Zurück zu Oldenburg
  • Info
  • |
  • Catharina Nitsche
  • |
  • 20.05.2014

LFC – Longitudinales Forschungscurriculum

Für Mediziner stehen nach dem Studium viele Türen offen. Eine davon ist die Forschung. Doch viele Studenten wissen gar nicht genau, was sie sich darunter vorstellen müssen. Nicht so an der Uni Oldenburg. Hier bekommen Studenten schon in der Vorklinik durch Seminare und Kleingruppen erste Einblicke in die Welt der Forschung. Professionelle Leiter ermöglichen den Studenten im dritten Modul in einem Forschungspraktikum zum ersten Mal die Mitarbeit an einem Projekt.

Die Themenwahl für das erste Praktikum  

Zu Anfang kann jeder Student angeben, in welche Forschungsgruppe er gerne möchte. Dafür erstellt er auf einer Internetplattform (der Link wird per Mail zugeteilt) eine Wunschliste zu den verschiedenen Projekten. In diesem Semester gab es zehn Gruppen, darunter Themen wie ADHS, Strahlentherapie und Epidemiologie. Mach dir im Vorherein klar, wo der Schwerpunkt der Forschungsgruppe liegt. Geht es um Studienauswertung oder wird auch praktisch etwas ausprobiert? Wenn dazu der Lieblingsbereich (z.B. Pädiatrie, Onkologie) angeboten wird, fällt die Auswahl für die Wunschliste leichter.  

Nach einer Frist erhält jeder eine Mail mit der Zuteilung zu der entsprechenden Forschungsgruppe. In dieser Gruppe finden dann während des Semesters die Treffen und das Praktikum statt. Die Gruppengröße variiert von Projekt zu Projekt. Am Ende des Praktikums muss jede Gruppe ein Poster zu ihrer Arbeit erstellen. Es wird keine Forschungsarbeit in diesem Praktikum geschrieben.

 

Wissenschaftlich richtig arbeiten  

Zu Beginn des ersten Seminars wird die evidenzbasierte Medizin definiert. Im weiteren Verlauf erfahren die Studenten alles Wichtige zu Literaturrecherche und werden auf den richtigen Umgang mit Studien vorbereitet. Dabei werden Internetportale für Veröffentlichungen vorgestellt und erklärt, wie sie zu nutzen sind. Schon das erste Treffen in der Forschungsgruppe läuft in jeder Gruppe anders ab. Eine Gruppe trifft sich in einem Nachbarort in einer Klinik, eine andere lernt grundlegende Themen zu ihrem Forschungsbereich. Die „Margarine-Gruppe“ startet sogar einen Selbstversuch. Sie überprüft den Zusammenhang zwischen den Cholesterinwerten und dem Brotaufstrich – Margarine oder Butter. In den 3,5 Wochen bis zum Praktikum testet diese Gruppe eine bestimmte Margarine.

 

Das einwöchige Forschungspraktikum  

Im Praktikum wurde die gelernte Theorie in die Praxis umgesetzt. Hier wird täglich eine Woche lang in der Forschungsgruppe gearbeitet.  Die Margarine-Gruppe untersucht in der Klinik die Auswirkungen ihres Brotaufstrichs. Hat sich die Gefäßdicke der Probanden verändert? Andere Gruppen werten Studien aus und befassen sich mit Testdurchführungen für eine Studie. Die Studenten der Gruppe zum Thema ADHS probieren Tests aus, die für Kinder mit ADHS angelegt wurden. Bei diesen Tests geht es um den Zusammenhang von ADHS und der Aufmerksamkeit, die diese Kinder für den Test aufbringen konnten. Fallen den Kindern manche Testaufgaben leichter als andere? Wenn man selber in die Rolle des Probanden schlüpft, merkt man erst, wie wichtig eine glasklare Anweisung des Testleiters ist.  

Außerdem bekommen die Studenten Einblicke in Fragebögen für Lehrer oder Eltern von einem an ADS oder ADHS erkrankten Kind. Sie spielen bei der Diagnosestellung eine Rolle. Die Studenten dürfen sich teilweise selbst Fragen oder Thesen überlegen, die sie anhand von Ergebnissen einer bereits durchgeführten Studie untersuchen.   Der Tagesablauf der verschiedenen Gruppen ist auch hier sehr unterschiedlich. Einige Gruppen brauchen viel Zeit für die eigene Recherche, während andere Gruppen die Zeit für Untersuchungen und Auswertung nutzen.

 

Die Postergestaltung und der große Augenblick  

Die Nachtreffen nach dem Praktikum werden besonders für die Gestaltung eines Posters genutzt. An einem festgelegten Termin stellt jede Gruppe ihr Poster den anderen vor. Die beste Gruppe bekommt sogar ein Preisgeld!

 

Erste Kontakte für eine Forschungsarbeit  

Im Rahmen von diesem Programm können erste Kontakte zum Forschungsbereich geknüpft werden. Vielleicht passt dieser so gut, dass darin später eine Forschungs- oder sogar Doktorarbeit geschrieben werden kann? Einen ersten Fuß hätte man dann in der Tür. Wenn die Woche nicht den Erwartungen entsprach, ist man bei der Suche nach dem richtigen Bereich aber einen Schritt weiter.  

 

Wie geht es weiter? 

Im dritten Studienjahr und zum Ende der Studienzeit schreiben alle Oldenburger Studenten jeweils eine Forschungsarbeit. Ursprünglich kommt diese Idee von der Überlegung, einen Bachelor- und einen Master-Abschluss in der Medizin in Oldenburg zu integrieren. Man ist aber in Oldenburg bei dem Staatsexamen als Abschluss geblieben. Daher sind die Erwartungen an die Forschungsarbeiten in Oldenburg nicht mit denen einer Abschlussarbeit zu vergleichen. Für das erste deutsche Staatsexamen wird nach drei Jahren ein Äquivalent absolviert und am Ende der Studienzeit wird das zweite Staatsexamen als Abschluss mit allen anderen Medizinstudierenden in Deutschland abgelegt wird.

In Oldenburg erhält also jeder Student wie an jeder anderen Uni in Deutschland über das Staatsexamen die Berechtigung als Arzt zu arbeiten. Wer im dritten Jahr oder am Ende der Studienzeit sein Auslandsjahr in Groningen plant, kann sich um einen Abschluss dort bemühen. In Groningen gibt es das Bachelor/Master-System auch in der Medizin und man schließt sein Studium neben bestandenen Prüfungen mit einer Forschungsarbeit ab.

Man merkt in der Zeit, dass neben Untersuchung, Anamnese erheben und Therapieren ein Schritt davor nicht unterschätzt werden darf. Herauszufinden, wie Krankheiten funktionieren und wie der Körper reagiert, ist wichtig, um Patienten optimal behandeln zu können. Durch Forschung kann das ärztliche Wissen und Handeln weiter entwickelt werden.

Mehr zum Thema

Artikel: Pflegepraktikum in der Schweiz

Artikel: TMS – der Schlüssel zum Medizinstudium

Artikel: Medizinstudium in Oldenburg – ein kurzer Rückblick