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  • Bericht
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  • Sabrina
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  • 05.03.2019

Nur nicht aufgeben!

Sabrina tut alles, was in ihrer Macht ist, um die gefürchtete Prüfung zu bestehen. Aufgeben ist keine Option. Sie ist nicht bereit, ihren Traum vom Medizinstudium zu begraben. Eine Geschichte über Hoffnung und Erschütterung.

 

 

Wie oft hört man diesen Satz in seinem Leben: Kopf hoch, es wird schon gut gehen. Dieses Mal klappt es bestimmt. Worte, die zur Gewohnheit für mich werden. Doch was mache ich falsch, frage ich mich jedes Mal aufs Neue.

Es gibt eine Prüfung an meiner Uni, die als die gefürchtetste Prüfung des Studiums gilt: Pathologie, Pathophysiologie und Pharmakologie in einer Prüfung. Drei Bücher, die man bis ins Detail können sollte. Zeit zum Lernen: rund 1,5 Monate. Katastrophe also. Vor allem, weil diese Prüfung zum Abschluss des ersten Studienabschnittes benötigt wird. Bestehe ich diese Prüfung nicht, darf ich vorerst nicht weiterstudieren, bis ich ein positives Ergebnis habe.
Horrorszenarien spielen sich in meinem Kopf ab. Was mache ich, wenn ich es nicht schaffe? Was wird aus meinem Traum, Ärztin zu werden?

Ich habe zu Lernen begonnen, etwas später als geplant, da ich noch das Ergebnis der vorhergegangen kleineren Pathologie/Pathophysiologie/Pharmakologie Prüfung abwarten wollte. Jetzt sind es noch rund ein Monat und eine Woche bis zur Prüfung. Die Stoffmenge ist enorm. Der blaue Himmel, der Sonnenschein und die 32°C in meiner Dachgeschosswohnung erleichtern mir das Lernen keineswegs. Ich will raus, will baden, will die Sonne genießen, ich will aber auch Ärztin werden. Also geht es leicht depressiv zurück zum Schreibtisch.


Ich habe keine Ahnung, wie ich den Stoff in meinen Kopf bekommen soll, keine Ahnung, womit ich beginnen soll. Verzweiflung schon bei den ersten Lernversuchen. Ich raffe mich auf und versuche es trotzdem, hole mir Tipps von Kommilitonen aus höheren Semestern, versuche mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das letzte Semester war intensiv. Kaum Zeit für Pausen, mein Gehirn als auch ich sind erschöpft. Ich kann mich um diese Jahreszeit schwer konzentrieren, ich brauche eine Pause, jedoch bleibt keine Zeit dafür. Ich muss es schaffen, will es schaffen, ich werde den ersten Antritt wagen.


Der Tag der Prüfung ist gekommen. Ich weiß, dass ich noch zu wenig gelernt habe. Ich habe die großen Themen, die immer wieder kamen gelernt, ich hoffe, nein bete sogar, dass nichts anderes kommt. Mit diesen Gedanken und einem wirklich mulmigen Gefühl betrete ich den Prüfungsraum. Hier werde ich die nächsten drei Stunden verbringen. Ich suche mir einen angenehmen Platz aus. Die Prüfung beginnt. Ich soll nun fünf Pathologie-Fragen, leider waren es dieses Mal sechs, auf je einer A4 Seite beantworten. Short Essay nennt sich das, also einen kleinen Aufsatz darüber schreiben. Außerdem muss ich vier Pathophysiologie-Fragen im gleichen Format beantworten. Zusätzlich warten fünf Seiten Pharmakologie auf mich, mit je drei Fragen, die ich in 2-3 Sätzen beantworten soll.


Ich drehe die Blätter um. Die Verzweiflung steht mir ins Gesicht geschrieben. Ich lese von Themen, die kaum in vorhergegangenen Prüfungen drangekommen sind. Themen, die ich nicht ausreichend gelernt habe. Ich versuche das Beste daraus zu machen, nur nicht aufgeben. Beim Abgeben der Prüfung weiß ich aber bereits, dass dies vermutlich nicht gut ausgehen wird, da ich 66% der Gesamtprüfung für eine positive Note benötige.


Zwar werde ich erst in ein paar Wochen erfahren, ob ich bestanden habe, aber weil ich stark vermute, es nicht geschafft zu haben, starte ich in einen unruhigen, lernreichen, mühsamen Sommer. Keine Ferien für mich. Eine Woche gönn ich mir, dann beginne ich wieder mit dem Lernen, jedenfalls habe ich es mir so vorgenommen.
Nach einer Woche rapple ich mich wieder auf. Auf zum Schreibtisch, auf ein Neues. Frustration breitet sich in mir aus. Wie soll ich diese Prüfung jemals schaffen? Die Sonne brennt mir in den Nacken. Ich will baden, will an den See, doch ich muss lernen. Wochenlang quäle ich mich zum Schreibtisch. Arbeiten gehe ich in der Zwischenzeit auch, denn wo sonst soll ich genügend Geld fürs Jahr bekommen, wenn nicht bei einem Ferialjob?


Nach drei Wochen keimt eine letzte Hoffnung in mir auf. Das Wissen über eine nicht geschaffte Prüfung lässt sich vom Funken Hoffnung übertönen. Sag mir, vielleicht hat es ja doch geklappt? Eine Woche später kommt das Ergebnis. NICHT GENÜGEND. Deutlich und in Großbuchstaben zu lesen, obwohl ich damit gerechnet habe, kommen mir die Tränen. Ich bin nur froh, dass meine Familie und meine Freunde für mich da sind, mich unterstützen und mich aufbauen. Denn ich bin am Boden zerstört ...

 


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