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- Tanja Jähnig
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- 12.06.2024
Famulatur Plus – Medizinstudierende gemeinsam in der ländlichen Versorgung
Famulaturen sind verpflichtender Teil der praktischen Ausbildung im Medizinstudium. Warum du die Auswahl des Famulaturplatzes nicht dem Zufall überlassen solltest und welche Vorschriften du beachten musst, erzählt Tanja Jähnig.
Famulatur kommt von „famulus“, lateinisch für „Gehilfe“, bzw. „famula“ für die Gehilfin: Medizinstudierende begleiten Ärztinnen und Ärzte bei der Arbeit und sollen dadurch von ihnen lernen, sie übernehmen ihnen anvertraute Aufgaben und helfen bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten. Darüber hinaus bietet eine Famulatur die Möglichkeit, ärztliche Tätigkeit im stationären und im ambulanten Setting kennenzulernen und sich mit möglichen späteren Betätigungsfeldern und Fachgebieten auseinanderzusetzen. Gut gewählt kann eine Famulatur also richtig viel bringen!
Thea Demeler, Medizinstudentin im dritten Semester Medizin an der Universität Ulm, wünscht sich in ihrer ersten Famulatur „dass ich einen möglichst breiten Einblick in das jeweilige Fachgebiet bekomme – mit vielen praktischen Tätigkeiten, zum Beispiel zu Operationen“. Sie will „viel Neues lernen, viel Neues sehen.“ Genau dieses Ziel verfolgt eine Famulatur: Nach bestandenem Physikum Ärmel hochkrempeln und endlich „echten“ Patientinnen und Patienten begegnen, um Anamnesegespräche und praktische Skills wie körperliche Untersuchung, Blutabnahme, Impfungen und Zugänge legen zu trainieren. Es geht darum, sich im eigenen Tempo und unter ärztlicher Supervision mit der Patientenversorgung vertraut zu machen.
Nicht ohne Heimatuniversität und Landesprüfungsamt planen
Ein Blick in die Regularien ist dringend zu empfehlen, denn vor der Zulassung zum zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfung muss jede Famulatur durch das Landesprüfungsamt anerkannt werden. Nach der aktuellen Approbationsordnung sind vier Monate, also 120 Kalendertage ganztägige „Praktikumszeit“, im klinischen Abschnitt abzuleisten. Wie genau die Aufteilung der 120 Tage zu erfolgen hat, variiert von Bundesland zu Bundesland und auch zwischen den Universitäten. Es gelten die Regularien des für die Heimatuniversität zuständigen Landesprüfungsamtes. Bei uns in Baden-Württemberg können die 120 Tage auf bis zu fünf Abschnitte aufgeteilt werden; die Mindestdauer eines Abschnittes beträgt 14 Kalendertage. Es müssen jeweils ein Monat in einer stationären Einrichtung, ein Monat in einer Arztpraxis, Tagesklinik oder Notaufnahme und ein Monat in einer hausärztlichen oder pädiatrischen Praxis absolviert werden. Für den vierten Monat besteht die freie Wahl zwischen Krankenhaus, Praxis und Öffentlichem Gesundheitsdienst. Wichtig zu wissen: Alle Famulatur-Abschnitte müssen zwischen dem ersten und zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfung und in der „vorlesungsfreien“ Zeit absolviert werden.
Wenn schon, dann richtig!
Fragt sich nur, wie du am besten herausfindest, mit welcher Famulatur beginnst, wo du besonders viel lernst oder etwas Neues kennenlernst. Die Auswahl des Famulaturplatzes solltest du nicht dem Zufall überlassen. Natürlich kannst du Freunde fragen. Doch läufst du dann auch Gefahr im eigenen Saft zu schwimmen und möglicherweise die praktische Ausbildungszeit nicht optimal zu nutzen. Denn, die Weichenstellung für den späteren beruflichen Weg kann durchaus schon mit der Famulaturwahl beginnen. Das Studium geht schneller vorbei als man denkt. Daher hat sich bewährt, bei der Fächerwahl der Famulaturen auch schon das Wahlfach im Praktischen Jahr (PJ) im Hinterkopf zu haben. Im PJ sind die Fächer Innere Medizin und Chirurgie Pflicht – da ist es möglicherweise sinnvoll, für die Famulatur andere Fachbereiche auszuwählen oder aber genau hier schon einen Schwerpunkt zu setzen.
