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  • Lea Charlotte Bauer
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  • 12.10.2022

Auf geht’s in die Praxis! – die erste Famulatur

Das erste klinische Semester plätschert so vor sich hin und plötzlich reden alle über ihren Famulaturplatz für die kommenden Semesterferien. Wenn es dir gerade genauso geht, wie mir und du kurz davor bist, in Panik auszubrechen: einmal tief durchatmen! Hier meine Tipps, damit du die allererste Famulatur im klinischen Abschnitt gut hinter dich bringst!

 

 

1.    Wo und wann möchte ich meine Famulatur machen?  – Inland, Ausland und spezielle Vorgaben
Insgesamt muss man bis zum M2 vier Monate Famulatur ableisten. 2 Monate stationär, 1 Monat bei einem niedergelassenen Haus- oder Kinderarzt in Deutschland und 1 Monat im Fach seiner Wahl. Dabei muss eine Famulatur mindestens 14 Tage lang sein und ein Monat beträgt 30 Tage, also den Monat bloß nicht in zwei Mal 2 Wochen Famulaturen aufteilen!

Erstmal ist es wichtig, darüber nachzudenken, wo du deine Famulatur machen möchtest. Zu Hause, an deinem Studienort oder doch im Ausland? Für die erste Famulatur würde ich persönlich empfehlen, diese an einem bekannten Ort zu machen und in einem Land, in dem dir die Sprache liegt. So kannst du dich leichter in den Klinikalltag einfinden und verstehst wichtige Fachtermini und die Patienten.
Auch das Wann spielt eine Rolle. Beliebte Zeitpunkte sind meist 1-2 Wochen nach Semesterferienbeginn und diese Termine sind in vielen Einrichtungen schnell weg! Ich fand es gut, die Famulatur so schnell wie möglich abzuarbeiten, um dann die Semesterferien genießen zu können. Hier musst du allerdings bedenken, dass man doch erschöpft nach der Klausurenphase ist. Manche Famulaturen in beliebten Bereichen gerade an der eigenen Uni wie die Notaufnahme haben meist sogar eine Warteliste, also trag dich hier vorzeitig ein.

2.    Wo bewerbe ich mich?
Um deine Famulatur zu organisieren, kontaktierst du am besten den Oberarzt der Station direkt oder erstmal das Sekretariat. Anrufen geht immer am schnellsten, jedoch kannst du per E-Mail direkt deinen Lebenslauf mitschicken. Benutz dafür immer deine uniinterne E-Mail Adresse.

3.    Hauseigene Uni vs. Extern
Beachten musst du auch, dass du bei externen Famulaturen immer einen Vertrag unterschreiben musst. An deiner Heimatuniversität ist dies als eingeschriebener Student meist nicht nötig. Ebenfalls muss man, sobald man in einem Krankenhaus in Deutschland arbeitet, eine Impfung gegen die Masern und Covid-19 nachweisen. Hab diese Unterlagen also griffbereit.
 
4.    Bekomm ich Gehalt?
Famulaturen werden leider nicht bezahlt. Du unterschreibst sogar in deinem Vertrag, dass du unentgeltlich arbeitest und dir kein Lohn zusteht. Die einzige Ausnahme ist die Hausarztfamulatur. Hier kannst du bei der Kassenärztlichen Vereinigung eine Aufwandsentschädigung beantragen. Meist ist diese an bestimmte Bedingungen geknüpft und der Betrag schwankt leicht von Bundesland zu Bundesland. Informieren lohnt sich also!

5.    Was sind meine Lernziele?
Wichtig ist auch, sich Gedanken darüber zu machen, was man während der Famulatur lernen möchte. Mir persönlich war es wichtig, in der ersten Famulatur nicht direkt ins kalte Wasser geworfen zu werden. Daher habe ich mich für die Psychiatrie entschieden. Dort konnte ich ohne den Druck einer Normalversorgerstation Blut abnehmen lernen, die ein oder andere körperliche Untersuchung durchführen und Fäden ziehen, während ich ein breites Spektrum von psychischen Erkrankungen kennenlernen durfte.
Wenn du vielleicht vorsichtig OP Luft schnuppern möchtest, ist die Anästhesie eine Möglichkeit. An Blutabnehmen und die ersten körperlichen Untersuchungen kannst du dich beim Hausarzt versuchen.
Es ist auch wichtig, deinen individuellen Lernstand in Betracht zu ziehen. Vielleicht ist die internistische Famulatur am lehrreichsten für dich, wenn du den Block in der Uni schon behandelt hast.
Im Internet kann man sich ebenfalls Berichte zu vergangenen Famulaturen in ganz Deutschland und im Ausland durchlesen, um eine Ahnung von dem Haus und der Station zu bekommen.

6.    Bewerbungszeitraum nicht verpassen
Gerade für Auslandsfamulaturen gibt es bestimmte Bewerbungszeiträume. Auch sind die Platzanzahlen limitiert, sodass man mindestens ein halbes, meist sogar ein ganzes Jahr Vorlaufzeit benötigt.
Im Notfall bekommt man immer noch irgendwo spontan einen Platz, dies ist dann eventuell nur nicht der gewünschte Fachbereich oder das gewünschte Krankenhaus!

