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  • Paul Gibiser
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  • 11.01.2017

Gynäkologie und Geburtshilfe - immer für Überraschungen gut!

Paul berichtet, wie das Fach Gynäkologie und Geburtshilfe in Graz unterrichtet wird, warum es immer gut für Überraschungen ist und wieso es sich lohnt, über eine Facharztweiterbildung in der Gynäkologie nachzudenken.

Die Gynäkologie ist bei uns in Graz ein Fachgebiet, das den Ruf hat, sehr, sehr umfangreich zu sein. Auch die Prüfung stellt eine große Herausforderung dar. Die meisten sind dennoch überrascht, wie gut sie im Endeffekt oft ausgeht und wie viel man tatsächlich während des Moduls lernt.
Zu Beginn des Moduls war ich erstaunt, dass es innerhalb des Faches eine strikte Trennung zwischen der Gynäkologie und der Geburtshilfe gibt. Beide zeichnen sich durch andere Aufgabengebiete und natürlich auch ein unterschiedliches Patientengut aus.

Grob gesagt geht es im Fach Gynäkologie um die Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane. Darüber hinaus spielt das Thema Verhütung und Prävention hier eine besonders große Rolle. Auch Zyklusstörungen und das Thema "Endometriose" gehören in dieses Fachgebiet, ebenso wie Krebserkrankungen. Allen voran die häufigste Krebsart der Frau: Brustkrebs. Besonders spannend ist, dass sich Gynäkologen sowohl mit medikamentösen als auch chirurgischen Therapiemöglichkeiten beschäftigen und es hier keine so scharfe Trennung wie bei Internisten und Chirurgen gibt. Gynäkologen sind echte Allrounder und das Fachgebiet hält sehr viel Abwechslung bereit.

In der Geburtshilfe beschäftigen sich die Ärzte mit der Physiologie und auch der Pathologie der Geburt und natürlich auch der Schwangeren. Diese werden auf geburtshilflichen Stationen betreut. Sehr spannend an diesem Fach ist, dass man oft rasch handeln muss. Gerade bei Geburtskomplikationen wie z.B. dem Nabelschnurvorfall oder einer Uterusatonie kann man nicht lange überlege und muss schnell Entscheidungen treffen.

Man betreut und begleitet die Schwangere in sehr emotionalen und einzigartigen Momenten ihres Lebens. Spannend und gleichzeitig herausfordernd ist auch die interdisziplinäre Arbeit – in der Geburtshilfe alltäglich. Zur Geburtshilfe gehört außerdem die Pränataldiagnostik, mit der man Fehlbildungen und genetische Störungen frühzeitig im Mutterleib erkennen kann. Auch in der Geburtshilfe spielen Krebserkrankungen eine Rolle. Nach einer Schwangerschaft können beispielsweise sogenannte Trophoblasttumoren auftreten.

Das Modul "Weibliche Lebensphasen"

Ein großer Teil des Moduls besteht aus Praktika. Wir Studenten können in verschiedenen Ambulanzen und Stationen Praxiserfahrung sammeln. So durfte ich z.B. in der geburtshilflichen Ambulanz und in der Mamma-Ambulanz Einblicke in die Betreuung von Patientinnen und Schwangeren erhalten. Andere Kommilitonen waren auf Bettenstationen eingeteilt und wiederum einige durften sogar mit in den OP gehen.

Ein weiteres Highlight des Moduls ist der "Nachtdienst". Tatsächlich verbringt man eine Nacht im Kreißsaal. (Das Wort Kreißsaal kommt übrigens aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet so viel wie "Schreisaal" oder "Kreischsaal".) Während dem Nachtdienst schauen wir nicht nur zu, sondern dürfen sogar bei Operationen (meist Sectios) und natürlichen Geburten dabei sein - natürlich nur mit Einverständnis der Schwangeren. Meist gibt es viel zu tun, sodass man sich nie langweilt. Das Schöne dabei ist, dass viele Ärzte uns auf Augenhöhe begegnen und man sich auch als Student nützlich fühlt.

Dann gibt es noch den Phantomkurs: Hier lernen wir anhand von Modellen, wie eine natürliche Geburt abläuft, wie man Hilfestellung bei der Geburt gibt und wie die Manualhilfe bei Beckenendlage funktioniert. Außerdem wird uns auch gezeigt, wie die Geburtshilfe mittels Zange und Vakuum funktioniert. Abschließend gibt es eine kleine Prüfung, die aber in der Regel gut zu meistern ist. Zwischen den vielen Praktika gibt es selbstverständlich auch klassische Vorlesungen und Seminare.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Fach Gynäkologie und Geburtshilfe wahnsinnig abwechslungsreich ist und ein tolles "Cross-over" zwischen medikamentösen und chirurgischen Therapiemöglichkeiten liefert. Ich habe das Fachgebiet in sehr guter Erinnerung behalten und wirklich viel dazu gelernt.

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