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  • Bericht
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  • Janine Hansmann
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  • 23.10.2013

Allgemeinmedizin – gar nicht öde!

Die Allgemeinmedizin gilt nicht gerade als beliebtestes Fach. Dabei bietet sie viele Vorteile, wie etwa einen langjährigen Patientenkontakt. Lokalredakteurin Janine hat ein Praktikum beim Hausarzt gemacht und dabei viel über Arzneimittelverscheibungen und das Praxisleben gelernt.

 

Hausarzt - Foto: Fotolia/P. Atkins

Hausarzt - Foto: Fotolia/P. Atkins

 

Schon im Kurssemester hatten wir im Rahmen des Seminars Allgemeinmedizin, das von verschiedenen Dozenten gehalten wurde, einen groben Überblick über das Fach erhalten. Mein Blockarzt, Dr. Helmut Schaden, hielt hierbei die Vorlesung zum Thema Familienmedizin. Dort erfuhren wir unter anderem, dass auch schöne Ereignisse wie die Geburt des ersten Kindes Stressoren und damit krankheitsauslösend sein können.

Auch viele andere Seminare brachten uns die zentralen Themen der Allgemeinmedizin näher. Die Koordinationsfunktion des Hausarztes, erlebte Anamnese oder das Bemerken eines abwendbar gefährlichen Verlaufs sind nur einige wenige davon.

Nach den theoretischen Basics war ich gespannt auf mein Praktikum beim Hausarzt. Meine Lehrpraxis befindet sich in Langenau, meiner Heimatstadt. Es war immer wieder ein kleines Highlight, bekannte Gesichter als Patienten zu sehen. Die Praxis besteht seit1985. Fünf Arzthelferinnen unterstützen Dr. Schaden. Allesamt sind sehr kompetent, supernett und nahmen mich offenherzig auf.

 

Großes Vertrauensverhältnis

Ich begleitete Dr.Schaden durch die Sprechstundenvormittage. Dabei untersuchte ich Patienten und erfuhr so manches über ihre Lebenssituation. Erlebte Anamnese ist in der Allgemeinmedizin grundlegend – zu fast jedem Patienten konnte mir Dr. Schaden aus dem Stehgreif von deren Lebensumständen, Ressourcen, aber auch Schwierigkeiten erzählen. Ich stellte fest, dass das Vertrauensverhältnis zum Hausarzt ein anderes ist als man es von der Klinik oder anderen Fachbereichen kennt. Das merkte ich auch daran, dass viele Familien, seit Jahren in seiner Behandlung sind.

Neben den körperlichen Untersuchungen je nach Beschwerden der Patienten, konnte ich mich hin und wieder im Ultraschall üben oder multimorbide oder chronisch kranke Patienten zu den psychosozialen Auswirkungen ihrer Krankheiten befragen. Dazu fehlte mir in der Klinik oftmals die Zeit.

Die Bürokratie, der ein Allgemeinmediziner heutzutage ausgesetzt ist, fand ich erschreckend. Natürlich wollen Kur-/Reha-/Behinderungsanträge gestellt und manuelle Therapie-Rezepte verschrieben werden. Aber solche im selben Fall immer und immer wieder stellen zu müssen bis ihnen stattgegeben wird, weil entsprechende Behörde mehr Rechtfertigung verlangt, empfand ich als unnötigen Stress für Patienten und Arzt.

 

Hausbesuche inklusive

Nachmittags begleitete ich Dr. Schaden zu den Hausbesuchen von Patienten, denen es aufgrund ihrer Erkrankung nicht möglich ist, die Praxis aufzusuchen. Auch hier zeigte sich, wie persönlich die Arzt-Patienten-Beziehung ist und wie dankbar die Patienten sind. Außerdem betreuten wir Patienten im Altersheim, für die der Arztbesuch das Highlight des Tages darstellte. Super für mich war natürlich, dass momentan wieder die Zeit zur Grippeschutzauffrischung ist und ich viel impfen durfte.

Als ich Dr. Schaden fragte, was er gut und was er nicht so gut an seinem Beruf als Allgemeinmediziner findet, antwortete er mir, dass er gern der Spezialist für das Allgemeine sei, da er dadurch die Chance habe, den Patienten als Ganzes zu sehen und zu behandeln.

Weniger gut gefällt auch ihm die Bürokratie. „Es ist schlimm, dass sich inzwischen Krankenkassen in die Therapie einmischen, ohne den Patienten je zu sehen. Sie rufen zum Beispiel privat bei diesen an, um ihnen eine Psychotherapie oder anderes anzubieten. Alles mit dem Ziel, sie schnell wieder arbeitsfähig zu machen, damit keine Kosten für deren Arbeitsausfall anfallen. Früher waren Krankenkassen Partner, heute empfinde ich die Krankenkassen als Gegner.“ 

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