- Fachartikel
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- Melanie Hüttemann
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- 31.10.2008
Legionella-Pneumonie - Monster im Duschkopf
Legionärskrankheit? Der Name trügt ... Die Legionellose ist keine Soldatenkrankheit. Legionellen können überall dort gedeihen, wo sanitäre Anlagen schlecht gepflegt werden.
"Mysteriöse Atemwegserkrankung" und "unbekannter Erkältungsvirus" waren die Standardformulierungen in der Presse, als über die Vorfälle in einem Altenheim in der kanadischen Provinz Ontario berichtet wurde. 16 Personen waren bereits gestorben und weitere 80 erkrankt. Toronto war in Panik, bis gemeldet wurde, dass das Rätsel entschüsselt sei. Nicht SARS oder die Vogelgrippe, sondern die Legionellenpneumonie hat die gesundheitlich angegriffenen älteren Patienten ereilt.
Doch was ist noch gleich die Legionellose? Fast jeder wird bestimmt sofort das Stichwort Klimaanlage im Kopf haben, aber wie sind die Zusammenhänge und wie diagnostiziert und therapiert man die Krankheit?
Die Entdeckung
Wer den Mikrobiologie-Kurs hinter sich hat, kennt die Geschichte von den 4.500 Legionären der "American Legion", die 1976 in einem Hotel in Philadelphia zusammentrafen und von denen 221 an der von da an "Legionaires Disease" genannten Infektion erkrankten. Zu diesem Zeitpunkt hatte man noch keine Ahnung, welcher Erreger für den Tod von 34 Menschen verantwortlich war.
Ein Jahr später gelang es McDade, ein gramnegatives Stäbchenbakterium als Erreger zu isolieren. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch der Name Tatlock zu nennen, der den Keim bereits 33 Jahre zuvor isoliert hatte.
Die Legionellen-Pneumonie hat auch noch in Abgrenzung zum "Pontiac-Fieber" und der "Pittsburgh-Pneumonie" die Namen "klassische Legionellose" und "Legionärskrankheit".
Mikrobiologische Grundlagen
Legionellen gehören zur Familie der Legionellaceae, Genus Legionella. Sie sind schwach anfärbbare gramnegative Stäbchenbakterien, die meist durch ein oder mehrere polare oder subpolare Flagellen beweglich und außerdem kapsellos und nicht sporenbildend sind. Die nicht säurefesten Keime sind ca. 2 bis 5 Mikrometer lang. Die Kultivierung von Legionellen ist schwierig, sie benötigen zum Wachstum spezielle Bedingungen und besondere Nährböden, wie zum Beispiel Aktivkohle-Hefeextrakt-Agar.
Bisher wurden mindestens 44 verschiedene Spezies mit 66 Serogruppen definiert. Die häufigsten Stämme bei Legionelleninfektionen sind Legionella pneumophila der Serogruppen 1, 6, 4 und Legionella micadei.
Epidemiologie
Die Legionellen halten sich gerne in stehendem warmem Wasser auf, sie sind also sogenannte Feuchtkeime. Sie bevorzugen große Oberflächen, wo sie innerhalb eines Biofilms leben. Dementsprechend findet man sie bevorzugt in Wasseranlagen, Luftbefeuchtern, Klimaanlagen, Duschköpfen, Inhalationskammern, Whirlpools und Ähnlichem.
In dem Biofilm befinden sich auch Amöben, die die Bakterien zum Teil aufnehmen, aber nicht verdauen. Im Gegenteil, die Legionellen können sich in den Amöben sogar anreichern.
Die Keime haben bestimmte Temperaturpräferenzen. Zwischen 5 und 20°C vermehren sich die Legionellen sehr langsam. Bei über 20° vermehren sich die Keime schon schneller, um bei 30 bis 45°C ihr Wachstumsoptimum zu erreichen.
Eine Erhitzung des Wassers über 60-70°C oder eine Chlorung inaktiviert die Keime relativ sicher.
Pathogenese
Die Keime gelangen durch Tröpfchen-Inhalation in den menschlichen Körper. In der Lunge vermehren sie sich innerhalb der Alveolarmakrophagen. Die Legionellen sind auch zur Proteolyse fähig.
Klinik und radiologischer Befund
Die Legionärskrankeit hat eine Inkubationszeit von zwei bis dreizehn Tagen. Im Anschluss an eine Prodromalphase bricht die Pneumonie abrupt innerhalb weniger Stunden mit hohem Fieber und meist auch Schüttelfrost aus. Hierbei stehen nicht nur Symptome der Atemwege wie trockener Husten, Dyspnoe und Zyanose im Vordergrung, sondern in etwa der Hälfte der Fälle auch extrapulmonale Allgemeinsymptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, Diarroe, Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerzen und Niereninsuffizienz. Häufig sind darüber hinaus neurologische Symptome, insbesondere Verwirrtheit, die bei alten Menschen generell ein Zeichen einer Pneumonie sein kann.
