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  • Interview
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  • Das Interview führte Ines Elsenhans
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  • 02.03.2016

"Der schönste Beruf der Welt"

Falk Stirkat ist Arzt und Autor des Buchs "111 Gründe, Arzt zu sein". Im Interview erzählt er, warum der Arztberuf so erfüllend ist und gibt jungen Medizinern Tipps für den Start in der Klinik.

 

Falk Stirkat,31, hat an der Karls-Universität Prag Medizin studiert und arbeitet heute als Leiter einer großen Notarztwache. Foto: Emotion in Frames

 

 

> Wollten Sie schon immer Arzt werden?

Ja. Ich glaube, der Auslöser war damals tatsächlich die Fernsehserie „Klinik unter Palmen“. Durch meine Eltern, die Zahnärzte sind und durch Arztserien, hat mich der Beruf immer mehr fasziniert. Besonders toll finde ich, dass man in keinem anderen Job die Naturwissenschaften und den Kontakt mit Menschen so gut kombinieren kann.

 

> Wie hat Ihnen das Studium gefallen, das ja gerade in den Anfangssemstern sehr theoretisch ist?

Ich wusste schon vor dem Studium ganz gut, was in der Vorklinik auf mich zukommt und die Fächer haben mir auch Spaß gemacht. Als Prüfstein sah ich eher meinen Zivildienst in der Chirurgie in Jena an. Das war eine harte Zeit und ich wusste, wenn ich danach wirklich noch Medizin studieren will, dann ist das der richtige Weg für mich.

 

> Wie sind Sie zur Notfallmedizin gekommen?

Ich hab meine Weiterbildung in der Chirurgie begonnen und kam dann im Rahmen der Rotation in die Notaufnahme und auf die Intensivstation. In der Notaufnahme hat es mir dann besser gefallen als in der Chirurgie. Den Common Trunk Chirurgie habe ich noch gemacht und mich dann auf die Notfallmedizin konzentriert. Jetzt arbeite ich drei Tage die Woche voll als Notarzt und zwei Tage in einer Flüchtlingsunterkunft in Nürnberg.

 

> Hatten Sie nie den Gedanken, lieber einen anderen Beruf ergriffen zu haben?

Nein, die Medizin ist so vielfältig und es gibt so viele Tätigkeitsbereiche, da wird es mir nicht langweilig. Nur nach meinem Common Trunk war mir nicht so wohl bei dem Gedanken, meinen Facharzt zu machen und dann für immer in der Chirurgie zu arbeiten. Das wäre mir zu eintönig geworden.

 

> Was war Ihre Motivation zum Buch „111 Gründe, Arzt zu sein“?

Ich schreibe schon länger und habe vor, diesem Buch auch schon das Buch „Ich kam, sah und intubierte“ herausgebracht. Mit meinen Büchern möchte ich die Kontaktängste der Menschen zur Medizin und den Ärzten abbauen. Viele sehen in der Medizin etwas Ernstes, sehr Seriöses, vor dem sie Angst und Respekt haben. In meinen Büchern erkläre ich daher, was wir Ärzte eigentlich machen.

 

> Viele Assistenzärzte sind unzufrieden und fühlen sich in der Klinik überfordert, weil z.B. Personalmangel herrscht. Und das im Ihrer Meinung nach „schönsten Beruf der Welt“.

Hier muss man unterscheiden: Der Arztberuf als solcher und die Situation in der Klinik. Es gibt Kliniken, die sind besser aufgestellt als andere und man sollte sich dann ein Haus suchen, in dem man sich wohlfühlt. Der Personalmangel hat natürlich zwei Seiten: einerseits findet man immer einen Job, andererseits erzeugt die Unterbesetzung natürlich eine gewisse Überforderung. Klar, die Assistenzarztzeit ist hart. Aber wenn man nachts noch überlegt, ob man dies oder jenes angeordnet hat, dann spricht das nicht gegen den Arztberuf und auch nicht gegen die Klinik, sondern für das persönliche Verantwortungsbewusstsein, mit dem man lernen muss zu leben. Dass die eigenen Entscheidungen eine sehr große Relevanz haben, gehört zur charakterlichen Bildung und zum Arztsein dazu. Schlimmer wäre, wenn ein Assistenzarzt in die Klinik kommt und denkt: hier bin ich, ich kann alles.

 

> Was empfehlen Sie jungen Medizinern, die sich Sorgen über den Berufseinstieg machen?

Als ich mit dem Studium fertig war und die Approbationsurkunde in den Händen hielt, dachte ich auch „oh mein Gott, gestern noch Student und heute soll ich Arzt sein“. Aber das legt sich mit der Zeit und man sollte einfach sein Bestes geben. Das wichtigste ist, zu erkennen, wenn man nicht mehr weiter weiß und dann zu fragen. Niemand kann alles wissen. Die Gefahr etwas falsch zu machen besteht nicht darin, etwas nicht zu wissen, sondern nicht nachzufragen. Niemand kann von einem Klinikeinsteiger verlangen, dass er alles weiß. Viel Praktisches muss man einfach lernen und dafür gibt es ja auch die Assistenzarztzeit. Einfach den Altassistenten oder Oberarzt fragen und sich nicht schämen. Das ist der beste Tipp, den ich geben kann.

 

> Sie sind ein typischer Vertreter der Generation Y. Haben Sie das Gefühl, dass sich die Work-Life-Balance langsam verbessert?

Es tut sich auf jeden Fall etwas, z.B. gibt es die 36h Schichten nicht mehr. In der Medizin von Work-Life-Balance zu sprechen ist schwierig, weil die Medizin ja doch immer irgendwie dabei ist. Wenn man abends zusammensitzt, dann meist auch mit Leuten, die man aus der Klinik kennt und mit denen man dann über die Medizin redet. Und für viele Leute ist die Medizin auch gewissermaßen Lebensinhalt. Was Überstunden angeht, hatte ich bisher keine Probleme an den Häusern, an denen ich war.

 

> Welcher der 111 Gründe aus Ihrem Buch ist Ihnen besonders wichtig?

Der letzte, denn es gibt eigentlich 1111 Gründe, Arzt zu sein.

 

> Haben Sie denn gar nichts an der Medizin zu kritisieren?

Doch, schon, aber eher politische Aspekte. Wirklich zu kritisieren ist z.B. der unverhältnismäßige Papierkram. Ich bin kein großer Freund von Qualitätsmanagement, nicht weil ich glaube, dass es schlecht ist, wenn kontrolliert wird. Ich denke aber, dass dieser ganze unnötige Dokumentationskram die Ärzte davon abhält, mit den Patienten zu arbeiten. Es ist klar, dass die Arbeit dokumentiert werden muss und dass der Arzt, der nach einem Schicht hat, wissen muss, was der Kollege davor gemacht hat. Es ist aber unverhältnismäßig, dass man teils 60 % der Arbeit mit Schreibarbeit verbringt.
Der zweite Kritikpunkt ist das Abrechnungssystem. Man fordert immer, dass Kliniken wirtschaftlich arbeiten müssen, ist sich mit der Aussage aber nicht im Klaren. Denn die Schlussfolgerung ist, dass ein Krankenhaus Profit aus dem Patienten schlagen möchte. Das finde ich nicht in Ordnung. Ich frage mich schon lange, warum Kliniken nicht auch defizitär arbeiten dürfen. Es ist einfach schwierig, Medizin, Menschlichkeit und Profit zusammenzubringen.

 


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