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  • 13.12.2017

Schnitt ins eigene Fleisch

© Peter Cripps - Fotolia.com

Eigentlich bin ich extra Ärztin geworden, damit ICH die Spritzen geben und die Zugänge legen kann. Gelegentlich lässt sich ein kleiner Rollentausch aber nicht umgehen, und so finde ich mich als „Notfallpatientin“ in einer Hausarztpraxis wieder. Auf dem Schoß habe ich meine provisorisch mit der linken Hand verbundene rechte Hand abgelegt, der Wundschmerz macht mich noch irre. 

Der Grund für das Desaster: Ich habe versucht, nach einem anstrengenden Dienst etwas zum Essen zu kochen. Und da ich für das geplante Gericht etwas Gemüse klein schneiden musste, griff ich gedankenlos zum großen Küchenmesser. Das war ein großer Fehler! Nach 20 Aufklärungsgesprächen und zwei Narkosen für die Kollegen aus der Unfallchirurgie waren meine Konzentration und mein Blutzucker ganz tief im Keller. Ich kann auch gar nicht mehr sagen, wie ich es eigentlich genau angestellt habe. Jedenfalls landete das neue scharfe Küchenmesser auf meinem rechten Handrücken. Es blutete wie Sau, ich reinigte die Wunde, legte einen amateurhaften Verband an und warte ein paar Stunden bis zur Öffnung der nächst gelegene Hausarztpraxis. Soweit die Vorgeschichte.

Ich bin mittlerweile richtig in die aktuelle „BILD der Frau“ vertieft, da werde ich auch schon aufgerufen: „Frau Schnarch, bitte in Behandlungsraum 1“. Ich setzte mich in Bewegung und werde von einem erfahrenen Kollegen mit weißen Schläfen begrüßt. Der Allgemeinmediziner sieht meine Hand und ahnt die Diagnose: „Guten Tag, Frau Schnarch! Was kann ich für Sie tun? Haben Sie sich an der Hand verletzt?“. „Ja, ich bin gestern mit einem Küchenmesser versehentlich abgerutscht“, erkläre ich, und zeige ihm die frische Wunde. 

Die Ränder sind super glatt, der Kollege schlägt ein paar Stiche vor, um die Heilung zu unterstützen. Natürlich willige ich ein und begebe mich in den Wundnähraum. Eine Arzthelferin bereite alles vor und stellt mir all jene Fragen, die in der Klinik eigentlich zum meinem Repertoire gehören. Ich beantworte alles, und eh ich die Situation genau realisieren kann, sticht mir der Arzt mit einer Spritze in die Nähe meiner Wunde. 

Das tut tierisch weh, ich würde dem Kollegen am liebsten die Meinung geigen. „So, Frau Schnarch, das war die lokale Betäubung. Das lassen wir erst einmal wirken, dann komme ich wieder“, sagt der Arzt und lässt mich alleine. Das Nähen selbst ist dann das reinste Kinderspiel. Ich spüre nämlich rein gar nichts – ein Hoch auf die Lokalanästhesie. Zuhause lässt die Wirkung aber wieder nach und es zieht bei jeder Bewegung. Da der Schnitt sehr oberflächlich war, wird wohl alles wieder gut verheilen. Ich habe also mal wieder Glück gehabt. Und kann mich dazu ab heute noch besser in die Lage meiner Patienten hinein versetzen. 

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