Im Röntgenbild sind alveoläre fleckförmige Infiltrate typisch, die zunächst lokal begrenzt sind, sich schließlich jedoch an keine anatomische Grenzen halten. Gelegentlich können auch Abszedierungen und Pleuraergüsse auftreten.
Diagnostik
Klinisch und radiologisch kann man die Legionellen-Pneumonie nicht unbedingt von anderen bakteriellen Pneumonien unterscheiden. Häufig kommt eine BSG-Beschleunigung, eine Hyponatriämie oder eine Hypalbuminämie vor, was aber natürlich nicht beweisend ist.
Der Antigennachweis in einer Bronchiallavage, einer Biopsie, Urin oder Sputum ist schon zuverlässiger. Der Antigennachweis im Urin wird auch als Screening-Methode genutzt.
Auch durch den Nachweis eines mindestens vierfachen Titeranstiegs oder durch ein Initialtiter von größer/gleich 1:256 in gepaarten Serumproben lässt sich die Infektion nachweisen. Den Titeranstieg kann man mit monovalenten Immunassays belegen, was durch indirekte Immunfluoreszenz bestätigt wird.
Ein direkter Erreger-Nachweis ist sehr schwierig und ist nur in Selekivnährböden überhaupt möglich.
Therapie
Die Legionellenpneumonie kann, insbesondere bei immungeschwächten und wie in Toronto älteren Patienten, einen sehr schweren Verlauf haben. Die Zahl der stationären Aufnahmen liegt bei etwa 9-12%, die der Intensivbehandlungen bei 4-37%.
Die Behandlung erfolgt mit dem Makrolid Erythromycin. Die empfohlene iv-Gabe sollte über mindestens drei Wochen stattfinden. Bei schweren Verläufen kann man das Erythromycin mit Rifampicin kombinieren.
Bei Immunsupprimierten werden vom Robert-Koch-Institut auch neuere Makrolide oder Fluorchinolone empfohlen, die bei in vitro-Versuchen stärker bakterizid und schneller wirkten.
Antibiogramme sind ausdrücklich nicht angezeigt, da keine Korrelation zur in-vivo-Wirkung nachgewiesen konnte.
Prognose
Die Erkrankung ist für gewöhnlich auf sieben Tage limitiert. Die Mortalität bei rechtzeitiger korrekter Therapie beträgt 5-10% (bei Immuninkompetenten bis zu 20%), bei inkorrektem oder zu spätem Einsatz einer Therapie kann die Sterblichkeit 15-35% betragen. Der Verlauf bei immuninkompetente Patienten kann bei einer inkorrekten oder verspäteten Therapie fatal sein - sie versterben dann in über 80% der Fälle.
Insgesamt muss man von einer langen Rekonvaleszensphase sprechen. Eine eingeschränkte Lungenfunktion oder Lungenfibrosen können als Residuen auftreten.
Fazit
In erster Linie ist natürlich die Prophylaxe von höchster Wichtigkeit. Gerade in Altenheimen und Krankenhäusern sollte auf eine Wassertemperatur über 60°C geachtet werden oder das Wasser entsprechend aufbereitet werden.
Wenn dann ein Mensch erkrankt ist vor allem eins von Bedeutung: die Ärzte müssen "dran denken". Eine wichtige Maßnahme ist nicht nur die rechtzeitige Diagnostik und Therapie, sondern vor allem auch das Entdecken und die Sanierug der Infektionsquelle, um eine weitere Ausbreitung der Erkankung zu verhindern.
Interessant sind noch folgende Fakten
- Legionellen werden nicht von Mensch zu Mensch übertragen
- Hat ein Mensch eine Legionellose durchgemacht, ist er dadurch nicht gegen die Erkrankung immun. Innerhalb eines Jahres verschwinden selbst hohe Antikörpertiter, der sich oft erst nach etwa einigen Wochen ausbildet, vollständig.
- Der direkte oder indirekte Nachweis einer akuten Infektion durch Legionella sp. ist nach § 7 Infektionsschutzgesetzeine meldepflichtig.
Zu beachten
Die Angaben, insbesondere die zur Therapie und deren Dosierung, erfolgen ohne Gewähr. Erkundigen Sie sich gegebenenfalls nach aktuellen Empfehlungen.
Linktipp
Weitere Infos zur Legionellose gibt's beim Robert-Koch-Institut
Quellen:
- Hof/Müller/Dörries: Mikrobiologie, Duale Reihe, Georg Thieme Verlag
- Bob: Innere Medizin, Duale Reihe, Georg Thieme Verlag
- Lehnert/Schuster: Innere Medizin, Georg Thieme Verlag
- Lorenz: Pneumonologie, Georg Thieme Verlag