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  • Marita Thiel
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  • 18.02.2009

Die Vorklinik in Freiburg

"Herzlichen Glückwunsch zum Studienplatz im schönen Freiburg!" Mit diesen Worten werden die Erstis an ihrem neuen Studienort begrüßt. In der Tat ist Freiburg eine ausgezeichnete Wahl. Beschaulich zwischen Schwarzwald und Vogesen gelegen, bietet die Stadt jedem Freizeittyp vielfältige Möglichkeiten. Zum anderen hat die Uni einen exzellenten Ruf. Nicht zuletzt haben die Freiburger Physikumskandidaten im bundesdeutschen Durchschnitt punktemäßig in jedem Jahr die Nase vorn.

Das erste Semester in Freiburg steht ganz im Zeichen der Naturwissenschaft: Chemie, Physik und Biologie sind zu Beginn die Fächer, um die sich alles dreht. Und da sich Freiburg gerne als Elite-Universität präsentiert, liegt die Messlatte entsprechend hoch: Die Durchfallquoten sprechen für sich. Vor allem für Studenten, die auf kein aktuelles Leistungskurs-Wissen zurückgreifen können, bedeutet das Freiburger Voklinik-Niveau unermüdliches Lernen und viel Einsatz.

 

Praktika, Vorlesungen und Klausuren

In Chemie, Physik und Biologie wird jeweils ein Praktikum absolviert, das die Lehrinhalte mal mehr mal weniger veranschaulicht. Unverzichtbar sind die Vorlesungen. Gerade Studenten ohne grundlegende Vorkenntnisse aus Schulzeiten können hier deutlich erkennen, wo Schwerpunkte in der Lehre gesetzt werden und welches Niveau es zu erreichen gilt. Auch wenn das für den einen oder anderen eine schmerzhafte Erfahrung sein mag, zum Trost lernt Ihr unter den Kommilitonen schnell Gleichgesinnte kennen.

In Chemie werden zwei Klausuren geschrieben: Anorganik und Organik. Wer nur eine von beiden besteht, kann bereits in den Semsterferien wiederholen. Insgesamt darf dreimal wiederholt werden.

Von den Physikern wird das Wiederholen von Klausuren legerer gehandhabt. Hier könnt Ihr so viele Runden wie nötig drehen.

Die wenigsten Wiederholer finden sich in Biologie, denn die Klausur ist wohlwollend nah an die Vorlesung und das Praktikum angelehnt.

Wer diese Scheine dann in der Tasche hat, für den sollten Soziologie, Psychologie und Terminologie ein Leichtes sein. Eine zusätzliche Einführungsveranstaltung zur Berufsfelderkundung macht manchen Frust wieder wett, indem sie den Studenten durch namhafte Vertreter der Freiburger Universitätsklinik ein motivierender Einblick in die Praxis bietet.

 

Histologie und Anatomie

Den Auftakt für diesen Schein macht die Histologie. Eineinhalb Semester lang schauen die Studenten durchs Mikroskop und lassen sich dabei von den ausgefeilten Vorträgen der Dozenten berieseln. Das klingt geruhsam, doch zwei umfangreiche mündliche Testate wollen bestanden sein, um die Histo-Akte vorläufig zu schließen.

Wer danach vor der Tür des dritten Semsters angekommen ist, dem öffnet sich dieselbe im Fach Antomie nur mit bestandenem Knochentestat. Bevor es mit Präp-Besteck und Einmalschürze ans aufregende Präparier-Handwerk geht, überzeugen sich die Dozenten zunächst vom aktuellen Wissenstand ihrer Schützlinge. Wer die Semesterferien dazu genutz hat, sich in den Bereichen Embryologie, Knochen- und allgemeine Muskellehre kundig zu machen, der rückt weiter in den Präp-Saal vor. Auf detaillierte Kenntnisse der Embryologie wird in Freiburg sehr viel Wert gelegt, da maßgebliche Forschungen hier ihren Ursprung finden.

An jedem Präp-Tisch arbeiten etwa zehn Studenten und werden dabei von einem Assisitenten und einem Dozenten betreut. Um es gerade heraus zu sagen: das Lernpensum ist enorm und der Anspruch hoch. Ständige Testate zwingen jedoch selbst denjenigen zum Lernen, der alles Unangenehme auf später vertagt. Die an den Kurs gekoppelte Klausur wird erst im Folgesemester geschrieben, was Gelegenheit bietet, nachträglich noch Lücken aufzufüllen.

Doch wer meint, nun alles Nötige für den Anatomie-Schein getan zu haben, der irrt. Denn es gibt noch den so genannten Hirnkurs, der jeweils im Sommersemester stattfindet. Beste Kenntnisse der Neuroanatomie werden erwartet, und abgeschlossen wird mit einem mündlichen Testat.

 

Biochemie und Physiologie

Mit diesen Fächern beginnt der Endspurt. Die letzte Runde vor dem Physikum, die es wirklich in sich hat. Physiologie und Biochemie sind sicherlich an jeder Universität anspruchvolle Fächer. So auch in Freiburg: Hier wird dem Studenten alles abverlangt.

In Biochemie verbringen die angehenden Mediziner neun lange Nachmittage, die sich auf zwei Semster erstrecken, im biochemischen Labor des Institutes. Das Arbeiten im Labor macht sehr viel Spaß und Ihr könnt eine Menge über Laborarbeit lernen. An jedem Nachmittag muss ein praktisches Pensum erfolgreich absolviert werden und ein schriftlicher Test bestanden, der euphemistisch als Quiz bezeichnet wird. Nur das bestandene Doppelpack ergibt ein Plus für den Tag. Zwei mit Minus bewertete Tage werden mit einer mündlichen Nachprüfung am Ende des zweiten biochemischen Semesters geahndet. Insgesamt zwei Klausuren werden geschrieben. Das Gute daran: der Stoff verteilt sich auf zwei Semester. Der Witz daran: Die Fragen dringen bis in die verborgenste Nische des Faches.

Und dann wäre da noch Physiologie. Es ist keine Frage: Wer in die Klinik will, der sollte hier auf sicherem Boden stehen, denn sonst bleibt manches im Dunste des Halbwissens verborgen. Physiologie gilt als das Freiburger Paradefach. Und so glänzen wir hier im bundesdeutschen Vergleich mit den höchsten Durchfallquoten.

Die zweisemestrige Vorlesung, von welcher man (fast!) keine Sekunde versäumen sollte, bietet ein hervorragendes Spektrum physiologischer Themen. Natürlich ist auch das Praktikum anspruchsvoll und bedarf eingehener Vorbereitung. Wer mit Unwissen glänzt, kann dies jedoch schnell durch eine kleine schriftliche Arbeit wieder ausgleichen. Weniger Gnade zeigt die Klausur. Sie wird für viele zum Stolperstein.

 

Fazit

Ein Studium auf höchsten Niveau, das meist sehr viel und manchmal alles fordert. Aber diese zuweilen harte Zeit der Vorklinik bringt auch etwas: beste Vorbereitung auf das Physikum und eine solide Startrampe für die Klinik.

 

Willkommen im schönen Freiburg.

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