Regionen für ärztliche Ausbildung
Im Programm ULI@Land entwickeln wir im Ulmer Institut für Allgemeinmedizin in Zusammenarbeit mit Landkreisen, Lehrpraxen und anderen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung im Einzugsgebiet der Universität Ulm „Regionen für ärztliche Ausbildung“. Medizinstudierende sollen frühzeitig mit der Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen in Kontakt kommen und Gelegenheit erhalten, das Leben und Arbeiten in einer ländlichen Region kennenzulernen. Und wer mag kann gleich nach dem Studium in die Facharztweiterbildung durchstarten. Finanzielle Förderung, Mentoring und Karriereberatung runden das Programm ab.
Zentrales Element ist die aktive Mitgestaltung durch Studierende und gleichermaßen durch Akteure in der Gesundheitsversorgung einer Region. Gemeinsam können wir eine bessere Aus- und Weiterbildung anbieten und individuelle Schwerpunktsetzung fördern. Und wir fangen früh an in Ulm. Unser Studientrack Allgemeinmedizin bietet 20 bis 30 Studierenden vom 1. bis zum 4. Semester Patienten- und Praxiskontakt. Medizinstudentin Katharina Brandt findet: „Man sollte versuchen seine Komfortzone zu verlassen, um sich bestmöglich auf den Beruf vorzubereiten.“ Dazu gehört, auch die „räumliche Komfortzone“ in der Famulatur zu überschreiten – also zum Bespiel raus aus der Stadt und rein in die medizinische Versorgung auf dem Land.“ Doch wie genau sieht die aus? Welche Fachrichtungen werden angeboten? Was gibt es für Zusatzangebote – und wie komme ich überhaupt da hin?
Famulaturplus - der Ostalbkreis erwartet euch!
Zur Vorbereitung auf die erste Famulatur haben wir Ulmer Medizinstudierende aus dem Studientrack Allgemeinmedizin sowie Ärztinnen und Ärzte aus dem Ostalbkreis, eine unserer Regionen für ärztliche Ausbildung, zu einem Workshop eingeladen. Hier ist die Idee einer gemeinsamen Famulatur entstanden – die Famulaturplus - ein Programm, das mehr bietet als die übliche Famulatur. Und das entspricht auch dem Wunsch eines Studenten: „Es wäre klasse, wenn ich in meiner Famulatur zusätzlich die Möglichkeit bekomme, auch andere tolle Dinge zu erleben, wie zum Beispiel ein Sportschnupperkurs. Und das am besten zusammen mit anderen Studierenden, die ich vielleicht sogar schon aus meinem Studium kenne.“ Die Ärztinnen und Ärzte aus dem Staufferklinikum und aus den Hausarztpraxen der Region wünschen sich eine Bewerbung der Studierenden, damit sie vorab wissen wer zu ihnen kommt. „Schön wäre eine Fahrtkostenvergütung oder -unterstützung“, meint Medizinstudentin Liz Höltgen. Normalerweise werden Famulaturen nicht vergütet, doch bieten insbesondere Kliniken oft eine Unterstützung bei Unterkunft und Mahlzeiten an.
Willkommen in Klinik & Praxis- Hands-On erwünscht ist das Motto. Der Landkreis stellt kostenfrei eine Unterkunft zur Verfügung, die Mobilität vor Ort unterstützt das Institut für Allgemeinmedizin mit Autos und Fahrrädern. Klinik, Arztpraxen und Institut für Allgemeinmedizin bieten begleitende Seminare und praktische Übungen an. Das alles ist möglich, wenn eine Gruppe von Studierenden gleichzeitig in der Region ist.
Jetzt bewerben! Weitere Informationen und Anmeldung hier: Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Ulm.
Ansprechpartnerin: Tanja Jähnig | Koordination Lehre | Institut für Allgemeinmedizin Ulm