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  • 15.08.2019

Wer schön sein will, muss leiden

Gutes Aussehen, einschließlich toller Figur mit schlanker Taille und wohl geformter Oberweite, hat heutzutage buchstäblich seinen Preis. Da wäre nicht nur der in Summe sehr hohe zu zahlende Beitrag an das Fitnessstudio oder den Personal Trainer. Nein, auch die heute verfügbaren und vielfach angebotenen kosmetischen Operationen können ordentlich ins Geld gehen. 

Neben der klassischen Brustvergrößerung vollziehen gynäkologische und plastische Chirurgen immer öfters auch Brustverkleinerungen. Das hat bei jüngeren Frauen meist kosmetische und bei älteren Damen mit gigantisch großen Brüsten hauptsächlich gesundheitliche Gründe. Denn die der Schwerkraft folgenden Gewichte am Oberkörper können zu ernsthaften Rückenbeschwerden führen und dauerhaft krank machen.

Aber zurück zu den jüngeren Damen. Seit einiger Zeit bin ich ja in einer gynäkologischen Klinik mit operativem Schwerpunkt tätig. Dort werden nicht nur Frauen mit Brustkrebs oder Wunsch nach Brustvergrößerung operiert, nein, wir beheben auch missglückte kosmetische Operation aus dem Ausland. Da Brustverkleinerungen in Deutschland ohne psychologisches Gutachten und Übernahme durch die Krankenkassen sehr teuer sind und schnell mal den Preis eines neuen Kleinwagens übersteigen können, klingen Angebote aus Osteuropa oder z.B. aus der Türkei recht verlockend.

So ging es auch einer Patientin, die sich unter Tränen und leicht beschämt in unsere Brustsprechstunde vorstellte. Um Geld zu sparen, habe sie sich in der Türkei in einer Spezialklinik einer Brust verkleinernden Operation unterzogen. Seit einiger Zeit sei sie nun wieder in ihrem Heimatland Deutschland und würde seit der Operation an einem Wundinfekt leiden. Zusammen mit meinem Oberarzt schauten wir uns den Tatort am Oberkörper der Frau genauer an: Es handelte sich um eine schwerwiegende Infektion der Operationsnähte, die sich trotz Antibiotika und täglichem Verbandswechsel mit speziellem Material nicht kontrollieren ließ. Die Brüste sahen schrecklich aus. Schwer deformiert, voller Rötungen, Schwellungen und mit eitrigen Belägen.

Bei jedem Besuch zur Kontrolle der zunächst konservativen Therapie war die Patienten völlig von der Rolle und den Tränen nahe. Schließlich war eine erneute Operation, um eine weitere Verschlimmerung bis hin zur Blutvergiftung zu verhindern, unumgänglich. Aus vormals schönen aber aus Sicht der Patientin etwas zu großen Brüsten wurde im Prinzip ein riesiges unförmiges Narbengebiet. Die Infektion ließ sich durch unsere Re-Operation in Schach halten, aber das kosmetische Gesamtergebnis war eine Katastrophe.

Die Patientin wird sich vermutlich in den nächsten Jahren immer wieder neuen Operation unterziehen müssen, um die Narben zu korrigieren und die Brüste langsam wieder aufzubauen. Nicht umsonst gibt es also in deutschen Krankenhäusern einen gewissen Qualitätsstandard. Und der hat nun mal seinen Preis. Natürlich tat mir die Patientin sehr leid - aber ich bin mir auch sicher, dass sie letztendlich am falschen Ende gespart hat. Denn die Folgekosten nach missglückten Schönheits-OPs im Ausland werden von der Allgemeinheit nicht getragen.

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