7.    Was brauche ich für den Famulaturalltag?
Hier kommt es drauf an, was dir dein Famulaturplatz stellt. Im Krankenhaus gibt es meist Arbeitskleidung, in Praxen benötigt man fast immer eine weiße Hose, die Farbe des T-Shirts kann variieren. Auch schadet es nicht, einen weißen Kittel in den ersten Tagen dabeizuhaben. Geschlossene Schuhe, die deine Zehen schützen, im Idealfall abwischbar sind und in denen du viel laufen und lange stehen kannst, gehören ebenfalls dazu.
Ansonsten benötigst du natürliche ein Stethoskop, einen Reflexhammer und eine Augenleuchte (die Handytaschenlampe tut es zu Not auch ;) ), um körperliche Untersuchung durchzuführen. Meist kannst du dir dies aber auch von deinem betreuenden Arzt ausleihen.
Auch ein Notizbuch und Stift sind wichtig, um sich Patientendaten aufzuschreiben oder zu vermerken, was man zuhause nochmal nachschauen sollte. Zudem ist es sinnvoll, verschiedene Nachschlagapps auf dem Handy bereit zu haben, um unbekannte Diagnosen oder Laborwerte nachzulesen.
Etwas zu trinken und mindestens ein kleiner Snack für den konstanten Blutzucker über den Tag sollten auch dabei sein. Wenn ihr Glück habt, bekommt ihr sogar ein kostenloses Mittagessen vom Krankenhaus!

8.    Vorstellen, vorstellen, vorstellen - gerade bei der Pflege!
Die größte ungeschriebene Regel bei Krankenhauspraktika! Stellt euch bei jedem Mitarbeiter auf Station oder im OP vor. Jedes Mitglied des Teams ist wichtig und wenn ihr einen guten Draht zu allen habt, kann dies enorm von Vorteil sein.

9.    Du wirst dich doof und nutzlos fühlen
Gerade in der ersten Famulatur oder wenn man das Fach an der Uni noch nicht gehabt hat, kann man sich auf Station schnell nutzlos fühlen und hat das Gefühl, man macht mehr Arbeit, als man den Ärzten eigentlich abnehmen kann. Dies ist vollkommen normal und du bist erstmal da, um so viel wie möglich aufzusaugen. Keiner erwartet von dir, dass du die Inhalte des Fachs genau kennst und sie reproduzieren kannst. Wenn du etwas nicht konntest, schlag es zuhause nach und ließ dich nochmal ein. Manchmal kannst du vom selben Arzt am nächsten Tag genau das Gleiche gefragt werden!
Je weiter du im Studium bist, desto höher ist natürlich der Anspruch an deinen Wissenstand.

10.    Immer nachfragen - aus Fehlern lernt man
Trotzdem ist es nicht schlimm, auch zwei, dreimal oder auch viermal nachzufragen oder bei einer Untersuchung um Hilfe zu bitten. Während des Studiums soll das sichere Praktizieren vermittelt werden und auch wenn das in der Praxis manchmal anders aussieht, frag nach und sichere dich und damit auch den Patienten ab! Auch wenn du mal eine Frage falsch beantwortest, ist dies nicht schlimm. Meist lernt man aus diesen Fehlern mehr als aus den von vornherein richtig gemachten Untersuchungen und richtig beantworteten Fragen.

11.    Hinterherdackeln ist normal!
Während der Famulatur fühlt man sich manchmal wie der Schatten des Arztes oder der Ärztin, die man begleitet. Dies ist normal und in den ersten Tagen Gang und gebe. Sobald sich eurer Betreuer ein Bild von euch machen kann, könnt ihr mit ein bisschen Glück auch eigene Patienten untersuchen oder die Anamnese durchführen. Hier ist es wichtig, sich die richtige Person auszusuchen. Gerade die Assistenzärzte oder PJler haben mehr Zeit, sich mit dir hinzusetzen, dir einen Fall zu erklären oder klinische Skills zu vermitteln. Auch andere Studierende aus höheren Semestern sind eine wertvolle Anlaufstelle. Sie nehmen dich auch mal gerne an die Hand und bringen dir die ersten Schritte bei, da es ihnen vor nicht allzu langer Zeit genauso ergangen ist.

12.    Sag ja zu jeder Möglichkeit!
Machen, machen, machen lautet das Motto. Die praktischen Fähigkeiten von Blutabnehmen, EKG lesen bis hin zum Intubieren lernt man nur, wenn man sie macht. Nicht nur einmal, nicht nur zweimal, sondern so oft wie sich dir die Möglichkeit bietet. Es ist kein Problem, mal die Vene nicht zu treffen und jemanden um Hilfe zu bitten. Meistens geben dir ältere Kollegen wertvolle Tipps und leiten dich sogar an, wenn sie gerade Zeit für dich haben.

13.    Kuchen zum Abschluss!
Die zweitwichtigste ungeschriebene Famulaturregel: Am letzten Tag gibt es Kuchen!
Jeder auf Station wird sich freuen und dich in guter Erinnerung behalten.

14.    Und zur guten Letzt: Unterschrift und Stempel der Einrichtung nicht vergessen!
Um die Famulatur anerkannt zu bekommen, benötigst du die Unterschrift von deinem betreuenden Arzt. Hier hat das Landesprüfungsamt meist einen Vordruck auf deren Seite, welchen du einfach ausdrucken und am letzten Tag vorlegen kannst. Mach davon auch gerne eine Kopie, sodass du etwas in der Hand hast, falls der Zettel bis zum M2 doch mal verloren geht.

Nach diesem Schnelldurchlauf bist du nun hoffentlich ein bisschen besser für deine erste Famulatur gerüstet! Hals und Beinbruch!

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