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  • Bericht
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  • Franziska Ippen
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  • 15.09.2014

Promotion an der Harvard Medical School

Nach einer Famulatur an einem Teaching Hospital der Harvard Medical School entschied sich Lokalredakteurin Franziska Ippen, ihre Doktorarbeit ebenfalls in Boston zu machen. Was sie dabei erlebt hat und welche organisatorischen Hürden es zu überwinden gilt, um ein Kooperationsprojekt mit einer externen Einrichtung in die Wege zu leiten, erzählt sie hier.

Als ich im Februar den ersten Schritt aus dem Boston Logan Airport machte, schlug mir der eiskalter Wind ins Gesicht – überall war Schnee, es war tiefster Winter an der Ostküste. Ja, ich war zurück. Dieses Mal für meine Doktorarbeit, und ich war aufgeregt und neugierig, wie die Zeit werden würde.

Nachdem mir meine Famulatur mit Forschungsaufenthalt letztes Jahr am Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) sehr gut gefallen hatte, wollte ich in derselben Abteilung auch meine Doktorarbeit machen. Das Vorhaben war zu dieser Zeit bereits als Kooperationsprojekt mit der Universität Heidelberg angemeldet worden, und nun würde ich zunächst für eine längere Zeit in Boston leben und an diesem Projekt arbeiten. Darauf habe ich mich schon im Vorfeld unglaublich gefreut. Doch bis zu diesem Punkt war es ein weiter Weg: Es gab vieles zu organisieren und zu beantragen, bevor ich schließlich meine Doktorarbeit im Ausland beginnen konnte.

 

Grundlegende Aspekte eines Kooperationsprojekts

August 2013: Ich hatte nun eine Zusage von einer externen Einrichtung – soweit, so gut, doch das reicht für die Organisation eines Kooperationsprojekts noch lange nicht. Als nächstes galt es, einen internen Betreuer desselben Fachgebiets an der Universität Heidelberg zu finden. Ich hatte das Glück, dass diese organisatorischen Schritte schnell und reibungslos abliefen und ich von beiden Seiten unterstützt wurde.

Mit meinem internen Doktorvater setzte ich die Anmeldung der Doktorarbeit auf, die an das Promotionsbüro weitergeleitet wurde. Zudem verlangte das Heidelberger Promotionsbüro einen schriftlichen Nachweis der externen Einrichtung über das Kooperationsprojekt, sowie eine schriftliche Einverständniserklärung der externen Einrichtung, dass die Ergebnisse meiner Promotionsarbeit im Rahmen einer Heidelberger Dissertation veröffentlicht werden dürfen. Je nach Art der Arbeit ist auch ein Ethikantrag notwendig, den ich ebenfalls noch vor Antritt meiner Reise nach Boston verfasste.

 

Die Organisation des Visums

Als nächstes stand die Organisation des Visums an. Für eine Doktorarbeit gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: Das F-Visum für Studenten oder das J1-Visum für Forscher. Das Visum wird in den meisten Fällen von der Einrichtung, an der man auch die Doktorarbeit macht, gesponsert. Ich bekam ein J1-Visum. Mein Ansprechpartner für das Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) war überwiegend das Harvard International Office (HIO), die mir bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite standen.

Auf einer speziellen Online-Maske des HIO musste ich deswegen frühzeitig die notwendigen Dokumente (Nachweis einer ausländischen Krankenversicherung, Dean’s Letter, Proof of Funding, etc.) hochladen, bevor ich die weiteren notwendigen Dokumente (DS-2019) zur Beantragung eines Visums vom BIDMC per Post erhielt. Nachdem dieser Prozess viel Zeit in Anspruch genommen hatte, ging alles nun relativ schnell: Ich konnte einen Termin bei der Amerikanischen Botschaft in Frankfurt machen, beantragte mit weiteren Zusatzdokumenten mein Visum und erhielt dieses ca. eine Woche später.

 

Der Ablauf der Arbeit

Für meine Promotionsarbeit hatte ich mich bewusst für eine klinische Studie entschieden. Zwar hätte mich ein experimentelles Projekt auch gereizt, dennoch wollte ich Teil eines Projektes sein, das in absehbarer Zeit zu Ergebnissen beitragen kann, die das aktuelle Behandlungsregime von Patienten mit Hirnmetastasen des Nierenzellkarzinoms gegebenenfalls weiter verbessern können. Da ich allgemein am Fachbereich der Neuroonkologie sehr interessiert bin, versuchte ich während meines Aufenthalts so viel Wissen wie möglich zu diesem Thema mitzunehmen.

