- Kurs
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- H. Genzwürker und J. Hinkelbein
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- 01.01.2005
Online-Kurs Notfallmedizin - Fall 6: Verbrennung
Zusammengestellt aus dem Fallbuch Anästhesie, Intensivmedizin und Notfallmedizin.
Sie haben Wochenenddienst auf der Intensivstation und übernehmen am Nachmittag eine 23 Jahre alte Patientin auf der Intensivstation.
Die Patientin wollte mit ein paar Freunden im Garten grillen. Als sie den Grill anzünden wollte, erlitt sie ein großflächiges thermisches Trauma durch eine Verpuffung von Benzin, das sie als Grillanzünder nutzte.
Bereits am Unfallort wurde die Haut der Patientin eine Stunde lang von den Beteiligten mit kaltem Wasser (10 oC) gekühlt. Vom Notarzt wurde die Patientin intubiert und anschließend zu Ihnen transportiert.
Bei der Inspektion sehen sie den folgenden Befund:
Verbrennungen I. Grades im Gesicht, am Bauch, am linken Arm und vorn am rechten Oberschenkel.
Der rechte Arm weist zur Hälfte eine Verbrennung II. Grades auf.
Eine Verbrennung III. oder IV. Grades finden Sie nicht.
Sie erheben die folgenden Befunde: Blutdruck 100 mmHg systolisch, im EKG Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 115/min, Sauerstoffsättigung 95 %.
Fragen:
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1. Wie bewerten Sie die Kühlung der Patientin?
Antwort:
Eine sofortige Kühlung ist wichtig, aber die exzessive Kühlung über 1 Stunde mit kaltem Wasser ist zu lang, da eine Unterkühlung der Patientin droht. Außerdem kommt es zu einer Vasokonstriktion und damit möglicherweise zu einer Minderperfusion des verbrannten Gewebes.
Empfehlung: maximal 10-20 min Kühlen mit Wasser (20-25°C)
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2. Wie viel Prozent der Körperoberfläche ist verbrannt?
Antwort:
Wenn man die Neuner-Regel nach Wallace anwendet, sind 27 % der Körperoberfläche I. Grades und 4,5 % II. Grades verbrannt:
I. Grades: Gesicht (4,5 %), Abdomen (9 %), rechter Oberschenkel (4,5 %), linker Arm (9 %)
II. Grades: rechter Arm (4,5 %)
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3. Welche weiteren relevanten Störungen können vorliegen?
Antwort:
- Respiratorische Insuffizienz durch Lungenödembildung aufgrund eines möglichen Inhalationstraumas
- Volumenmangel → akute Niereninsuffizienz, hypovolämischer Schock
- SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome)
- Kohlenmonoxidintoxikation
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4. Der Notarzt applizierte 1.000 ml Ringer-Laktat-Infusionslösung. Darunter war die Patientin (65 kg, 1,70 m) kreislaufstabil. Mit wie viel Volumen und welchen Infusionslösungen therapieren Sie die Patientin?
Antwort:
- Parkland-Formel:
- Infusionsvolumen/24 Stunden = 4 ml * % verbrannter Körperoberfläche * kg KG
- Davon die Hälfte in den ersten 8 Stunden und je ein Viertel in den weiteren 8 Stunden
- D.h. für die Patientin 4 ml * 31,5% * 65 kg KG = 8.190 ml - Kristalline Infusionslösungen (Ringer-Laktat-, NaCl- oder Vollelektrolyt-Lösungen) sind zu bevorzugen!
- Parkland-Formel:
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5. Welche Komplikationen erwarten Sie während des weiteren intensivmedizinischen Behandlungsverlaufs?
Antwort:
Verbrennungskrankheit:
- Organstörungen/-versagen: ARDS, Pneumonie, Niereninsuffizienz, hepatische Dysfunktion, Magen-/Duodenalulzera ("Stressulzera"), paralytischer Ileus, Delir, disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)
- Septische Komplikationen: Wundinfektionen, Sepsis
- Wundheilungsstörungen: Hautnekrosen, Narbenbildung
- Schmerzen
Online-Kurs Notfallmedizin
Die Fälle im Online-Kurs Notfallmedizin
Fall 1: Motorradunfall
Fall 2: Kind mit Krampfanfall
Fall 3: Thoraxschmerz
Fall 4: Hemiparese
Fall 5: Suizidversuch
Fall 6: Verbrennung
Fall 7: Bauchschmerzen & Arrhythmie
Fall 8: Fieber, Husten, Auswurf
Fall 9: Wespenstich