene Fehler während des zweitägigen Kongresses offen zum Thema macht. Er propagiert eine praxisorientierte und umsetzbare Studienauswertung und betrachtet nicht nur das Outcome des Publizierenden auf der Karriereleiter, sondern den Benefit des Patienten durch selbige.
Zudem wagt er es tatsächlich, Humor zu zeigen und präsentiert zum Thema Algorithmus bei periprothetischer Fraktur erstmal den Dr. Sheldon Cooper Freundschaftsalgorithmus aus der Big Bang Theory.

 

Leistungssteigernde Maßnahmen

Wie bei sportlichen Meisterschaften, greifen auch die meisterlichen Referenten zu Doping. Dieses erfolgt zum einem psychologisch mittels Pseudobescheidenheit. Ein gut gespielter Charakterzug der Großkopferten, die mit Sprüchen wie „Vielleicht bin ich zu blöde, aber bei mir klappt das nie so“ und „Ja, ich mit meinen zehn Daumen bin dazu vielleicht zu ungeschickt“, ein sofortiges empörtes Verneinen ihrer Zuhörer provozieren. Einziger Sinn und Zweck solcher vermeintlich selbstkritischer Aussage ist auszudrücken: „ Wenn ich als Held das schon nicht schaffe, dann ist die Studie/Empfehlung/OP-Technik nicht zu gebrauchen!“
Bei vorwiegend männlichen Referenten bricht dann auch irgendwann das Testosteron durch und wirkt sich sofort auf den Diskussionsinhalt aus. So fragt ein Master zur Therapie eines nach kranial dislozierten Trochanterabriss den anderen: „ Bist du noch in der Lage dir den runterzuholen?“, woraufhin dieser sich irritiert über das Anzweifeln seiner Männlichkeit zeigt und ein Folgerezept Viagra anfordert.

Nach zwei Tagen Kurs erhält Dr. Motz ein schönes Master Zertifikat und begibt sich wieder in die Gesellschaft von seinesgleichen, wo er nun meisterlich mit den alltäglichen Problemen eines Grund-und Regelversorgungs-Unfallchirurgen kämpft.

 

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