Das beinhaltete parallel zu meiner Arbeit weiterhin die Brain Tumor Conferences jeden Montag, die neuropathologischen reviews und brain cuttings jeden Dienstag sowie interdisziplinäre Diskussionen über den Verlauf meiner Arbeit im Bereich der Neuchirurgie und Radioonkologie.

Am Anfang meiner Arbeit stand die Beantragung eines International Review Board (IRB) Approvals, was in etwa einem deutschen Ethikantrag zur Einsicht von Patientendaten zu Forschungszwecken entspricht. Erst nachdem ich diese Genehmigung hatte, konnte ich die Daten der Patienten aufnehmen. Um genau festzulegen, welche Parameter bzw. Prädiktoren uns eigentlich interessieren, setzte ich mich vorab mit meinem externen Doktorvater zusammen. Auf diese Weise konnten wir gemeinschaftlich diskutieren, was uns für die Gestaltung der Arbeit am sinnvollsten und wichtigsten erscheint.

Mein entscheidender Vorteil war, dass die Patientendaten in den USA bis ins letzte Detail dokumentiert werden. Beispielsweise waren bereits verstorbene Patienten meiner Kohorte im Brain Tumor Registry mit exaktem Todesdatum vermerkt, sodass ich das Gesamtüberleben der Patienten und mögliche Einflussfaktoren darauf genau dokumentieren und analysieren konnte.

Nach der Dokumentation aller wichtigen Parameter und der Behandlungsergebnisse im Verlauf, ging es an die statistische Analyse der Arbeit: Hierzu standen mir die Programme STATA und GraphPad Prism zur Verfügung, die mir meine Arbeit deutlich erleichtert haben. In wöchentlichen Meetings diskutierte ich meine selbst erarbeiteten Ergebnisse mit meinen Betreuern am BIDMC. Dazu berieten wir, welche Subgruppenanalyse sinnvoll erscheinen könnte und wie die Ergebnisse meiner Arbeit auf dem Stand der aktuellen Literatur zu diesem Thema zu interpretieren sind.

Des Weiteren bekam ich die Möglichkeit, meine beiden wissenschaftlichen Projekte, die ich letztes Jahr am BIDMC abgeschlossen habe, als Poster auf dem 82nd Annual Scientific Meeting der AANS in San Francisco und auf dem The SRS/SBRT Scientific Meeting in Minnapolis vorzustellen. Durch diese Meetings habe ich nicht nur erste Erfahrungen sammeln können, wie man wissenschaftliche Arbeiten bestmöglich auf internationalen Tagungen vorstellt, sondern hatte dadurch auch die Möglichkeit, andere Städte der USA zu erkunden und meine Familie an der Westküste endlich wiederzusehen.

 

Mein Aufenthalt in Boston

Auch dieses Mal war meine Zeit in Boston großartig. Die Stadt hat einen unglaublichen Charme, der sich nicht zuletzt durch die Atmosphäre einer Großstadt mit unglaublich hohem Freizeitwert und vielen Studenten auszeichnet. Dadurch, dass Boston eine sehr hohe Universitätsdichte hat, kam ich leicht mit Studenten und Wissenschaftlern aus allen Ländern der Erde in Kontakt und es entwickelten sich Freundschaften fürs Leben.

Wer in Boston für längere Zeit leben möchte, sollte sich allerdings frühzeitig um eine Wohnmöglichkeit bemühen und die Preise vergleichen: Im Vergleich zu europäischen Preisen sind die Mietpreise in Boston exorbitant hoch, darum sucht man sich am günstigsten ein WG-Zimmer oder ein Studio zur Zwischenmiete. Auch unter dem regulären Semester ist es schwierig, eine Wohnmöglichkeit zu finden. Darum bin ich überaus dankbar, dass ich sechs Wochen bei meiner Familie bleiben konnte, bevor ich endlich eine Unterkunft gefunden habe.

