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  • Justus Lamm
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  • 04.04.2024

Wenn die Seele krank ist - Famulatur in der Kinder- und Jungendpsychiatrie

Wie gehe ich richtig mit den Patientinnen und Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) um? Justus war vor seiner Famulatur etwas aufgeregt. Wie er die Zeit in der KJP erlebt hat, erzählt er hier.

 

Kaum hatte ich meine Pathologie-Prüfung im Februar hinter mich gebracht, ging es sofort ans Kofferpacken. Denn wenige Tage später saß ich bereits im Zug.
Mein Ziel: Memmingen, eine wunderschöne Kleinstadt irgendwo in der bayerischen Provinz. 
Während meine Mitreisenden sich über ihren geplanten Urlaub in den Bergen unterhielten, Wanderrouten diskutierten und Ausflugsziele recherchierten, hatte ich etwas ganz anderes vor: eine Famulatur in einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Praxis. 
 

Was ist eine Famulatur? 

Die Approbationsordnung schreibt vor, dass alle Medizinstudierenden nach ihrem Physikum vier Monate lang verschiedene Pflichtpraktika absolvieren. 
Das Wort „Famulus“ bedeutet „Gehilfe“. Aufgabe der Famulantinnen und Famulanten ist es somit, den betreuenden Mediziner*innen einfache Arbeiten abzunehmen und dadurch bereits praktische Erfahrung sammeln zu können.
Mein Tipp: Famulaturen, sind eine gute Möglichkeit, Einblick in das Arbeitsleben der Ärztinnen und Ärzte zu bekommen. Interessiert dich eine konkrete Fachrichtung, lohnt es sich daher, diese im Rahmen eines solchen Praktikums näher kennenzulernen!
 

Gesetzliche Vorgaben 

Die konkreten Vorgaben der einzelnen Bundesländer variieren stark. 
Informiere dich am besten auf der Seite deines zuständigen Landesprüfungsamtes! 
Mein Tipp: Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht ein „Splitting“ der Famulaturen. Unter gewissen Voraussetzungen dürfen manche Praktika auch in kleinere Zeiträume aufgegliedert werden. Das ist besonders praktisch, um auch kurze Ferien optimal zu nutzen.
 

Mein Arbeitsalltag 

Zugegebenermaßen war ich an meinem ersten Arbeitstag ganz schön nervös:
Was wird von mir erwartet? Wie finde ich mich in das Praxis-Team ein? Wie gehe ich richtig mit den Patientinnen und Patienten um? 

Glücklicherweise zerstreute Peter, der Psychiater, den ich begleiten durfte, meine Bedenken schnell: Er stellte mich seinen Kolleginnen und Kollegen vor, erklärte mir seinen Tagesablauf und zeigte mir die Räumlichkeiten der Praxis. So hatte ich die Chance, mein Arbeitsumfeld in Ruhe kennenzulernen, bevor es mit den ersten Terminen losging.
Diese gute Betreuung war sehr hilfreich! Bereits nach wenigen Tagen hatte ich das Gefühl, eine gewisse Routine zu entwickeln: vormittags begleitete ich die Erstvorstellungen und lernte gemeinsam mit Peter die neuen Patientinnen und Patienten kennen. Nachmittags folgten dann Medikamentensprechstunden und Kontrolltermine. Immer wieder hospitierte ich auch bei anderen Mitarbeiter*innen der Praxis, um den Ablauf von Testungen und Untersuchungen jenseits der reinen ärztlichen Arbeit zu beobachten. 

Mit meinen Fragen stieß ich dabei stets auf offene Ohren. Geduldig erklärten mir die Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen sowie Pädagoginnen und Pädagogen ihre Arbeit. Gemeinsam besprachen wir die einzelnen Therapieansätze, diskutierten verschiedene Diagnosen und analysierten Medikationspläne. Dadurch konnte ich das Gesehene nicht nur besser verstehen, sondern auch Nützliches für mein Studium lernen.
Mein in der Praxis erarbeitetes Wissen über Psychopharmaka half mir, einige Fragen der Pharmakologie-Klausur korrekt zu beantworten. Und meine Beobachtungen über eine strukturierte Anamneseführung waren mir in meinem „OSCE“ eine große Hilfe.
 

Mein Fazit 

Sicherlich ist es schön, die Semesterferien zum Entspannen zu nutzen. 
Definitiv ist Memmingen ein wundervolles Urlaubsziel. Ohne Zweifel sind lange Arbeitstage und intensive Therapiegespräche manchmal auch ziemlich anstrengend. Dennoch habe ich meine Entscheidung, in meinen Semesterferien keinen Urlaub, sondern eine Famulatur zu planen, nicht bereut!
Rückblickend kann ich nämlich feststellen, dass eine Famulatur mehr ist als nur ein langweiliges Pflichtpraktikum. Sie ist eher ein kleiner Einblick in den Alltag der Mediziner*innen, eine praktische Anwendungsmöglichkeit bisher gelernten Wissens und die Chance, fremde Fachbereiche kennenzulernen. 
Vor allem aber ist jede Famulatur auch eine gute Motivation, die kommenden Semester des sehr theoretischen und lernintensiven Medizinstudiums durchzustehen.

So findest auch du einen Famulatur-Platz! 
Sicherlich fragst du dich jetzt, wie auch du deine nächste Famulatur planen kannst. 
Leider schreiben die wenigsten Arbeitgeber*innen ihre Famulatur-Stellen öffentlich aus. Es ist aber kein Problem ein Klinikum, ein MVZ oder eine Praxis anzurufen und dort einfach mal nachzufragen. Zwar gibt es keine zentralen Register aller Kinder- und Jugendpsychiatrischen Praxen, doch kann man die Kontaktdaten der Mediziner*innen vor Ort durch eine Internetsuche leicht herausfinden. 
Mein Tipp: Die meisten Mediziner*innen freuen sich über Studierende, die an ihrem Fachbereich interessiert sind. Versuch‘ einfach mal dein Glück!
 
Warum Psychiatrie? 
Die Zeit im Medizinstudium ist knapp. Es bleiben kaum Freiräume für Orientierungspraktika, weshalb die Planung der Famulaturen gut durchdacht sein sollte.
Daher möchte ich euch abschließend erklären, warum ich eine Famulatur in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wärmstens empfehlen kann! 
 
Im Klinikum wurde ich bereits mit zahlreichen Erkrankungen konfrontiert: 
Ich erkannte verschobene Knochenbrüche in Röntgenaufnahmen. 
Ich analysierte Laborergebnisse, um auffällige Blutwerte zu erklären.
Ich suchte CT-Bilder nach Tumormetastasen ab. 
Doch zwischen diesen standardisierten Untersuchungen verliert man leicht den Blick für das, worum es eigentlich geht: die Menschen mit ihrem individuellen Schicksal. 
Diesem Trend wirkt die Psychiatrie entgegen. In intensiven Gesprächen und langen Therapiestunden bleibt genug Raum, die Patientinnen und Patienten kennenzulernen. 
In einer Zeit, in der Therapieplätze händeringend gesucht werden, Kriseninterventionen leider viel zu alltäglich geworden sind und die psychosoziale Belastung enorm ist, sollten wir alle sensibel sein für den Schwerpunkt der Kinder- und Jugendpsychiatrie: die seelische Gesundheit unserer kleinsten Patientinnen und Patienten. 

 


Mehr Infos zur Famulatur gibt es mit dieser hilfreichen Checkliste
 

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