Zum Klima: Der Winter an der Ostküste sucht mit Sicherheit seinesgleichen – aber dadurch, dass meistens die Sonne scheint, stimmt selbst diese Wetterlage versöhnlich. Frühjahr und Sommer sind dafür umso schöner: Man kann die Stadt endlich wieder in vollen Zügen genießen. Nach abgeschlossener Arbeit kann man beispielsweise wunderbar am Charles River joggen gehen oder den Abend in Boston Downtown oder Beacon Hill gemütlich ausklingen lassen. Da ich offiziell „Visiting Graduate Student“ der Harvard University war, bot mir dies auch die Möglichkeit, an zahlreichen Veranstaltungen von Harvard teilzunehmen.

Angefangen von Vorträgen bis hin zu diversen Lehrveranstaltungen und Freizeitangeboten wie Theateraufführungen der Harvard University, konnte ich auf diese Weise einen Einblick in das Leben als Student in Harvard bekommen. Zudem hatte ich die Möglichkeit, mit der Harvard-ID, die einem Studentenausweis entspricht, vergünstigt an den Sportprogrammen der Harvard University teilnehmen. Je nach Department unterscheiden sich die Preise. Man sollte sich auch hier rechtzeitig über die einzelnen Kurse informieren, da man dadurch manchmal auch vergünstigt an Golf- und Segelkursen in Boston und Umgebung teilnehmen kann.

Aber auch die nähere Umgebung von Boston hat einiges zu bieten: Auf Cape Cod kann man sich entweder am Strand entspannen oder bei einer Schifffahrt Wale beobachten. Der angrenzende Bundesstaat Vermont ist dagegen besonders im Indian Summer schön, wenn man eine Wanderung durch das verfärbte Laub unternehmen kann.

 

Unternehmungen in Boston und Umgebung

Mein Favorit außerhalb von Boston wird wohl immer New York City bleiben. Wer die „geheimen“ Ecken der Stadt kennt, schafft es auch, sich in der Stadt, die niemals schläft, wunderbar zu entspannen. Zudem ist New York einfach so vielfältig, dass es nie langweilig wird.

Wer das unglaubliche Tempo dieser imposanten Stadt erleben möchte, kann einen großen Spaziergang durch Manhattan machen, um danach entweder in Brooklyn Heights oder im Central Park auszuspannen und den spontanen Jam-Sessions von Jazzmusikern dort zu lauschen. Auch vom kulturellen Angebot her sucht die Stadt ihresgleichen: Angefangen von Konzerten in der Carnegie Hall, Musicals am Broadway, Ausstellungen im Museum of Metropolitan Art oder Großveranstaltungen wie der New York Fashion Week – es ist für jeden Geschmack das richtige dabei.

Dieses Mal sah ich mir zudem auf einem Trip durch Kanada Toronto, die Niagara Falls und Montréal genauer an. Ziele, die auf jeden Fall eine Reise wert sind. Toronto ist im Vergleich zu New York eine überschaubare Stadt mit Großstadtflair, in der man aber auch wunderbar am Lake Ontario zur Ruhe kommen kann. Die Niagara Falls sind unglaublich imposant, wobei die kanadische Seite etwas schöner ist als die amerikanische. Montréal ist im Vergleich zu Toronto eine andere Welt: Der touristische Stadtteil des „Vieux Montréal“ beinhaltet die historischen Gebäude der Stadt, während nur etwas weiter entfernt am Boulevard St Laurent das Hipsterviertel der Stadt liegt. Oberhalb des Boulevard St Laurent befindet sich ein Großteil der Mc Gill University und der Parc du Mont Royal, von dem man eine wunderschöne Sicht über die gesamte Stadt genießen kann.

 

Fazit

Auch dieses Jahr hatte ich in Boston eine wunderschöne Zeit, die ich niemals vergessen werde. Ich durfte viel lernen, konnte ein Projekt, dass mir sehr am Herzen liegt, weiter vorantreiben, habe viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, meine Familie wiedergesehen und Freunde fürs Leben gefunden. Während der Arbeit für meine Promotion wurde ich stets von meinen Betreuern unterstützt, die mir bei wichtigen Fragen mit Rat und Tat zur Seite standen und mir auch darüber hinaus weitreichende Möglichkeiten für meine weitere wissenschaftliche Laufbahn ermöglichten.

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